Algier
  Algier

Aussprache: algier
arabisch:
مدينة الجزائر
persisch:
الجزیره
englisch:
Algiers

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Algier ist die Hauptstadt Algeriens. Sie ist die größte Stadt des Landes, Industriestadt, Verkehrsknotenpunkt und Kulturzentrum mit Universitäten, zahlreichen Instituten, Galerien und Museen.

Algier liegt in einer durch Erdbeben gefährdeten Zone. Die Aufzeichnungen von starken Erdbeben in der Region um die Hauptstadt Algier reichen bis in das 14. Jahrhundert zurück. Schwere Erdebeben führten zu vielen Zerstörungen und Neuaufbau.

Das Bild der älteren Viertel von Algier wird von der Kasbah, einer Burg aus dem 16. Jh. n.Chr., der Großen Moschee aus dem 11. Jh. n.Chr. und der 1660 errichteten Moschee sowie von Bauten aus der französischen Kolonialzeit (1830-1962) geprägt. 1992 wurde die Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Die Stadt wurd wohl ca. 1200 v.Chr. durch Phönizier gegründet, die das Gebiet der heutigen Stadt besiedelten. Sie gründeten an der Bucht von Algier eine Handelsniederlassung und gaben ihr den Namen Icosim. Nach Beendigung der Punischen Kriege fiel die Siedlung 146 v.Chr. an das Römische Reich. Als Icosium gehörte sie zur römischen Provinz Africa proconsularis. 429 eroberte König Geiserich den Ort. Ab 533 war die Stadt Teil des Byzanz, bis sie im Jahre 681 von Muslimen erobert und dabei größtenteils zerstört wurde. 950 n.Chr. gründete Buluggin ibn Ziri, Herrscher der der Ziriden, an der Küste erneut eine Siedlung. Innerhalb der folgenden fünf Jahrhunderte wurde der Ort mehrmals von europäischen, arabischen und berberischen Truppen eingenommen, erlangte jedoch keine große überregionale Bedeutung.

Im 16. Jahrhundert, nach der Eroberung Granadas 1492 durch Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragon und der dann bald folgenden Unterdrückung und Vertreibung der Muslime in Spanien, machten muslimische Schiffsverbände u.a. Algier zu ihrer Basis, von wo immer wieder heftige Seekämpfe gegen Europa geführt wurde. Ihr bekanntester Anführer war Chayruddin Barbarossa. Nachdem er Algier erobert hatte, unterstellte er sich und sein Herrschaftsgebiet 1518 n.Chr. den Osmanen, der auf diese Weise Oberherr von Nordafrika (mit Ausnahme Marokkos) wurde und eine schlagkräftige Flotte gewann. Algier war formal Provinz des Osmanischen Reichs und Sitz der Deys, der Statthalter des Sultans, wurde jedoch seit Mitte des 17. Jahrhunderts faktisch unabhängig. Die Bevölkerung der Stadt lebte überwiegend von der Seefahrt, welche das Mittelmeer in großen Teilen beherrschte.

Um dem Nachschub der muslimischen Seefahrt die Basis zu nehmen, schickte Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien, 1541 n.Chr. seine Truppen gegen Algier. Er scheiterte genauso wie die Dänen im Jahre 1770 und Spanien mit seiner Armee 1775. Auch einem britischen Geschwader von 19 Kriegsschiffen unter dem Kommando von Edward Pellew, unterstützt von 11 niederländischen Fregatten unter dem Befehl von Theodorus Frederik van Capellen, gelang es am 27. August 1816 nicht, die Stadt zu erobern. Allerdings zwang die Streitmacht den Dey Omar von Algier durch die Zerstörung seiner Flotte und einem Bombardement seiner Hauptstadt und ihrer Befestigungen am Tag darauf zu einem Vertrag, der zur Freilassung der christlichen Gefangenen führte.

Im 18. und 19. Jahrhundert nahm der kommerzielle Handel mit Europa, vor allem mit Frankreich, zu. Am 29. April 1827 schlug der Dey von Algier, Hussain III., den französischen Konsul Pierre Deval bei einer Audienz mehrmals mit einer Fliegenklatsche, nachdem der Konsul mit einer beleidigenden Bemerkung die Bitte des Deys abgelehnt hatte, den Kredit zurückzuerstatten, den er 1796 an Napoléon Bonaparte während des Italienfeldzuges gewährt hatte. Es sollte eine Geste der Entehrung darstellen, was auch so aufgefasst wurde. Für die in Frankreich regierenden Bourbonen war dies ein Anschlag auf die Ehre ihres Landes. Und so nahm der französische König Karl X. diesen Zwischenfall zum Vorwand, dem Dey den Krieg zu erklären. Am 16. Juni 1827 begann eine dreijährige Blockade des Hafens von Algier. In erster Linie war dieser Schritt durch die innenpolitische Lage in Frankreich bedingt, die den König zwang, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die real nicht mehr existierende Gefahr durch die nordafrikanischen Korsaren zu lenken. Der entscheidende Militärschlag gegen Algier erfolgte erst 1830, als König Karl X. politisch am Ende war. Die Eroberung Algiers am 5. Juli 1830 konnte die Julirevolution in Frankreich nicht mehr aufhalten, aber in den folgenden Jahrzehnten wurde dieser militärische Erfolg als Maßnahme im Kampf gegen die islamische Bedrohung der christlichen Anrainer des Mittelmeers bezeichnet. Faktisch aber wurde Algerien kolonialisiert.

1830 wurde Algier Hauptstadt der französischen Kolonie und 1848 auch des Departements von Algier. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen viele Europäer, hauptsächlich französischen Ursprungs, in die Stadt. Diese zogen vorwiegend in die Vororte, während sich die lokale Bevölkerung eher in der historischen Kasbah konzentrierte. Mehrere Wohnviertel für Europäer wurden errichtet, die heute noch das Bild der Stadt prägen, darunter auch der zwei Kilometer lange Boulevard im Hafenviertel.

Mit der Entwicklung der lokalen Wirtschaft nahm die Einwohnerzahl rasch zu. Bereits 1902 lebten in Algier rund 100.000 Menschen. Die Einwanderung machte Algier zu einer überwiegend von Europäern besiedelten Stadt. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) wuchs die muslimische Bevölkerung durch natürliche Zunahme und Landflucht erheblich.

Algerien gehörte im Zweiten Weltkrieg zum von Deutschland nicht besetzten Frankreich unter der Regierung von Henri Philippe Pétain (1856-1951). Am 7. November 1942 landeten US-amerikanische und britische Soldaten zusammen mit französischen Widerstandskämpfern im Rahmen der Operation Torch in Algier und weiteren Städten Nordafrikas.

Schon in den frühen Morgenstunden des 8. Novembers verhafteten 400 Kämpfer der Résistance, unterstützt von einem US-amerikanischen Vizekonsul, die Mehrzahl der Vichy-Militärs und zivilen Behördenchefs in Algier und nahmen Schlüsselstellungen inklusive der Telefonzentrale, der Radiostation, dem Gouverneurspalast, der Präfektur, dem Stabshauptquartier, dem Hauptquartier des 19. Korps der vichy-französischen Truppen und die Küstenartillerie von Sidi Ferruch ein. Admiral François Darlan, Oberkommandierender der Vichy-Truppen, und weitere Offiziere wurden beim „Putsch vom 8. November 1942“ durch junge französische Patrioten der Résistance gefangen genommen, dann aber durch die Garde mobile wieder befreit. 15 Stunden hielten die schlechtausgerüsteten Résistancekämpfer den Angriffen der Vichy-Truppen stand, was die Einkreisung der Stadt durch die Alliierten ermöglichte.

Die US-amerikanischen und britischen Soldaten besetzten Algier noch am Abend des gleichen Tages ohne großen Widerstand und nahmen die Kapitulation von Darlan entgegen. Kämpfe fanden nur im Hafen von Algier statt, wo zwei britische Zerstörer versuchten, einige US-Soldaten direkt auf dem Dock abzusetzen, um die Soldaten der Vichy-Regierung davon abzuhalten, Hafeneinrichtungen zu zerstören und Schiffe zu versenken. Algier war bis zur Befreiung von Paris Hauptstadt des freien Frankreich.

Zwischen Januar und Oktober 1957 kam es während des Algerienkrieges zur Schlacht von Algier, einer militärischen Auseinandersetzung, in der sich die französische Armee und die algerisch-nationalistische Rebellenorganisation FLN in Algier gegenüber standen. Sie war Teil des Algerienkrieges und stellte ein wichtiges Element der französischen Befriedungsstrategie in Bezug auf Algerien dar.

1962 wurde Algerien unabhängig und Algier Sitz der Regierung des Landes. Die Stadt hat Städtepartnerschaften u.a. zu Berlin, Izmir und Kairo.

Als größte Sehenswürdigkeit der Stadt gilt ist die überwiegend in der Zeit der Osmanen entstandene und zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Altstadt (Kasbah) mit ihren gewundenen Gassen. Dort befinden sich zahlreiche Moscheen, sowie viele Paläste aus maurischer Zeit und die Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert. Die älteste Moschee ist die Große Moschee (Dschamaa al Kabir) in der Rue de la Marine von 1324, die 1794 erneuert wurde und deren Ursprünge in das 11. Jahrhundert zurückreichen. Die Neue Moschee (Jamaa el Dschadid) aus dem 17. Jahrhundert hat die Form eines griechischen Kreuzes. Erwähnenswert sind ferner die Ketchaoua-Moschee von 1794 und die Sidi-Abdarahman-Moschee, die nach dem Stadtpatron von Algier benannt ist. Das Mausoleum des Sufi-Heiligen Sidi Abdarahman (1384–1469) befindet sich auf dem städtischen Friedhof und ist ein beliebtes Pilgerziel besonders von Frauen, die hier ihre Wünsche äußern.

Vom Hafen führen Freitreppen und Straßen hinauf auf den Boulevard Che Guevara (früher Boulevard de la République), eine mit ornamentalem Geländer versehene, 2000 Meter lange Terrasse. Sie wurde zwischen 1860 und 1866 nach Plänen von Morton Peto erbaut. Die Terrasse ruht auf einer doppelten Reihe von etwa 350 Bögen. Das Monument des Martyrs (Maquam E’chahid) entstand im Jahre 1984. Das 90 Meter hohe Bauwerk setzt sich aus drei Palmen zusammen, die auf einer ausgedehnten Esplanade ruhen, wo sich die „ewige Flamme“ befindet. Es ist dem Gedenken an die Opfer der Kämpfe um die nationale Befreiung gewidmet.

Rund 50 Kilometer westlich von Algier liegt die 1982 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Ruinenstadt Tipasa. Der Ort wurde von den Phöniziern gegründet und von den Römern unter Kaiser Claudius zur römischen Militärkolonie ausgebaut, später wurde er zum Municipium (also eine von Rom unabhängige Stadt im Römischen Imperium).

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