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Edirne ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im
europäischen Teil der
Türkei. Die Stadt ist historisch dafür bekannt, dass es
einstmals Hauptstadt des
Osmanischen Reichs war. Insgesamt dreimal schlossen die
Osmanen in Edirne Frieden: Mit dem Römischen Reich (1568)
bzw. Russland (1713, 1829).
Edirne ist eine alte Stadt,
erste Siedlungen soll es bereits im 5. Jh. v. Chr. gegeben
haben. Die Stadt hatte in ihrer Geschichte verschiedene Namen.
In ihrer vorrömischen Zeit war sie unter den Namen Odrysia
bekannt als Hauptstadt des Odrysenreiches vom 5. bis 3. Jh. v.
Ch.. Der persische König Darius überquerte bei seinem Skythen
Zug im Jahre 513 v.Chr. den Bosporus und rückte dann nach Thrazien vor. Die erste Station der Armee war die Heimat der
Odrysen. Ab Thrazien begann die persische Herrschaft. Nachdem
die persische Herrschaft beendet wurde, schlossen sich die
thrazischen Stämme unter der Führung des Königs der Odrysen
Teres zusammen. Somit beherrschten die Odrysen das Gebiet von
Hebros (Meriç) und Kypsela (İpsala) bis nach Warna. Sie
gründeten einen aristokratischen und feudalen Staat. 492 vor
Christus festigte Mardonius die persische Herrschaft. Nachdem
die Odrysen zwischen 342 und 341 vor Christus den Krieg gegen
den mazedonischen König Philip verloren hatten, wurden sie
schwächer. Als 336 vor Christus Philip getötet wurde, brach
Alexander der Große 335 vor Christus mit der Befürchtung
großer Unruhen zu seinem Thrazien Zug auf.
Zwischen 280 und 279 vor Christus wurde Thrazien zwar von
den Galatäern besetzt, doch die Odrysen gewannen wieder an
Kraft und stärkten durch ihren König Kotys ihre Freundschaft
zu Mazedonien. Beim Krieg gegen Rom zwischen 171 und 168 v.
Chr. stand nur Kotys hinter Perseus. Die Römer zerstörten das
mazedonische Königreich und beherrschten Thrazien.
Kaiser Hadrian (117-138 n.Chr.) befahl um 125 n. Chr. die
Stadt wieder aufzubauen und zu erweitern, und gab ihr den
Namen "Stadt Hadrians" Hadrianopolis. Später veränderte sich
der Name zu Adrianopel und unter den
Osmanen weiter zur heutigen Form Edirne. 378 wurden hier
die Römer unter Kaiser Valens von den Goten geschlagen
(Schlacht von Adrianopel), 813 der Kaiser Michael I. von den
Bulgaren unter Khan Krum. Die ältesten heute noch bestehenden
Bauten sind die Ruinen der römischen Stadtmauern mit einem
byzantinischen Turm (Makedon Kulesi).
Hadrianopolis war eine wichtige römische Festung und wurde
bei der Verwaltungsaufteilung von Diocletianus (284-305 n.Chr.)
im Jahre 297 zur Hauptstadt der Provinz Haemimontus, eine der
sechs thrazischen Provinzen. Nach dem Rückzug von Diocletianus
kam es zu inneren Unruhen. Licinius erlitt im Krieg im Jahre
324 nahe Hadrianopolis eine Niederlage. Der Sieger des Krieges
war Constantinus. Er besiegte erst Licinus, tötete ihn und
beherrschte das Reich. Die Hauptstadt verlegte er von Rom nach
Bizantion. Kaiser Constantinus I. (324-337) war der neue
Herrscher und die früher "Nea Roma" (Neues Rom) genannte Stadt
wurde nach ihm "Konstantinopel" benannt (11. Mai 330).
Edirne war der Sitz des Erzbistums Hadrianopolis in
Haemimonto, das heute noch als Titularbistum der
Römisch-Katholischen Kirche weiterlebt.
Zwischenzeitlich beherrschten Hunnen, Awaren, Bulgaren und
Byzanz
die Stadt. 1204 wurde die Stadt von Kreuzfahrern erobert; nach
1250 folgte noch eine letzte byzantinische Periode. 1336
heiratete in Hadrianopolis eine der Töchter von Andronicus
III. (1328-1341) den bulgarischen Prinzen Mikhail. Als
Andronicus III. 1341 starb, hinterließ er den Staat seinem
neunjährigen Sohn Ioannes (1341-1391). Die
Staatsangelegenheiten vertraute er Cantacuzenos an. Dieser
vertraute Staatsmann erklärte sich am 26. Oktober 1341 in
Didymoteikhos (Dimotika) zum Herrscher. Der Kampf zwischen
beiden Kaisern um den Thron verwandelte sich in einen Krieg
zwischen Reichen, Adeligen, Intellektuellen und dem Volk. Der
Aufstand in Hadrianopolis verbreitete sich rasch in ganz
Thrazien.
1362 n.Chr. eroberten die
Osmanen die Stadt und von 1365 bis 1453 n.Chr. war Edirne
sogar die Hauptstadt des
Osmanischen Reichs.
Süleyman Bey eroberte 1354 in einer Nacht die Gallipoli
Festung und osmanische Kräfte begannen mit Angriffen in
Thrazien. 1360 wurde Dimotika erobert.
Murat
I. (1359-1389 n.Chr.) maß den Eroberungen in Thrazien
große Bedeutung bei. Nachdem Çorlu und Keşan unter
osmanische Kontrolle gerieten, beauftragte er Lala Şahin
Paşa mit der Eroberung von Hadrianopolis. Lala Şahin Paşa
eroberte gemeinsam mit Hacı Ilbeyi die Stadt von den
Byzantinern. Im Juli 1362, in der Herrschaftszeit von
Murat
I. war Hadrianopolis eine
osmanische Stadt.
Murat
I. nannte die Stadt "Edirne" und besuchte diese neu
eroberte Stadt, gab die Verwaltung der Festung an Lala Şahin
Paşa ab. Edirne verwandelte sich von diesem Zeitpunkt an zu
einem äußerst wichtigen Stützpunkt für die Eroberungszüge der
Osmanen in Thrazien. 1363 startete Lala Şahin Paşa von
hier aus um Plowdiw zu erobern. Im nachfolgenden Jahr kam es
25 km westlich von Edirne zum Krieg zwischen Sırpsındığı und
den Kreuzrittern. Da einer Legende zufolge
Murat
I. von einem alten weisen Mann geträumt habe, der ihm die
Errichtung eines Palastes in Edirne riet, ließ er in Edirne
einen großen Palast bauen.
Die Osmanen erklärten Edirne 1365 zur Hauptstadt, womit
eine gänzlich neue Periode begann.
Bayezit I. Nach dem Tod von Bayezid begann ein Thronkampf
zwischen seinen Nachfolgern. Während des Interregnums
(1403-1413) gewann die Stadt zunehmend an Bedeutung. Der
ältere Sohn von
Bayezit I. Emir Süleyman Çelebi ließ die Staatskasse aus
Bursa nach Edirne verlegen und bestieg hier den Thron. Sein
Bruder Musa Çelebi kämpfte mit Hilfe des Woiwoden der Walachei
gegen ihn, eroberte 1411 die Stadt und ließ im eigenen Namen
Münzen drucken. 1413 eroberte Mehmed Çelebi I. (1413-1421) die
Stadt zurück.
1419 tauchte ein Mustafa Çelebi auf, der behauptete, er sei
der Sohn von
Bayezit I., der seit dem Ankara Krieg vermisst werde. Er
erhob Anspruch auf den Thron, eroberte Edirne und ließ gleich
Münzen in seinem Namen drucken; dann marschierte er von Edirne
mit einer starken Armee Richtung Anatolien, erlitt jedoch nahe
Bursa gegen
Murat
II. (1421-1451) eine schwere Niederlage. Er nahm seinen
Schatz aus Edirne mit und war gerade auf der Flucht in die
Walachei, als er gefasst wurde. Mustafa Çelebi wurde nach
Edirne zurückgebracht und 1442 getötet. Daraufhin feierte das
Volk das erste Fest in Edirne, an dem es sich viele
beteiligten.
Murat II. veranstaltete für seine Söhne Alaeddin und
Mehmed in Edirne prachtvolle Feiern zur
Beschneidung. 1444 n.Chr. überließ er den Thron seinem
Sohn
Fatih Sultan Mehmed und ließ sich in Manisa nieder. Die
erste Feier zur Thronbesteigung in Edirne wurde für
Fatih Sultan Mehmed veranstaltet.
Murat
II. musste erneut nach Edirne kommen, da ein neuer
Kreuzzug gestartet worden war. Die Kreuzritter wurden vor
Warna besiegt.
Obwohl
Murat
II. nach diesem Sieg den Thron wieder seinem Sohn
überließ, musste er ein drittes Mal nach Edirne kommen und den
Thron besteigen, da diesmal die
Janitscharen einen Aufstand einleiteten. Als
Murat
II. am 5.2.1451 starb, gehörte der Thron endgültig
Fatih Sultan Mehmed (1451-1481). Er hatte sich ein großes
Ziel gesetzt: die Eroberung Konstantinopels. Und dafür begann
er in Edirne zu arbeiten und Vorbereitungen zu treffen. Nach
der Eroberung wurde die hauptstadt von Edirne in das neu
benannte
Istanbul verlegt.
Dennoch verlor Edirne zunächst nicht an Bedeutung und wurde
zum Schauplatz wichtiger Ereignisse. Hier kam es zum Kampf
zwischen
Bayezit II. (1481-1512), der Gedik Ahmet Paşa im Edirne
Palast hinrichten ließ und seinem Sohn Selim um den Thron.
Edirne war im 16. Jahrhundert der zentrale Stützpunkt für
die Angriffe in den Westen. Die
Sultane verbrachten hier viel Zeit.
Selim
I. (1512-1520), Sultan
Süleyman I. (1520-1566) und
Selim
II. (1566-1574) maßen der Entwicklung der Stadt große
Bedeutung bei.
Im 17. Jahrhundert erhöhte sich das Interesse beginnend von
Ahmet
I. (1603-1617).
Osman
II. (1617-1622) und später
Murat
IV. (1623-1640) veranstalteten in den Wäldern in Edirne
große Jagdpartien. Der als Jäger bekannte N. Mehmed
(1649-1687) verbrachte viel Zeit in Edirne. N. Mehmed, der
gegen 1670 Edirne fast zu einem zweiten Verwaltungszentrum
erklärte, startete von hier aus zu seinen Zügen nach Russland
und Polen. Ein weiterer Sultan, der sich gerne in Edirne
aufhielt, war
Mustafa II. (1695-1703), der 1703 mit einem Aufstand
gestürzt wurde. Nachdem Prut Krieg zwischen den Türken und
Russen wurde am 16. April 1712 das "Prut Abkommen"
unterzeichnet. Aber nach sieben Monaten hatten sich die Russen
immer noch nicht aus Polen zurückgezogen. Daraufhin
beschlossen die Osmanen einen neuen Angriff zu starten. Ahmed
III. (1703-1730) brach von İstanbul Richtung Edirne auf. Der
russische Zar Petro I. erklärte sich daraufhin zu Gesprächen
bereit. Am 24. Juni 1713 wurde im Anschluss an die
Verhandlungen in Edirne das "Edirne-Abkommen" unterzeichnet.
Dem Abkommen nach, mussten die Russen sich in zwei Monaten aus
Polen zurückziehen. Außerdem nahmen die Russen an, dass der
schwedische König Karl XII., der sich als Gast im
Osmanischen Reich befand, in Begleitung von
osmanischen Soldaten über russische Territorien in sein
Land zurückkehren würde.
Im Jahre 1745 n.Chr. gab es einem großen Brand und 1751
folgte ein verheerendes Erdbeben in der Stadt. Von diesem
Zeitpunkt an verlor die Stadt an Bedeutung.
1801 und 1806 kam es in Edirne zu zwei großen Aufständen.
Während des türkisch-russischen Krieges zwischen 1828 und 1829
geriet die Stadt unter russische Kontrolle. Am 22. August 1829
marschierten die Russen in die Stadt ein. Zwar wurde am 14.
September 1829 in Edirne ein Friedensvertrag unterzeichnet und
die Russen zogen sich zurück, aber dieser Vorfall
beeinträchtige Edirne. Die moslemische Bevölkerung wanderte
aus. Sultan
Mahmut II. (1808-1839) kam 1831 in die Stadt und befahl
während seines zehntägigen Aufenthaltes die Schäden zu
ersetzen. Zu diesem Anlass wurden sogar die Münzen Hayriye,
Nısfiye und Rubiye mit dem Edirne-Siegel gedruckt.
Während des türkisch-russischen Krieges zwischen 1877 und
1878 wurde Edirne für 13 Monate von den Russen besetzt. Nach
mehreren Zerstörungen geriet die Stadt am 13. März 1879 erneut
unter
osmanische Kontrolle.
Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte die Stadt
schwierige Zeiten. Während des Balkankrieges, der 1912 von den
Balkanländern gegen das osmanische Reich eingeleitet wurde,
verteidigte Şükrü Paşa 160 Tage lang die Stadt, musste sich
jedoch am 26. März 1913 wegen Hungers den bulgarischen und
serbischen Kräften ergeben.
Am 22. Juli 1913 stießen die Kräfte von Enver Bey auf
keinen Widerstand als sie in die Stadt einmarschierten. Die
Stadt lag in Ruinen. Die Bemühungen europäischer Staaten
Edirne zu erobern blieben ergebnislos. Mit dem "Bukarester
Abkommen" vom 10. August 1913 wurde Edirne als
osmanisches Territorium akzeptiert.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Edirne zwischen 1920 und
1922 mehr als zwei Jahre von Griechen besetzt. Mit der
Unterzeichnung des "Waffenstillstandsabkommen von Mudanya" am
25. November 1922 marschierte die türkische Armee in Edirne
ein. Mit dem "Lausanner Friedensvertrag", der am 24. Juli 1923
unterzeichnet wurde, verwandelte sich Edirne in eine
Grenz-Stadt der jungen Republik
Türkei zu Griechenland und Bulgarien.
Die erste Hauptstadt der
Osmanen, Bursa, war mit architektonischen Werken der
frühosmanischen Zeit versehen. Die zweite Hauptstadt Edirne
dagegen verfügte über besser entwickelter Bauten.
Die 1575 vom Architekten
Sinan
erbaute
Selimiye
Moschee und die Karawanserei Rüstem Pascha (1554) sind die
bekanntesten Bauwerke. Unmittelbar gegenüber befindet sich das
Archäologische und ethnographische Museum Edirne und das Grab von
Hadim
Balaban. In unmittelbarer Nähe befinden sich die historischen
Taschodalar (Taşodalar), der
Selimiye Bazar (Selimiye Arastası) sowie der
Saray Hamam.
Als sehenswerte Moscheen gelten auch
die Eski Cami (Alte Moschee; 1414), Üç Şerefeli Cami (Moschee
mit drei Galerien; 1447) sowie die Moschee und der Komplex von
Beyazıd II. mit einer der weltweit ersten Anstalten für
psychiatrische Erkrankungen (1488). Dieser Komplex beherbergt
heute das 2004 mit dem Museumspreis des Europarats
ausgezeichnete Türkische Museum für die Geschichte der
Psychiatrie. Die
Muradiye Moschee verfügt über sehr gut bearbeitete,
typisch
osmanische Fliesen und Ornamente aus dem Jahre 1426 und
die
Yildirim Bayezit Moschee über auffallend große Schriften
der
Kalligraphien. Heute befindet sich auch das
Museum der Selimiye Stiftung auf dem Gelände.
Edirne verfügt über drei historische Basare, den Ali Pascha
Basar (1569) und den Arasta Basar, beide von Sinan erbaut
sowie den ältesten von allen, den Bedesten Basar (1418).
Die Ruinen des alten Sultanspalasts in Edirne beherbergen
einen gut erhaltenen osmanischen Turm (Adalet Kasrı) und ein
Jagdhaus. In Edirne befinden sich auch ein archäologisches und
ein ethnographisches Museum mit Funden aus Thrakien sowie ein
Museum für türkische und islamische Kunst.
Zu weiteren
Moscheen der Stadt gehören die
Kiyak Baba Moschee,
Kiyik Neue Moschee (Kıyık Yeni Camii),
Gelbe
Moschee (Sarı Cami)
und die
Schahabettin Pascha Moschee (Şahabettin Paşa Camii). Die Stadt
beherbergt auch die
Edirne Mevlevihane.