Mahatma Ghandi
Mahatma Gandhi

Aussprache: mahatmaa ghandii
arabisch:
مهاتما غاندي
persisch:
ماهاتما گاندی
englisch:

2.10.1869 - 30.1.1948 n.Chr.

.Bücher zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.

Mohandas Karamchand Gandhi war die herausragende Persönlichkeit der indischen Geschichte und erhielt den sanskritischen Ehrentitel Mahatma (Große Seele). Er soll ihm erstmals vom indischen Philosophen und Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore verliehen worden sein, der Gandhi bei seiner Ankunft in Bombay am 9. Januar 1915 so begrüßte. Gandhi aber wollte nicht, dass man ihn mit jedem Titel ruft. In seiner Biografie mit dem Untertitel "Die Geschichte meiner Experimente mit der Wahrheit" (1927–1929) schreibt er, dass der Titel Mahatma für ihn nicht nur keinen Wert, sondern ihn auch oft tief gepeinigt habe.

Ghandi wurde am 2. Oktober 1869 in Porbandar (Gujarat) als jüngstes von fünf Kindern in der vierten Ehe seines Vaters Karamchand Gandhi und seiner Mutter Putali Bai geboren. Obwohl die hinduistische Familie dem Kastensystem angehörte, besuchten ihr Haus auch Muslime, Parsis und Anhänger des Jainismus.

Gandhi wurde 1883 im Alter von 14 Jahren durch seine Familie mit der gleichaltrigen Kasturba Nakanji verheiratet. Mit sechzehn bekamen sie ihr erstes Kind, was nach wenigen Tagen verstarb. Weitere Kinder waren Harilal (1888-1948), Manilal (1892-1956), Ramdas (1897-1969) und Devadas (1900-1957). Ab 1888 studierte Gandhi in London Jura und wurde Anwalt.

Während des Studiums setzte er sich u.a. auch intensiv mit dem Christentum auseinander, akzeptierte aber Jesus Christus nicht als einzigen Sohn Gottes, denn er könne nicht glauben, wie er in seiner Autobiografie schreibt, "dass Jesus der einzige fleischgewordene Sohn Gottes sei und dass nur, wer an ihn glaubt, das ewige Leben haben solle. Wenn Gott Söhne haben konnte, dann waren wir alle seine Söhne. Wenn Jesus gottgleich oder selbst Gott war, dann waren wir alle gottgleich und konnten selbst Gott werden."

Nach seiner Rückkehr aus England arbeitete Gandhi als Rechtsanwalt in Bombay. Zwei Jahre später schickte ihn seine Familie zu einem indischen Freund und Geschäftsmann nach Südafrika, um einen Rechtsstreit zu lösen. Insgesamt blieb er bis Ende 1914 in Südafrika und entwickelte alle Grundsätze seiner politischen Philosophie. Motiviert durch rassistische Diskriminierungen, die er teilweise am eigenen Leib miterlebte, begann er sich für die Rechte der Inder in Südafrika einzusetzen.

In Südafrika entwickelte Gandhi auch das Konzept des gewaltlosen Widerstandes, das er Satyagraha nannte, was soviel wie Festhalten an der Wahrheit bedeutet und für ihn eng verbunden war mit Gewaltlosigkeit: „Wahrheit schließt die Anwendung von Gewalt aus, da der Mensch nicht fähig ist, die absolute Wahrheit zu erkennen und deshalb auch nicht berechtigt ist zu bestrafen“, schrieb er in der Zeitschrift Young India (zit. nach „Jung Indien“, S. 241). Auf Grund einer Erkrankung verließ Gandhi mit seiner Familie im Dezember 1914 Südafrika und kehrte am 9. Januar 1915 nach Indien zurück. In Bombay wurde er triumphal empfangen, hatte sich doch sein Engagement für die indische Minderheit in Südafrika in ganz Indien herumgesprochen.

Zurück in Indien baute er sich seinen Harijan Ashram auf. 1920 übernahm er die Führung des Indian National Congress (INC), der sich unter seiner geistigen Führung zur Massenorganisation und zur wichtigsten Institution der indischen Unabhängigkeitsbewegung entwickelte. Um die Briten zu zwingen, den indischen Subkontinent zu verlassen, etablierte er das Konzept der Nichtzusammenarbeit: alle indischen Angestellten und Unterbeamten sollten einfach nicht mehr für die Kolonialherrscher tätig werden, jegliche Kooperation sollte gewaltfrei verweigert werden, um so die Engländer machtlos zu machen. Im August 1920 rief Gandhi die Kampagne der Nichtkooperation offiziell aus. Er glaubte, die Gewaltlosigkeit sei der Gewalt unendlich überlegen. Wie sollten einhunderttausend Briten in Indien ein Land beherrschen von damals dreihundert Millionen Indern, wenn diese einfach die Zusammenarbeit verweigern? 1930 veranlasste er eine Kampagne des zivilen Ungehorsams und rief zum Salzmarsch gegen das britische Salzmonopol auf. Der Salzmarsch gilt als die spektakulärste Kampagne, die Gandhi während seines Kampfes um Unabhängigkeit initiierte. Alle Bevölkerungsgruppen schlossen sich ihm an.

1942 forderte Gandhi die sofortige Unabhängigkeit Indiens und wurde deshalb in Pune inhaftiert, aber nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen wieder entlassen. Sowohl in Südafrika als auch in Indien wurde Gandhi von der britischen Kolonialmacht mehrmals inhaftiert; insgesamt saß er acht Jahre im Gefängnis.

Am 3. Juni 1947 verkündete der britische Premierminister Clement Attlee die Unabhängigkeit und die Teilung Indiens in zwei Staaten: das mehrheitlich hinduistische Indien und das mehrheitlich moslemische Pakistan. Gandhi hatte sich dem Teilungsplan stets widersetzt, trat aber nach der Trennung für eine gerechte Aufteilung der Staatskasse ein. Seinem Einfluss war es auch zu verdanken, dass die bürgerkriegsähnlichen Unruhen, die nach der Teilung ausbrachen, relativ rasch eingedämmt wurden.

Viele seiner Studien widmete er dem Islam. Über den Propheten Muhammad (s.) sagte er u.a., dass er von seiner Verfahrensweise und dem einfachen moralischen Leben begeistert war:  "....Ich bin mir nunmehr sicherer als ich es je war, dass es nicht das Schwert war, welches in jenen Tagen einen Platz für den Islam gewann, im Gang des Lebens. Es war die unbeugsame Einfachheit, die komplette Aufopferung des Propheten, die penible Einhaltung seiner Versprechen, seine völlige Hingabe seinen Freunden und Anhängern gegenüber, seine Beherztheit, seine Furchtlosigkeit, sein absolutes Vertrauen zu Gott in seiner eigenen Mission. All dies, und nicht das Schwert haben alles getragen und jede Art von Schwierigkeiten überwunden" (Young India, 1928, Band X).

Am 30. Januar 1948 wurde der 79-jährige Gandhi vom Hindu Nathuram Godse erschossen, weil man ihm vorwarf, den Hinduismus verraten zu haben. Anlass waren sein Einsatz gegen das Kastensystem und seine Nähe zu Muslimen. So hatte er u.a. mit Bezug auf Imam Husain (a.) gesagt: "Meine Überzeugung ist, dass die Entwicklung des Islam nicht von dem Gebrauch des Schwertes durch seine Anhänger abhängt, sondern das Resultat des ultimativen Opfers von Husain, dem großen Heiligen, ist". Bei einer anderen Gelegenheit sagte er: "Ich habe von Husain gelernt, wie man siegreich sein kann, während man unterdrückt wird." Aschura ist im hinduistischen Indien ein staatlicher Gedenktag.

Zu Gandhis hinduistischer Bestattung kamen Anhänger aller Religionen des Landes.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de