Richter
Richter [qadhi]

Aussprache: al-qaadhii
arabisch:
القاضي
persisch:
قاضی
englisch: judge

Bild: Ayatollah Seyyed Mahmoud Haschemi Schahroudi, Oberster Richter der Islamischen Republik Iran 1999-2009 n.Chr.

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Ein Richter [qadhi] im Islam ist ein Mann, der auf Basis des islamischen Rechts [scharia] urteilen muss. Daher setzt das Amt eine hohe Ausbildung und umfangreiche Kenntnis des islamischen Rechts [scharia] voraus.

Oberster Richter kann zudem nur derjenige werden, der die Befähigung zur selbständige Rechtsfindung [idschtihad] erlangt hat. Idealerweise ist der oberste Richter nur dem Statthalter der Rechtsgelehrten gegenüber verantwortlich, der sein direkter Vorgesetzter ist, wie es auch in der Verfassung der Islamischen Republik Iran festgelegt ist.

In manchen islamischen Ländern wurde der oberste Richter "Richter der Richter" [qadhi al-qudhat, قاضي القضاة ] genannt. Sie waren aber oft nur Hofgeistliche von Gewaltherrschern, so dass lediglich der Name des Islam missbraucht wurde.

Erster Richter in der islamischen Geschichte war Prophet Muhammad (s.). Und der Heilige Qur'an fordert die Gläubigen [mumin] auf ihn in Streitfällen zu konsultieren (vgl. 24:47-56).

Auch die ersten vier Kalifen versuchten diese Funktion zu erfüllen, wobei allerdings von Abu Bakr bekannt ist, dass er im Streitfall mit Fatima (a.) um Fadak sowohl als Angeklagter als auch als Richter fungierte, was eine Neuerung war. Von Umar ibn Chattab ist bekannt, dass er seine eigenen Urteile teilweise von Imam Ali (a.) überprüfen und korrigieren ließ. Der dritte Kalif Uthman ibn Affan hingegen hat die Funktion weniger ausüben können, da sein Kalifat ohnehin kaum anerkannt wurde. Erst mit Imam Ali (a.) fand das Richteramt im Kalifen wieder zur Personalunion. Nach Imam Ali setzten die Kalifen der Umayyaden, Abbasiden und späteren Dynastien jeweils einen Hofgelehrten als obersten Richter ein, schlicht und einfach deshalb, weil sie aufgrund ihrer zumeist bestehenden Unkenntnis vom Islam selbst oft gar nicht in der Lage zu dem Amt gewesen wären.

Unabhängig davon mussten aufgrund der zunehmenden Größe des Herrschaftsgebietes regionale oberste Richter nominiert werden, um das Justizwesen zu dezentralisieren. Das Verhältnis des jeweiligen Obersten Richters zum jeweiligen Gouverneur war sehr unterschiedlich geprägt.

Zu den typischen Aufgabengebieten eines Richters gehörten: Ehe- und Scheidungsrecht, allgemeines Familienrecht, Erbrecht, Kauf- und Vertragsrecht und die mit den Stiftungen [waqf] verbundenen Regelungen.

Gemäß einer Überlieferung gilt die Verantwortung des Richters - und damit auch ggf. sein Lohn - als enorm. So würden Richter in drei von vier Fällen Bestrafung erlangen: Wenn Sie bewusst ungerecht richten, wenn sie versehentlich ungerecht richten und wenn sie versehentlich gerecht richten. Nur in dem Fall, wenn sie bewusst gerecht richten, würden sie belohnt werden. Allerdings gehört die Aufgabe des Richters zu der kollektiven Verpflichtung [wadschib-ul-kafai], so das sie erfüllt werden muss, idealerweise aber nicht von jemandem, der sich danach drängt, sondern von jemandem, der von der Islamischen Weltgemeinschaft [ummah] bzw Gesellschaft aufgrund seiner Eignung dazu gedrängt wird. Frauen sind im Islam von dieser enormen Last entbunden.

Das Wort "Kadi" wurde Ende des 17. Jh. n.Chr. aus der Märchensammlung Tausendundeine Nacht entlehnt, durch die Redewendung "vor den Kadi ziehen/gehen/fahren" in die deutsche Sprache übernommen und steht umgangssprachlich für Richter. Siehe Kadi (Begriff).

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