.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Sayit Riza bzw. Seyit Rıza (eigentlich Sayid Ridha) war der
bedeutsamste Geistliche und Anführer aller Stämme beim
Dersim-Aufstand, dem letzten Aufstand der Kurden gegen die
Gründung der Republik Türkei.
Sayit Riza war ein
Alevite, den man als Kizilbasch bezeichnete und gehörte
zum Stamm der Abasan. Er war der vierte und jüngste Sohn von
Sayit Ibrahim. Er erhielt ein gute Ausbildung von seinem
Privatlehrer, einem
Gelehrten [faqih] namens Mehmet Ali Efendi.
Nach dem Tod seines Vaters erhielt er die Führung des
Stammes und lebte in Axdat am Hang des Berges Tujik.
1937 war er Anführer des Dersim-Aufstandes. Die Revolte der
Kurden im Gebiet des heutigen Tunceli wurde brutal
niedergeschlagen. Im Herbst 1937 ergab sich Sayit Riza, um
weiteres Blutvergießen unter den Zivilisten zu vermeiden. Er
wurde mit 50 Gefolgsleuten verhaftet, vor Gericht gestellt,
nach einer viertägigen Verhandlung verurteilt und unverzüglich
Mitte November hingerichtet. Das Gerichtsverfahren und die
Hinrichtung erfolgten unter großem Zeitdruck, da
Mustafa Kemal Atatürk die Region am nächsten Tag besuchen
wollte und man den Fall abgeschlossen haben wollte. Mit Sayit
Rıza wurde auch sein Sohn Resik Hüseyin hingerichtet.
Der Mann, der das Gerichtsverfahren als junger Beamter
organisierte, war der spätere Außenminister Ihsan Sabri
Çağlayangil. Er schilderte die Hinrichtung in seinen Memoiren
mit folgenden Worten, wobei die Schilderungen eine subjektive
Sicht wiedergeben:
„Als Sayit Riza die Galgen sah, verstand er. „Ihr werdet
mich hängen“, sagte er, und drehte sich zu mir um. „Bist du
aus Ankara gekommen, um mich zu hängen?“ Wir schauten uns an.
Zum ersten Mal stand ich einem Menschen, der hingerichtet
werden sollte, von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Er
lachte. Der Staatsanwalt fragte, ob er beten wolle. Er lehnte
ab. Wir fragten nach seinen letzten Worten. „Ich habe noch
vierzig Lira und eine Uhr, gebt die meinem Sohn“, sagte er. In
dem Moment wurde Fındık Hafiz gehängt. Zweimal riss der
Strick. Ich stand vor dem Fenster, damit er nicht sehen
konnte, wie Fındık Hafiz gehängt wurde. Die Hinrichtung Fındık
Hafiz' war zu Ende. Wir brachten Seyit Rıza zum Richtplatz. Es
war kalt. Niemand war da. Aber Seyit Rıza sprach in die Stille
und Leere, als ob der Platz voller Menschen sei. „Wir sind
Kinder Kerbelas. Wir haben nichts verbrochen. Es ist eine
Schande. Es ist grausam. Es ist Mord.“, sagte er. Es überlief
mich eiskalt. Dieser alte Mann ging schnellen Schrittes und
schob den Zigeuner beiseite. Er legte sich den Strick um, trat
den Stuhl weg und vollstreckte sein eigenes Urteil.“ [İhsan
Sabri Çağlayangil: Anılarım. Istanbul 1990, S. 47f., davon
Auszüge in der Tageszeitung Radikal, 21. Mai 2007]