Ziya Gökalp
Ziya Gökalp

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23.3.1875 oder 1876 - 25.10.1924

Bild: Gökalps Grab in Istanbul (2008)

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Ziya Gökalp (Geburtsname Mehmed Ziya, ab 1911 unter dem Schriftstellernamen Ziya Gökalp bekannt) war ein türkischer Denker, politischer Publizist, Essayist, Intellektueller und Mitbegründer der Soziologie im Osmanischen Reich und in der modernen Türkei. Die Umsetzung der Idee eines säkularen Staates in der Türkei wird großteils auf seine Ideen zurückgeführt.

Gökalp ist am 23.3.1875 oder 1876 in Diyarbakir geboren, sein Vater war Journalist in der Stadt. Während seiner schulischen Laufbahn an einer modernen Hochschule lernte er Französisch und moderne Wissenschaften. Nach dem Tod seines Vaters lehrte ihn sein Onkel Persisch und Arabisch sowie Werke klassischer islamischer Lehre. 1895 ging er nach Istanbul. Der Widerspruch zwischen Ideal und Realität des Islam in der Türkei und der für ihn unüberwindlich erscheinende Widerspruch zwischen real existierendem Glaube, Mystik [tasawwuf] und moderner Wissenschaft sowie die Ablehnung seiner Pläne von einer höheren Ausbildung in Istanbul durch seinen Onkel hatte ihn zuvor zu einem Selbstmordversuch getrieben, von dem er durch seinen Freund Dr. Abdullah Cevdet abgehalten worden war.

In Istanbul besuchte Gökalp die Veterinärsschule und lernte so seine späteren Genossen Ibrahim Temo und Ishak Sukuti kennen. Seine revolutionäre Lebensphase begann durch sein Studium und durch seinen Beitritt zur damals noch geheimen Organisation der Einheit und des Fortschritts (İttihad ve Terakki). 1897 wurde er deshalb verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und anschließend nach Diyarbakır in die Verbannung geschickt. Nach der Machtergreifung der Jungtürken im Jahre 1908 wurde er einer der bekanntesten osmanischen Schreiber.

1909 wurde er in Selanik (heutiges Saloniki) in das Zentralkomitee der İttihad ve Terakki gewählt. Er brachte mit einer Gruppe von jungen Schreibern die Periodika Genç Kalemler (Junge Stifte bzw. Junge Schreiber) und Yeni Felsefe Mecmuası (Die Zeitschrift der neuen Philosophie) heraus, die an der Entwicklung einer Ideologie interessiert war, die eine soziale Veränderung anstrebte, die das Ziel der konstitutionellen Revolution von 1908 war. Diese Gruppe führte zum Erscheinen zweier Tendenzen: einer materialistischen und sozialistischen und einer ideologischen und nationalistischen, wobei Gökalp der führende Name der letzteren Tendenz wurde, die erstere Tendenz verschwand bald.

Von 1912 bis 1919 lebte Gökalp in Istanbul. 1912 wurde er zum ersten Professor der Soziologie an der Universität Istanbul benannt. In dieser Zeit machte er die Bekanntschaft mit ausgewiesenen Intellektuellen aus Kasan, von der Krim und aus Aserbaidschan, was seinem Nationalismus einen pantürkistischen Anstrich verlieh.

Gökalp blieb aber in erster Linie der nationalistische Ideologe der Türken im Osmanischen Reich. Der türkische Nationalismus, den er prägte, und der der Zeit entsprechend rassistische Züge in sich trug, sollte aus dem Gemisch von östlicher und westlicher Zivilisation hervorgehen. Allerdings gehörte er noch zu denen, die das Elemente des Islam als integralen Teil der türkischen Kultur als geistige Kraft bewahren wollte. Die türkische Nation sollte nur so weit verwestlicht werden, soweit die westlichen Werte mit dem Islam in Einklang blieben.

Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde er von den Briten zusammen mit mehreren türkischen Staatsmännern und Intellektuellen nach Malta ins Exil geschickt, wo er zwei Jahre blieb. 1921 kehrte er in die Türkei zurück und schloss sich der durch Mustafa Kemal geführten Nationalbewegung an. 1923 wurde er Abgeordneter von Diyarbakir im neuen türkischen Parlament. am 25.10.1924 starb er als Mitglied der Großen Nationalversammlung der Türkei in Istanbul. Er wurde im Friedhof des Schreins des Mahmut II. beigesetzt.

Nach Angabe der Freimaurergroßloge der Türkei war Ziya Gökalp ein Freimaurer.

Es war ein öffentlich vorgetragenes politisches Gedicht Gökalps, das dem damaligen Bürgermeister Istanbuls Recep Tayyip Erdoğan (später Ministerpräsident) ein Politikverbot und eine viermonatige Haftstrafe einbrachte.

Ziya Gökalp schrieb auch Gedichte, blieb aber in der Hauptsache Essayist. Sein einziges Buch Türk Medeniyet Tarihi (Die Geschichte der türkischen Zivilisation) blieb unvollendet und wurde postum veröffentlicht. Gökalp prägte in seiner wohl bekanntesten Schrift "Die Grundlagen des Türkismus" (1923) anknüpfend an Ernest Renan den modernen Begriff der türkischen Nation mit. Er lehnte darin jede Form des - damals in Europa herrschenden - völkischen Nationalismus bzw. Rassismus ab, und bekannte sich zu seiner türkischen Identität. Allerdings wurde jener Ansatz später von Nationalismus und Rassismus dominiert.

Außerhalb der Türkei hatte Gökalp Einfluss auf Sati' al-Husri. Husri verließ 1919 die Türkei, um sich der arabischen Nationalbewegung anzuschließen, wobei er Gökalps Theorien übernommen zu haben scheint.

Zu seinen Werken zählen

bulletKızıl Elma (Der rote Apfel, Istanbul 1330 bzw. 1914)
bulletTürkleşmek, İslamlaşmak, Muasırlaşmak (Türkisierung, Islamisierung, Modernisierung, Istanbul 1918)
bulletYeni Hayat (Neues Leben, Istanbul 1918)
bulletAltın Işık (Goldenes Licht, Istanbul 1339 bzw. 1923)
bulletTürk Töresi (Türkische Tradition, 1923)
bulletDoğru Yol (Der richtige Weg, 1923)
bulletTürkçülüğün Esasları (Grundlagen des Türkismus, Ankara 1339 bzw. 1923)
bulletTürk Medeniyet Tarihi (Geschichte der türkischen Zivilisation, postum 1926)
bulletKürt Aşiretleri Hakkında Sosyolojik Tetkikler (Soziologische Untersuchungen der kurdischen Stämme)
bulletMalta mektupları (Briefe aus Malta), hrg. Ali Nüzhet Göksel, Istanbul 1931
bulletZiya Gökalp ve Çınaraltı (Ziya Gökalp - Unter dem Ahorn), hrg. Ali Nüzhet Göksel, Istanbul 1939
bulletFırka nedir? (Was ist eine Partei?), hrg. E. B. Şapolyo, Zonguldak 1947
bulletZiya Gökalp: hayatı, sanatı, eseri (Ziya Gökalp: sein Leben, seine Kunst, sein Werk), hrg. A. N. Göksel, Istanbul 1952
bulletZiya Gökalp külliyatı, Şiirler ve halk masalları (Ziya-Gökalp-Sammlung, Gedichte und Volksmärchen), hrg. F. A. Tansel, Ankara 1952
bulletYeni Türkiyenin hedefleri (Die Ziele der neuen Türkei), Ankara 1956
bulletZiya Gökalpın ilk yazı hayatı, 1894-1909 (Die ersten Schriften von Ziya Gökalp, 1894-1909), hrg. Şevket Beysanoğlu, Istanbul 1956
bulletTurkish nationalism and Western civilization: selected essays of Ziya Gökalp (Türkischer Nationalismus und westliche Zivilisation: ausgewählte Essays von Ziya Gökalp), übersetzt und hrg. Niyazi Berkes, London/New York 1959

Grab beim Schrein von Mahmut II.

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