Buchari in seinem Sahih-Werk, Band 2,
Seite 166, Muslim in seinem Sahih-Werk, Band 2, Seite 57, und
Imam Ahmad bin Hanbal in seinem Musnad-Werk, Band 2, Seite
312, berichten durch eine Erzählerkette, die bei Abu Huraira
endet, der sagte (als angebliches Wort des Propheten):
Es gab zwei Frauen, jede hatte einen
Sohn. Ein Wolf kam und fraß den Sohn der einen auf. Ihre
Freundin sagte: „Der Wolf hat deinen Sohn weggenommen.“ Die
andere sagte: „Der Wolf hat den deinen weggenommen.“ Sie kamen
zu (König und Prophet) David, dass dieser entscheide. Er
entschied zugunsten der Älteren. Sie gingen zu Salomon und
legten ihm den Fall vor. Er ließ sich ein Messer geben, um das
Kind auf die beiden Frauen aufzuteilen. Da sagte die Jüngere:
„Mache das nicht. Gott möge Gnade mit dir haben. Der Bub ist
ihr Sohn.“ Salomon entschied daraufhin zugunsten der Jüngeren.
Abu Huraira fügte hinzu: „Bei Allah,
bis zu diesem Tage hatte ich das Wort "Sikin" (Messer) nicht
gekannt, denn wir benutzten nur das Wort "Midyah".“
Bemerkungen
Gegen
dieses Hadith kann man gleich mehrere Einwände erheben:
Erstens, (König) David war ein Prophet und ein
Gottesgesandter; er wurde von Gott für das Volk (Israel)
bestimmt, mit dem ausdrücklichen Befehl, als Richter für die
Israeliten Streitereien zu schlichten. Wie der Heilige Qur´an
berichtet, sagte Gott zu (König und Prophet) David (Sure 38,
Vers 26) : „Oh David! Wir haben doch zum Statthalter
(Kalif) auf Erden eingesetzt; richte daher in Gerechtigkeit
zwischen den Menschen und folge nicht deinen Begierden, welche
dich von Allahs Weg irreleiten.“
An einer anderen Stelle des Heiligen
Qur´an (38:17-30) lobt Allah David mit den Worten: „Höre (O
Muhammad) ihre (der Mekkaner) Reden an und erinnere dich
unseres Dieners David, welchen Wir mit Kraft begabt hatten und
der sich immer Uns zuwandte. Wir hatten die Berge gezwungen,
Uns mit ihm des Abends und des Morgens zu preisen, ebenso die
Vögel, welche sich bei ihm scharten und ihm dienstbar waren.
Sein Reich festigten Wir und gaben ihm Weisheit und die
Gewandtheit der Rede. Weißt du die Geschichte jener zwei
Streitenden, welche über die Mauer in sein Gemach stiegen?“
Und Allah sagte auch (Sure 38, Vers 40):
„So brachten Wir, ihn (Salomon) Uns näher und gaben ihm
einen herrlichen Aufenthalt.“
Allah sagt auch an anderer Stelle (Sure
17, Vers 55): „Der Herr kennt jeden, der in den Himmeln und
auf Erden lebt, und darum haben Wir einige Propheten vor
anderen bevorzugt und haben dem David die Psalmen eingegeben.“
So sehen wir, dass der Prophet David (a.)
unter jenen ist, denen von Allah ein hoher Rang gewährt wurde,
und er ist frei von Sünde und Fehlern, und so es auch mit der
Angelegenheit, Streitereien zu schlichten und Urteile zu
fällen, wie Allah klar verkündet (Sure 5, Vers 47): „Wer
sein Leben (und seine Urteile) nicht nach der Offenbarung und
dem, was Er herabsandte, richtet, der gehört zu den
Ungläubigen. “
Nun ist Davids Sohn Salomon der Erbe
seines Wissens und seiner Urteilskraft, und auch er ist ein
sündenloser Prophet. Wie kann er dann die Entscheidung seines
Vaters umkehren? Beide sind wegen ihrer Sündenlosigkeit beim
Volke sehr gut bekannt. Solch ein Akt des Widerrufs würde
bedeuten, dass Gottes Tat selbst in Frage gestellt wird, da Er
Salomon zum Propheten berufen hat, und zugleich hätte Salomon
seinem Vater David mangelnden Respekt entgegengebracht.
Zweitens, dieses Hadith zeigt einen
Widerspruch, da beide Propheten im gleichen Fall zu gleicher
Zeit anders urteilen. Das bedeutet doch, dass einer der beiden
sich irren muss. Alle Propheten werden als sündenlos und
fehlerlos betrachtet, auch wenn sie Streitereien schlichten.
Drittens, dieses Hadith zeigt, dass David
bezüglich des Kindes zugunsten der älteren Frau entschied,
ohne dass er Beweise und Belege hatte, außer dass sie die
Ältere war. Solch eine Tat kann nur von jemandem begangen
werden, der mit den Gesetzen der Religion nicht vertraut ist
und von jemandem, der die Prinzipien der Gerechtigkeit nicht
kennt. Gewiss, Allah und Seine Propheten sind weit erhaben
über solche Beschuldigungen.
Viertens, dieses Hadith zeigt eindeutig,
dass Prophet Salomon die Entscheidung zugunsten der jüngeren
Frau fällte, weil sie nicht wollte, dass das Kind vom Messer
zerschnitten werde. Dies allein kann kein Grund für eine
legale Entscheidung sein, nur weil die Jüngere zugunsten der
Älteren zustimmte und zumal Davids Urteil ebenfalls in dieser
Richtung war. Und solch eine Androhung, ein unschuldiges Baby
zu töten, kann nicht von einem Propheten kommen, selbst wenn
er die Vollstreckung nie vor hatte.
Fünftens, man kann sich nur wundern über
jene, die Abu Huraira für wahrhaft halten, wenn er sagt, er
hätte bis zu jenem Tage das Wort „Sikin“ nicht gehört,
und dass das von ihnen gebrauchte Wort „Midyah“
gewesen sei. Es bedarf keiner Erwähnung, dass in der
arabischen Literatur das Wort Sikin mehr gebraucht wird
als das Wort Midyah, und es ist nicht vernünftig,
jemand könne den Sinn von Sikin und Midyah nicht
wissen. Überdies, wie kann man annehmen, dass Abu Huraira den
Qur´an-Vers in der Sure Yusuf nicht kannte. Der Qur´an-Vers
sagt:
„Und sie gab jeder der Frauen ein
Messer (Sikin).“
Und wir wissen, dass die gesamte Sure
Yusuf in Mekka offenbart wurde, außer den ersten vier
medinensischen Versen, und dass Abu Huraira den Islam mehr als
sieben Jahre nach dieser Offenbarung annahm, und diese Sure
wurde im Gedächtnis der Muslime bewahrt, welche die Sure bei
Nacht und Tag zu rezitieren pflegten, und Abu Huraira muss
gehört haben, wie die Leute die Sure Yusuf in ihren Gebeten,
in ihren Freizeitstunden und in vielen anderen Lebensstunden
rezitierten.
Es wird noch überraschender, denn es gibt
ein anderes Hadith, die von Ahmad bin Hanbal in seinem
Musnad-Werk aufgezeichnet ist, in Band 2, Seite 230. Dieses
Hadith wird von Muhammad bin Dschafar erzählt, und die
Erzählerkette endet bei Abu Huraira, der den Heiligen
Propheten Muhammad (s.) sprechen lässt:
„Wenn jemand zum Richter für das Volk
gemacht wird, ist das so, als sei er ohne Sikin (Messer)
abgeschlachtet worden.“