.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Imam Schamil
oder Scheich Schamil war ein Anführer der muslimischen Bergvölker
Dagestans und Tschetscheniens, deren heftiger Widerstand die
russische Eroberung des Kaukasus um ca. 25 Jahre verzögerte.
Er wurde ca. 1797 als Sohn eines Landbesitzers geboren und
studierte Grammatik, Logik, Rhetorik und
Arabisch. Schon in jungen Jahren erwarb er sich Ansehen
als
Gelehrter und trat 1830 in den
Orden
der Naqschbandiyya bei, die in Russland als Muridismus
bezeichnet wurde. Unter der Führung Ghazi Muhammads, der in
russisch Kazi-Mullah bekannt war, widersetzten sich
dagestanische Bergvölker ab ungefähr 1827 gegen die
dagestanischen Fürsten und den russischen Staat, der die
Fürsten als Vasallen stützte. Ab 1830 schlossen sich auch
Tschetschenen unter Hadschi-Taschaw der antikolonialen
Widerstandsbewegung an. Ideologische Grundlage des Widerstands
war der
Islam, der die Bevölkerungen Dagestans und Tschetscheniens
einigte.
Schamil wurde zu einem der wichtigsten Mitstreiter Ghazi
Muhammads. Als die russische Armee 1832 die Festung Gimry in
Dagestan stürmte, kam Ghazi Muhammad und bis auf Schamil und
einem weiteren alle Mitstreiter ums Leben. Doch nicht Schamil
sondern Hamza Bek ibn Ali Iskandar Bed al-Hutsali wurde
zunächst Aführer. 1834 fiel dieser einer Blutrache aus den
eigenen Reihen zum Opfer. Jetzt konnte sich Schamil gegen
Hadschi-Taschaw durchsetzten und wurde zum dritten Anführer
Dagestans und Tschetscheniens gewählt, dem der Titel
Imam
gegeben wurde. In Tschetschenien wurde er aber erst 1836
akzeptiert.
1839 kam es im dagestanischen Achulgo zur verheerenden
Niederlage Schamils gegen die russische Armee. Sein Sohn war
bereits als Geisel der russischen Armee übergeben worden, doch
scheiterten die Kapitulationsverhandlungen und die russische
Armee stürmte die Festung. Wieder konnte Schamil entkommen und
1840 die Widerstandsbewegung von Tschetschenien aus wieder
aufbauen. In der Folge begann Schamil mit dem Aufbau eines
unabhängigen Staates, um dem Widerstand eine solidere
Grundlage zu geben. Dazu schuf er eine dreistufige Hierarchie
von Dorfvorstehern, Gebietschefs und schließlich seiner
eigenen Zentralregierung. Die Gebietschefs rekrutierten sich
aus seinen stellvertretenden Heerführern. Der Staat erhielt
ein stehendes Heer, Postwesen, Steuerverwaltung und ein
eigenes islamisches Gerichtswesen.
Schamil erlebte den Höhepunkt seiner Macht, als er das
gegen ihn entsandte große Heer des neubestellten
Kaukasus-Statthalters Michail Woronzow 1845 fast vollständig
vernichtete. Diese Erfolge erregten auch in Westeuropa einiges
Aufsehen. Doch die folgende, von Woronzow angegangene,
Reorganisation der gesamten russischen Politik im Nordkaukasus
leitete den Niedergang des
muslimischen Widerstandes ein.
Nach dem Ende des Krimkriegs 1856 entschloss sich Russland,
die wegen des Krimkriegs im Kaukasus stationierten
zusätzlichen Truppen gegen Schamil einzusetzen und begann 1857
eine erneute groß angelegte Militärkampagne, die die
endgültige Niederschlagung des Widerstandes unter Schamil zur
Folge hatte. Ein gut ausgerüstetes 200.000 Mann starkes
zaristisches Heer unter den Generälen N. I. Jewdokimow und A.
I. Barjatinski kreiste Schamil ein. Allmählich wurde die
Situation für Schamil und seine Unterstützer und Mitkämpfer in
den Dörfern aussichtslos, so dass eine stufenweise
Kapitulation einsetzte. Schließlich stürmten die Russen im
April 1859 Schamils Festung bei Wedeno in der Hoffnung auf
seine Festnahme. Schamil wurde nicht gefunden, da er die von
den Russen gestellte Falle erkannt und sich mit hunderten
seiner Kämpfer auf den Berg Gunib zurückgezogen hatte. Am 25.
August 1859 ergab sich Schamil selbst angesichts der
russischen Übermacht. Er wurde nach Sankt Petersburg gebracht.
Auch wenn nach 1859 keine weiteren erfolgreichen Aufstände
gegen die russischen Invasoren gelangen, so ist das
Anti-Koloniale Empfinden dieser Gebiete bis heute in den
Herzen der Bevölkerung bestehen geblieben.
So wie es auch schon nach der Invasion des Krim Khanate der
Fall war, flohen große Teile der nordkaukasischen Bevölkerung
in das
Osmanische Reich und wurden dort aufgenommen.
Von St. Petersburg wurde Schamil nach Kaluga im Süden
Moskaus verbannt. 1870 unternahm er mit der Erlaubnis des
Zaren eine
Pilgerfahrt [hadsch] nach
Mekka.
Dort starb er im folgenden Jahr in der Nähe von
Medina.
Einer seiner Söhne diente in der russischen Armee, ein
anderer, Ghazi Mehmed, verließ aber Russland und ging nach
Istanbul; 1877 befehligte dieser ein tscherkessisches
Freikorps in Armenien.
Bis heute wird insbesondere in Tschetschenien der
Heldenmythos von Imam Schamil, dem "Löwen von Tschetschenien“
aufrecht erhalten. Das
Scheich Schamil Gymnasium für technische Berufe in Anatolien (Şeyh
Şamil Mesleki Teknik ve Anadolu Lisesi) ist nach ihm
benannt.