Afghani
Dschamaluddin Afghani

Aussprache: dschamaal-ud-diyn al-afghaani
arabisch:
جمال الدين الأفغان
persisch:
جمال الدین اسدآبادی
englisch:
Jamaluddin al-Afghani

1839 - 9.3.1897 n.Chr.

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Sayid Dschamaluddin Asadabadi, bekannt als Sayid Dschamaluddin Afghani, gilt als einer der bedeutenden Denker des Islam des 19. Jahrhunderts.

Er selbst sagt von sich, dass er in As'ad Abad in der Nähe Kabuls in Afghanistan" geboren ist (und nicht in der Stadt Asadabad im Westen Irans, wie es manche Quellen angeben). Seine Kindheit und Jugend verbrachte er im Iran. Den Namen "al-Afghani" (der Afghane) soll er angenommen haben, um der Verfolgung durch die Regierung Naser al-Din Schahs zu entkommen.

Seine religiösen und politischen Lehren erhielt er zuerst daheim, in Qazvin, später in Teheran und anschließend in Nadschaf und anderen Zentren im damals osmanischen Irak. Bis zu seinem 18. Lebensjahr hatte er neben Islam zusätzlich christliche Lehren, Rechtswissenschaft, Medizin und Mathematik gelernt. Am ende seines Lebens konnte er sich gut in mindestens fünf Sprachen unterhalten: Arabisch, Englisch, Persisch, Urdu und Französisch.

Al-Afghani gilt als bedeutender muslimischer Denker und Philosoph seiner Zeit. Er sah das Hauptproblem der Islamischen Weltgemeinschaft [ummah] im Mangel der Einigkeit der Muslime. Er besuchte für ein Jahr Indien, wo er grundlegende Kenntnisse der Naturwissenschaften und der Mathematik erhielt und wo er die Hoffnung hegte etwas zu verändern. 1857 n.Chr. führte er die Pilgerfahrt [hadsch] nach Mekka durch und ging dann nach Afghanistan, wo er schnell zu einem wichtigen Berater des Emirs Dust Mahammad Chan wurde. Von dessen Sohn Muhammad al-Akbar Chan wurde er als Minister eingestellt. Als dieser gestürzt wurde, verlor auch er seinen Posten. Er wurde des Landes verwiesen und verließ 1869 Kabul. Nach verschiedenen Zwischenstationen ging er 1870 nach Istanbul. Eine Rede an der Universität, in der er angeblich die Offenbarungslehren der rationalen Philosophie als gleichrangig dargestellt haben soll, erregten solches Missfallen, dass er Istanbul verlassen musste. Es ist allerdings eher anzunehmen, dass seine Kritik an der Rückständigkeit der Gelehrten zu der Ablehnung führte und die Begründung später nachkonstruiert wurde.

Er reiste 1871 nach Kairo, wo er einige Anhänger für seine Ideen fand, und mit Muhammad Abduh, Abdullah al-Nadim (1843-1896), Saad Zaghlul (1858-1927) und Yaqub Sanua (1839-1912) zusammen traf. Da sich die Anzahl seiner Anhänger stetig vergrößerte, wurde er von der britischen Besatzungsmacht bald als potentielles Problem für die Ruhe in der britischen Kolonie angesehen.

1876 soll er in die Freimaurerloge 'Stern des Ostens' (Kaukab asch-scharq) in Ägypten beigetreten sein, welche zur angelsächsischen Großloge gehörte. In einem Brief an die Loge mit der Überschrift 'inwan, kabir, hatir' (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), in dem er um Aufnahme bat, erklärte er diesen Wunsch damit, dass er sich den humanitären Zielen der Freimaurerei verpflichtet fühle. Er wurde in dieser Loge Meister vom Stuhl, legte aber die Hammerführung nieder, als er einsah, dass seine politischen Bestrebungen nicht von den Freimaurern getragen wurden. Sein Nachfolger wurde Abduh. Die genauen Beweggründe für diesen Lebensabschnitt blieben im unklaren.

Al-Afghani etablierte eine unabhängige Loge, in welcher politisches Engagement, wie bei den romanischen Logen, erlaubt war und die sich in der Folgezeit dem Groß-Orient von Frankreich anschloss. Bei Chadiwa Tawfiq Pascha vorgeladen, schlug er ihm die Beteiligung des Volkes nach dem Schura-System sowie eine Wahl von Volksvertretern vor. Seine Bemühungen zielten neben der Einigung und Konsolidierung der Islamischen Weltgemeinschaft [ummah] darauf ab, die staatlichen Institutionen dahin zu entwickeln, dass Ägypten und die anderen islamischen Länder sich von der britischen Besatzung befreien könnten.  Hierzu sah er die Einführung einer Verfassung vor, welche die Willkür der Regierenden eingeschränkt hätte. Deswegen wurde er 1879 des Landes verwiesen.

Die nächsten drei Jahre bis 1883 verbrachte er wiederum in Indien. Afghani reiste im Frühjahr 1883 für kurze Zeit nach Großbritannien und veröffentlichte dort eine Zeitung um seine Vorstellungen zu verbreiten. Über seinen Aufenthalt in Großbritannien schrieb er in sein Tagebuch: "I did not saw Islam there but Moslems" (Ich sah dort keinen Islam, aber Muslime). Später ging er jedoch für längere Zeit nach Paris, wo seine gegen die Kolonialpolitik Großbritanniens gerichtete Tätigkeit unterstützt wurde. Zusammen mit Muhammad Abduh brachte er die Zeitschrift "al-Urwa al-wuthqa" ("Das stärkste Band") heraus.

Weiter war er wieder in London (1885), Teheran (1886), Russland bis 1889, München 1890 und Iran 1890/91. Nach seiner Rückkehr in den Iran, sprach er sich bei Naser al-Din Schah für Reformen des praktizierten Islam aus, dieser ging jedoch nicht darauf ein. Nachdem al-Afghani und seine Anhänger damit drohten, selbst für die Umsetzung ihrer Pläne zu sorgen, wurde er vom Schah ins Exil in die Türkei geschickt. Über Irak kam er zunächst erneut kurz nach London. 1892 folgte er einer Einladung des Sultans Abdul Hamid Chan, und gelangte so wieder nach Istanbul. Die zu Beginn gute Zusammenarbeit mit dem Sultan verschlechterte sich zusehends durch erhöhten Druck seiner Gegner auf ihn, und sein mehrmaliges Ersuchen nach Ausreiseerlaubnis wurde abgelehnt. In der Türkei fand er weitere Anhänger, wurde allerdings bald von Sultan Abdülmecit II. kurzzeitig gefangen genommen. 1896 erschoss ein Schüler al-Afghanis namens Mirza Reza den Schah Nasir al-Din. Daraufhin wurde er vom Sultan Abdülmecit II. abermals inhaftiert.

Al-Afghani starb 1897 in der Türkei, weil er vergiftet wurde. Andere Quellen behaupten, dass er an Krebs gestorben ist. Sein Leichnam wurde Ende Dezember 1944 von der Türkei nach Afghanistan überführt, wo er auf dem Hauptcampus der Universität Kabul in einem Mausoleum in Ali-Abad beigesetzt wurde.

Al-Afghanis Haltung gegenüber der Westlichen Welt war sehr differenziert. Aufgrund seiner umfassenden Bildung, seiner Kenntnis europäischer Sprachen und dem persönlichen Kontakte konnte er den Muslimen ein authentisches Bild der westlichen Kultur vermitteln. Er betrachtete die westliche Kultur aus einem ausgeglichenen Blickwinkel, so dass er sich dieser weder vollkommen verschloss, auf der anderen Seite aber auch nicht völlig alle ihre Werte guthieß.

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