Aus der Sicht der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und
politischen Generallinie
Der Monotheismus lehnt die Kompetenz
jeglicher Planung bzw. eine unabhängige und eigenmächtige
Leitung der Angelegenheiten der Welt durch irgendjemanden –
selbstverständlich außer Gott – ab. Weil Er Schöpfer des
Menschen, des Universums und außerdem Gestalter Seiner
einheitlichen Ordnung ist und sich auch Seiner Möglichkeiten
und Bedürfnisse bewusst ist, kennt Er zudem die Schätze und
Talente bzw. die verborgenen physischen und psychischen
Energien des Menschen wie auch die enorme Kostbarkeit und
Genialität des Alls, aber auch das Maß für den Gebrauch und
die Art des Aufeinandertreffens all dessen, sehr gut. So ist
nur Er, der die Lebensweise des Menschen und den Plan der
menschlichen Beziehungen entwerfen kann, so wie es der
Generallinie Seiner Drehbewegung und Seiner Schöpfungsordnung
entspricht, und der in der Lage ist, die gesetzmäßige Ordnung
des menschlichen Lebens bzw. den gesellschaftlichen Plan
auszugestalten.
Dieses Recht liegt bei Gott, und es ist
das natürliche und logische Ergebnis Seiner Schöpfung und
Seiner Herrschaft. Somit stellt jegliche Einmischung seitens
Anderer hinsichtlich einer Bestimmung des Weges und einer
praxisorientierten Generallinie für die Menschen eine
Einmischung in das souveräne Handeln Gottes dar. Der damit
verbundene Anspruch, wie Gott sein zu wollen, verursacht den
Polytheismus, d.h. Götzenanbeterei.
„Aber nein, bei deinem Herrn! Sie
glauben nicht eher, bis sie dich zum Schiedsrichter nehmen
über das, was zwischen ihnen umstritten ist und danach wegen
deiner Entscheidung keine Bedrängnis in ihrem Inneren spüren,
sondern sich in völliger Ergebung fügen.“
„Und weder für einen gläubigen Mann
noch für eine gläubige Frau gibt es, wenn Allah und sein
Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, die
Möglichkeit, in ihrer Angelegenheit zu wählen. Und wer sich
Allah und seinem Gesandten widersetzt, der befindet sich ja in
offenkundigem Irrtum.“
Das Recht der Bevormundung und
Herrschaftsgewalt der Gesellschaft und die Leitung des
menschlichen Lebens von jedem außer Gott wird hier verneint.
Die Herrschaft des Menschen über den Menschen, wenn sie als
ein von Gott unabhängiges Recht und ohne Verantwortung
betrachtet wird, verursacht Unterdrückung, Empörung und
Gewaltherrschaft. Lediglich wenn die Führung über
gesellschaftliche Angelegenheiten einer Macht, einer Person
oder einem Herrscherrat obliegt und mit entsprechenden
Verantwortlichkeiten übereinstimmt, besteht die Möglichkeit,
sie vor Irreführung, Rebellion und Machtmissbrauch zu
bewahren. Dies geschieht der religiösen Ideologie zufolge
durch die im Hintergrund wirkende Macht Gottes, die
allumfassend ist, gemäß dem folgenden Vers:
„Es entgeht Ihm nicht das Gewicht
eines Stäubchens, weder in den Himmeln noch auf der Erde.“
Und die Eigenschaften Seiner Erhabenheit
und die Androhung Seiner Strafe – wie Seine Attribute “der
streng Strafende“ und “der mächtige Vergelter“ usw. zeigen –
gibt Seinen Auserwählten bzw. Ernannten keine Gelegenheit
irrezugehen.
„Und hätte er sich gegen Uns einige
Äußerungen selbst in den Mund gelegt, wir hätten ihn gewiss an
der Rechten gefasst und ihm dann die Herzader durchschnitten.“
Es ist nicht so wie bei einem Volk oder
einer Mehrheit, die man betrügen kann und die dann diesem
Betrug aufsitzen. Es ist auch nicht wie eine Partei, die man
als Druckmittel und zur Freiheitsberaubung gebrauchen kann,
oder wie hochgestellte Persönlichkeiten, Anführer oder reiche
Menschen, die man kaufen oder ihnen einen Teil der Macht
anbieten kann.
Und so sieht man, wenn man genauer
hinschaut, dass es für das menschliche Leben notwendig ist,
alle Lebensordnungen an ein einziges Ziel heranzuführen und
die Kontrolle der Angelegenheiten in die Hand einer
herrschenden Macht zu legen – wie es so ist – und diese Hand
ist nur die mächtige Hand des Schöpfers des Alls und des
Menschen.
Demnach ist die Herrschaft und Leitung
über die Menschen das einzigartige Recht Gottes, das die von
Gott Ernannten umsetzen, d.h. diejenigen, die aufgrund
bestimmter Maßstäbe und Normen nach göttlicher Ideologie vor
allen Anderen ein besonderes Vorrecht haben, wodurch die
göttliche Ordnung bewahrt und die göttlichen Regeln ausgeführt
werden.
„Sprich: Sollte ich mir zum Freund
einen anderen als Allah nehmen, den Schöpfer der Himmel und
der Erde, der Speise gibt und dem niemand Speise geben kann?
Sprich: Mir ist befohlen worden, der erste von denen zu sein,
die gottergeben sind, und nicht zu den Götzendienern gehört!“
„Euer Schutzfreund ist Allah, und sein
Gesandter, und diejenigen, die glauben, die das Gebet
verrichten und die Abgabe entrichten, während sie sich
verneigen.“
„Sprich: Ich nehme Zuflucht zum Herrn
der Menschen, dem König der Menschen, dem Gott der Menschen.“
Hier werden auch auf absolute Weise alle
echten, ursprünglichen und daher edlen Besitztümer, Vorräte
und alles, was sonst noch in der Welt existiert, Gott
zugewiesen; niemand besitzt etwas eigenständig und unabhängig
von Gott und kann es sein Eigen nennen. Alles, was der Mensch
in Händen hält, ist geliehen, und zwar zur Verwendung im
Hinblick auf seine Entwicklung und Transzendenz. Dies heißt
also nicht, dass der Mensch Inhaber jener Besitztümer sein
dürfte, um die Schätze der Welt, die das Ergebnis der
Entwicklung tausender Phänomene und Elemente dieser Welt sind,
zu zerstören, sie als nutzlos bzw. erfolglos zu betrachten
oder sie auf eine Art und Weise, die für die Entwicklung des
Menschen nicht geeignet ist, zu verwenden.
Was in der Hand des Menschen ist, kommt
aus Gottes Gnade und ist Sein Geschenk, obwohl alles für den
Menschen erschaffen worden ist. Daher müssen diese Schätze in
einer Art und Weise verwendet werden, die Gott bestimmt und
was ihrem natürlichen und richtigen Wesen entspricht, und zwar
auf einem Weg, für den sie erschaffen worden sind. Die
Verwendung von Gütern und deren Ertrag auf jegliche andere
Weise führt von diesem naturgegebenen Weg in die Irre, und das
ist schlichtweg zerstörerisch.
Die richtige und eigentliche Rolle des
Menschen in diesem farbenfrohen Ankerplatz, der von Gott
gegeben ist, ist in Wirklichkeit derart, dass er diese
Geschenke Gottes korrekt verwenden und anwenden sowie
dementsprechend entwickeln soll.
„Sprich: Wem gehört die Erde, und wer
darauf ist, so ihr es wisst? Sie werden sagen: Allah. Sprich:
Wollt ihr es nicht bedenken?“
„Er ist es, der für euch alles, was
auf der Erde ist, erschuf.“
„… dienet Allah. Ihr habt keinen Gott
außer Ihm. Er hat euch aus der Erde entstehen lassen und sie
euch zu bebauen und zu bestellen gegeben.“
„Und diejenigen, die den Bund Allahs,
nachdem er geschlossen worden ist, brechen, und das
zerschneiden, was Allah befohlen hat zu verbinden, und auf der
Erde Unheil stiften, die werden den Fluch Allahs erhalten ...“
Der Monotheismus erkennt die Menschen im
Zusammenhang mit der Gnade Gottes auf der Welt als einander
gleichberechtigt an. Die Möglichkeiten und Gegebenheiten
stehen allen gleichermaßen zur Verfügung und gehören allen, so
dass jeder Einzelne von dieser umfassenden Möglichkeit, gemäß
seinen Bedürfnissen sowie seinem Bestreben und Tun, Gebrauch
machen kann. In diesen unendlichen Dimensionen des Alls gibt
es keinen Bereich, der allein für Menschen, die meinen
privilegiert zu sein, reserviert wäre. Alle Menschen dürfen
gleichermaßen ihren Ehrgeiz und ihren Willen zum Erlangen der
verschiedenen Schätze dieser Welt erproben. Diese Möglichkeit
ist weder einer hervorgehobenen Nation vorbehalten noch kennt
sie eine geografische, historische oder ideologische
Beschränkung.
„Er ist es, der für euch alles, was
auf der Erde ist, erschuf.“
Ferner weisen die folgenden Verse oder
Worte aus dem Heiligen Qur´an auf folgenden Grundsatz hin:
„Und das Vieh hat Er euch erschaffen…“
„Und ihr habt an ihnen Schönes…“
„Und sie (das Vieh) tragen eure
Lasten…“
„Er ist es, der von dem Himmel Wasser
herabkommen lässt für euch…“
„Er lässt euch damit Getreide
wachsen…“
„Und was Er euch auf der Erde
geschaffen hat ...“
„Damit ihr auf ihnen (den Tieren)
reitet.“
„Damit ihr (frisches Fleisch) davon
esst.“
Weitere Beispiele finden wir in den
zusammengefügten Versen der 16. Sure (an-Nahl), die alle
Menschen ansprechen und nicht nur eine herausgehobene Nation
oder Menschengruppe, wie folgt:
„Und hätte Er gewollt, hätte Er euch
fürwahr allesamt rechtgeleitet.“
„Euer Gott ist ein Einziger Gott.“
Was hier gesagt wurde, betrifft nur einen
Teil des reichhaltigen, tiefen und vielfältigen Inhalt des
Monotheismus. Aufgrund dieser kurzen Hinweise kann man aber
deutlich verstehen, dass der Monotheismus keine rein
philosophische, subjektive und unpraktikable Theorie ist, die
weder mit der dynamischen Wirklichkeit des Lebens noch mit der
Zusammensetzung menschlicher Gruppenzugehörigkeiten zu tun
hätte, gegenüber den Zielsetzungen des Menschen und seinem
richtigen Bemühen und Tun nicht adäquat reagierte und sich
auch nicht darum kümmerte, sondern nur sich selbst genügte, um
irgendeinen Glauben von Menschen durch einen anderen zu
ersetzen.
Einerseits ist der Monotheismus, ganz im
Gegenteil, eine Weltanschauung mit einer besonderen
Interpretation der Welt und des Menschen bzw. der Stellung,
die der Mensch im Zusammenhang mit den anderen Phänomenen in
der Welt einnimmt. Es handelt sich hier um den Stand des
Menschen innerhalb der Geschichte. Dabei geht es um die
Möglichkeiten, Begabungen, Bedürfnisse und Anliegen, die im
Menschen verankert sind, und schließlich um die Richtung und
den Weg zu seiner Erhöhung und Transzendenz.
Andererseits ist der Monotheismus eine
gesellschaftliche Weltanschauung, ein Entwurf und die
Formgestaltung einer für den Menschen günstigen Umgebung, in
der er sich leicht und schnell entwickeln und den Adel des
Geistes mit seiner besonderen Würde erlangen kann. Er ist eine
Anregung für eine besondere Form und einen speziellen Rahmen
für die Gesellschaft, in denen die Hauptlinien und
Hauptgrundsätze bestimmt sind.
Und deshalb ist es so, dass der
Monotheismus, wenn er in ungebildeten und irrgläubigen
Gesellschaften – d.h. Gesellschaften, die aufgrund von
Trivialität und Unwissenheit von der Wertigkeit des Menschen
bzw. in Unterdrückung der richtigen menschlichen Werte
existieren – wahrgenommen wird, eine Verwandlung darin
verursacht. Es ist wie eine Auferstehung schlafender Herzen
und kranker Seelen, aber auch wie ein Orkan im stillen Sumpf
der Gesellschaft, ein Angebot bzw. Entwurf für solch eine
chaotische und sich schlecht darbietende Gesellschaft. Es ist
eine Änderung und ein Wechsel seelischer Prinzipien bzw.
ökonomischer und gesellschaftlicher Grundsätze. Und in
moralischen und humanistischen Werten zusammengefasst, ist es
ein Protest gegen die existierende Situation bzw. gegen die
Mächte, die diese negativ zu betrachtende Gesellschaftsform
bewahren, oder auch ein Protest gegen die dort herrschende
Atmosphäre, die einer derartigen Entwicklung weiterhin Nahrung
gibt.
Ferner ist der Monotheismus mehr als eine
neue Antwort auf rein theoretische Fragen oder an
Angelegenheiten, die in ihrer Praktikabilität eingegrenzt
sind. In seiner Art ist dies ein neuer Weg dem Menschen
gegenüber, der zwar auf subjektive und theoretische Analysen
fußt, jedoch als Ziel einen anderen Inhalt hat, um ihn zu
praktizieren bzw. damit zu leben.
Mit solch einer Auslegung gehen wir davon
aus, dass der Monotheismus sowohl die Wurzel und Grundlage der
Religion als auch ein Grundstein ist, auf dem alle Grundsätze
der Religion gegründet worden sind. Das ist keine reine
Theorie, die sich lediglich als eine Interpretation des
Überirdischen versteht und sich höchstens auf eine moralische
und mystische Doktrin bezieht, sondern dieser Gedankengang ist
mehr als ein zarter Gegenstand, so dass er auf den
gigantischen Leib der zu neuem Leben erwachten islamischen
Ideologie als gesellschaftliche Wegrichtung übertragen werden
kann.
Selbstverständlich hat es immer Menschen
gegeben, die trotz ihres Glaubens an Gott und an die Einheit
Gottes (Monotheismus) die objektiven und praktischen wie auch
insbesondere die gesellschaftlichen Aspekte dieses Glaubens
vernachlässigt oder auch absichtlich ignoriert haben. Diese
Gutgläubigen haben zu jeder Zeit und in jeder Lage jedoch eher
wie Ungläubige im Sinne des Monotheismus gelebt. Das bedeutet,
dass dieser Glaube niemals in ihnen das Gefühl der
Unstimmigkeit mit dem nichtmonotheistischen Zustand und dem
damit verbundenen Umfeld hervorgerufen und ihnen so die
vergiftete, trübe und schwere Luft des Polytheismus
unerträglich gemacht hat.
In der Zeit des islamischen Aufstiegs in
Mekka, dem Zentrum der Götzendienerschaft und der damaligen
Metropole bekannter Gottheiten der Araber, hatte die
abrahamitische
Hanifreligion
zwar noch einige Anhänger, aber der Monotheismus hatte außer
in ihrem Gedächtnis, ihrem Herzen und höchstens noch als
Auswirkung auf ihren persönlichen Charakter und einem gewissen
persönlichen Pragmatismus keine weitere Bedeutung. Deshalb
hatte ihr Dasein auf die Vorstellungen bzw. das
gesellschaftliche Umfeld jener Zeit keinen Einfluss, und sie
wurden in der damaligen Unwissenheit
nicht wahrgenommen, so dass jene bedauerliche Lebensweise
durch sie nicht verändert wurde. So versammelten sich alle
Menschen um einen Wasserbehälter, und diese so genannten
Monotheisten trieben ihr Vieh sorglos zusammen mit jenen
anderen auf eine Weide und verbrachten ihr schändliches Leben
so wie alle anderen, nämlich auf deren Art und Weise sowie mit
deren Bräuchen. Eine solche Art der Interpretation wie auch
eine rein persönliche Auslegung des Monotheismus machen ihn
gleichsam unwirksam und spielen von daher keine aktive Rolle
im allgemeinen Leben, vor allem im sozialen Leben.
Unter solchen Umständen erschien der
islamische Monotheismus in der Öffentlichkeit, und zwar als
eine Vorstellung, die sich als eine spezielle Lebensordnung
bzw. als Entwurf für die Weiterformung der Gesellschaft von
Beginn an in ihrem Wesen als ein revolutionäres Angebot an
alle Menschen, vom Zustimmenden bis zum Leugner, erwiesen hat.
Alle verstanden, dass diese Botschaft eine neue
gesellschaftliche, ökonomische und politische Ordnung
beinhaltete und mit dem, was damals in der Welt geschah, in
keinster Weise übereinstimmte. Sie lehnte schlichtweg die
damals existierenden Zustände ab und war ein Angebot, diese zu
ändern.
Die Befürworter nahmen genau deswegen
dieses neue Angebot voller Leidenschaft an, und aus demselben
Grund handelten die Gegner so aufgeregt und grausam gegen den
Monotheismus, so dass sie von Tag zu Tag mit zunehmender Härte
gegen die Gläubigen vorgingen. Diese historische Wahrheit kann
als Kriterium dafür dienen, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit
des Monotheismus in allen Epochen der Geschichte zu messen.
Überall dort, wo diese monotheistische
Vorstellung bei Menschen existiert, die sich in einer
ähnlichen Situation wie die Monotheisten in Mekka vor dem
Islam befinden, kann ein Beobachter den Eindruck erhalten,
dass sie nicht monotheistisch leben. Ein Monotheismus als eine
Art allgemeiner Friedenszustand, der sich mit allen Abgöttern
(Götzen) und konkurrierenden Gottheiten einverstanden erklären
würde, wäre ein Monotheismus, der sich nur als eine bereits
akzeptierte Hypothese dem Gehirn anböte und damit nicht mehr
als ein bloßer Ersatzmonotheismus zu den Propheten wäre, das
heißt, dass die Dynamik, die den Monotheismus der Propheten
auszeichnet, bei derlei Monotheismen nicht vorhanden wäre. Bei
solch einer Betrachtungsweise des Themas kann man das
Geheimnis der Auswirkung, Entwicklung und Transzendenz des
frühen Islams richtig erkennen, aber auch die Gründe des
Rückzugs, des Verfalls und der Passivität des Islams in den
Epochen nach seinem Aufstieg entdecken.
Der Islam des Propheten zeigte den
Monotheismus als Weg für die Menschen, während der Islam der
späteren Epochen lediglich als eine Theorie in
Diskussionskreisen betrachtet wurde. Dort ging es um eine neue
Weltsicht und eine neue Theorie für die Bewegungen und
Bestrebungen im Leben, und hier geht es um theologisch
scholastische Feinheiten im Monotheismus, und zwar gleichsam
als Zeitvertreib. Dort war der Monotheismus das Skelett der
existierenden Ordnung und wurde als Achse aller
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen
Beziehungen betrachtet; hier hingegen war es nur die
vorhandene Ordnung und als Schwerpunkt ein schönes und
kunstvolles Gemälde, das wie ein Prunkstück in einen Saal
gehängt worden war. Was kann man also von einer Beigabe zu
rein zeremoniellem Zweck erwarten?
Wie bereits erwähnt, macht diese Tatsache
deutlich, dass der Monotheismus in praktischer Hinsicht ein
Modell für die Gesellschaft sowie eine Methode zu leben
darstellt, was man insgesamt als klare Ordnung, die aus
islamischer Sicht dem Leben gemäß ist und in deren Schatten
Wachstum und Entwicklung des menschlichen Wesens gedeihen,
kennen sollte. In der Theorie ist der Monotheismus eine
Anschauung, die die philosophische Grundlage für solch eine
Ordnung bildet und entsprechende Argumente liefert.
Mit dieser Einleitung können wir jetzt
wieder zum Anfang des Artikels zurückkehren und auf das Thema
aus einem anderen, speziellen Winkel darauf eingehen, was
geäußert wurde.
Wir sagten bereits, dass die ersten
Feindseligkeiten mit der Losung des Monotheismus, der Einheit
Gottes, durch die Machthaber, Befehlshaber und Führer der
Gesellschaft begonnen wurden. Dies zeigt, dass diese Parole
eher und vor allem gegen die herrschenden Sippen und die
Mächtigen der Gesellschaft, die aus qur´anischer Sicht als
Klasse der Hochmütigen galt, gerichtet war. Und wie ebenfalls
schon erwähnt, haben die Angebote des Monotheismus aller
Epochen, als sie die gesellschaftliche Szene betraten, ihren
Standpunkt den Herrschenden und Hochmütigen gegenüber klar
gemacht und wurden deshalb mit zwei gegensätzlichen Reaktionen
seitens zweier konträrer Flügel der Gesellschaft konfrontiert:
mit Antipathie, Leugnen und Feindseligkeit seitens der
Hochmütigen und mit Zuneigung, Akzeptanz und Unterstützung
seitens der Unterdrückten und Schwachgehaltenen.
Und schließlich haben wir erwähnt, dass
diese beiden Reaktionen in der Tat Zeichen und Wesen des edlen
und wahren Monotheismus sind, und zwar zu allen Zeiten der
Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Wann immer der
Monotheismus mit seinem edlen Inhalt und in der richtigen Form
wahrgenommen wird, bringt er in aller Unbedingtheit seine
Standpunkte wie auch die Reaktionen des Für und Wider mit
sich.
Jetzt muss man die Formen und
verschiedenen Dimensionen des Monotheismus betrachten, welche
direkt mit den Interessen – besser: direkt mit dem
Existenzprinzip – der Klasse der Hochmütigen kollidiert. Mit
anderen Worten: Welche Aspekte des Monotheismus oder welches
seiner Angebote an die Gesellschaft sind es, welche die
Privilegien der Klasse der Hochmütigen bedrohen, so dass sie
ihn so entschieden und ohne Unterlass bekämpft?
Das Gesicht des Hochmütigen im Qur´an zu
verstehen, kann sehr hilfreich sein, um das Thema besser zu
verstehen. Den Hochmütigen erkennen wir der Skizzierung des
Qur´ans zufolge – in mehr als 40 Beispielen – von seinen
Charaktereigenschaften und seiner gesellschaftlichen Stellung
her, aber auch in seinem Ehrgeiz und seiner Goldgier, und zwar
mit folgenden Eigenschaften: Er lehnt Gott unter dem
Verständnis des „Es gibt keine Gottheit außer Gott“ ab
und lehnt auch Seine Autorität der Herrschaft sowie die
Tatsache, dass alles im Universum Existierende das absolute
und ausschließliche Eigentum Gottes ist, ab, und zwar überdies
in Form einer subjektiven und formellen Wahrheit. Somit lehnt
er auch Gottes Souveränität, sogar in beschränkter Form, ab.
„Denn sie pflegten sich hochmütig zu
verhalten, wenn zu ihnen gesagt wurde: Es gibt keinen Gott
außer Allah.“
Sie schätzen sich besser und ehrwürdiger
als andere Geschöpfe, und zwar ohne Kriterien und
Eigenschaften der Tugend zu besitzen, und in diesem
Zusammenhang stützen sie sich auf solch törichte Kriterien wie
Macht und Reichtum.
„Denn sie verhielten sich hochmütig
auf der Erde ohne Recht und sagten: Wer hat eine stärkere
Kraft als wir?“
Und dieser falschen Vorstellung gemäß
lehnen sie Gottes Zeichen, die Botschafter einer neuen Ordnung
sind und die wahren Kriterien bestimmen, ab.
„Und wenn ihm Unsere Zeichen verlesen
werden, kehrt er sich
hochmütig ab, als ob er sie nicht
gehört hätte, als ob in seinen Ohren Schwerhörigkeit wäre. So
verkünde ihm schmerzhafte Strafe.“
In der Begegnung mit dem alles
verändernden und Freiheit schenkenden Angebot des Propheten
nehmen sie eine verleugnende und verneinende Haltung an und
sind ihm gegenüber feindselig gestimmt, und zwar unter dem
Vorwand: „Wenn es um eine richtige Botschaft ginge, würden wir
sie früher als er verstehen, und Gott müsste mit uns direkt
sprechen.“
„Und diejenigen, die ungläubig sind,
sagen denjenigen, die glauben: Wenn er (Qur´an) etwas Gutes
wäre, wären sie uns damit nicht zuvorgekommen.“
„Und wenn ein Zeichen zu ihnen kommt,
sagen sie: Wir werden nicht glauben, bevor uns nicht gegeben
wird, was den Gesandten Gottes gegeben wurde.“
Sie, die Feinde, nennen den Gründer und
Führer des Angebotes des Monotheismus denjenigen, dessen
Motive Ehrgeiz und Eigennutz sei. Damit geben sie sich als
Stütze der alten und verfaulten Traditionen zu erkennen, die
alle zusammen Zierrat der herrschenden Ordnung sind und
mindern die Einflussnahme des Angebotes des Monotheismus unter
den Menschen.
„Sie sagten: ‚Bist du zu uns gekommen,
um uns von dem abzubringen, was wir bei unseren Vätern
vorgefunden haben, und damit die Oberhoheit auf der Erde euch
zufalle? Wir werden euch gewiss nicht glauben.’“
Durch Gewalt und Betrug und durch
verschiedene Methoden der Bürde und Verdummung ziehen sie die
Menschen auf ihren eigenen Weg, dem Weg der Sklaverei, der
Ausbeutung und des
bedingungslosen Gehorsams; darüber hinaus
zwingen sie sie, gegen jedes rettende Angebot Widerstand zu
leisten und es zu bekämpfen.
„Und sie sagen: Unser Herr, gewiss,
wir haben unseren Herrschern und unseren Großen gehorcht, und
da haben sie uns vom Weg abirren lassen.“
„Dann sagen die Schwachen zu
denjenigen, die sich hochmütig
verhalten haben: Wir waren doch eure
Gefolgsleute; könnt ihr uns nun einen Teil des Höllenfeuers
abnehmen?“
„Die führende Schar aus dem Volk
Pharaos sagte: Dieser (Moses) ist fürwahr ein kenntnisreicher
Zauberer, der euch aus eurem Land vertreiben will. Was befehlt
ihr nun?“
Und schließlich griffen die Feinde des
Propheten Mohammad ihn und seine Anhänger, die gegen die
herrschende autoritäre Ordnung aufstanden und bestrebt waren,
sie zu verändern, mit aller Kraft an und weigerten sich auch
nicht, ihre hässlichsten Grausamkeiten und Gräueltaten in
diesem Zusammenhang zu beweisen.
„Dem Tod geweiht seien die Leute des
Grabens, des Feuers mit seinem Brennstoff, wenn sie daran
sitzen, und bezeugen, was sie den Gläubigen angetan haben.“
„Und Pharao sagte: Lasst mich Moses
töten; soll er doch seinen Herrn anrufen! Ich fürchte, dass er
sonst eure Religion abändern oder Unheil im Land hervorrufen
wird.“
Diese Zitate aus einigen Versen des
Qur´ans zeigen nur einen kleinen Teil der Eigenschaften und
der Charaktere der Hochmütigen.
Manchmal geht der Qur´an allerdings
weiter, als nur die Porträts der Hochmütigen vorzustellen, und
stellt die Klasse der Hochmütigen in einen Rahmen bestimmter
Typen oder gibt ihnen die Gestalt einiger bekannter Personen,
wobei jede einzelne von ihnen eine bestimmte
Charaktereigenschaft symbolisiert.
„Hierauf schickten Wir nach ihnen
Moses und Aaron mit unseren Zeichen zu Pharao und seiner
führenden Schar, aber sie verhielten sich hochmütig.“
„Und Qarun (Korah) und Pharao und
Haman. Moses kam ja zu ihnen mit den klaren Beweisen. Aber sie
verhielten sich hochmütig auf der Erde; doch konnten sie uns
nicht zuvorkommen.“
Wir kennen bereits Pharao. Haman ist
sowohl sein oberster Wesir als auch die oberste Person
innerhalb des politischen Systems des damaligen Ägyptens nach
dem Pharao. Die Vorsitzenden und hochgestellten
Persönlichkeiten dieses Systems waren für die Ausrichtung der
pharaonischen Ordnung verantwortlich und wegweisend bzw. waren
seine Gehilfen – siehe Heiliger Qur´an 7:127
und noch mehrere anderen Verse. Und schließlich gab es Qarun (Korah),
der gold- bzw. geldgierig war und ein großes Vermögen besaß,
und dessen Schlüssel zu seinen Schätzen von Gold und Silber so
zahlreich waren, dass sie kräftige Männer nur mit großer Mühe
tragen konnten.
Im Licht der Skizzierung zahlreicher
Verse des Qur´ans können wir einen Hochmütigen so erkennen:
Während der Herrschaft der vorislamischen Gesellschaft, die
ohne jeden Verdienst die politische bzw. wirtschaftliche Macht
innehatte und diese Ausbeutungsmöglichkeit und Tyrannei
bewahren wollte, besetzte der Hochmütige die Kultur und den
Glauben der Menschen und brachte die Menschen auf verschiedene
Art und Weise dazu, ihm gegenüber gehorsam und mit dem
existierenden Zustand zufrieden zu sein. Um diese Vorteile nun
zu bewahren, bekämpfte er erbittert jedes wegweisende und
erklärende Angebot, insbesondere dann, wenn es Züge der
Revolution und der Veränderung aufwies, was ihn zum Kampf auf
Leben und Tod führen würde.
Jetzt kehren wir wieder zum Hauptthema
zurück: Wie stellten sich die Propheten den Monotheismus vor?
Die Art und Weise, wie die Propheten diesen Begriff als
Grundlage ihres Denkens, wahrgenommen haben, zeigt in
einfacher Form, welcher Aspekt des Monotheismus aus Sicht der
Hochmütigen unerträglich ist und warum diese Leute den
Monotheismus, wenn sie auf ihn treffen, nicht tolerieren
können.
Wir wissen, dass der Begriff des
Monotheismus der Kern der Angebote aller Propheten gewesen
war. Die Aussage des Propheten des Islam
„Sprich: Es gibt keinen Gott außer
Allah, um erlöst zu werden“,
ist bekannt und unbestritten. Und der
Satz:
„O mein Volk, dienet Gott. Ihr habt
keinen Gott außer Ihm“
seitens großer Propheten wie: Noah, Hud,
Salih, Schuaib und anderer als Leitmotto der Angebote dieser
Propheten wird in einigen Versen des Qur´an wiederholt.
Wie wir feststellen, wurde beim Gebrauch
dieses Begriffes mehr als sonst die Ablehnung der Anbetung
anderer Gottheiten betont. Und aus diesem Blickwinkel des
Monotheismus ist die grundsätzliche Ablehnung der Vergötterung
aller anderen Gottheiten außer Gott zu betrachten.
Jeder Prophet mahnt mit derlei Worten die
unwissenden und leichtgläubigen Menschen, die im Sumpf einer
Ordnung der Unbildung und Aufsässigkeit wühlen und warnt sie
vor der Anbetung jeglicher Macht außer Gott. Und in der Tat
beginnt die Einladung zu seinem Angebot mit der Ausrufung des
Kampfes gegen diejenigen, die sich vergöttern und anbeten
lassen.
Wer sind diejenigen in der Gesellschaft,
die sich als Gott darstellen? Was bedeutet Kampf gegen die
Gottheiten? Und was bedeutet der Vorschlag einer
diesbezüglichen Mobilmachung? Und was für eine
Gesellschaftsordnung wird von den Propheten verheißen?
Normalerweise stellt man sich mit dem
Begriff “Vergötterung“ jemanden vor, der sich als Gott
darstellt und sich als die Verifikation jener herrschenden
Macht definiert, nämlich jene Macht (Gott), an die man im
Laufe der Geschichte irgendwie geglaubt und von ihr irgendeine
Vorstellung gehabt hat. Aber das ist eine vereinfachende
Auffassung von diesem Lehrsatz.
Sicherlich ist die Existenz wahnsinniger
Verbrecher, die aufgrund ihrer politischen und sozialen Macht
den noch ungebildeteren Menschen weisgemacht haben, dass sie
selbst Gott oder zumindest ein Teil des göttlichen Geistes
seien, nicht zu leugnen. Aber, wenn man die weitergehende
Begrifflichkeit der Wörter “Gottesdienst“, “Gottesherrschaft“
und “Göttlichkeit“ im Qur´an betrachtet, kommt man zu dem
Ergebnis, dass der Kreis derer, die Verständnis gegenüber
denjenigen hatten, die Göttlichkeit für sich beanspruchen,
viel größer gewesen sein muss.
Wie aus dem Gebrauch des Wortes
“Ibadat“
(Gottesdienst) im Qur´an hervorgeht, bedeutet es “Hingabe“ und
“vorbehaltloser Gehorsam“ einem anderen, z.B. einem Menschen
oder irgendetwas anderem, gegenüber. Wenn wir uns jemandem
bedingungslos hingeben und uns seinem Wunsch, seinem Befehl
und seinem Willen gemäß bewegen und uns ihm gegenüber
aufgeben, haben wir ihn angebetet und vergöttert. Und
umgekehrt: Jeder Aspekt und jede Kraft – sowohl im Inneren
unserer Existenz und unseres Charakters als auch aufgrund
diverser äußerer Ursachen – die uns zahm und gefügig gemacht,
die unsere Körper und Seelen dem Zugriff seiner Macht
überantwortet und unsere Energie in die Richtung, die er will,
gelenkt haben, haben uns in seinen Sklaven verwandelt.
Die folgenden Verse zeigen einige
Beispiele in diesem Zusammenhang. In der zornigen Ansprache
des Moses an den Pharao zu Beginn der Einladung zu seinem
Angebot heißt es:
„Ist es denn eine Gnade, die nun du
mir erweisest, dass du die Kinder Israels zu Sklaven gemacht
hast?“
Und der Pharao und die Oberhäupter seines
Regimes sagten zueinander:
„Sie sprachen: Sollen wir den beiden
menschlichen Wesen, die unseresgleichen sind, glauben, wo doch
ihr Volk in unserem Dienst steht?“
Abraham sprach zu seinem Ziehvater:
„O mein Vater, diene nicht, dem Satan.
Der Satan ist gegen den Erbarmer widerspenstig.“
Und in der allgemeinen Ansprache Gottes
an die Menschen heißt es:
„Habe Ich euch, o ihr Kinder Adams,
nicht auferlegt, ihr sollt nicht dem Satan dienen - er ist
euch ja ein offenkundiger Feind.“
In der frohen Botschaft des barmherzigen
Gottes an die nachdenkenden Menschen heißt es:
„Und denen, die die Götter meiden, um
ihnen nicht zu dienen, und sich Gott reumütig zuwenden, gilt
die frohe Botschaft.“
An die Konfrontation mit denjenigen, die
die Gläubigen wegen deren Glauben an Gott sowie an die
göttliche Offenbarung tadeln verweist folgender Vers:
„Diejenigen, die Allah verflucht hat
und denen Er zürnt und aus deren Reihen Er einige zu Affen und
Schweinen gemacht hat, und die den Götzen dienen, diese
befinden sich in einer schlimmeren Lage und sind vom rechten
Weg weiter abgeirrt.“
In diesen Versen wird Gehorsam dem Pharao
und den Häuptern seines Regimes gegenüber als “Ibadat“
gedeutet. Diese und die anderen Verse aus dem Qur´an zeigen,
dass das Wort “Ibadat“ gemäß seiner qur´anischen
Verwendung “Befolgung“ und “Hingabe“ bzw. den “absoluten
Gehorsam“ einer wirklichen oder imaginären Macht gegenüber
bedeutet, sei es freiwillig oder unfreiwillig aufgrund von
Zwang, sei es mit geistiger Lobpreisung oder ohne sie.
In jedem Fall ist jene Macht Gegenstand
der Anbetung, und jene, die dieser Macht folgen, sind ihre
Diener, Sklaven und Lobpreiser. Mit dieser Erklärung werden
die Wörter “Göttlichkeit/Gottheit“ und “Allah“, deren
Bedeutungen von “Vergötterung“ und “Gegenstand der Anbetung“
sich von den vorigen unterscheiden, richtig ausgelegt.
In einem ungerechten und primitiven
System, in dem die Menschen in die beiden Gruppen “Hochmütige“
und “Unterdrückte“ aufgeteilt sind, d.h. in eine machtgierige,
herrschende und ausbeuterische Schicht und in eine Schicht,
die nur Untertan, beraubt und voller Entbehrungen ist, ist
dieses ungerechte System selbst und die Art des Verhältnisses
zwischen diesen beiden Schichten das deutlichste Beispiel für
“Vergötterung“ und “Anbetung.“
Um die “Gegenstände der Anbetung“ und die
“Gottheiten“ der historischen Gesellschaften zu kennen,
braucht man nicht unbedingt einen Heiligen unter den Menschen,
ein Tier oder einen Gegenstand zu suchen. Die deutlichsten
Beispiele von “Gottheit“ bzw. “Götze“ in derlei Gesellschaften
sind diejenigen, die in ihrer Abhängigkeit die Klasse der
Hochmütigen stützen, während diese die unterdrückte Masse des
Volkes versklavt und sie auf dem Weg mitnimmt, der in Gier und
Welteroberung enden wird.
In solcherlei Gesellschaften ist der
Polytheismus in Wirklichkeit die Religion der Gemeinschaft,
weil die Anzahl aller Orientierungspunkte und Mächte, die über
die Menschen herrschen, sie unterjochen und blind auf ihrem
gewollten Weg vor sich her treiben, entspricht, derjenigen der
Götzen, Angebeteten und Götter. Und Vielgötterei bedeutet
nichts anderes, als dass man neben Gott einen anderen setzt
oder statt Gott einen anderen zum Gott macht, ihn anbetet und
lobpreist. Das heißt, man gibt den Leitfaden und die Last
seines Lebens in die Hand von jemandem, der nicht Gott ist,
überlässt sich jeder nichtgöttlichen Macht und stillt seine
Bedürfnisse bei ihnen, wobei man deren von ihnen gewollten Weg
mit einschlägt.
Und der Monotheismus ist genau gegen
diesen Polytheismus gerichtet. Er lehnt alle diese Götzen und
Vergötterten ab, überlässt sich ihnen nicht, leistet gegen
ihren Eroberungsdrang Widerstand, benötigt nichts von ihnen,
ist ausschließlich um ihre Ablehnung und Ächtung bedacht und
gibt sich vollkommen und von ganzem Herzen Gott hin.
Und das erste Leitmotiv aller Gesandten
Gottes war die Verneinung jener und die Bestätigung dieser:
„Und Wir haben aus der Mitte jeder
Gemeinschaft einen Gesandten erstehen lassen: ‚Dienet Allah
und meidet die Götzen.’“
„Und wir haben vor dir keinen
Gesandten gesandt, dem Wir nicht die Weisung eingegeben
hätten: ‚Es gibt keinen Gott außer Mir, so dient Mir.’“
Und so lehnten die Gottesgesandten mit
diesen Worten das dekadente und korrupte System der
unwissenden Barbaren ab und
riefen die Menschen auf, gegen diese
Götzen Widerstand zu leisten – also gegen die Garanten solcher
Ordnungen sowie gegen diejenigen, die sich edlen menschlichen
Werten widersetzten, um den Zustand der Tyrannei zu wahren,
und zwar mit den damit verbundenen häufig vorkommenden
wertlosen Privilegien, die eine Last für die Menschen
darstellten.
Die Verneinung der Vielgötterei bedeutet
in der Tat die Ablehnung aller gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und politischen Grundsätze, die zu den
Hauptgrundsätzen der Gesellschaft während der “Zeit der
Unwissenheit“ zu zählen waren und mit Hilfe der Vielgötterei
die ungleichgewichtige Situation der Gesellschaft gedeckt und
gerechtfertigt haben. Und die Ablehnung der Götzen und
Götzenbilder heißt in der Tat die Verbannung all derjenigen,
die rigoros die Menschen zu unterdrücken versuchen, ihnen
Belastungen auferlegen und sie betrügen oder ausbeuten, um
ihren enormen diesbezüglichen Trieb zu befriedigen.
Moses focht mit dem Leitmotiv und den
Worten über den “Herrn der Welten“ einen klaren Kampf gegen
den Pharao aus und wies ihn ab. Es ist auch richtig, dass die
Anhänger des Pharaos in der Liste der Sünde des Moses seine
Ablehnung der traditionellen Götter aufzählten und ihn “Gegner
der Götzen“ hießen:
„Die Vornehmen aus dem Volk Pharaos
sagten: ‚Willst du zulassen, dass Moses und sein Volk auf der
Erde Unheil stiften und dass er dich und deine Götter
verlässt?’“
Aber sowohl Pharao als auch seine
verbrecherischen Mitarbeiter wussten sehr genau, dass jene
Götter, d.h. die leblosen Götzen, zu nichts Weiterem nutze
sind, als die angebliche Göttlichkeit des Pharaos und seiner
Anhänger zu decken und zu rechtfertigen. Die leblosen Götzen
waren in Wirklichkeit ein Vorwand für die Göttlichkeit der
menschlichen Götzen. Deswegen war es vollkommen folgerichtig,
dass die Einladung zum alleinigen Gott, dem Gestalter des
Himmels und der Erde, dem Herrn von allem und dem Herrscher
des Ostens und des Westens seine Antwort war. Und so wurde
Moses Gefängnis und Tod angedroht und seinen Anhängern
strengste Folter:
„Er (Pharao) sagte: ‚Wenn du dir einen
anderen Gott als mich nimmst, werde ich dich sicher zu einem
der Gefangenen machen.’“
„Er (Pharao) sagte (zu seinen
Beratern, die ihn zur Härte und Grausamkeit gegen Moses und
die Söhne Israels ermutigten): Wir werden ihre Söhne allesamt
töten und ihre Frauen am Leben lassen. Wir sind ja Bezwinger
über sie.“
„Ich (Pharao) werde eure Hände und
eure Füße wechselseitig abhacken, und dann werde ich euch
allesamt kreuzigen lassen.“
Solche Grausamkeit und solche Härte Gott
gegenüber und gegenüber der Botschaft des Monotheismus
existieren nur deswegen, weil diese Botschaft bedeutet,
Fesseln zu sprengen: Gott anzunehmen, bedeutet, die
Anerkennung Seiner Herrschaft über das Leben, d.h. die
Ablehnung aller, die behaupten göttlich zu sein. Es bedeutet
aber auch den Aufruf, Ihn zu lobpreisen und jede weitere
Fessel zu zerreißen. Dies ist der Geist des Monotheismus und
damit seine durchschlagendste Dimension.