Abu Huraira

Abu Huraira

Ursache und Wirkung seiner Überlieferungen

Sayyid Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi

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Abu Huraira behauptet fälschlicherweise, dass sich seine Hadithe auf Worte des Heiligen Propheten Muhammad (s.) stützen

Abu Huraira pflegte selbst jene Hadithe, die er durch Übermittler erhielt, direkt (und ohne Übermittler) dem Heiligen Propheten Muhammad (s.) zuzuschreiben, was eine klare Verletzung der Hadith-Integrität bedeutet. Mit anderen Worten, er machte keinen Unterschied zwischen dem, was er direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) hörte und dem, was er durch andere hörte. Für eine seriöse muslimische Hadith-Forschung wäre allein dieser Tatbestand allen Zweifel wert, denn selbst wenn man aus dogmatischen Gründen an der Glaubwürdigkeit Abu Hurairas festhielte, so kann nichts über die Glaubwürdigkeit des Vermittlers gesagt werden, da dieser gänzlich unbekannt bleibt!

Ein Beispiel hierzu ist Abu Hurairas bereits behandeltes Hadith, dass der Heilige Prophet Muhammad (s.) angeblich zu seinem Onkel Abu Talib sagte:

„Sage: Kein Gott außer Gott. Und ich bin Zeuge für dich am Tage des Gerichts.....“ usw.

Es ist allseits bekannt, dass Abu Talib zwanzig Jahre, bevor Abu Huraira aus seinem Heimatland Jemen nach Medina in den Hidschaz kam, starb, und daher kann er diese Worte des Propheten damals nicht direkt gehört haben, aber Abu Huraira erzählte sie, ohne den Übermittler zu erwähnen, als ob er den Heiligen Propheten Muhammad (s.) mit seinem Onkel Abu Talib reden gehört und er die Worte tatsächlich selbst gehört hätte. Allein diese Tatsache verdeutlicht, dass auch bei der Einstufung der Überlieferungen Abu Hurairas eine Art "Unantastbarkeit" gewährt wurde, welche die eigenen Maßstäbe zur Einstufung von Überlieferungen über den Haufen werfen.

Darüber hinaus erzählt Abu Huraira, dass als der Qur´an-Vers „Und warne deine nahen Verwandten“ geoffenbart wurde, der Heilige Prophet Muhammad (s.) unter seinen Onkeln stand und sagte: „Oh Quraischiten, ich kann euch nicht vor Allah retten...“

Hier wiederum stimmen alle Gelehrten darin über ein, dass dieser Qur´an-Vers während der frühen Tage des Prophetentums offenbart wurde, noch vor der öffentlichen Mission. Aber damals war Abu Huraira noch im Jemen und noch kein Muslim, da er erst zwanzig Jahre nach der Offenbarung dieses Qur´an-Verses in den Hidschaz kam. Wie kann er dann sagen: „Der Prophet stand auf und sagte...“ , als sei er bei der Szene dabei gewesen und habe alles Geschehene bei der Gelegenheit mit seinen eigenen Augen gesehen und mit seinen eigenen Ohren alle Worte gehört, die dort ausgetauscht und geäußert wurden!?

In ähnlicher Weise sagte Abu Huraira: „Der Heilige Prophet Muhammad (s.) pflegte in seinem Qunut[1] zu beten: „Oh Allah, verzeihe Salma bin Hischam; oh Allah, verzeihe Walid bin Walid; oh Allah, verzeihe Ayyasch bin Abu Rabia, oh Allah, verzeihe den machtlosen Gläubigen (die von den Ungläubigen an der Auswanderung von Mekka nach Medina gehindert wurden).“

Hierbei ist allseits bekannt, dass die genannten Leute, für die der Heilige Prophet (s.) in seinem Qunut betete, in Mekka festgehalten wurden, und zwar sieben Jahre, bevor Abu Huraira zum Islam konvertierte, und sicherlich das Gebet zu jener Zeit erfolgte. Bei diesem Hadith tut aber Abu Huraira so, als habe er den Heiligen Propheten Muhammad (s.) in dem Qunut mit seinen eigenen Augen gesehen und die Worte des Gebets des Propheten mit seinen eigenen Ohren gehört.

Der große zeitgenössische Gelehrte unserer Tage, Muhammad Amin al-Misri, deutet auf diese Gewohnheit Abu Hurairas hin, wenn er sagt: "Es ist klar, dass sich Abu Huraira nicht auf das beschränkt, was er selber direkt vom Heiligen Propheten (s.) hörte, sondern er erzählte über den Heiligen Propheten (s.), was er durch andere empfing, als sei er selbst dabei gewesen."

Fürwahr, Abu Huraira gab selber diese Tatsache zu. Al er zum Beispiel dem Heiligen Propheten (s.) die Worte unterschob, wer im Zustand der größeren Unreinheit am Morgen sei, sollte nicht das Fasten halten, und die Frauen des Propheten Aischa und Umm Salama widersprachen, warf Abu Huraira die Last auf Fadhl bin Abbas und gab zu, dass er den Ausspruch nicht vom Heiligen Propheten (s.) gehört habe, sondern von Fadhl. Unabhängig davon, ob Fadhls Überlieferung korrekt oder nicht korrekt ist, bleibt die Tatsache, dass Abu Huraira hier zugibt, dass er den Ausspruch von Fadhl gehört habe, und nicht direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.), obwohl er es zunächst derart wiedergegeben hat.

Es mag zugunsten von Abu Huraira argumentiert werden, dass es nicht die Korrektheit eines Hadith beeinflusse, wenn er sie nicht direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) erhalten habe, sondern durch einen Erzähler, solange letztendlich herauskomme, dieses Hadith sei vom Heiligen Propheten (s.). Dies ist allerdings keine gültige Verteidigung, denn die gesamte Hadith-Wissenschaft dreht sich um die Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit und Integrität aller einzelnen Hadith-Überlieferer, die bei der Weitervermittlung einer Hadith beteiligt sind, angefangen vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) bis hinauf zur letzten Stufe, in der das Hadith aufgezeichnet wurde. Es ist daher absolut notwendig für jeden, der ein Hadith nicht direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) empfangen hat, dass er den Namen des Erzählers anzeigt, der das Hadith direkt vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) empfangen haben will, und ebenso die Namen all jener, die als Weitererzähler in der Kette gedient haben, bis hinauf zum letzten Berichterstatter. Dies ist notwendig, um die Wahrheit eines Hadith durch die Wahrhaftigkeit und Integrität der beteiligten Weitererzähler zu testen; und dies ist nicht möglich, wenn der Name eines einzigen Gliedes in der Erzählerkette unbekannt bleibt.

Die Schlussfolgerung dieser Diskussion ist: Da Abu Huraira die Namen der Kettenglieder für sehr viele der von ihm erzählten Hadithe weglässt, müssen sie in Zweifel gezogen werden, es sei denn, sie werden durch eine andere ununterbrochene Erzählerkette bestätigt, wodurch ihre Wahrhaftigkeit korrekt geprüft und bestätigt werden kann. Als solche können die allein von Abu Huraira erzählten Hadithe, die er gar nicht selbst gehört haben kann, nicht als verlässlich und korrekt anerkannt werden. Bedauerlicherweise wurde genau dieser bei allen Rechtsschulen anerkannte Grundsatz bei Abu Huraira – vorsichtig ausgedrückt – sehr großzügig umgangen. Abu Huraira behauptete mehrfach, anwesend gewesen zu sein, was tatsächlich nicht möglich war. Allein diese Tatsache müsste zu weiteren Zweifeln an Abu Hurairas Worten führen.

Abu Hurairas exklusive Hadithe müssen daher bestenfalls als zweifelhaft eingestuft werden, weil er in einigen Fällen behauptet, anwesend gewesen zu sein, wobei er tatsächlich nicht anwesend war und auch wegen unleugbarer Gründe nicht dabei sein konnte.

Zum Beispiel sagte Abu Huraira: "Ich besuchte Ruqayya, die Tochter des Propheten Gottes, die Ehefrau Uthmans, während sie einen Kamm in ihrer Hand hatte. Sie sagte: „Der Prophet Gottes ist gerade eben von mir weggegangen, nachdem ich sein Haar gekämmt hatte. Er sagte zu mir: „Wie findest du Abu Abdullah (gemeint ist hier Uthman)?“ Ich sagte: „Ganz gut!“ Er sagte: „Erweise ihm Ehre, denn unter all meinen Gefährten ähnelt er mir am meisten in den Manieren.“

Hakim berichtete dieses Hadith in seinem Werke Mustadrak, Band 2, Seite 48, mit der Bemerkung, dass die Quellen und Kettenglieder dieses Hadith zwar korrekt seien, aber der Hadith-Text sei absolut unglaubwürdig, denn Ruqayya starb bereits drei Jahre nach der Hidschra, zur Zeit des Sieges von Badr, aber Abu Huraira konvertierte zum Islam erst nach dem Siege zu Chaibar im siebten Jahre nach der Hidschra. Die gleiche Bemerkung über diese Hadith wurde von Dhahabi im Buche Talchis-ul-Mustadrak notiert. Neben der Unverschämtheit einer solchen Behauptung wird hier einmal mehr der Charakter dieser Überlieferung deutlich, denn hier erhält der dritte Kalif einen Beinamen, der sonst ausschließlich für einige Nachkommen des Propheten verwendet wurde!

Über die angebliche Vergesslichkeit des Heiligen Propheten Muhammad (s.) erzählte Abu Huraira: „Wir verrichteten das Mittagsgebet oder das Nachmittagsgebet mit dem Heiligen Propheten, als er das Gebet mit zwei Rakat (Gebetseinheiten) beendete. Daraufhin sagte Dhul Yadain zu ihm: „Hast du das (Pflicht) Gebet abgekürzt oder hast du vergessen?.....“

Aber dieser Dhul Yadain wurde Märtyrer in der Schlacht zu Badr, eine lange Zeit, bevor Abu Huraira nach Medina kam und zum Islam konvertierte, wie wir es bereits früher aufgezeigt haben.

Wie oft pflegte Abu Huraira jauchzend zu sagen: „Wir eroberten Chaibar; aber wir bekamen nicht Gold oder Silber als Beute, sondern nur Schafe, Ziegen, Rindvieh, Kamele und geringwertige Sachen wie das...!“ Aber es herrscht einmütige Übereinstimmung, dass er bei der Eroberung von Chaibar gar nicht dabei war. Deswegen haben die Kommentatoren zu den beiden Sahih-Werken von Buchari und Muslim auch die buchstäbliche Korrektheit seines Ausspruches „Wir eroberten Chaibar“ bezweifelt, und sie konnten bestenfalls den Ausspruch auf die Muslime allgemein beziehen. Abu Huraira pflegte auch zu sagen: „Wir nahmen teil an der Schlacht zu Chaibar mit dem Propheten Gottes ... !“ (Quelle: Buchari in seinem Sahih-Werk, Band 3, Seite 34). Es wurde bereits erwähnt, dass Abu Huraira bei der Schlacht zu Chaibar gar nicht anwesend war, da er erst nach dem Siege zu Chaibar von Jemen nach Medina kam und zum Islam konvertierte.

Abu Huraira sagte auch: „Ich sah siebzig Leute der Suffa, und keiner hatte ein Tuch auf seinem Leibe.“ Diese Geschichte bezieht sich auf eine besondere historische Gegebenheit. Diese siebzig Männer der Suffa im Arkadengang der Moschee in Medina erlangten in der Schlacht zu Ba'r Ma'una den Märtyrertod, und das geschah im Monat Safar des vierten Jahres der Hidschra, lange bevor Abu Huraira den Islam annahm oder bevor er aus seinem Heimatland Jemen gekommen war. Wie kann er dann sagen, dass er sie sah?

Es wird auf diese Weise klar, dass Abu Huraira öfters vom Heiligen Propheten Muhammad (s.) erzählt, was er nicht tatsächlich von ihm gehört hat, und er will auch dort gewesen sein, wo er tatsächlich nicht war. Es ist seltsam, dass die Autoren der Sahih-Werke ihre Bücher mit diesen Hadithen angehäuft haben, ohne diesen wichtigen Aspekt seines Verhaltens im Erzählen von Hadithen zu berücksichtigen, und sie prüften die Hadithe Abu Hurairas nicht gemäß den allgemein anerkannten Standards, die zum Auffinden von Erdichtungen und Phantasien angewendet werden. Und im allgemeinen folgen die Leute bestimmter Rechtsschulen unkritisch den Autoren der Sahih-Werke und übernehmen diese Hadithe, ohne ihre Wahrhaftigkeit und Korrektheit zu prüfen.

[1] Bittgebet im Ritualgebet nach dem zweiten des Gebetsabschnitt

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