Balta Liman Vertrag
  Balta Liman Vertrag

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englisch: Treaty of Balta Liman

16.8.1838

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Vertrag von Balta Liman war ein Handelsabkommen zwischen dem Osmanischen Reich und dem Britischen Königreich aus dem Jahr 1838, das zur Ausbeutung des Osmanischen Reichs führen sollte.

In dem Vertrag wurde dokumentiert festgeschrieben, dass die als "liberal" bezeichnete Wirtschaftspolitik der Westlichen Welt auch den Osmanen auferlegt wird. Im Gegenzug erhoffte sich das marode und wirtschaftlich angeschlagene Osmanische Reich Investitionen britischer Kaufleute. Durch den Vertrag wurden staatliche Kontrollen über viele Wirtschaftsbereiche privatisiert. Britischen Kaufleuten und ihren Mitarbeitern wurde der uneingeschränkten Zugang zu allen osmanischen Märkten ermöglichen die Besteuerung der Ausländer erfolgte im gleichen Maß wie für lokale Kaufleute, so dass diese gegen die moderneren Unternehmen der Westlichen Welt ins Hintertreffen gerieten um teilweise aufgekauft wurden. England erlaubte Bauern aus dem Osmanischen Reich den Export von Agrargütern nach England und schaffte vorher existierende protektionistische Maßnahmen ab.

Im Vorfeld des Vertrags von Balta Limani stellte sich der ägyptische Gouverneur Muhammad Ali Pascha mit Unterstützung der Franzosen im Herbst 1831 gegen das Osmanische Reich. Mehmet Ali hatte nicht das Gebiet erhalten, das er sich von Mahmut II. erhofft hatte, nachdem er 1824 militärische Erfolge im Kampf gegen griechische Rebellen gezeigt hatte. Als Reaktion darauf führte Ali Paschas Sohn Ibrahim Pascha die ägyptische Armee dazu, den Libanon und Syrien zu stürmen und die Streitkräfte der Osmanen zu verjagen. Mahmut II. wusste, dass Großbritannien und Frankreich dahinter standen und wandte sich an Russland, um Hilfe zu erhalten, was wiederum Ali Paschas Fortschritte stoppte. Nach zählen Verhandlungen konnte Ägypten den größten Teil des eroberten Landes behalten. Der Hunkar Iskelesi Vertrag zwischen Osmanen und Russen sicherte den Fortbestand des Osmanischen Reichs.

Der langfristige Plan der Briten zur umfassenden Herrschaft war angesichts der Einbindung von Russen aktuell nicht umsetzbar, so dass Briten versuchten auf dem Verhandlungsweg immer weiteren Einfluss zu gewinnen. Um den Zugang zu den Märkten der Osmanen zu erhalten, waren sie sogar bereit Muhammad Ali Pascha fallen zu lassen. Großbritannien half dem  Osmanische Reich, Muhammad Ali Pascha zu besiegen und erhielt als Gegenleistung den vollständigen Zugang zu den Handelsmärkten der Osmanen.

Im Jahr 1820 hatten Großbritannien und das Osmanische Reich einen Handelstarif eingeführt, der in 14 Jahren auslaufen sollte. Nach 1834 wollte keine Partei das ursprüngliche Abkommen in seiner damaligen Form erneuern. So arbeiteten Reşit Pasha (Berater des Sultans), David Urquhart (ein englischer Diplomat), Lord Posonby (der britische Botschafter) und Generalstaatsanwalt John Cartwright an der Ausarbeitung des Vertrags von Balta Liman. David Urquhart wurde nach Istanbul geschickt, um sich mit Reşit Pasha anzufreunden und ihn davon zu überzeugen, dass der Vertrag dem Osmanischen Reich zugute kommen würde. Urquhart arbeitete hart daran, osmanische Persönlichkeiten davon zu überzeugen, dass der Vertrag zu ihren Gunsten wäre. Er veröffentlichte Artikel in Istanbuls Zeitungen, in denen er die angeblichen Vorteile der Freihandelsmärkte auflistete. Seine Propaganda hinterließ ihre Wirkung. Dabei sollte der Vertrag fast ausschließlich britische Interessen dienen. Großbritannien war in der industriellen Revolution weltweit führend und benötigte einen größeren Markt und mehr Ressourcen, um expandieren zu können. Osmanische Produzenten hätten dem nichts entgegen setzen können.

Die Briten unterstützten zeitweilig den nach Selbständigkeit strebenden Gouverneur von Ägypten Muhammad Ali Pascha um Druck auf die Osmanen auszuüben. England wollte zudem den russischen Einfluss auf die Osmanen vermindern, die diese seit dem Hunkar Iskelesi Vertrag hatten. Die Osmanen hofften zwar sich mit dem Vertrag finanziell zu konsolidieren, durchschauten aber wohl nicht die langfristig verheerenden Folgen für die eigene Wirtschaft.

Im Jahr 1838 wurde der Vertrag von Balta Liman als Handelsvertrag zwischen dem Osmanischen Reich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland unterzeichnet. Er ist benannt nach Balta Liman.

Die Einfuhrzölle wurden auf 3% festgesetzt; 3% auf Exporte; 9% auf den Transit exportierter Waren; und 2% auf den Transit importierter Waren. Die Osmanen stimmten auch der Abschaffung aller Monopole zu.

Siehe dazu: Vertragstext des Handelsabkommens von Balta Liman

Nach dem Vertrag nahmen die Importe in das Land erheblich stärker zu als die Exporte, was die osmanische Industrie lahm legte. In einem osmanischen Bericht von 1866 wurde behauptet, die Zahl der Textilwebstühle in Istanbul und Uskar sei von 2.730 auf nur 23 gesunken. In ähnlicher Weise wurden die Brokatwebstühle von zuvor 350 auf nur vier reduziert und die Zahl der Baumwoll- oder Nankingwebstühle von 40.000 auf nur 5.000. Der rasche Zustrom billiger britischer Textilien mit vertraglich festgelegter Verhinderung einer protektionistischen Politik zerstörte die Industrialisierung des Osmanischen Reichs und beschleunigte den Untergang.

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