Halbmondlager
Halbmondlager

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Das so genannte Halbmondlager wurde zu Beginn des Ersten Weltkrieges in Wünsdorf bei Berlin als Lager für muslimische Kriegsgefangene aus der britischen und französischen Armee errichtet. Im Lager waren ca. 30.000 Kriegsgefangene interniert.

Während des Ersten Weltkrieges war die Osmanen Verbündete des deutschen Kaiserreiches. Am 15. November 1914 rief der sich als Kalif und damit Oberbefehlshaber aller Muslime wähnende Mehmed V. die Muslime, die als Soldaten aus den Kolonien auf Seiten Englands und Frankreichs kämpften zum Dschihad gegen ihre Kolonialherren auf und forderten sie auf, zu desertieren.

Deutschland beteiligte sich mit der Nachrichtenstelle für den Orient an diesem Versuch, indem es das Halbmondlager und ein vergleichbares Lager (das Weinberglager) im nahegelegenen Ort Zossen mit der Wunsdorfer Moschee einrichten ließ. Anfang des Jahres 1915 beschloss das deutsche Kriegsministerium die Einrichtung derartigerer Lager für muslimische Kriegsgefangene. Hier sollten die Gefangenen zum Überlaufen und zum Kampf gegen ihre Kolonialherren bewegt werden.

Wichtigstes Instrument zur Überzeugung der Muslimen war die Förderung der Ausübung des Islam in diesen Lagern mit ansehnlicher Moschee. So wurden z.B. die Verpflegungsrationen im Monat Ramadan den Bedürfnissen angepasst. Für die weitere Versorgung erhielten die Gefangenen Gutscheine, die sie einlösen konnten. Zum Opferfest [id-ul-adha] wurden Schafe zur Verfügung gestellt, die geschächted werden durften.

Am 13. Juli 1915 wurde im Halbmondlager bei Anwesenheit der Insassen beider Lager die erste Moschee auf deutschem Boden eingeweiht, in der anders als in einem früheren Bau im Schwetzinger Schlossgarten auch wirklich das Ritualgebet stattfinden sollte. Fünf Mal am Tag durfte ein Gebetsrufer [muadhin] vom Minarett rufen. Die in nur fünfwöchiger Bauzeit entstandene Holzkonstruktion wurde 1925/26 wegen Baufälligkeit wieder abgerissen. Maßgebliches Vorbild für die Moschee in Wünsdorf war der Felsendom.

Verschiedene deutsche Ethnologen, Musikwissenschaftler und Linguisten nutzten die "praktische Gelegenheit" und erforschten die Kulturen und Sprachen der im Halbmondlager gefangen gehaltenen Menschen, was teilweise als Vorstufe für die spätere "Rassenkunde" gewertet werden kann. Soweit bekannt, geschah dies auf freiwilliger Basis.

Im September 2007 kam ein Film (The Halfmoon Files) in die Kinos, der Bild- und Tonaufnahmen aus dem Halbmondlager, die im Rahmen dieser Studien zur Zeit des Ersten Weltkrieges gemacht wurden, zur Grundlage hat.

Für die 206 in der Kriegsgefangenschaft verstorbenen indischen Kriegsgefangenen wurde 2005 der "Zehrensdorf Indian Cemetery" nach eingehenden Renovierungsmaßnahmen neu eingeweiht.

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