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Der Dolmabahtsche-Palast ("Palast der aufgefüllten Gärten")
liegt am europäischen Ufer des Bosporus in
Istanbul und war seit Mitte des 19. Jh. n.Chr. die
Residenz des
Sultans der
Osmanen. Er wird heute noch für Staatsempfänge der
Türkei genutzt.
Ursprünglich war Dolmabahtsche eine
Bucht, in der die
osmanische Flotte ankerte. Nach ihrer Verlandung im 17.
Jh. n.Chr entstand dort ein königlicher Garten mit mehreren
kleineren Schlössern und Sommerresidenzen. Dieser verlandete
Bereich wird im Osten vom Bosporus, im Westen von einem
steilen Geländeabbruch begrenzt, der neben dem Gebäude des
Palastes und der parallel zum Bosporusufer verlaufenden Straße
keinen Platz für eine Gartenanlage von einer Größe bietet, wie
sie einen solchen Palast in Mitteleuropa gewöhnlich umgibt.
Bis zur Mitte des 19. Jh. n.Chr. residierte der
Sultan
der
Osmanen im Topkapi-Palast. Nachdem der Kontakt zu
Zentraleuropa im Laufe des 18. Jh. immer intensiver wurde,
erschien es dem
Sultan
wichtig, sich auch hinsichtlich seiner Hauptresidenz an dem
inzwischen moderneren europäischen Standards messen lassen zu
können.
Im Auftrag von Sultan
Abdülmecit I. wurde deshalb durch die armenischen
Architekten Karabet und Nikoğos Balyan, die auch eine
europäische Architektenausbildung hatten, der
Dolmabahtsche-Palast von 1843 bis 1856 als neue Residenz er-
und später von verschiedenen Herrschern aus- und umgebaut. Die
Baukosten betrugen rund fünf Millionen Pfund Sterling, was
damals etwa einem Viertel der jährlichen Steuereinnahmen
entsprach. Tatsächlich wurde die Baumaßnahme über die Ausgabe
von neu gedrucktem Papiergeld finanziert. So soll der
Finanzminister dem Sultan zu den Baukosten die Auskunft
erteilt haben, dass sie 3500 Piaster (damals 32 Pfund
Sterling) betragen hätten – das waren die Kosten für den Druck
des Papiergeldes! Dieses Finanzgebaren belastete die
Staatskasse enorm und trug erheblich dazu bei, dass das
Osmanische Reich in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in den
Staatsbankrott trieb und von ausländischen Mächten
finanzpolitisch unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Das
Prachtgebäude ist somit ein Symbol für den endgültigen
Untergang der
Osmanen.
In diesem Gebäude ist
Mustafa Kemal Atatürk 10.11.1938 n.Chr. um 9:05 Uhr
gestorben, weshalb in seinem Raum die Uhren angehalten wurden.
Das Gebäude ist ca. 600 Meter lang entlang des Ufers, hat
eine Fläche von 45.000 m², 46 Säle, 285 Zimmer, sechs
türkische Bäder (Hamam) und 68 Baderäume.
Das äußere Erscheinungsbild, insbesondere die Ansicht vom
Bosporus aus, zeigt eine klassisch-europäische
Zweiflügelanlage, die durch einen großen Mittelrisalit und
Seitenrisalite gegliedert wird. Im Innern dieses europäischen
Erscheinungsbildes wurde aber ein traditionell osmanisches
Raumprogramm umgesetzt: Der Palast ist baulich streng getrennt
in einen südlichen Flügel, der die Repräsentationsräume
enthält, und einen nördlichen Teil, in dem sich der
weitläufige Wohnbereich für den Sultan und seinen Harem
befindet. Scharnier zwischen den beiden Funktionsbereichen ist
der große Empfangssaal (Muayede Salonu) mit einer Grundfläche
von 2000 m² und einer 36 m hohen Kuppel.
Da der Harem völlig von der Außenwelt abgeschlossen sein
musste, betritt der externe Besucher – im Gegensatz zu einem
europäischen Palast – das Gebäude an der südlichen
Schmalseite, wo sich auch der Haupteingang befindet. Dort sind
auch die Repräsentationsräume zum Empfang von Besuch und
ausländischen Diplomaten angeordnet. Von hier entwickelt sich
die Raumfolge auf den zentralen Empfangssaal hin, hinter dem
sich dann die Räume des Harems entfalten. Er weist acht
miteinander verbundene Apartments für die Frauen des
Sultans und für seine Mutter auf, jedes mit eigenem
Baderaum.
Die dem Bosporus zugewandte Terrasse ist zum Ufer hin durch
einen Hohen Zaun abgeschlossen, dessen Tore zu Anlegestellen
führen, die aber heute kaum mehr genutzt werden.
Als bemerkenswert wird die technische Ausstattung des
Palastes gewertet, die jeweils den technisch modernsten
Standard seiner Zeit aufwies. So hatte der Palast von Anfang
an Gasbeleuchtung, Gasheizung und wassergespülte Toiletten,
deren Technik aus Großbritannien importiert war. In den
meisten europäischen Palästen jener Zeit gab es so etwas noch
nicht. Nachträglich eingebaut wurden eine Zentralheizung und
ein Aufzug. 14 Tonnen Gold wurden allein verwendet, um die
Decken des Palastes mit Blattgold zu verzieren.
Die
zentrale Halle (Muayede) wird durch den größten Kronleuchter
der Welt, der 4,5 Tonnen schwer ist, dekoriert, ein Geschenk
der Königin Victoria von England, der 750 Glühbirnen aufweist.
Der Palast birgt heute die größte Sammlung von
Kristallleuchtern aus Böhmen und Baccarat. Auch das
Treppengeländer in einem der Repräsentations-Treppenhäuser
besteht aus Kristall.
Der Umzug des Hofes aus dem alten Topkapı-Palast erfolgte
1856. Er war von bis zum Ende der
Osmanen die Residenz
Sultans, abgesehen von den Jahren 1889-1909, als der
Yıldız Palast diese Funktion zugewiesen wurde. Nach Absetzung
des
Sultans diente der Dolmabahtsche-Palast
Mustafa Kemal Atatürk bis zum Umzug der Hauptstadt nach
Ankara als Regierungssitz und später noch als seine Residenz
in
Istanbul. Dazu wurden keine wesentlichen Umbauten
vorgenommen. Mustafa Kemal starb im Palast am 10. November
1938. Die Uhren im ganzen Palast stehen entsprechend alter
Sitte auf seiner Todesstunde.
Heute ist der Dolmabahtsche-Palast für das Publikum zur
Besichtigung geöffnet (erstmalig 1930) und Ausflugsziel für
Touristen. Er wird aber auch weiterhin für offizielle Anlässe,
wie Staatsbesuche, genutzt. Im nordöstlichen Flügel des
Palastes befindet sich seit 2014 das
Gemäldemuseum der Nationalpaläste (Milli Saraylar Resim Müzesi).
Ein maßstabgetreues Modell des Gebäudes ist in
Miniatürk ausgestellt.
In unmittelbarer Nähe befindet sich die gleichnamige
Dolmabahtsche-Moschee (Dolmabahçe Camii).