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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Sayyid Qutb war ein Ideologe der
ägyptischen Muslimbruderschaft und galt als Vordenker des
Islam Ende des 19. Jh. n.Chr.
Er wurde am 9. Oktober
1906 in Muscha in
Ägypten geboren. Seine Werke wurden von einigen
Muslimen als Aufruf zur Militanz gegen zunächst die
Monarchie und dann das Militärregime in
Ägypten verstanden.
Sayyid Qutb entstammt einer bürgerlichen Familie und fand
nach eigenen Angaben erst nach seiner Jugend näheren Zugang
zum
Islam. Sein Vater war Abgeordneter der Nationalen Partei.
Nach Beendigung der Schulzeit begann er sein Studium am
Institut für Lehrerausbildung in
Kairo,
während er bei seinem ortsansässigen Onkel wohnte, der
Journalist war. Nach erfolgreichem Abschluss absolviert er
1933 „Das Haus der (islamischen) Wissenschaft“ (Dar al-Ulum),
das gegründet worden war als Konkurrenz zur
Al-Azhar-Universität. Über den zweiten Weltkrieg hinaus
bis ca. 1949 arbeitete er für das Bildungsministerium und
verfasste zahlreiche Reformentwürfe für die Verbesserung des
Erziehungswesens. Gleichzeitig trat er als Journalist für
auflagenstarke Zeitungen in Erscheinung.
Als ehemaliges Mitglied der Wafd-Partei trennte er sich
1945 von der Parteipolitik und trat als Sprecher
arabisch-nationalistischer Ideen in Erscheinung, wodurch er
den Zorn König Faruqs auf sich zog. Er wurde 1948 im Auftrag
des Bildungsministeriums in die USA geschickt, um für
unbegrenzte Zeit in den Vereinigten Staaten zu bleiben und das
dortige Bildungssystem zu studieren, was faktisch einem
temporären Landesverweis entsprach.
Seine Erlebnisse während des Aufenthalts in den USA, die
von Qutb wahrgenommene Doppelmoral aber insbesondere auch der
damals vorherrschende Rassismus, der auch ihn als Ägypter traf,
und die Wahrnehmung der Vergötterung des Geldes beeinflussten
wahrscheinlich seine spätere Weltanschauung. Als er dann auch
noch miterleben musste, wie die Ermordung des Oberhauptes der
Muslimbruderschaft, Hasan al-Banna, in den USA mit Freude
quittiert wurde, kehrte ein Mann nach
Ägypten zurück, der wegen seiner öffentlichen Kritik an den
Missständen des Landes gezwungen wurde, seinen Posten im
Bildungsministerium aufzugeben. In diese Zeit fällt seine
Rückbesinnung auf den
Islam
und die Kontakte zu der Muslimbruderschaft, der er 1951
beitrat. Dort arbeitete er zunächst in der Abteilung „Nasr
ad-Dawa“ (Triumph der Einladung (zum Islam)). Auch der damals
noch junge Nasser soll zu seinen Zuhörern gehört haben, der
ihn allerdings später bei einer Streitigkeit einsperren ließ.
Am 8. Oktober 1954 scheiterte ein Attentat auf Nasser,
wobei ein Anhänger der Muslimbruderschaft festgenommen wurde.
Dies bot Nasser die Gelegenheit, ein für allemal diese
Widersacher zu beseitigen. Die Muslimbruderschaft wurde
zerschlagen, zahlreiche Aktivisten verhaftet und gefoltert,
darunter auch Qutb. Das Urteil für Qutb von 13. Juli 1955
lautete auf 25 Jahre Zwangsarbeit. Diese musste er anfänglich
in einem Staatsgefängnis in Tura und dann in einem
Gefängniskrankenhaus verbringen. In dieser Zeit erhielt er die
Möglichkeit zu schreiben. Seine Werke "Im Schatten des Korans"
[fi zilal al-qur’an] und "Zeichen auf dem Weg" [ma'alim
fi-t-tariq] entstanden während seiner Haftzeit. Qutb wurde
1964 durch die Intervention des irakischen Präsidenten, der zu
dieser Zeit auf Staatsbesuch in
Ägypten weilte, entlassen. Sein letztgenanntes Buch wurde
veröffentlicht, dann von der Zensur verboten, wieder
zugelassen und nach der fünften Auflage erneut verboten.
Das Regime Nassers beschloss einige unliebsame Kritiker zu
liquidieren. Qutb und zwei seiner Gefährten wurden gefoltert
und in einem Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Das Urteil
wurde am 29. August 1966 vollstreckt. Qutb wurde erhängt.
Seine Werke prangerten die damals vorherrschende
Wertlosigkeit in den
muslimischen Gesellschaften an und die Abwendung vom
Islam,
in der er die Ursache für den Niedergang der
muslimischen Gesellschaften sah. Er verglich die
gesellschaftliche Situation mit der Zeit der
Unwissenheit. Auf dem Weg zur Beseitigung der
Unwissenheit empfahl Qutb den Rückzug von der
unislamischen Kultur, die Selbstreinigung und Befreiung von
den Traditionen und Vorstellungen der Gesellschaft der
Unwissenheit. Seine Kritik richtete sich dabei gegen den
Kapitalismus und Sozialismus, die beiden damaligen
ideologischen Weltblöcke, gleichermaßen.
Sein Buch "Unser Kampf mit den Juden" wurde ihm von seinen
Gegnern als antisemitisch angeprangert. Er traf allerdings den
damaligen Zeitgeist einer mehrere Niederlagen gegen Israel
hinnehmenden arabischen Gesellschaft. Da eine deutliche
Differenzierung zwischen Israeliten, Zionisten und/oder Juden
in seinen Schriften nicht erkennbar war, wurden sie nach
seinem Ableben von manchen seiner Anhänger gegen das Judentum
an sich gedeutet, was mit der
islamischen Heilsbotschaft nicht vereinbar ist. Da Qutb
1966 hingerichtet wurde, war ihm selbst eine Interpretation,
Klarstellung bzw. Überarbeitung seiner Gedanken nicht mehr
möglich. So bleibt zweifelhaft, ob er wirklich überhaupt zum
militanten Kampf aufgerufen hat, wenn auch einige spätere
Militante sich auf ihn berufen haben.
Die bei den
muslimischen Akademikern aufgrund der Einsetzung durch die
Machthaber nicht mehr so beliebten Gelehrten der
Al-Azhar-Universität lehnten die Schriften Qutbs ab, was
als zusätzliche Werbung wirkte. Sie verglichen ihn mit den
Chawaridsch, was allerdings nicht als sehr glaubwürdig
anerkannt wurde, verteidigten doch die gleichen Gelehrten
Muawiya ibn Abu Sufyan.
Sein Bruder
Muhammad Qutb erwiderte 1975 auf die Vorwürfe
gegen seinen Bruder, dass er ihn mehr als einmal habe sagen
hören: „Wir sind Prediger und keine Richter. Unser Ziel ist
es nicht, den Menschen Regeln aufzuzwingen, sondern ihnen
diese eine Wahrheit nahe zubringen, dass es keinen Gott außer
Gott gibt. Tatsächlich wissen die Menschen nicht, welche
Anforderungen diese Formel beinhaltet.“
Die
Islamische Republik Iran hat Sayyid Qutb zu Ehren 1984 n.Chr. eine
Briefmarke herausgebracht.