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Chizr, genannt
Chayruddin oder Chayreddin (Segen
des Glaubens), von den
christlichen Europäern Barbarossa genannt (türkisch: Hızır,
Barbaros Hayreddin Pascha) war ein osmanischer Admiral (Kapudan
Pascha bzw.
Pascha
der Kapitäne) im westlichen Mittelmeer, Herrscher von Algier.
In Europa nannte man ihn "Schrecken der christlichen Seefahrt"
oder aber auch das "gezogene Schwert des Islams".
Der Name
Barbarossa, eigentlich Barberousse, leitet sich nicht - wie
bei Kaiser Friedrich Barbarossa - von einem rötlichen Bart ab,
sondern ist eine französische Verballhornung des türkischen
Ehrentitels Baba Oruç, deutsch "Vater
Arudsch", den er sich durch seinen Bruder
Arudsch Barbarossa durch die Rettung der, durch die
Inquisition verfolgten, spanischen
Muslime und
Juden
und deren anschließender Ansiedlung in Nordafrika und in
Küstengebieten um
Istanbul erwarb.
Chayruddin wurde um 1474 als jüngster von vier Söhnen
in Midilni auf der Insel Lesbos geboren. Nachdem die Insel 1462 Teil des
Osmanischen Reichs wurde, ließ sich sein Vater Jakub (ein ehemaliger
Janitschar oder Sipahi-Soldat) auf der Insel nieder, wo er Catalina, Witwe eines griechischen Priesters,
heiratete. Aus dieser Ehe gingen neben zwei Töchtern noch vier
Söhne hervor. Die Söhne hießen, dem Alter nach,
Arudsch,
Elias, Isaak sowie Chizr, der als jüngster Sohn seinem Vater
in der familieneigenen Töpferei half. Erst um das Jahr 1500
herum verließen Chizr mit sechsundzwanzig Jahren sowie sein
vier Jahre älterer Bruder
Arudsch Lesbos in Richtung
Nordafrika.
Unter der Führung von
Arudsch verstanden sie es, sich in
kürzester Zeit eine eigene schlagkräftige Flotte
aufzubauen, mit der sie das westliche Mittelmeer zu
beherrschen suchten.
Schwerpunkte ihres Machtanspruches auf See mit Startpunkt Golf von
Tunis, waren die Meerenge von Sizilien sowie die
Küsten Kalabriens, Sardiniens sowie Korsikas, wo sie Zölle von
den Schiffen erhoben. Chayruddin und
sein Bruder gehörten im Jahre 1510 zu den reichsten Männern
des Mittelmeeres und befehligten insgesamt acht Galeoten.
Basierend auf ihrem Erfolg eroberte Chayruddin mit seinem
Bruder
Arudsch 1516
Algerien von der See aus und wurde nach dessen Tod 1518
Bey von Algier (1518–1546), dessen Hafen fortan als
Ausgangspunkt diente, die ostwestlichen Seewege im westlichen
Mittelmeer zu kontrollieren und zu beherrschen. Chayruddin
erkannte die Oberhoheit der
Osmanen an und wurde vom
Sultan
Süleyman I. zum
Pascha
ernannt. Fortan galt er als Generalgouverneur von Algier.
Chayruddin konnte
mit
osmanischer Militärhilfe 1529 die Spanier in Bône und
Constantine besiegen.
Aufgrund seiner erfolgreichen Kriegsführung wurde er im August 1533
von
Süleyman I. zum Oberbefehlshaber der osmanischen
Mittelmeermarine (Kaptan-i Derya) ernannt. Den Winter 1533/34
verbrachte er in
Istanbul, wo er sein Augenmerk auf die
Reorganisation der hauptstädtischen Werft am Goldenen Horn
richtete. Mit der Unterstützung des Großwesirs Ibrahim machte
sich Chayruddin daran, die Werften der
osmanischen Marine
umzugestalten, auf deren Gelände er sich den ganzen Winter
über aufhielt. Neben der Neugestaltung der
osmanischen
Kriegsflotte wurden unter seiner Regie neue Schiffe entworfen.
Nachdem den ganzen Winter hindurch gearbeitet wurde, stach
Chayruddin als Großadmiral der erneuerten
osmanischen
Kriegsflotte im Juli 1534 mit insgesamt vierundachtzig
Galeeren und Galeoten vom Goldenen Horn aus in See. Ziel der
Flotte war es u.a. Teile der südlichen Westküste Italiens zu
erobern. Chayruddin selber wandte
sich nach Südwesten mit Kurs auf den Golf von Tunis, wo
es ihm im August 1534 unter Beihilfe der ihm zur Seite
gestellten
Janitscharen gelang unter geringem Widerstand die
Stadt einzunehmen und sie somit in den Herrschaftsbereich der
Osmanen einzugliedern.
Karl V. konnte die Besetzung Tunis seitens der
Osmanen aufgrund der strategisch bedeutsamen Lage nicht akzeptieren.
Er brach Ende Mai 1535
mit seiner Flotte von Barcelona aus auf und traf am 14. Juni
1535 mit rund sechshundert Schiffen in Tunis ein. Noch am
selben Tag begann die Belagerung der Stadt, an der auch die
Ritter des Johanniterordens von der Insel Malta beteiligt
waren. Chayruddin konnte die Stadt nicht halten und sah sich gezwungen sich nach Bône
abzusetzen. Tunis wurde einer dreitägigen Plünderung
freigegeben.
Doch
anstatt sich wie seitens der Spanier vermutet in die Levante
zurückzuziehen, stach Chayruddin zum Gegenschlag mit
fünfzehn Galeoten aus Bône auf nordwestlichen Kurs in Richtung
der Balearen in See. Während Andrea Doria auf Befehl Karl V.
die nordafrikanische Küste nach ihm absuchte, griff Chayruddin mit
seiner Flotte die im Norden der Insel Menorca gelegene
Hafenstadt Maó an und eroberte zahlreiche Geschütze als Ersatz für die in der
Schlacht um Tunis verloren gegangenen Kanonen.
Trotz des vorläufigen Verlustes von Tunis, welches 1574 wieder
seitens der
Osmanen zurück erobert wurde, gelang es Chayruddin sich in Algerien zu behaupten und die Stämme des
Hinterlands schlossen sich ihm an.
Viele der Ägäischen Inseln, wie z.B.Kreta, waren um das
Jahr 1535 im venezianischen Besitz und wurden seitens der
Osmanen und ihrer Flotte nicht behelligt. Zwischen der
Republik Venedig und der Hohen Pforte wurden zu dieser Zeit
freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Doch trotz des
zwischen den beiden Mächten herrschenden Friedens, wurden
Handelsschiffe des Sultans auf ihrer Fahrt zwischen Istanbul
und Nordafrika vermehrt seitens der Venezianer überfallen und
die Besatzung in die Sklaverei verschleppt. Dieser
Friedensbruch konnte seitens der
Osmanen nicht
akzeptiert werden, so dass im Spätherbst 1535 Chayruddin nach
Istanbul berufen wurde. Von
Sultan
Süleyman I. wurde er mit der
Aufgabe betraut, die christlichen Mächte aus der Levante,
dem Ägäischen sowie dem Adriatischen Meer zu vertreiben, um
hierdurch die Seewege in der Nähe des
osmanischen
Herrschaftsbereiches wieder unter Kontrolle zu bekommen. Dies
hatte zur Folge, dass das ganze Jahr 1536 hindurch auf den
Werften und in den Waffenfabriken
Istanbuls ein reger Betrieb
zur Wiederaufrüstung der
osmanischen Flotte herrschte.
Im Mai 1537 waren die Arbeiten beendet und Chayruddin
führte die
osmanische Flotte, die aus mehr als einhundert
Galeeren bestand, aus den Gewässern des Goldenen Horns hinaus.
Das erste Ziel der Flotte war es die Küste Apuliens
zu erreichen. Hierbei musste Andrea Doria, der mit seinen
Galeeren im Hafen von Messina lag, einsehen, dass seine
Streitkräfte nicht stark genug waren, es in einer offenen
Konfrontation mit Chayruddins Flotte aufzunehmen. Nahezu alle Inseln, die im Besitz der Republik
Venedig waren, mussten angesichts der Eroberungszüge durch die
osmanische Flotte erkennen, dass die Jahre des Friedens
zwischen der Serenissima und dem
Sultan
vorbei waren. So wurden den Inseln eine alljährliche Zahlungen auferlegt, die sie
an die Hohe Pforte in
Istanbul zu entrichten hatten.
Die Unternehmungen Chayruddins im Jahre 1537 hatten somit
einerseits zur Folge, dass neben 400000 Goldstücken, zahlreiche Inseln fortan
entweder Bestandteil des
Osmanischen Reiches wurden, wie bsp.
Naxos, Kasos oder auch Karpathos, oder dass sie dem
Sultan in
Istanbul zu Zahlungen verpflichtet waren.
Nachdem Chayruddin im September 1538 die Flotte der
Heiligen Liga, die unter dem Kommando Andrea Dorias stand, in
der Seeschlacht von Prevesa vor der griechischen Küste besiegt
und hierdurch die
osmanische Vormachtstellung sowohl im östlichen als auch
im westlichen Mittelmeer gesichert hatte, waren seine letzten
Jahre als Großadmiral durch das Bündnis zwischen Frankreich und dem
Osmanischen Reich gekennzeichnet, was zur Schwächung und
Auflösung der Macht Spaniens beitrug. Der französische König Franz I.
benötigte Hilfe, um sich auch gegen Karl
V. durchsetzen zu können, wobei diese Allianz urkundlich nie fixiert
wurde.
Nach dringlichem Ersuchen Franz I., segelte Chayruddin
im Sommer 1543 auf Befehl
Sultan
Süleymans I. mit
einer Flotte von einhundert Galeeren in Richtung Frankreich
mit dem Ziel, die Herrschaftsgebiete des spanischen Königs zu
schwächen. Nachdem Reggio erobert wurde, belagerte und eroberte
Chayruddin mit
seinen Streitkräften die nördlich von Neapel gelegene Burg der
Stadt Gaeta und zog anschließend mit seiner Flotte nordwärts
zum Treffpunkt mit den französischen Seestreitkräften vor
Marseille. Die vereinte französisch-osmanische Flotte eroberte
im September Nizza, wobei die Erstürmung der Stadt
hauptsächlich den
osmanischen Belagerungsgeschützen zuzuschreiben ist.
Bevor sich Chayruddin mit der von ihm befehligten Flotte zur Überwinterung nach
Toulon zurückzog, schickte er ein Geschwader Galeeren mit dem
Auftrag aus, Städte und Häfen an den Küsten Kataloniens
anzugreifen, um hierdurch den ihm auferlegten Auftrag
nachzugehen, im Herrschaftsbereich Karls V. so viel Schaden
wie nur möglich anzurichten. Selbst die Gegner zollten
Chayruddins Truppen Respekt und lobten deren Disziplin sowohl
im Kampf als auch in Friedenszeiten beim friedlichen Zusammenleben
mit der Stadtbevölkerung Toulons. Die Macht Chayruddins war
zur Jahreswende 1543/44 wohl an seinem Höhepunkt.
Im Frühling des Jahres 1544 stach Chayruddin mit der
osmanischen Flotte von Toulon aus wieder in See Richtung
Istanbul und mit zwischenzeitlichen Feldzügen gegen die Insel Elba,
die Insel Procida vor Neapel und Ischia. Die
Kriegsschiffe der Osmanen waren bei ihrer Ankunft in Istanbul
gefüllt mit Gold, Beutestücken aus Italien und
Spanien, Geld und Geschenken aus Frankreich sowie
eingesammelten Tributzahlungen der Inseln des Ionischen Meeres
und der Ägäis.
Chayruddin starb am 4. Juli 1546 im Alter von
dreiundsechzig Jahren in seinem Palast am Bosporus an Fieber.
Er wurde in seinem Mausoleum im heutigen Barbaros Park des
Istanbuler Stadtteils Beşiktaş beigesetzt. Im Jahre 1944 wurde
zu seinen Ehren unmittelbar neben seinem Grab ein Denkmal
errichtet, auf dessen Rückseite folgende Zeilen vom türkischen
Dichter Yahya Kemal Beyatli stehen: „Woher kommt der Kanonendonner vom Meereshorizont? Ist es
etwa Chayruddin, der mit seiner Flotte von einer Fahrt
zurückkehrt? Von den Inseln? Aus Tunesien? Aus Algerien?
Zweihundert auf offenen Meer fahrende Schiffe kommend aus
Richtung des aufgehenden Mondes, welche gesegnete
Morgendämmerung lasst ihr hinter Euch?“
In den osmanischen Annalen für das Jahr 1546 ist schlicht
und einfach festgehalten: „Der König der See ist tot.“
Im
Istanbul Aquarium ist ihm eine Wachsfigur gewidmet.
Die späteren Unternehmungen "Barbarossa" gehen allerdings
nicht auf Chayruddin zurück sondern auf Friedrich I. (ca. 1122
- 1190 n.Chr.), der ebenfalls Barbarossa genannt wurde.
Im
Seefahrtsmuseum Istanbul ist Barbarossa eine Büste
gewidmet. In unmittelbarer Nähe befindet sich sein Schrein.
Barbarossa besucht
Süleyman I., Miniatur aus dem Süleymanname 1558 n.Chr.