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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica. Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke, bekannt auch als "der große Schweiger" war ein preußischer
Generalfeldmarschall und hatte als Chef des Generalstabes
wesentlichen Anteil an den deutschen Siegen im
Deutsch-Dänischen Krieg, im Preußisch-Österreichischen Krieg
und im Deutsch-Französischen Krieg. Er hat unter anderem auch für die
Osmanen gearbeitet.
Graf von Moltke stammt aus dem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht
Moltke. Am 26.10.1800 geboren trat er als elfjähriger Kadett
ins dänische Heer ein und besuchte die Kadettenakademie in
Kopenhagen bis 1817. Er diente im dänischen
Infanterieregiment Oldenburg in Rendsburg als Offizier. Im Jahre 1822
wechselte er nach Preußen zur dortigen Armee. Dort trat er als
Offiziert ins Leibgrenadier-Regiment König Friedrich
Wilhelm III. in Frankfurt (Oder). 1823 bis 1826 besuchte er die
Kriegsakademie und trat 1833 in den Großen Generalstab ein.
1835 erhielt er Urlaub für eine Bildungsreise in den Südosten
Europas.
Auf Wunsch des
Sultans des
Osmanischen Reichs wurde
er von 1836 bis 1839 als Instrukteur der
osmanischen Truppen
abkommandiert.
Sultan
Mahmut II. hatte ihn
höchstpersönlich empfangen.
In dieser Zeit bereiste Moltke
Istanbul, die
Schwarzmeerküste, das Taurusgebirge, die Wüste von
Mesopotamien und nahm 1838 an einem Feldzug gegen die Kurden
teil. 1838 fühlte sich das
Osmanische Reich stark genug, den
Kampf gegen die ägyptischen Truppen, unter Ibrahim Pascha in
Syrien, wieder aufzunehmen. Moltke beteiligte sich auch an
diesem Feldzug und nahm dabei auch an der entscheidenden
Schlacht von Nisibis, am 24. Juni 1839, teil. Die Eindrücke
seiner Jahre im Osmanischen Reich hat Moltke in seinem Werk
"Unter dem Halbmond" mit dem Untertitel "Briefe über Zustände und
Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839"
aufgezeichnet.
Über das untergehende
Osmanische
Reich urteilte er: "Es ist lange die Aufgabe der
abendländischen Heere gewesen, der osmanischen Macht Schranken
zu setzen. Heute scheint es die Sorge der europäischen Politik
zu sein, ihr das Dasein zu fristen."
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde 1846 erreichte
er 1858 die Dienststellung eines Generalstabschefs. Moltke und Bismarck gelten als Schmiede der Reichseinigung
von 1871, Moltke aus militärischer und Bismarck aus
politischer Sicht.
Helmuth von Moltke ehelichte am 20. April 1842 Marie Burt,
eine angeheiratete Tochter seiner Schwester Auguste. Für sie,
die am 24. Dezember 1868 im Alter von 43 Jahren früh verstarb,
baute er ein Mausoleum, das noch heute zu finden ist. Seine
Gebeine gingen 1945 mit dem Einmarsch der Roten Armee
verloren.
Zu seinen Werken gehören:
 | Briefe über die Zustände und Begebenheiten in der Türkei
1835–39 |
 | Der russisch-türkische Feldzug 1828–29, 1845 |
 | Unter dem Halbmond. Erlebnisse in der alten Türkei 1835
- 1839 |
Ein Moltke-Denkmal steht neben der Siegessäule in Berlin.
Der folgende Brief Moltkes veranschaulicht, wie
Istanbul im
Jahre 1836 n.Chr. ausgesehen hat.
Spaziergang durch Tophane
Konstantinopel, den 4. Januar 1836
Ich schrieb dir in meinem letzten Brief, dass mein
Aufenthalt sich hier unerwartet verlängert. Der Seraskier
lässt mich jede Woche ein paarmal rufen; da die Türken aber
jetzt den Ramadan feiern, wo alle Geschäfte des Tages über
ruhen, so finden die Besuche des Nachts statt. Das zehnrudrige
Kaik des Seraskiers erwartet mich zu Galata und am jenseitigen
Ufer des Hafens finde ich seine Pferde. Ebenso geht es zurück.
Voraus schreitet ein Kawass oder Polizeisoldat, der mit seinem
langen Stock unbarmherzig auf alles losschlägt, was nicht aus
dem Wege geht. Dann folgt der Imrohor oder Stallmeister des
Paschas und zwei Fackelträger zu Fuß; dann ich auf einem
schönen türkischen Hengst mit Tigerdecken und goldenen Zügeln,
begleitet vom Dolmetscher. Was die Lebensweise hier
anbetrifft, so ist sie außerordentlich einförmig. Nach dem
Frühstück mache ich bei gutem wie bei schlechtem Wetter eine
Promenade, gewöhnlich durch die Hauptstraße von Pera zu dem
großen Begräbnisplatz. Die hohen hundertjährigen Zypressen
beugen unter der Last des Schnees ihre grünen Zweige zur Erde
und die zahllosen aufrecht stehenden Leichensteine sind mit
einer Eisrinde wunderbar überzogen. Da, wo der Weg aus dem
Zypressenwald tritt, öffnet sich eine herrliche Aussicht auf
den Bosporus. Unten liegt Beschiktasch, ein Schloss des
Großherrn, denn das alte Serai hat er für immer verlassen,
weil daran zu fürchterlich blutige Erinnerungen kleben; auch
ist ihm prophezeit, dass er dort sein Leben enden werde.
Jenseits erheben sich die schneebedeckten Berge Asiens,
Skutari, die Vorstadt mit 100 000 Einwohnern und mitten im
Wasser der Leanderturm. Begleite mich nun auf meiner
Wanderung, die steile Höhe, welche der Begräbnisplatz krönt,
hinab an das Ufer des Bosporus. Wir bleiben ein Weilchen
stehen und sehen den Wellen zu, die sich mit Macht an den
steinernen Kais brechen und schäumend weit über die
vergoldeten Gitter bis an den Kiosk des Großherrn spritzen.
Griechen sammeln die Austern, welche die bewegte See ans Ufer
wirft, und ganze Herden von Hunden verzehren die Reste eines
gefallenen Pferdes. Wir wenden uns nun rechts an einem
prachtvollen Marmorbrunnen vorüber und treten in eine lange
Reihe von Kaufläden, deren Dächer oben fast zusammenstoßen.
Dort sind es vor allem die Esswaren und Früchte, die meine
Aufmerksamkeit erregen; wüsste ich nur ein Schiff, so würde
ich euch einen schönen Korb füllen. Da gibt es Datteln,
Feigen, Pistazien, Kokosnüsse, Manna, Orangen, Rosinen, Nüsse,
Granatäpfel, Limonen und viele andere gute Sachen, von denen
ich die Namen nicht einmal weiß. Da gibt es Honigbrei,
Reisspeisen, Ziegenrahm und Traubengelee, alles aufs
Reinlichste und Beste bereitet; dann kommt der Gemüsemarkt mit
Blumen, Kohl, Artischocken, ungeheuren Melonen, Kürbissen,
Karden und Pasteken. Gleich daneben liegen die Erzeugnisse des
Meeres: ungeheure Fische wie der riesenhafte Thon, die
silbernen Palamiden, der Goldfisch, die Steinbutte und alle
die Meeresungeheuer, die doch so gut schmecken, die Austern,
Hummer, Krebse und Krabben. Zwischen mehr als hundert Läden,
in denen Tschibuks oder Pfeifenrohre, Köpfe aus rotem Ton und
lange Spitzen aus Bernstein gefertigt werden, kommt man
endlich nach Tophane, dem Viertel der Artilleristen. Die von
dem jetzigen Großherrn erbaute Moschee Nusrethieh (die
Siegreiche) zeichnet sich aus durch ihre beiden Minaretts, die
hundert Fuß hoch sind und deren unterer Durchmesser doch nicht
über neun Fuß misst. Wie gut müssen solche schlanken Türme
gebaut sein, um Stürmen, oft auch Erdbeben widerstehen zu
können. Im Vorhof, der mit schönen Säulen umgeben ist,
waschen, trotz der kalten Witterung, in langen Reihen von
Wasserbecken die andächtigen Moslems Gesicht, Hände und Füße,
denn sonst wird das Gebet nicht akzeptiert. Nach dieser etwas
frischen Prozedur kniet der Gläubige, das Gesicht gegen Mekka
gewendet, nieder, sagt seinen Spruch, zieht seine Stiefel an
und geht davon. Nahebei ist die große Moschee Kilidsch-Aly. In
dem schönen Vorhof befinden sich Kaufläden mit anmutigen
Sachen. Unter einem Bogen sitzt ein türkischer Briefschreiber,
ein Stück Pergament auf dem Knie und eine Rohrfeder in der
Hand. Frauen in weiten Mänteln und gelben Pantoffeln, das
Gesicht bis auf die Augen verhüllt, erzählen ihm mit lebhaften
Gebärden ihr Anliegen und mit regungslosen Zügen schreibt der
Türke das Geheimnis des Harems, eine Prozessangelegenheit,
eine Bittschrift an den Sultan oder eine Trauerpost, faltet
das Blatt zusammen, wickelt es in ein Stück Musselin, drückt
ein Siegel von rotem Wachs darauf und empfängt 20 Para für
eine Freudenpost wie für eine Todesnachricht. Die zahllosen
Cafés gewähren jetzt einen eigenartigen Anblick, alles drängt
sich um die Feuerbecken, aber der liebliche Dampf des Kaffees
und der Pfeife fehlt; es ist das Fest des Ramadan und vor
Einbruch der Nacht darf kein Rechtgläubiger essen, trinken,
Tabak rauchen oder sich nur den Geruch einer Blume erlauben.
Die Türken schleichen langsam in den Straßen herum und
schneiden grimmige Gesichter vor Hunger und ungewohnter Kälte.
Sobald aber die Sonne hinter der Moschee Suleimans des
Prachtvollen untergeht, rufen die Imams von allen Minaretts:
»Es gibt keinen Gott als Gott«, und nun ist es sogar die
Pflicht des Moslems, die Fasten zu brechen. Wir sind nun bis
an die Mauern von Galata gekommen und steigen zu jenem großen
weißen Turm empor, von dem man wieder einen prachtvollen
Anblick auf die Stadt jenseits des Hafens, auf Skutari,
jenseits des Bosporus, und auf das Marmarameer, die
Prinzeninseln und den asiatischen Olymp hat. Rechts breitet
sich die mächtige Stadt von einer halben Million Einwohner
aus. Die äußerste Spitze mit den hohen Mauern, den vielen
Kuppeln und dunkelgrünen Zypressen ist das Seraj, eine Stadt
für sich mit 7000 Einwohnern, mit ihren eigenen Mauern und
Toren. Dicht daneben wölbt sich die mächtige Kuppel der
Sophienkirche, jetzt eine Moschee, welche das Vorbild zu so
vielen anderen Kirchen, selbst zu St. Peter in Rom, geworden
ist. Weiter rechts ragen die sechs prächtigen Minaretts der
Moschee Sultan Achmeds hervor. Wegen ihrer schlanken Form
sehen diese Minaretts ungleich höher aus als die höchsten
Türme unserer christlichen Kirchen. Den höchsten Punkt aber
bildet der schöne Turm des Seraskiers. So weit das Auge
reicht, nichts als flache Dächer, rote Häuser und hohe
Kuppeln, überragt von der Wasserleitung Kaiser Valens, welche
mitten durch die Stadt geht und noch heute, nach sechzehn
Jahrhunderten, das Wasser für hunderttausende von Menschen
herbeileitet. Durch die weiten Bogen flimmert jenseits der
Hellespont, und die asiatischen Berge schließen dies Bild.

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