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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Juan Alfonso de Segovia oder Johannes von Segovia setzte sich
als spanischer Theologe des 15. Jahrhunderts für die Position
der Basler Konziliaristen ein und damit gegen die Oberhoheit
des Papstes über das Konzil. Gleichzeitig ist er für einen
Ansatz des Dialogs mit dem
Islam
in Erscheinung getreten.
Juan wurde um 1395 in Segovia in Spanien geboren, und
studierte an der Universität Salamanca Artes und Theologie.
Nachdem er 1422 seinen Magister der Theologie abgelegt hatte,
stieg er bald zu einem der einflussreichsten Professoren der
Universität von Salamanca auf. 1432 wurde er von der
Universität und König Johann II. von Kastilien als ihr
Repräsentant zum Basler Konzil geschickt. Dort bewährte er
sich als fähigster Verteidiger der Rechte des Konzils
gegenüber dem Papst. Daneben verteidigte er auch die Lehre von
der jungfräulichen Wundergeburt durch
Maria
(a.) und war somit der Widersacher des
Juan de Torquemada.
Auf dem Konzil von Basel (1431-1449) trafen beide vehement
aufeinander -
Torquemada als Vertreter eines universalen päpstlichen
Machtanspruchs, Segovia als Befürworter der Konzilsautorität.
Segovia widersprach auch der feindlichen Einstellung Teilen
der Kirche gegenüber dem
Islam.
Für Segovia war klar, dass man nur durch eine genaue Kenntnis
des
Heiliger Qur'an überhaupt in einen Dialog mit den
Muslimen eintreten konnte. Und so widmete er sich
gemeinsam mit dem
Gelehrten [faqih] des
Islam
und Vorsteher der muslimischen Gemeinde seiner Heimatstadt
Segovia, Isa Gidelli, einem später als spektakulär
bezeichneten Projekt des ausgehenden Mittelalters: einer
peniblen Neuübersetzung des
Heiligen Qur'an als christlich-muslimisches
Gemeinschaftsunternehmen. Zwar blieb das Fernziel die
Bekehrung der
Muslime, doch stand zunächst ein vertieftes Verständnis
des
Islams im Vordergrund. Während dieses für die Wissenschaft
unersetzliche Dokument christlich-muslimischer Verständigung
verschollen ist, blieb Segovias Islamtraktat erhalten. Er
hatte ihn aufgrund der durch die neue Übersetzung des
Heiligen Qur'an gewonnenen Erkenntnisse zu überarbeiten
begonnen.
Aber auch außerhalb seines Dialogansatzes mit dem
Islam
suchte Segovia stets einen Weg des Ausgleiches. Als entschiedener Verfechter des Konziliarismus versuchte
er zunächst den Konflikt zwischen Konzil und Papst Eugen IV.,
den er aus Florenz um 1435 noch kannte, zu beruhigen. Später
wurde er aber einer der Hauptunterstützer der revolutionären
Fraktion des Konzils. Er war anwesend als das Konzil den Papst
als "hartnäckig" bezeichnete (28. Sitzung, am 1. Oktober 1437)
und auch als der Papst zum Häretiker deklariert wurde (33.
Sitzung, am 16. Mai 1439). Im März 1439 vertrat Juan de
Segovia das Konzil in Mainz. Nachdem Papst Eugene IV. vom
Konzil seines Amtes enthoben worden war, wurde er in das
Komitee berufen, welches die Theologen aussuchen sollte, die
den neuen Papst zu wählen hatten. Und so wurde er auch einer
der 33 Theologen die am 5. November 1439 den Grafen Amadeus
VIII. "der Friedfertige" von Savoyen zum historisch letzten so
genannten Gegenpapst Felix V. wählten.
Segovia - inzwischen ernannt zum Kardinal - vertrat Felix V. auf der Nationalversammlung
von Bourges im selben Jahr, auf den Reichstagen in Mainz 1441
und in Frankfurt 1442. Als das Schisma 1449 endete, trat er
von seinem Kardinalsamt zurück und wurde vom neuen
"gemeinsamen" Papst Nikolaus V. zum Titularerzbischof von
Caesarea, das heißt ohne Aufgabenbereich, ernannt.
In seinem Lebensabend zog er sich in das spanische Kloster
Ayton in Savoyen zurück. In dieser Zurückgezogenheit verfasst
Segovia den Großteil seiner bis heute erhaltenen Schriften,
die er der Bibliothek der Universität Salamanca vermachte. In
diesen Jahren korrespondierte er auch mit führenden Theologen
und Humanisten seiner Zeit, unter anderen Nikolaus von Kues,
Jean Germain und Enea Silvio Piccolomini. Im Kloster widmete
er sich vor allem dem Studium des
Islam.
Bei der Abfassung seines großen Werkes "Über den geistigen
Kreuzzug gegen den Islam" erkannte er, dass die erste,
inzwischen über 300 Jahre alte lateinische Übersetzung des
Heiligen Qur'an sprachlich sehr unzuverlässig und ungenau
war, und beschloss, zusammen mit dem
muslimischen
Gelehrten Isa Gidelli aus seiner Heimatstadt Segovia, eine
neue, möglichst wörtliche Übersetzung anzufertigen. So kam das
wohl spektakulärste christlichmuslimische
Gemeinschaftsunternehmen des Mittelalters zustande: Isa
übersetzte aus dem
Arabischen ins Spanische, Johannes dann aus dem Spanischen
ins Lateinische, wobei auch er nach und nach
Arabisch lernte und manches Eigene zur Übersetzung
beisteuerte. Diese dreisprachige Übersetzung (Arabischh-Spanisch-Lateinisch)
sollte damals dem besseren Verständnis des
Islam
dienen.
Kurz nach der Fertigstellung der Übersetzung starb
allerdings Johannes von Segovia in Ayton im Jahre 1459. Seine
Bücher, darunter auch den dreisprachigen
Qur'an,
vermachte er seiner alten Universität in Salamanca. Doch ob er
dort je ankam, ist unklar.
Als Segovias wichtigste Schrift gilt zwar die "Historia
generalis concilii Basiliensis", eine umfangreiche Geschichte
des Basler Konzils. Das liegt aber vor allem daran, dass sein
eigentlich umfangreichstes Werk, seine Übersetzung des
Heiligen Qur'an, lange Zeit als verschollen galt.
Erst im 21 Jh. wurde in einer mittelalterlichen Handschrift
ein Fragment der verschollenen Übersetzung des
Heiligen Qur'an entdeckt. Der Bochumer Altsprachler
und Religionsforscher im Centrum für
Religionswissenschaftliche Studien der RUB (CERES) Prof. Dr.
Reinhold Glei hat das Fragment zusammen mit dem Freiburger
Theologen Priv.-Doz. Dr. Ulli Roth herausgegeben und
ausführlich kommentiert.
In einem Brief an seinen Freund, den deutschen Kardinal
Nikolaus von Kues, mahnte Segovia bereits 1454: "ob man
nicht von der notwendigen Verteidigung abgesehen viel mehr den
Weg des Friedens als des Krieges zur Überwindung der Sekte
Muhammads beschreiten solle". Nikolaus von Kues hatte in
seiner Schrift "Über den Religionsfrieden" die utopische
Vision einer globalen Konferenz der Religionen entworfen.
Segovia verstarb in Ayton (Aiton) am 14. Mai 1458.