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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Ein Richter [qadhi] im
Islam
ist ein Mann, der auf Basis des
islamischen Rechts [scharia] urteilen muss. Daher
setzt das Amt eine hohe Ausbildung und umfangreiche Kenntnis
des
islamischen Rechts [scharia] voraus.
Oberster Richter
kann zudem nur derjenige werden, der die Befähigung zur
selbständige Rechtsfindung [idschtihad] erlangt hat.
Idealerweise ist der oberste Richter nur dem
Statthalter der Rechtsgelehrten gegenüber verantwortlich,
der sein direkter Vorgesetzter ist, wie es auch in der
Verfassung der Islamischen Republik Iran festgelegt ist.
In manchen islamischen Ländern wurde der oberste Richter
"Richter der Richter" [qadhi al-qudhat, قاضي القضاة ] genannt.
Sie waren aber oft nur Hofgeistliche von Gewaltherrschern, so
dass lediglich der Name des
Islam
missbraucht wurde.
Erster Richter in der
islamischen Geschichte war
Prophet Muhammad (s.). Und der
Heilige
Qur'an fordert die
Gläubigen [mumin] auf ihn in Streitfällen zu konsultieren
(vgl. 24:47-56).
Auch die ersten vier
Kalifen
versuchten diese Funktion zu erfüllen, wobei allerdings von
Abu
Bakr bekannt ist, dass er im Streitfall mit
Fatima (a.) um
Fadak
sowohl als Angeklagter als auch als Richter fungierte, was
eine Neuerung war. Von
Umar ibn Chattab ist bekannt, dass er seine eigenen Urteile
teilweise von
Imam Ali (a.) überprüfen und korrigieren ließ. Der dritte
Kalif
Uthman ibn Affan hingegen hat die Funktion weniger ausüben
können, da sein
Kalifat
ohnehin kaum anerkannt wurde. Erst mit
Imam Ali (a.) fand das Richteramt im
Kalifen
wieder zur Personalunion. Nach
Imam Ali setzten die
Kalifen
der
Umayyaden,
Abbasiden und späteren Dynastien jeweils einen
Hofgelehrten als obersten Richter ein, schlicht und einfach
deshalb, weil sie aufgrund ihrer zumeist bestehenden
Unkenntnis vom
Islam
selbst oft gar nicht in der Lage zu dem Amt gewesen wären.
Unabhängig davon mussten aufgrund der zunehmenden Größe des
Herrschaftsgebietes regionale oberste Richter nominiert
werden, um das Justizwesen zu dezentralisieren. Das Verhältnis
des jeweiligen Obersten Richters zum jeweiligen Gouverneur war
sehr unterschiedlich geprägt.
Zu den typischen Aufgabengebieten eines Richters gehörten:
Ehe- und Scheidungsrecht, allgemeines Familienrecht, Erbrecht,
Kauf- und Vertragsrecht und die mit den
Stiftungen [waqf] verbundenen Regelungen.
Gemäß einer
Überlieferung gilt die Verantwortung des Richters - und
damit auch ggf. sein Lohn - als enorm. So würden Richter in
drei von vier Fällen
Bestrafung erlangen: Wenn Sie bewusst ungerecht richten,
wenn sie versehentlich ungerecht richten und wenn sie
versehentlich gerecht richten. Nur in dem Fall, wenn sie
bewusst gerecht richten, würden sie belohnt werden. Allerdings
gehört die Aufgabe des Richters zu der
kollektiven Verpflichtung [wadschib-ul-kafai], so das sie
erfüllt werden muss, idealerweise aber nicht von jemandem, der
sich danach drängt, sondern von jemandem, der von der
Islamischen Weltgemeinschaft [ummah] bzw Gesellschaft
aufgrund seiner Eignung dazu gedrängt wird. Frauen sind im
Islam von dieser enormen Last entbunden.
Das Wort "Kadi" wurde Ende des 17. Jh. n.Chr. aus der
Märchensammlung Tausendundeine Nacht entlehnt, durch die
Redewendung "vor den Kadi ziehen/gehen/fahren" in die deutsche
Sprache übernommen und steht umgangssprachlich für Richter.
Siehe
Kadi (Begriff).