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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Heinrich Leberecht Fleischer gilt als einer der Begründer der
modernen Arabistik in Deutschland und einer der bedeutendsten
Orientalisten des 19 Jh. n.Chr.
Heinrich Leberecht Fleischer
ist am 21. Februar 1801 in Schandau als Sohn des
Geleitschreibers beim Steueramt Johann Gottfried Fleischer und
seiner Ehefrau Johanna Christiane (geb. Unruh), der Tochter
eines Kirchschullehrers in Prietitz bei Pulsnitz, geboren. Der
Leiter der Volksschule in Schandau, Magister Edelmann, wurde
auf den begabten Jungen aufmerksam und führte ihn in das
Lateinische ein. Dies ermöglichte es dem Vater Fleischer, den
Sohn auf das Gymnasium nach Bautzen zu bringen, das er von
1814 bis 1819 n.Chr. besuchte. Hier hatte er beim Unterricht
des Hebräischen die erste Berührung mit dem Orient. Als zweite
und entscheidende Begegnung gibt er an, auf dem Markt
unter der Makulatur einer Käsefrau eine arabische Grammatik
gefunden zu haben, deren Inhalt er sogleich studierte.
Mit diesem Interesse vorgebildet kam er Ostern 1819 an die
Universität Leipzig, wo er sich neben seinen theologischen
Studien mit dem Studium der orientalischen Sprachen
beschäftigte. An der Universität Leipzig hörte er u.a. bei dem
Philosophen W.T. Krug, bei dem Theologen und Historiker Chr.
D. Beck und bei dem bedeutenden klassischen Philologen
Gottfried Hermann (1778-1848). Seine liebsten Lehrer waren nach
eigenen Angaben der Theologe Georg Benedikt Winer (1789-1858),
an dessen berühmter hebräischen Gesellschaft er schon als
Student im dritten Semester teilnehmen durfte, und Ernst
Friedrich Karl Rosenmüller (1768-1835), bei dem er
Arabisch studierte. Dieser überlässt ihm schon bald sein
Kolleg über Anfangsgründe im Arabischen, die Fleischer mehrere
Semester hindurch lesen darf. Zudem bewirkt sein Lehrer, dass
die Leipziger Buchhändler Vogel und Friedrich Fleischer dem
jungen Studenten die Korrektur der in ihrem Verlage
erscheinenden arabischen Werke übertragen, was ihm seinen
Unterhalt sichert.
Fleischer entschloss, sein Studium in die Orientalistik zu
vertiefen. Sein sehnlichster Wunsch war zunächst eine Reise
nach Paris, zu seiner weiteren wissenschaftlichen Ausbildung.
Zur Erfüllung dieses Wunsches trugen vor allem sein junger
Freund, der französische Kaufmann Bernard und der
französische Gesandte am sächsischen Hof, Graf von Rumigny,
bei. Sie hatten ihm eine Hofmeisterstelle bei dem Herzog von
Vincenza in Paris besorgt, der für seine Söhne einen deutschen
Erzieher protestantischer Religion suchte. Nach erfolgter
Magister-Arbeit am 4. März 1824 reiste Fleischer am 18. April
von Leipzig nach Paris ab. Damals galt Paris als Zentrum der
europäischen Orientalistik und das namentlich durch das Wirken
des großen Silvestre de Sacy (1758-1838), der seit 1795 den
Lehrstuhl für literarisches und vulgäres Arabisch an der Ecole
Spéciale des Langues Orientales Vivantes und seit 1806 auch
den für Persisch am Collége de France innehatte. An diesen
beiden Institutionen hörte Fleischer von 1824 bis 1828
Arabisch bei de Sacy, Umgangsarabisch bei dem jüngeren Caussin
de Perceval und Türkisch bei Jaubert. Außerdem nutzte er die
günstigen Gelegenheiten zum Erlernen des gesprochenen
Arabisch, indem er regen Umgang mit einigen Ägyptern der von
Muhammad Ali ausgerüsteten sog. “Ägyptischen Expedition“
pflegte.
Die Tüchtigkeit Fleischers, seinen Fleiß und den Erfolg
seiner orientalischen Studien in Paris bestätigen sein
deutscher Studiengenosse Conrad Dietrich Haßler: „Der
Stärkste unter Herrn de Sacys Zuhörern ist unstreitig Herr
Fleischer aus Leipzig, den man täglich mit ungemeinem Fleiße
in dem Manuskriptensaale der Königlichen Bibliothek arbeiten
sieht.“ Auch sein Lehrer, de Sacy, der ihm zum Abschied
sein Bild schenkte, schrieb kurz darauf an ihn: „Ich zähle
es zu den größten Diensten, die ich in der orientalischen
Literatur geleistet habe, solche Schüler wie Sie unterwiesen
zu haben, deren es freilich nicht viele gibt.“
Im Oktober 1828 kehrte Fleischer nach kurzem
Zwischenaufenthalt in Leipzig in das Haus seines Vaters - die
Mutter war bereits gestorben - nach Pirna zurück. Er hatte
diese feste Absicht, nach kurzer Zeit wieder nach Paris zu
gehen. Doch diesmal bestimmte ihn seine Familie, die ihn schon
einmal ungern nach Paris ziehen ließ, und ihn lieber als
Theologen denn als Orientalisten gesehen hätte, daheim zu
bleiben. So lebte Fleischer zunächst als Privatlehrer teils in
seinem Vaterhaus, teils in Dresden. Im August 1829 sollte er
nach längeren Vorverhandlungen Gymnasialprofessor an der 1543
von Herzog Moritz gestifteten Fürstenschule zu St. Afra in
Meißen werden. Zur gleichen Zeit hatte er aber die Bewerbung
für eine Universitätsprofessur in Dorpat laufen. Die
Unentschlossenheit führte dazu, dass beide Bewerbungen
scheiterten.
Er nahm deshalb 1830 einen Auftrag an, für 200 Taler einen
Katalog der ca. 400 orientalischen Handschriften der
Königlichen Bibliothek in Dresden zusammenzustellen. Als das
Geld nicht weiter reichte, kam ihm sein Freund, der Hebraist
Friedrich Böttcher zu Hilfe und brachte ihn Ostern 1831 als
Substitut mit 250 Talern Gehalt an die Kreuzschule in Dresden,
an der er dann bis 1835 blieb. Es war eine Notlösung.
Fleischer hat sich in diesem Amte nie recht wohl gefühlt.
Im Herbst 1835 erfolgte schließlich die Berufung an die
Universität Leipzig. Da Fleischer im Sommer eine Berufung nach
St. Petersburg erhalten hatte und dieser auch nachzukommen
gedachte, steckte er in den letzten Vorbereitungen für die
große Reise nach Russland. Einem Notizzettel Fleischers kann
entnommen werden, dass er am 16. September 1835 aus Lübeck die
Bestätigung seiner Buchung für eine erste Kajüte im Dampfboot
"Alexandra" für den 6. Oktober erhalten und dass er am 17.
Oktober zwei Kisten - eine mit Büchern, eine mit Wäsche - beim
Kaufmann Fischer in Dresden zur Expedition ausgeliefert hat.
Am 19. September schrieb Fleischer an seinen Vater: „Stell
Dir vor, was geschieht: Rosenmüller ist vorigen 16-ten
gestorben und der Minister D. Müller ließ mich alleweile
selbst zu sich kommen, um mir die Stelle anzutragen... Aus
Leipzig selbst erhielt ich schon gestern einen Brief von
Oberbibliothekar Gersdorff, worin dieser mir Rosenmüllers Tod
meldete und mich inständigst bittet, mich dem Vaterland zu
erhalten; alle meine Freunde in Leipzig, Winer, Niedner,
Theile, Fleck und er selbst vereinigen sich in diesem
Wunsche...“
Am 19. Oktober 1835 wurde seine Ernennung zum Professor
vollzogen. Ostern 1836 trat er an der Theologischen Fakultät
sein Amt an. Er habilitierte sich mit der Dissertation: “De
glossis Habichtianis in quattuor priores tomos MI noctium.
Dissertatio critica“; seine Antrittsvorlesung behandelte
ein Thema aus der vulgärarabischen Sprache. Am 18. April
siedelte er endgültig nach Leipzig über. Anfang Mai wurde er
in die Fakultät aufgenommen, wobei er den elften Platz
erhielt. Am 13. Mai hielt er seine erste Vorlesung: „Meine
Vorlesungen haben vorgestern glücklich begonnen. Ich hatte zu
meinem öffentlichen Collegium ein ganz gefülltes Auditorium,
welches mit gespannter Aufmerksamkeit zuhörte; und meine
Privatvorlesung über das
Arabische hielt ich gestern zum ersten Mal vor einem
Dutzend Zuhörern, eine Anzahl, die größer ist als man sich
seit Menschengedenken erinnern kann, zu einem solchen
Collegium zusammengesehen zu haben.“
Die wissenschaftliche Bedeutung der folgenden Arbeit
Fleischers liegt vor allem darin, dass er in der
Orientalischen Philologie mit den Sprachen Arabisch, Persisch
und Türkisch die Nachfolge seines Meisters, Silvestre de Sacy,
angetreten hat. In einem Nachruf auf ihn kommt sein Schüler
August Müller zu dem Schluss, dass von allen Schülern de Sacys
das Ideal des Lehrers voll nur in Fleischer verwirklicht
erschien. „Ihm fiel darum von selbst die Aufgabe zu, unsere
Wissenschaft in Deutschland auf die volle Höhe dessen zu
bringen, was sie in Frankreich durch de Sacy geworden war...“
Das Zentrum der europäischen Orientalistik, das zu Beginn
des Jahrhunderts in Paris war, rückte in seiner Mitte nach
Leipzig, welches durch Fleischer zum Zentrum aller derer
wurde, die sich dem Studium der orientalischen Sprachen widmen
wollten. Fleischer wird zum Begründer der sog. Leipziger
Schule der Arabistik. Leipzig verdankt diesen Ruf neben der
unbestrittenen wissenschaftlichen Größe Fleischers auch seiner
Treue zur Stadt und zur Universität, an der er bis zu seinem
Tode im Jahre 1888 in ununterbrochener Folge sein Lehramt
ausübte. Einen Ruf nach Berlin hatte Fleischer 1860 abgelehnt.
Noch heute ehrt die Universität Leipzig ihn in ihrem
geschichtlichen Rückblick.
Seine Veröffentlichungen reichen weit zurück. Noch als
Kreuzschullehrer veröffentlichte er 1835 mit "Samachschari´s
goldene Halsbänder, nach dem zuvor berichtigten Texte der v.
Hammerschen Ausgabe von neuem übersetzt und mit kritischen und
exegetischen Anmerkungen begeleitet, Leipzig bei Carl Heinrich
Reclam“. Es gilt als eines seiner bedeutendsten Werke. Es
ist eine philologische Streitschrift - er bezeichnet sie in
einem Brief an seinen Vater selbst als “Anti-Hammer“ - mit der
er gegen wissenschaftliche Methoden von
Joseph von Hammer-Purgstall, der damals als größter
Orientalist Deutschlands galt, zu Felde zog. Fleischer war
sich seiner Sache ganz sicher und ging als Sieger aus dem
Streit hervor.
Sein berühmtestes und umfangreichstes Werk, ein Kommentar
zum
Heiliger Qur'an, sein “Beidhawii Commentarius in
Coranum“, an welchen er schon in den Handschriftensälen
von Paris und Dresden gearbeitet hatte, erschien 1846-1848. Es
war sein letztes größeres, in selbstständiger Form
erschienenes Werk.
Seine ständig wachsende Autorität als erster Arabist
Deutschlands brachte in Form von Anfragen, Gutachten,
Konsultationen, Korrekturen usw. eine Arbeitsfülle mit sich,
die wenig Zeit für eigene Arbeiten ließ. Auch seinen Schülern
war er nach Verlassen der Universität weiterhin ein beratender
und stets helfender Lehrer. So gibt es aus den vierziger bis
achtziger Jahren kaum eine bedeutende Textedition, welche
nicht an zahlreichen Stellen ein Fl oder F als Zeichen seiner
Mitarbeit trägt. Außerdem prüfte er in der ihm eigenen
Gewissenhaftigkeit jede neu erschienene arabische Textedition
und versah sie mit zum Teil umfangreichen Verbesserungen. So
steuerte er 300 Seiten Textverbesserungen zu dem von Dozy,
Wright, Krebl und Dugat herausgegebenen Geschichtswerk "al-Maqqari´s"
bei. Den gleichen Umfang hatten seine Studien über Dozys
“Suplément au dictionnaires arabes“. Die bekannte
Veröffentlichung dieser Art sind seine “Beiträge zur
arabischen Sprachkunde“, 1-11 (803 Seiten), erschienen in den
Jahren 1863 bis 1884 in den “Berichten über die Verhandlungen
der Königlichen Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.
Philo.-hist.CI.“ Die “Beiträge, die auf einheimischen
Grammatiken und Kommentaren aufbauen, beziehen sich Paragraph
für Paragraph auf die berühmte 'Grammaire arabe'“ (2. Aufl.
Paris 1831) seines Lehrers de Sacy. Alle nicht selbstständig
erschienenen Schriften Fleischers, einschließlich der
genannten, sind 1885 bis 1888 in drei Bänden unter dem
bescheidenen Titel “Kleinere Schriften“ mit einem Umfang von
2225 Seiten in Leipzig erschienen.
Zu seinem Wirken gehörte auch seine umfangreiche
wissenschaftlich-organisatorische Tätigkeit als Mitglied der
Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, der er seit
seiner Gründung (1846 n.Chr.) angehörte und für die er nahezu
dreißig Jahre lang (1855-1883) Sekretär in der
philologisch-historischen Klasse war. Fleischer gehörte auch
zu der Gruppe von Orientalisten, die nach dem Vorbild der
Société Asiatique und der Royal Asiatic Society, die am 2.
Oktober 1845 in Darmstadt vollzogene Gründung der Deutschen
Morgenländischen Gesellschaft vorbereiteten. Der Beschluss zur
Schaffung einer Vereinigung von Orientalisten wurde bereits
zwei Jahre zuvor im September 1843 in Fleischers Wohnung in
der Nikolaistraße gefasst.
Im Sommer 1886, und auch 1887 musste Fleischer von dem
seitdem Amtsjubiläum gewährten Dispens Gebrauch machen. Er
lebte mit seiner Familie auf dem Lande in Altschönefeld und
später in Gaschwitz. Im Wintersemester 1887/1888 hat er noch
bis zum 17. November Vorlesungen abgehalten. Nach schwerer
Krankheit verstarb Leberecht Fleischer am Abend des 10.
Februar 1888, am 13. Februar wurde er auf dem Johannisfriedhof
in Leipzig beigesetzt. Am Grabe Fleischers sprachen für die
Fakultät und die Deutsche Morgenländische Gesellschaft Ernst
Windisch und Franz Delitzsch als Fachkollegen für den durch
Krankheit verhinderten Ludolf Krebl.
Kurz nach der
Islamischen Revolution brachte ein staatsnaher Verlag in
der
Islamischen Republik Iran die deutsche Übersetzung von
Aussprüchen
Imam Alis (a.) mit dem Titel "Alis hundert Sprüche"
heraus, die auf die Übersetzung von Heinrich Leberecht
Fleischer zurück zu führen ist.
Zu seinen Auszeichnungen und Ehrungen zählen