Abu Huraira pflegte selbst jene
Hadithe, die er durch Übermittler erhielt, direkt (und ohne
Übermittler) dem Heiligen Propheten Muhammad (s.)
zuzuschreiben, was eine klare Verletzung der Hadith-Integrität
bedeutet. Mit anderen Worten, er machte keinen Unterschied
zwischen dem, was er direkt vom Heiligen Propheten Muhammad
(s.) hörte und dem, was er durch andere hörte. Für eine
seriöse muslimische Hadith-Forschung wäre allein dieser
Tatbestand allen Zweifel wert, denn selbst wenn man aus
dogmatischen Gründen an der Glaubwürdigkeit Abu Hurairas
festhielte, so kann nichts über die Glaubwürdigkeit des
Vermittlers gesagt werden, da dieser gänzlich unbekannt
bleibt!
Ein Beispiel hierzu ist Abu Hurairas
bereits behandeltes Hadith, dass der Heilige Prophet Muhammad
(s.) angeblich zu seinem Onkel Abu Talib sagte:
„Sage: Kein Gott außer Gott. Und ich
bin Zeuge für dich am Tage des Gerichts.....“ usw.
Es ist allseits bekannt, dass Abu Talib
zwanzig Jahre, bevor Abu Huraira aus seinem Heimatland Jemen
nach Medina in den Hidschaz kam, starb, und daher kann er
diese Worte des Propheten damals nicht direkt gehört haben,
aber Abu Huraira erzählte sie, ohne den Übermittler zu
erwähnen, als ob er den Heiligen Propheten Muhammad (s.) mit
seinem Onkel Abu Talib reden gehört und er die Worte
tatsächlich selbst gehört hätte. Allein diese Tatsache
verdeutlicht, dass auch bei der Einstufung der Überlieferungen
Abu Hurairas eine Art "Unantastbarkeit" gewährt wurde, welche
die eigenen Maßstäbe zur Einstufung von Überlieferungen über
den Haufen werfen.
Darüber hinaus erzählt Abu Huraira, dass
als der Qur´an-Vers „Und warne deine nahen Verwandten“
geoffenbart wurde, der Heilige Prophet Muhammad (s.) unter
seinen Onkeln stand und sagte: „Oh Quraischiten, ich kann
euch nicht vor Allah retten...“
Hier wiederum stimmen alle Gelehrten
darin über ein, dass dieser Qur´an-Vers während der frühen
Tage des Prophetentums offenbart wurde, noch vor der
öffentlichen Mission. Aber damals war Abu Huraira noch im
Jemen und noch kein Muslim, da er erst zwanzig Jahre nach der
Offenbarung dieses Qur´an-Verses in den Hidschaz kam. Wie kann
er dann sagen: „Der Prophet stand auf und sagte...“ ,
als sei er bei der Szene dabei gewesen und habe alles
Geschehene bei der Gelegenheit mit seinen eigenen Augen
gesehen und mit seinen eigenen Ohren alle Worte gehört, die
dort ausgetauscht und geäußert wurden!?
In ähnlicher Weise sagte Abu Huraira:
„Der Heilige Prophet Muhammad (s.) pflegte in seinem Qunut
zu beten: „Oh Allah, verzeihe Salma bin Hischam; oh Allah,
verzeihe Walid bin Walid; oh Allah, verzeihe Ayyasch bin Abu
Rabia, oh Allah, verzeihe den machtlosen Gläubigen (die von
den Ungläubigen an der Auswanderung von Mekka nach Medina
gehindert wurden).“
Hierbei ist allseits bekannt, dass die
genannten Leute, für die der Heilige Prophet (s.) in seinem
Qunut betete, in Mekka festgehalten wurden, und zwar sieben
Jahre, bevor Abu Huraira zum Islam konvertierte, und
sicherlich das Gebet zu jener Zeit erfolgte. Bei diesem Hadith
tut aber Abu Huraira so, als habe er den Heiligen Propheten
Muhammad (s.) in dem Qunut mit seinen eigenen Augen gesehen
und die Worte des Gebets des Propheten mit seinen eigenen
Ohren gehört.
Der große zeitgenössische Gelehrte
unserer Tage, Muhammad Amin al-Misri, deutet auf diese
Gewohnheit Abu Hurairas hin, wenn er sagt: "Es ist klar,
dass sich Abu Huraira nicht auf das beschränkt, was er selber
direkt vom Heiligen Propheten (s.) hörte, sondern er erzählte
über den Heiligen Propheten (s.), was er durch andere empfing,
als sei er selbst dabei gewesen."
Fürwahr, Abu Huraira gab selber diese
Tatsache zu. Al er zum Beispiel dem Heiligen Propheten (s.)
die Worte unterschob, wer im Zustand der größeren Unreinheit
am Morgen sei, sollte nicht das Fasten halten, und die Frauen
des Propheten Aischa und Umm Salama widersprachen, warf Abu
Huraira die Last auf Fadhl bin Abbas und gab zu, dass er den
Ausspruch nicht vom Heiligen Propheten (s.) gehört habe,
sondern von Fadhl. Unabhängig davon, ob Fadhls Überlieferung
korrekt oder nicht korrekt ist, bleibt die Tatsache, dass Abu
Huraira hier zugibt, dass er den Ausspruch von Fadhl gehört
habe, und nicht direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.),
obwohl er es zunächst derart wiedergegeben hat.
Es mag zugunsten von Abu Huraira
argumentiert werden, dass es nicht die Korrektheit eines
Hadith beeinflusse, wenn er sie nicht direkt vom Heiligen
Propheten Muhammad (s.) erhalten habe, sondern durch einen
Erzähler, solange letztendlich herauskomme, dieses Hadith sei
vom Heiligen Propheten (s.). Dies ist allerdings keine gültige
Verteidigung, denn die gesamte Hadith-Wissenschaft dreht sich
um die Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit und Integrität aller
einzelnen Hadith-Überlieferer, die bei der Weitervermittlung
einer Hadith beteiligt sind, angefangen vom Heiligen Propheten
Muhammad (s.) bis hinauf zur letzten Stufe, in der das Hadith
aufgezeichnet wurde. Es ist daher absolut notwendig für jeden,
der ein Hadith nicht direkt vom Heiligen Propheten Muhammad
(s.) empfangen hat, dass er den Namen des Erzählers anzeigt,
der das Hadith direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.)
empfangen haben will, und ebenso die Namen all jener, die als
Weitererzähler in der Kette gedient haben, bis hinauf zum
letzten Berichterstatter. Dies ist notwendig, um die Wahrheit
eines Hadith durch die Wahrhaftigkeit und Integrität der
beteiligten Weitererzähler zu testen; und dies ist nicht
möglich, wenn der Name eines einzigen Gliedes in der
Erzählerkette unbekannt bleibt.
Die Schlussfolgerung dieser Diskussion
ist: Da Abu Huraira die Namen der Kettenglieder für sehr viele
der von ihm erzählten Hadithe weglässt, müssen sie in Zweifel
gezogen werden, es sei denn, sie werden durch eine andere
ununterbrochene Erzählerkette bestätigt, wodurch ihre
Wahrhaftigkeit korrekt geprüft und bestätigt werden kann. Als
solche können die allein von Abu Huraira erzählten Hadithe,
die er gar nicht selbst gehört haben kann, nicht als
verlässlich und korrekt anerkannt werden. Bedauerlicherweise
wurde genau dieser bei allen Rechtsschulen anerkannte
Grundsatz bei Abu Huraira – vorsichtig ausgedrückt – sehr
großzügig umgangen. Abu Huraira behauptete mehrfach, anwesend
gewesen zu sein, was tatsächlich nicht möglich war. Allein
diese Tatsache müsste zu weiteren Zweifeln an Abu Hurairas
Worten führen.
Abu Hurairas exklusive Hadithe müssen
daher bestenfalls als zweifelhaft eingestuft werden, weil er
in einigen Fällen behauptet, anwesend gewesen zu sein, wobei
er tatsächlich nicht anwesend war und auch wegen unleugbarer
Gründe nicht dabei sein konnte.
Zum Beispiel sagte Abu Huraira: "Ich
besuchte Ruqayya, die Tochter des Propheten Gottes, die
Ehefrau Uthmans, während sie einen Kamm in ihrer Hand hatte.
Sie sagte: „Der Prophet Gottes ist gerade eben von mir
weggegangen, nachdem ich sein Haar gekämmt hatte. Er sagte zu
mir: „Wie findest du Abu Abdullah (gemeint ist hier Uthman)?“
Ich sagte: „Ganz gut!“ Er sagte: „Erweise ihm Ehre, denn unter
all meinen Gefährten ähnelt er mir am meisten in den
Manieren.“
Hakim berichtete dieses Hadith in seinem
Werke Mustadrak, Band 2, Seite 48, mit der Bemerkung, dass die
Quellen und Kettenglieder dieses Hadith zwar korrekt seien,
aber der Hadith-Text sei absolut unglaubwürdig, denn Ruqayya
starb bereits drei Jahre nach der Hidschra, zur Zeit des
Sieges von Badr, aber Abu Huraira konvertierte zum Islam erst
nach dem Siege zu Chaibar im siebten Jahre nach der Hidschra.
Die gleiche Bemerkung über diese Hadith wurde von Dhahabi im
Buche Talchis-ul-Mustadrak notiert. Neben der Unverschämtheit
einer solchen Behauptung wird hier einmal mehr der Charakter
dieser Überlieferung deutlich, denn hier erhält der dritte
Kalif einen Beinamen, der sonst ausschließlich für einige
Nachkommen des Propheten verwendet wurde!
Über die angebliche Vergesslichkeit des
Heiligen Propheten Muhammad (s.) erzählte Abu Huraira: „Wir
verrichteten das Mittagsgebet oder das Nachmittagsgebet mit
dem Heiligen Propheten, als er das Gebet mit zwei Rakat
(Gebetseinheiten) beendete. Daraufhin sagte Dhul Yadain zu
ihm: „Hast du das (Pflicht) Gebet abgekürzt oder hast du
vergessen?.....“
Aber dieser Dhul Yadain wurde Märtyrer in
der Schlacht zu Badr, eine lange Zeit, bevor Abu Huraira nach
Medina kam und zum Islam konvertierte, wie wir es bereits
früher aufgezeigt haben.
Wie oft pflegte Abu Huraira jauchzend zu
sagen: „Wir eroberten Chaibar; aber wir bekamen nicht Gold
oder Silber als Beute, sondern nur Schafe, Ziegen, Rindvieh,
Kamele und geringwertige Sachen wie das...!“ Aber es
herrscht einmütige Übereinstimmung, dass er bei der Eroberung
von Chaibar gar nicht dabei war. Deswegen haben die
Kommentatoren zu den beiden Sahih-Werken von Buchari und
Muslim auch die buchstäbliche Korrektheit seines Ausspruches
„Wir eroberten Chaibar“ bezweifelt, und sie konnten
bestenfalls den Ausspruch auf die Muslime allgemein beziehen.
Abu Huraira pflegte auch zu sagen: „Wir nahmen teil an der
Schlacht zu Chaibar mit dem Propheten Gottes ...
!“
(Quelle: Buchari in seinem
Sahih-Werk, Band 3, Seite 34). Es wurde bereits
erwähnt, dass Abu Huraira bei der Schlacht zu Chaibar gar
nicht anwesend war, da er erst nach dem Siege zu Chaibar von
Jemen nach Medina kam und zum Islam konvertierte.
Abu Huraira sagte auch: „Ich sah
siebzig Leute der Suffa, und keiner hatte ein Tuch auf seinem
Leibe.“ Diese Geschichte bezieht sich auf eine besondere
historische Gegebenheit. Diese siebzig Männer der Suffa im
Arkadengang der Moschee in Medina erlangten in der Schlacht zu
Ba'r Ma'una den Märtyrertod, und das geschah im Monat Safar
des vierten Jahres der Hidschra, lange bevor Abu Huraira den
Islam annahm oder bevor er aus seinem Heimatland Jemen
gekommen war. Wie kann er dann sagen, dass er sie sah?
Es wird auf diese Weise klar, dass Abu
Huraira öfters vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) erzählt,
was er nicht tatsächlich von ihm gehört hat, und er will auch
dort gewesen sein, wo er tatsächlich nicht war. Es ist
seltsam, dass die Autoren der Sahih-Werke ihre Bücher mit
diesen Hadithen angehäuft haben, ohne diesen wichtigen Aspekt
seines Verhaltens im Erzählen von Hadithen zu berücksichtigen,
und sie prüften die Hadithe Abu Hurairas nicht gemäß den
allgemein anerkannten Standards, die zum Auffinden von
Erdichtungen und Phantasien angewendet werden. Und im
allgemeinen folgen die Leute bestimmter Rechtsschulen
unkritisch den Autoren der Sahih-Werke und übernehmen diese
Hadithe, ohne ihre Wahrhaftigkeit und Korrektheit zu prüfen.