Erster türkischer Gesandter nach Berlin
Am 9. November 1763 zog, als erster türkischer Gesandter, Resmi
Ahmed mit seinem Gefolge unter freudigem Willkomm und großen Ehrenbezeugungen von Seiten der Behörden und der Bevölkerung in Berlin ein. Er wurde zunächst von Minister Finkenstein und dann von König Friedrich mit umfangreichem Zeremoniell empfangen, wobei er seine Kreditive überreichte sowie die zahlreichen Geschenke des Sultans. Auf jede Weise suchte man ihm während seines fünfundeinhalbmonatigen Aufenthalts in Berlin die Zeit angenehm und interessant zu machen. Ganz Berlin stand damals zum
Ergötzen des Königs unter dem Eindruck der „Türkenzeit". Der
Auszug des Gesandten war ebenso feierlich wie sein Empfang.
Resmi Ahmed hat über seine Berliner Mission einen eingehenden Bericht
nach Konstantinopel erstattet, der von Ahmed Vasif Efendi, dem
Geschichtsschreiber der Hohen Pforte, den Jahrbüchern des
türkischen Reiches in vollem Umfange einverleibt wurde. Dieser
Bericht ist zuerst von einem ungenannten Mitarbeiter der „Allgemeinen Litteratur-Zeitung" (v. Hammer)
ins Deutsche übersetzt und von Fr. Nicolai deutsch
herausgegeben worden (Berlin und Stettin 1809). Eine zweite Übertragung
hat der Übersetzer am Hofe des Sultans Abdul Hamid II., Weli
Bey Holland, in den Mitteilungen des deutschen Excursionsklubs zu Konstantinopel 1903 erscheinen lassen.
Während des Aufenthaltes dieses türkischen Gesandten in
Berlin traten für die preußisch-türkische Politik
einschneidende Veränderungen ein. Der siebenjährige Krieg war am 15. Februar 1763 beendigt worden
und hatte Friedrich „in politischer Vereinsamung" zurückgelassen. Zum Schutz gegen Österreich glaubte dieser jetzt durch seine mit
Russland gemeinsamen polnischen Interessen einen engeren
Anschluss an Russland erreichen zu können. Obwohl dies die Pforte sehr
misstrauisch machen musste, hielt er doch an seinem „Hauptwerk" einem Bündnisse mit der Türkei, fest.
Ja ihm schwebte zu Zeiten wohl die „Einkreisung Österreichs" durch ein preußisch russisch-türkisches
Bündnis vor.In diesen kritischen Tagen gewann die Anwesenheit des türkischen Gesandten in Berlin
hohe Bedeutung. Fast wäre jetzt der preußisch-türkische Vertrag zustande gekommen, wenn nicht durch die verzögerte Abreise des Gesandten nach Konstantinopel sowie das Ränkespiel, das am goldenen Horn um die polnische Frage getrieben wurde, und letztlich auch
wohl durch Friedrichs Sparsamkeit der günstigste Zeitpunkt für den
Abschluss verpasst worden wäre.
Ende der 80er Jahre kam die Pforte auf diesen Plan einer
Tripelallianz zurück, doch scheiterten Friedrichs (daraufhin
unternommene Bemühungen an der Haltung der Kaiserin Katharina
An der polnischen Frage scheiterte nun überhaupt jeder weitere Verhandlungsversuch,
wozu die Annäherung Preußens an Russland immer die letzte Ursache war. Hatte doch Friedrich sich 1764 sogar verpflichtet,
Russland in einem Kriege mit der Türkei durch Truppen oder Geldhilfe zu unterstützen. Ja „um die Harmonie mit den Russen zu erhalten*', sah sich Friedrich Oktober 1765 sogar genötigt, „den Rexin zu sacrificiren". An seine Stelle trat der schon seit einem Jahr, „um dem von Rexin auf die Finger zu sehen und die Kasse zu fuhren", in Konstantinopel anwesende Flügeladjutant Friedrichs Hauptmann von Zegelin.
In den folgenden Jahren der Friedenspolitik Friedrichs des Großen ist nun noch oft der Gedanke an ein preußischtürkisches Bündnis aufgetaucht. Doch jetzt war es stets die Pforte, die Preußen besonders gegen die drohende Annäherung
Russlands an Österreich durch ein Bündnis an sich ziehen
wollte; wohingegen Friedrich sich nun wegen seiner zwar kaum noch bestehenden Vertragspflicht gegen
Russland nicht mehr entschließen konnte, darauf einzugehen. Doch riet er der Pforte immer wieder, sich gegen die drohende
Gefahr zu rüsten. Als er später bei der Annexion der Krim durch
Russland den türkischen Wünschen geneigter wurde, wollte er doch nur dann in ein Bündnis mit der Pforte eintreten, wenn auch Frankreich sich anschlösse. Letzteres wollte jedoch seine Verpflichtungen gegen
Österreich nicht verletzen.
Mit diesen Unterhandlungen hing ein Russland zuliebe vorgenommener abermaliger Gesandtenwechsel am Goldenen Horn
zusammen.
Für den unglücklichen Heben Gaffron, der 1775 an Zegelins Stelle getreten war, kam nun 1784 ein Mann, dem man wohl kaum mit
Bratters große Gewandtheit und Staatsklugheit zusprechen wird, in dessen Wahl, hauptsächlich auf Grund seiner türkischen Sprachkenntnisse, Friedrich II. vielmehr einen Mißgriff getan hat. Es war Heinrich Friedrich Diez, der bis dahin Kanzleidirektor bei der
Regierung in Magdeburg gewesen war.
Allerdings wollte der greise König jetzt nur noch eine beobachtende Politik am Goldenen Hörn vertreten wissen. Sein ganzes Streben war in den letzten
zwei Jahren seines Lebens allein auf die Verwirklichung seines
großen Planes der Stiftung des Fürstenbundes zum Schutze der Freiheiten des deutschen
Reiches gegen die Übergriffe des Kaisers gerichtet.
Diez hingegen schien der Angelpunkt der preußischen Politik gleich in Konstantinopel zu liegen. Von politisch
verhängnisvoll falschen Grundanschauungen ausgehend, wollte er durchaus eine tätigere Politik am Goldenen Horn, womöglich Teilnahme Preußens an dem drohenden türkisch-russischen Kriege betreiben. Indessen
musste er sich zu Lebzeiten Friedrichs des Großen, der sich nicht durch ihn zum Don Quixote des Turcs machen lassen wollte, „zur Rolle eines traurigen Neuigkeitsträgers ohne System und ohne
Tätigkeit verurteilt sehen.