Auf fernen Meeren

Auf fernen Meeren

Tagebuchfragmente und Briefe

1924 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

Joinville, 20. März 1875.

Heute morgens erreichte mich die Kunde, daß mein Freund Brémont, Unteroffizier bei den Spahis, eben in Saint-Louis im Senegal den Verletzungen erlegen ist, die er in der Expedition gegen den König Lal-Dior davongetragen hat. Und diese Nachricht war für mich ein schwerer Schlag.

Den ganzen Tag hindurch irrte ich allein ohne Ziel durch die Wälder, und achtete nicht des furchtbaren eisigen Windes. Als ich zurückgekommen war, bin ich dann tief erschöpft in meinem Lehnstuhl eingeschlafen.

Viel später erst erwachte ich, beim Anbruch einer gespensterhaften Märznacht, trotz meines Mantels vor Kälte starr, die Füße vor dem erloschenen Feuer.

Mein erster Gedanke beim Erwachen: Brémont ist tot. Und wieder einmal ging all mein Denken fort von Joinvilles glanzlosem Himmel in jenes Sonnenland, das erfüllt war von Leben für mich, inmitten der Freunde, die ich dort besessen.

Brémont ist tot, er ruht nun auch im Gottesacker von Sorr, er, den ich immer voll von Leben kannte, der so bewunderungswürdig schön gewesen, und der eines Abends beim Liebesmahl fröhlich sein Glas erhob: »Auf jene, die gefallen sind in Bobdiarah und in Mekka!«

Und nun ist auch er so gestorben; er war einer jener Ausnahmemenschen, denen in ihrer seltsamen Existenz der Senegal zur Heimat ward, die Sandwüste zum Vaterland.

Mein Freund Brémont hinterließ Schulden in Saint-Louis, und darum mußte seine Habe – seine Waffen, sein Affe und sein Hund – an Mulattinnen verkauft werden. Das ist das Ende der Spahis.

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