An Bord des »Espadon«
Senegal, Mai 1874.
Am 2. Mai habe ich den »Petrel« verlassen. Man bemannte die
Ehrenbarke für mich, wie es Brauch ist, wenn ein Offizier
scheidet. Von vier Fähnrichen begleitet, brachte sie mich an
Bord des »Archimède«, der mich wiederum nach Dakar führen
sollte, zu meinem neuen Schiff, dem »Espadon«. Der »Archimède«
war ein alter Kasten der afrikanischen Küste, den man eilig
wieder instandgesetzt hatte, nachdem er einige Jahre lang in
den Gewässern des Senegal eingesumpft gewesen war. An diesem
Tage war er von Passagieren beiderlei Geschlechtes überfüllt,
– viel arme Frauen gab es da, die ihren Gatten in die Kolonien
gefolgt waren und nun krank nach Frankreich zurückkehrten. Und
wie gewöhnlich vor der Abfahrt gab es ein großes Getümmel von
Besuchern und Abschiednehmenden.
Um fünf Uhr nachmittags lichteten wir die Anker. Die Sonne
sank, und wir fuhren rasch den gelben Fluß stromabwärts. Im
Vorbeifahren grüßten mich zum letztenmal meine Freunde vom »Petrel«,
und das Herz tat mir weh, sie alle verlassen zu müssen. Dann
wich hinter mir Saint-Louis, die öde weiße Stadt inmitten
dürftiger gelber Palmen und gelbem Sand, immer mehr zurück.
Und meinem Blick entschwand dieser Winkel Afrikas, wo ich so
heiß geliebt, so schwer gelitten hatte. (P. L. hat einen
großen Teil seiner Aufzeichnungen aus dieser Zeit vernichtet.)
Hart war die Nacht zur See auf dem alten Schiff, – nichts
zu essen, großes Getöse. Ich war wie zerschlagen infolge der
vielen aufregenden Ereignisse, die sich in wenigen Tagen in
meinem Leben gefolgt waren.
Am 26. Mai um ein Uhr ankerte der »Archimède« in der Bucht
von Dakar, die ich voll Herzensfreude wiedersah.
An Bord des »Espadon« fand ich einige gute Freunde wieder.
Das Schiff hingegen war mir nicht sympathisch. Es war der
vollendete Typus der alten Schiffe aus dem Senegal. Von der
Decke seiner Kajüten baumelten eine Menge getrockneter und
ausgestopfter durchweg alberner Tiere nieder, lauter Andenken
an viele Reisen nach Galam. Für mich war die Ruhe an Bord
niederdrückend nach den vielen schweren Erregungen der letzten
Tage in Saint-Louis.
Der Anblick des für mich bestimmten Zimmers war nicht
gerade erfreulich, besonders wenn ich an das Zimmer des »Petrel«
dachte, das ich eben verlassen hatte. Es war ein großer, alter
kahler Raum. Der Fußboden war von Alter und Hitze
auseinandergetrieben und ein Tummelplatz ganzer
Krabbenfamilien geworden. An meinem Bett öffnete sich eine
breite Stückpforte, zwei Finger von der grünen Flut entfernt,
und während der langweiligen Siestastunden sah ich, wie Fische
und Haifische sich draußen überschlugen und sah Negerknaben in
ihren Piroguen vorüber gleiten.
In den Phasen des Lebens, in welchen das Herz in heißer
Leidenschaft glüht, graben sich die geringsten Kleinigkeiten
ganz merkwürdig in den Sinn, und die Zeit, die alles verweht,
läßt nur die Erinnerung bestehen.
So wird jenes große Zimmer auf dem »Espadon« mir lang noch
gegenwärtig bleiben. –