.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Prof. Dr. med Gholam Sehhati-Chafai war ein in Deutschland
eingebürgerter iranischer Anästhesist, Intensivmediziner und
Schmerztherapeut aus einer berühmten iranischen Ärztefamilie.
Die Transkription des Namens wurde so übernommen, wie sie
die Familie in Deutschland verwendet, aber korrekterweise müsste er Sehhati-Schafai heißen.
Gholam Sehhati-Chafai wurde am 22. Juli 1937 in
Täbriz als ältestes Kind seiner Eltern geboren. Die
Familie war bekannt als traditionsreiche Arztfamilie, die
nachweislich seit mindestens 400 Jahren ärztlich tätig war.
Gholams Großvater bekam den Ehrentitel "Schafai" (der
Heilende) vom
Qadscharen
Nasruddin Schah verliehen, was später als "Chafai"
übertragen wurde. Bereits der Nachname Sehhati bedeutet
Sinngemäß "der Gesundheit gebenden".
Gholams Vater war Internist und Pädiater,
der in
Täbriz als einer der wenigen Ärzte auch Patienten mit
Lepra, Cholera und Tuberkulose behandelte. Anfang der 1960er Jahre kam es
zu einer Choleraepidemie in
Täbriz, worauf viele Ärzte die Stadt verließen. Gholams
Vater war einer von drei ausharrenden Ärzten, welche die
Bevölkerung behandelten. Daraufhin wurde der Vater mehrfach
geehrt und sein Haus von der Stadt als Denkmal bewahrt. Das
damalige Wohnhaus des Vaters ist heute das
Muharram-Museum von Täbriz.
Auch Gholam durchlief die Ausbildung zum Arzt in seiner
Heimat. Im Jahr 1957 kam er nach Deutschland, um Medizin zu
studieren, zumal die damaligen Beziehungen des
Iran
mit Deutschland sehr gut waren. Er studierte an der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz, Johann Wolfgang
Goethe-Universität Frankfurt am Main und an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. In Düsseldorf legte er
1966 das medizinische Staatsexamen ab. Er hatte parallel dazu
ein Studium der Zahnmedizin und Psychologie begonnen, konnte
dieses aber aufgrund eines schweren Autounfalls 1959 nicht
fortsetzen. Die dabei erlittenen Schmerzen sollten seine
Laufbahn prägen.
Im Jahr 1972 promovierte er an der Universität Mainz und
begann dort seine Facharztausbildung in der Anästhesiologie
und Intensivtherapie, die er zwei Jahre später 1974
erfolgreich abschloss. Es folgten die Positionen eines
Oberarztes und schließlich stellvertretender Direktor.
Er war maßgeblich beteiligt am Aufbau der ersten
Schmerzklinik Deutschlands in Mainz. Nach dem Tode seines Lehrers
Rudolf Frey rief er im Gedenken an dessen große Leistungen den
Rudolf-Frey-Preis ins Leben, der bis heute einmal im Jahr für besondere
Leistungen im Bereich Anästhesie, Intensivmedizin,
Schmerztherapie und Notfallmedizin verliehen wird.
Es folgten Forschungsaufenthalte in Houston, Dallas und
Birmingham. Im Rahmen dieser Forschungsaufenthalte verfasste
er seine Habilitationsschrift, die er 1977 einreichte. Er
erlangte die Lehrbefugnis (venia legendi) für die Fächer
Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie.
Anschließend wurde er zum Professor ernannt. Er gilt als der
erste iranische Anästhesist, der zum Universitätsprofessor
ernannt wurde.
1980 übernahm er die Leitung der Abteilung für
Anästhesiologie, Intensivtherapie am Rotes Kreuz Krankenhaus
Bremen (RKK) als Chefarzt. Er knüpfte an seinen Ruf nach
Norddeutschland die Bedingung, Norddeutschlands erste
Schmerzklinik aufbauen zu dürfen. Das RKK nutzte die Chance
und finanzierte das Vorhaben.
Im April 1981 eröffnete die Schmerzambulanz, Ende des Jahres
wurden die ersten Patienten auch stationär behandelt. Aufgrund
der besonderen Leistungen auf dem Gebiet der
Schmerztherapie, wurde das Krankenhaus später offiziell in
Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie
umbenannt. Das Schmerzzentrum in Bremen hat unter seiner
Leitung mehr als 120 nationale und internationale Kongresse,
Symposien sowie Fortbildungen veranstaltet.
Prof. Dr. Gholam Sehhati-Chafai gründete somit in Bremen
die erste Schmerzambulanz Norddeutschlands. Auch seine
Beziehungen zu seiner Geburtsstadt
Täbriz ließ er auch nach der
Islamischen Revolution nie abreißen und reiste oft
dorthin. Im Jahr 1985 gründete er in
Teheran und 1987 in
Täbriz weitere Schmerzambulanzen. Die besondere Bedeutung dieser Gründungen wird
dadurch deutlich, dass sich die
Islamische Republik Iran damals inmitten im
Irak-Iran-Krieg befand. Auch an der Gründung eines
Schmerzzentrums in Hannover und Magdeburg wirkte er mit.
Er war Direktor und Gründer einiger gemeinnütziger Vereine,
wozu unter anderem die Gründung der "Hilfe für
Medikamentenabhängige Schmerzkranke" (HIMS) gehört. Er war
sowohl bei Kollegen als auch Patienten sehr beliebt, wobei ihm
seine besonderen Sprachfähigkeiten zugute kamen, denn er
sprach Aserbaidschanisch und konnte dadurch auch Türkisch,
seine Muttersprache war zudem Persisch, doch er konnte auch
Arabische, Deutsch und Englisch. Im Jahr 2002 verabschiedete er sich in den Ruhestand.
Drei Jahre nach seiner Einreise in Deutschland hat er
hier geheiratet und aus der Ehe entsprang eine Tochter und ein Sohn.
Seine Tochter ist zweifach promoviert in der Medizin.
Er hinterließ ein sehr umfangreiches Schriftwerk, darunter
fast ein Dutzend Bücher, darunter ein Buch wie
"Schmerztherapie ohne Medikamente" (1994) und unzählige
weitere Publikationen. Auch an Lehrfilmen hat er mitgewirkt.
Am 17. April 2019 verstarb Prof. Dr. Gholam
Sehhati-Chafai. Er wurde am 26. April 2019 auf dem islamischen
Gräberfeld des
Friedhofs Osterholz in
Bremen (Feld LL) beigesetzt. Unter seinem Grabstein ist in persischen
Buchstaben der aserbaidschanische Ausdruck: "Großartiges/ERfülltes
Leben ist/war gut".
