.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Die Bektaschi oder Bektaschiya ist einer der größten und
einflussreichsten
Orden [tariqa]
von
Derwischen in Anatolien und auf dem Balkan.
Der Orden entstand in der zweiten
Hälfte des 13. Jh. n.Chr. im von
Seldschuken beherrschten
Anatolien. Als wichtige Gestalten der Frühzeit gelten der
Gründer
Hadschi Bektasch Veli und später der Kodifizierer
Balim
Sultan.
Die Bektaschi betreiben
Tekken.
Das Oberhaupt der Bektaschi ist der Dede (türkisch:
Großvater). Der nächste Rang ist der Halifebaba (Kalifvater)
anschließend der des Baba (Vater), der die Aufgaben Predigt
und Seelsorge innehat. Die mittlere Station ist die des
Derwischs. An der Basis steht der Talib (Schüler) oder
Muhibb (Liebender bzw. Sympathisant).
In
Albanien sind die Bektaschi neben den
christlischen Kirchen und den
islamischen
Rechtsschulen eine vom Staat offiziell anerkannte
Religionsgemeinschaft. In allen andern Ländern zählen sie zu
der
Rechtsschule, der sie angehören. Die Bektaschi verbreitete
sich in Mazedonien und Kosovo ab dem 14 Jh. n.Chr. Sie umfasst
den ganzen Balkan, Rumänien und Ungarn. Die aus
Anatolien
stammenden Derwische Sarı Saltik Baba, Hidir Baba und Sersem
Ali Dede zählen zu den ersten Verbreitern.
Den Bektaschi wird nachgesagt, dass sie sich nicht an die
Voraussetzungen der Riten, wie z.B. die
Gebetszeiten halten würden, was allerdings nicht
verallgemeinert werden kann. Andere sehen in den Bektaschi die
Grundlage für eine Abspaltung von manchen
Aleviten. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die
Bektaschis in einem später vom
Osmanen beherrschten Gebiet die Liebe zu den
Ahl-ul-Bait (a.) versuchten zu bewahren, was zunächst auf
Argwohn stieß. Vom 16. Jh. n.Chr. an lebten Bektaschi-Derwische in
der Nähe von Garnisonen der
Janitscharen, um dort die Soldaten geistig zu leiten. Im
Jahre 1826 n.Chr. erlitten daher die Bektaschi sowohl in
Albanien wie auch in
Anatolien einen Machtverlust, als
Sultan
Mahmut II. die
Janitscharentruppe auflöste und die
Schließung aller
Tekken
der Bektaschi im
Osmanischen Reich anordnete. In
Albanien lebte der
Orden [tariqa]
nach dem Tod von
Mahmut II. schnell wieder auf und erreichte in der
zweiten Hälfte des 19. Jh. n.Chr. seinen höchsten Einfluss.
Rund 15
% der
Albanischen Bevölkerung bekannten sich zu den Bektaschi.
In den Balkankriegen (1912-1913 n.Chr.) wurden allerdings 80
% der
Tekken
in Epirus und Südalbanien von den Griechen zerstört.
Bis zum Verbot aller
Orden
der
Muslime in der
Türkei durch den Staatsgründer
Atatürk im Jahr 1925 n.Chr. hatten die Bektaschis ihr
Zentrum in
Anatolien, danach in
Albanien (Tirana). Seither gilt ein Großteil der
albanischen
Muslime als Bektaschi-Anhänger. Vor dem Zweiten Weltkrieg
soll es in
Albanien ca. 280 Babas und einfache
Derwische gegeben haben und nach dem Zweiten Weltkrieg und
dem Wideraufbau immer noch fünfzig
Tekken
der Bektaschi mit ungefähr achtzig
Derwischen. Nach der Erklärung Albaniens zum ersten
atheistischen Staat der Welt im Jahr 1967 wurden die meisten
heiligen Stätten der Bektaschi zerstört und viele Mitglieder
und Sympathisanten ins Gefängnis gesteckt. Bis zum
Zusammenbruch des Kommunismus hatten nur fünf Babas und ein
Derwisch überlebt. Es gab nur noch sechs
Tekken,
die noch als Kultgebäude erkennbar waren.
Vor dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Anhänger
der Bektaschi in die USA und bauten
später 1954 in Detroit eine
Tekke.
Nach der Aufhebung des Religionsverbots in
Albanien (1990 n.Chr.) wurde das internationale Zentrum
des Bektaschi-Ordens in Tirana eingerichtet. In Vlora haben
die Bektaschi 2005 ein großes Studienzentrum erbaut.
Ihr höchstes Fest begehen die Bektaschi alljährlich um den
15. August vier Tage lang am Berg
Tomorr bei Berat im Süden
Albaniens, zu dem teilweise mehrere Zehntausend Pilger
kommen. Dabei wird eine Legende verbreitet, nach der
Abbas ibn Ali den Berg als letzte Ruhestätte ausgesucht
habe. Die Bektaschi nennen ihn oft "Abbas Ali". Daher sei der
Berg eine Pilgerstätte. Auf beiden Gipfeln liegen Schreine,
die jenem Abbas Ali zugesprochen werden.
Äußeres Kleidungssymbol der Bektaschi ist eine weiße Mütze,
die aus vier oder zwölf Zwickeln besteht, vier nach den "vier
Toren" zur
Erkenntnis, wie es der
Orden versteht:
Scharia,
Tariqa,
Marifa (Erkenntnis),
Hakika (Wahrheit) und den entsprechenden
Entwicklungsstufen des Menschen: Abid (Diener),
Zahid (Asket),
Arif (Erleuchteter), Muhibb (Liebender). Die Zwölf steht für
die
Zwölf Imame (a.).