Geist des Tauhid

Der Geist des Monotheismus, die Ablehnung der Götzenanbetung

Imam Chamenei

Inhaltsverzeichnis

Aus der Sicht der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Generallinie

Der Monotheismus lehnt die Kompetenz jeglicher Planung bzw. eine unabhängige und eigenmächtige Leitung der Angelegenheiten der Welt durch irgendjemanden – selbstverständlich außer Gott – ab. Weil Er Schöpfer des Menschen, des Universums und außerdem Gestalter Seiner einheitlichen Ordnung ist und sich auch Seiner Möglichkeiten und Bedürfnisse bewusst ist, kennt Er zudem die Schätze und Talente bzw. die verborgenen physischen und psychischen Energien des Menschen wie auch die enorme Kostbarkeit und Genialität des Alls, aber auch das Maß für den Gebrauch und die Art des Aufeinandertreffens all dessen, sehr gut. So ist nur Er, der die Lebensweise des Menschen und den Plan der menschlichen Beziehungen entwerfen kann, so wie es der Generallinie Seiner Drehbewegung und Seiner Schöpfungsordnung entspricht, und der in der Lage ist, die gesetzmäßige Ordnung des menschlichen Lebens bzw. den gesellschaftlichen Plan auszugestalten.

Dieses Recht liegt bei Gott, und es ist das natürliche und logische Ergebnis Seiner Schöpfung und Seiner Herrschaft. Somit stellt jegliche Einmischung seitens Anderer hinsichtlich einer Bestimmung des Weges und einer praxisorientierten Generallinie für die Menschen eine Einmischung in das souveräne Handeln Gottes dar. Der damit verbundene Anspruch, wie Gott sein zu wollen, verursacht den Polytheismus, d.h. Götzenanbeterei.

„Aber nein, bei deinem Herrn! Sie glauben nicht eher, bis sie dich zum Schiedsrichter nehmen über das, was zwischen ihnen umstritten ist und danach wegen deiner Entscheidung keine Bedrängnis in ihrem Inneren spüren, sondern sich in völliger Ergebung fügen.“[1]

„Und weder für einen gläubigen Mann noch für eine gläubige Frau gibt es, wenn Allah und sein Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, die Möglichkeit, in ihrer Angelegenheit zu wählen. Und wer sich Allah und seinem Gesandten widersetzt, der befindet sich ja in offenkundigem Irrtum.“[2]

Das Recht der Bevormundung und Herrschaftsgewalt der Gesellschaft und die Leitung des menschlichen Lebens von jedem außer Gott wird hier verneint. Die Herrschaft des Menschen über den Menschen, wenn sie als ein von Gott unabhängiges Recht und ohne Verantwortung betrachtet wird, verursacht Unterdrückung, Empörung und Gewaltherrschaft. Lediglich wenn die Führung über gesellschaftliche Angelegenheiten einer Macht, einer Person oder einem Herrscherrat obliegt und mit entsprechenden Verantwortlichkeiten übereinstimmt, besteht die Möglichkeit, sie vor Irreführung, Rebellion und Machtmissbrauch zu bewahren. Dies geschieht der religiösen Ideologie zufolge durch die im Hintergrund wirkende Macht Gottes, die allumfassend ist, gemäß dem folgenden Vers:

„Es entgeht Ihm nicht das Gewicht eines Stäubchens, weder in den Himmeln noch auf der Erde.“[3]

Und die Eigenschaften Seiner Erhabenheit und die Androhung Seiner Strafe – wie Seine Attribute “der streng Strafende“ und “der mächtige Vergelter“ usw. zeigen – gibt Seinen Auserwählten bzw. Ernannten keine Gelegenheit irrezugehen.

„Und hätte er sich gegen Uns einige Äußerungen selbst in den Mund gelegt, wir hätten ihn gewiss an der Rechten gefasst und ihm dann die Herzader durchschnitten.“[4]

Es ist nicht so wie bei einem Volk oder einer Mehrheit, die man betrügen kann und die dann diesem Betrug aufsitzen. Es ist auch nicht wie eine Partei, die man als Druckmittel und zur Freiheitsberaubung gebrauchen kann, oder wie hochgestellte Persönlichkeiten, Anführer oder reiche Menschen, die man kaufen oder ihnen einen Teil der Macht anbieten kann.

Und so sieht man, wenn man genauer hinschaut, dass es für das menschliche Leben notwendig ist, alle Lebensordnungen an ein einziges Ziel heranzuführen und die Kontrolle der Angelegenheiten in die Hand einer herrschenden Macht zu legen – wie es so ist – und diese Hand ist nur die mächtige Hand des Schöpfers des Alls und des Menschen.

Demnach ist die Herrschaft und Leitung über die Menschen das einzigartige Recht Gottes, das die von Gott Ernannten umsetzen, d.h. diejenigen, die aufgrund bestimmter Maßstäbe und Normen nach göttlicher Ideologie vor allen Anderen ein besonderes Vorrecht haben, wodurch die göttliche Ordnung bewahrt und die göttlichen Regeln ausgeführt werden.

„Sprich: Sollte ich mir zum Freund einen anderen als Allah nehmen, den Schöpfer der Himmel und der Erde, der Speise gibt und dem niemand Speise geben kann? Sprich: Mir ist befohlen worden, der erste von denen zu sein, die gottergeben sind, und nicht zu den Götzendienern gehört!“[5]

„Euer Schutzfreund ist Allah, und sein Gesandter, und diejenigen, die glauben, die das Gebet verrichten und die Abgabe entrichten, während sie sich verneigen.“[6]

„Sprich: Ich nehme Zuflucht zum Herrn der Menschen, dem König der Menschen, dem Gott der Menschen.“[7]

Hier werden auch auf absolute Weise alle echten, ursprünglichen und daher edlen Besitztümer, Vorräte und alles, was sonst noch in der Welt existiert, Gott zugewiesen; niemand besitzt etwas eigenständig und unabhängig von Gott und kann es sein Eigen nennen. Alles, was der Mensch in Händen hält, ist geliehen, und zwar zur Verwendung im Hinblick auf seine Entwicklung und Transzendenz. Dies heißt also nicht, dass der Mensch Inhaber jener Besitztümer sein dürfte, um die Schätze der Welt, die das Ergebnis der Entwicklung tausender Phänomene und Elemente dieser Welt sind, zu zerstören, sie als nutzlos bzw. erfolglos zu betrachten oder sie auf eine Art und Weise, die für die Entwicklung des Menschen nicht geeignet ist, zu verwenden.

Was in der Hand des Menschen ist, kommt aus Gottes Gnade und ist Sein Geschenk, obwohl alles für den Menschen erschaffen worden ist. Daher müssen diese Schätze in einer Art und Weise verwendet werden, die Gott bestimmt und was ihrem natürlichen und richtigen Wesen entspricht, und zwar auf einem Weg, für den sie erschaffen worden sind. Die Verwendung von Gütern und deren Ertrag auf jegliche andere Weise führt von diesem naturgegebenen Weg in die Irre, und das ist schlichtweg zerstörerisch.

Die richtige und eigentliche Rolle des Menschen in diesem farbenfrohen Ankerplatz, der von Gott gegeben ist, ist in Wirklichkeit derart, dass er diese Geschenke Gottes korrekt verwenden und anwenden sowie dementsprechend entwickeln soll.

„Sprich: Wem gehört die Erde, und wer darauf ist, so ihr es wisst? Sie werden sagen: Allah. Sprich: Wollt ihr es nicht bedenken?“[8]

„Er ist es, der für euch alles, was auf der Erde ist, erschuf.“[9]

„… dienet Allah. Ihr habt keinen Gott außer Ihm. Er hat euch aus der Erde entstehen lassen und sie euch zu bebauen und zu bestellen gegeben.“[10]

„Und diejenigen, die den Bund Allahs, nachdem er geschlossen worden ist, brechen, und das zerschneiden, was Allah befohlen hat zu verbinden, und auf der Erde Unheil stiften, die werden den Fluch Allahs erhalten ...“[11]

Der Monotheismus erkennt die Menschen im Zusammenhang mit der Gnade Gottes auf der Welt als einander gleichberechtigt an. Die Möglichkeiten und Gegebenheiten stehen allen gleichermaßen zur Verfügung und gehören allen, so dass jeder Einzelne von dieser umfassenden Möglichkeit, gemäß seinen Bedürfnissen sowie seinem Bestreben und Tun, Gebrauch machen kann. In diesen unendlichen Dimensionen des Alls gibt es keinen Bereich, der allein für Menschen, die meinen privilegiert zu sein, reserviert wäre. Alle Menschen dürfen gleichermaßen ihren Ehrgeiz und ihren Willen zum Erlangen der verschiedenen Schätze dieser Welt erproben. Diese Möglichkeit ist weder einer hervorgehobenen Nation vorbehalten noch kennt sie eine geografische, historische oder ideologische Beschränkung.

„Er ist es, der für euch alles, was auf der Erde ist, erschuf.“[12]

Ferner weisen die folgenden Verse oder Worte aus dem Heiligen Qur´an auf folgenden Grundsatz hin:

„Und das Vieh hat Er euch erschaffen…“[13]

„Und ihr habt an ihnen Schönes…“ [14]

„Und sie (das Vieh) tragen eure Lasten…“[15]

„Er ist es, der von dem Himmel Wasser herabkommen lässt für euch…“[16]

„Er lässt euch damit Getreide wachsen…“[17]

„Und was Er euch auf der Erde geschaffen hat ...“[18]

„Damit ihr auf ihnen (den Tieren) reitet.“[19]

„Damit ihr (frisches Fleisch) davon esst.“[20]

Weitere Beispiele finden wir in den zusammengefügten Versen der 16. Sure (an-Nahl), die alle Menschen ansprechen und nicht nur eine herausgehobene Nation oder Menschengruppe, wie folgt:

„Und hätte Er gewollt, hätte Er euch fürwahr allesamt rechtgeleitet.“[21]

„Euer Gott ist ein Einziger Gott.“[22]

Was hier gesagt wurde, betrifft nur einen Teil des reichhaltigen, tiefen und vielfältigen Inhalt des Monotheismus. Aufgrund dieser kurzen Hinweise kann man aber deutlich verstehen, dass der Monotheismus keine rein philosophische, subjektive und unpraktikable Theorie ist, die weder mit der dynamischen Wirklichkeit des Lebens noch mit der Zusammensetzung menschlicher Gruppenzugehörigkeiten zu tun hätte, gegenüber den Zielsetzungen des Menschen und seinem richtigen Bemühen und Tun nicht adäquat reagierte und sich auch nicht darum kümmerte, sondern nur sich selbst genügte, um irgendeinen Glauben von Menschen durch einen anderen zu ersetzen.

Einerseits ist der Monotheismus, ganz im Gegenteil, eine Weltanschauung mit einer besonderen Interpretation der Welt und des Menschen bzw. der Stellung, die der Mensch im Zusammenhang mit den anderen Phänomenen in der Welt einnimmt. Es handelt sich hier um den Stand des Menschen innerhalb der Geschichte. Dabei geht es um die Möglichkeiten, Begabungen, Bedürfnisse und Anliegen, die im Menschen verankert sind, und schließlich um die Richtung und den Weg zu seiner Erhöhung und Transzendenz.

Andererseits ist der Monotheismus eine gesellschaftliche Weltanschauung, ein Entwurf und die Formgestaltung einer für den Menschen günstigen Umgebung, in der er sich leicht und schnell entwickeln und den Adel des Geistes mit seiner besonderen Würde erlangen kann. Er ist eine Anregung für eine besondere Form und einen speziellen Rahmen für die Gesellschaft, in denen die Hauptlinien und Hauptgrundsätze bestimmt sind.

Und deshalb ist es so, dass der Monotheismus, wenn er in ungebildeten und irrgläubigen Gesellschaften – d.h. Gesellschaften, die aufgrund von Trivialität und Unwissenheit von der Wertigkeit des Menschen bzw. in Unterdrückung der richtigen menschlichen Werte existieren – wahrgenommen wird, eine Verwandlung darin verursacht. Es ist wie eine Auferstehung schlafender Herzen und kranker Seelen, aber auch wie ein Orkan im stillen Sumpf der Gesellschaft, ein Angebot bzw. Entwurf für solch eine chaotische und sich schlecht darbietende Gesellschaft. Es ist eine Änderung und ein Wechsel seelischer Prinzipien bzw. ökonomischer und gesellschaftlicher Grundsätze. Und in moralischen und humanistischen Werten zusammengefasst, ist es ein Protest gegen die existierende Situation bzw. gegen die Mächte, die diese negativ zu betrachtende Gesellschaftsform bewahren, oder auch ein Protest gegen die dort herrschende Atmosphäre, die einer derartigen Entwicklung weiterhin Nahrung gibt.

Ferner ist der Monotheismus mehr als eine neue Antwort auf rein theoretische Fragen oder an Angelegenheiten, die in ihrer Praktikabilität eingegrenzt sind. In seiner Art ist dies ein neuer Weg dem Menschen gegenüber, der zwar auf subjektive und theoretische Analysen fußt, jedoch als Ziel einen anderen Inhalt hat, um ihn zu praktizieren bzw. damit zu leben.

Mit solch einer Auslegung gehen wir davon aus, dass der Monotheismus sowohl die Wurzel und Grundlage der Religion als auch ein Grundstein ist, auf dem alle Grundsätze der Religion gegründet worden sind. Das ist keine reine Theorie, die sich lediglich als eine Interpretation des Überirdischen versteht und sich höchstens auf eine moralische und mystische Doktrin bezieht, sondern dieser Gedankengang ist mehr als ein zarter Gegenstand, so dass er auf den gigantischen Leib der zu neuem Leben erwachten islamischen Ideologie als gesellschaftliche Wegrichtung übertragen werden kann.

Selbstverständlich hat es immer Menschen gegeben, die trotz ihres Glaubens an Gott und an die Einheit Gottes (Monotheismus) die objektiven und praktischen wie auch insbesondere die gesellschaftlichen Aspekte dieses Glaubens vernachlässigt oder auch absichtlich ignoriert haben. Diese Gutgläubigen haben zu jeder Zeit und in jeder Lage jedoch eher wie Ungläubige im Sinne des Monotheismus gelebt. Das bedeutet, dass dieser Glaube niemals in ihnen das Gefühl der Unstimmigkeit mit dem nichtmonotheistischen Zustand und dem damit verbundenen Umfeld hervorgerufen und ihnen so die vergiftete, trübe und schwere Luft des Polytheismus unerträglich gemacht hat.

In der Zeit des islamischen Aufstiegs in Mekka, dem Zentrum der Götzendienerschaft und der damaligen Metropole bekannter Gottheiten der Araber, hatte die abrahamitische[23] Hanifreligion[24] zwar noch einige Anhänger, aber der Monotheismus hatte außer in ihrem Gedächtnis, ihrem Herzen und höchstens noch als Auswirkung auf ihren persönlichen Charakter und einem gewissen persönlichen Pragmatismus keine weitere Bedeutung. Deshalb hatte ihr Dasein auf die Vorstellungen bzw. das gesellschaftliche Umfeld jener Zeit keinen Einfluss, und sie wurden in der damaligen Unwissenheit[25] nicht wahrgenommen, so dass jene bedauerliche Lebensweise durch sie nicht verändert wurde. So versammelten sich alle Menschen um einen Wasserbehälter, und diese so genannten Monotheisten trieben ihr Vieh sorglos zusammen mit jenen anderen auf eine Weide und verbrachten ihr schändliches Leben so wie alle anderen, nämlich auf deren Art und Weise sowie mit deren Bräuchen. Eine solche Art der Interpretation wie auch eine rein persönliche Auslegung des Monotheismus machen ihn gleichsam unwirksam und spielen von daher keine aktive Rolle im allgemeinen Leben, vor allem im sozialen Leben.

Unter solchen Umständen erschien der islamische Monotheismus in der Öffentlichkeit, und zwar als eine Vorstellung, die sich als eine spezielle Lebensordnung bzw. als Entwurf für die Weiterformung der Gesellschaft von Beginn an in ihrem Wesen als ein revolutionäres Angebot an alle Menschen, vom Zustimmenden bis zum Leugner, erwiesen hat. Alle verstanden, dass diese Botschaft eine neue gesellschaftliche, ökonomische und politische Ordnung beinhaltete und mit dem, was damals in der Welt geschah, in keinster Weise übereinstimmte. Sie lehnte schlichtweg die damals existierenden Zustände ab und war ein Angebot, diese zu ändern.

Die Befürworter nahmen genau deswegen dieses neue Angebot voller Leidenschaft an, und aus demselben Grund handelten die Gegner so aufgeregt und grausam gegen den Monotheismus, so dass sie von Tag zu Tag mit zunehmender Härte gegen die Gläubigen vorgingen. Diese historische Wahrheit kann als Kriterium dafür dienen, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Monotheismus in allen Epochen der Geschichte zu messen.

Überall dort, wo diese monotheistische Vorstellung bei Menschen existiert, die sich in einer ähnlichen Situation wie die Monotheisten in Mekka vor dem Islam befinden, kann ein Beobachter den Eindruck erhalten, dass sie nicht monotheistisch leben. Ein Monotheismus als eine Art allgemeiner Friedenszustand, der sich mit allen Abgöttern (Götzen) und konkurrierenden Gottheiten einverstanden erklären würde, wäre ein Monotheismus, der sich nur als eine bereits akzeptierte Hypothese dem Gehirn anböte und damit nicht mehr als ein bloßer Ersatzmonotheismus zu den Propheten wäre, das heißt, dass die Dynamik, die den Monotheismus der Propheten auszeichnet, bei derlei Monotheismen nicht vorhanden wäre. Bei solch einer Betrachtungsweise des Themas kann man das Geheimnis der Auswirkung, Entwicklung und Transzendenz des frühen Islams richtig erkennen, aber auch die Gründe des Rückzugs, des Verfalls und der Passivität des Islams in den Epochen nach seinem Aufstieg entdecken.

Der Islam des Propheten zeigte den Monotheismus als Weg für die Menschen, während der Islam der späteren Epochen lediglich als eine Theorie in Diskussionskreisen betrachtet wurde. Dort ging es um eine neue Weltsicht und eine neue Theorie für die Bewegungen und Bestrebungen im Leben, und hier geht es um theologisch scholastische Feinheiten im Monotheismus, und zwar gleichsam als Zeitvertreib. Dort war der Monotheismus das Skelett der existierenden Ordnung und wurde als Achse aller gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen betrachtet; hier hingegen war es nur die vorhandene Ordnung und als Schwerpunkt ein schönes und kunstvolles Gemälde, das wie ein Prunkstück in einen Saal gehängt worden war. Was kann man also von einer Beigabe zu rein zeremoniellem Zweck erwarten?

Wie bereits erwähnt, macht diese Tatsache deutlich, dass der Monotheismus in praktischer Hinsicht ein Modell für die Gesellschaft sowie eine Methode zu leben darstellt, was man insgesamt als klare Ordnung, die aus islamischer Sicht dem Leben gemäß ist und in deren Schatten Wachstum und Entwicklung des menschlichen Wesens gedeihen, kennen sollte. In der Theorie ist der Monotheismus eine Anschauung, die die philosophische Grundlage für solch eine Ordnung bildet und entsprechende Argumente liefert.

Mit dieser Einleitung können wir jetzt wieder zum Anfang des Artikels zurückkehren und auf das Thema aus einem anderen, speziellen Winkel darauf eingehen, was geäußert wurde.

Wir sagten bereits, dass die ersten Feindseligkeiten mit der Losung des Monotheismus, der Einheit Gottes, durch die Machthaber, Befehlshaber und Führer der Gesellschaft begonnen wurden. Dies zeigt, dass diese Parole eher und vor allem gegen die herrschenden Sippen und die Mächtigen der Gesellschaft, die aus qur´anischer Sicht als Klasse der Hochmütigen galt, gerichtet war. Und wie ebenfalls schon erwähnt, haben die Angebote des Monotheismus aller Epochen, als sie die gesellschaftliche Szene betraten, ihren Standpunkt den Herrschenden und Hochmütigen gegenüber klar gemacht und wurden deshalb mit zwei gegensätzlichen Reaktionen seitens zweier konträrer Flügel der Gesellschaft konfrontiert: mit Antipathie, Leugnen und Feindseligkeit seitens der Hochmütigen und mit Zuneigung, Akzeptanz und Unterstützung seitens der Unterdrückten und Schwachgehaltenen.

Und schließlich haben wir erwähnt, dass diese beiden Reaktionen in der Tat Zeichen und Wesen des edlen und wahren Monotheismus sind, und zwar zu allen Zeiten der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Wann immer der Monotheismus mit seinem edlen Inhalt und in der richtigen Form wahrgenommen wird, bringt er in aller Unbedingtheit seine Standpunkte wie auch die Reaktionen des Für und Wider mit sich.

Jetzt muss man die Formen und verschiedenen Dimensionen des Monotheismus betrachten, welche direkt mit den Interessen – besser: direkt mit dem Existenzprinzip – der Klasse der Hochmütigen kollidiert. Mit anderen Worten: Welche Aspekte des Monotheismus oder welches seiner Angebote an die Gesellschaft sind es, welche die Privilegien der Klasse der Hochmütigen bedrohen, so dass sie ihn so entschieden und ohne Unterlass bekämpft?

Das Gesicht des Hochmütigen im Qur´an zu verstehen, kann sehr hilfreich sein, um das Thema besser zu verstehen. Den Hochmütigen erkennen wir der Skizzierung des Qur´ans zufolge – in mehr als 40 Beispielen – von seinen Charaktereigenschaften und seiner gesellschaftlichen Stellung her, aber auch in seinem Ehrgeiz und seiner Goldgier, und zwar mit folgenden Eigenschaften: Er lehnt Gott unter dem Verständnis des „Es gibt keine Gottheit außer Gott“ ab und lehnt auch Seine Autorität der Herrschaft sowie die Tatsache, dass alles im Universum Existierende das absolute und ausschließliche Eigentum Gottes ist, ab, und zwar überdies in Form einer subjektiven und formellen Wahrheit. Somit lehnt er auch Gottes Souveränität, sogar in beschränkter Form, ab.

„Denn sie pflegten sich hochmütig zu verhalten, wenn zu ihnen gesagt wurde: Es gibt keinen Gott außer Allah.“[26]

Sie schätzen sich besser und ehrwürdiger als andere Geschöpfe, und zwar ohne Kriterien und Eigenschaften der Tugend zu besitzen, und in diesem Zusammenhang stützen sie sich auf solch törichte Kriterien wie Macht und Reichtum.

„Denn sie verhielten sich hochmütig auf der Erde ohne Recht und sagten: Wer hat eine stärkere Kraft als wir?“[27]

Und dieser falschen Vorstellung gemäß lehnen sie Gottes Zeichen, die Botschafter einer neuen Ordnung sind und die wahren Kriterien bestimmen, ab.

„Und wenn ihm Unsere Zeichen verlesen werden, kehrt er sich

hochmütig ab, als ob er sie nicht gehört hätte, als ob in seinen Ohren Schwerhörigkeit wäre. So verkünde ihm schmerzhafte Strafe.“[28]

In der Begegnung mit dem alles verändernden und Freiheit schenkenden Angebot des Propheten nehmen sie eine verleugnende und verneinende Haltung an und sind ihm gegenüber feindselig gestimmt, und zwar unter dem Vorwand: „Wenn es um eine richtige Botschaft ginge, würden wir sie früher als er verstehen, und Gott müsste mit uns direkt sprechen.“

„Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen denjenigen, die glauben: Wenn er (Qur´an) etwas Gutes wäre, wären sie uns damit nicht zuvorgekommen.“[29]

„Und wenn ein Zeichen zu ihnen kommt, sagen sie: Wir werden nicht glauben, bevor uns nicht gegeben wird, was den Gesandten Gottes gegeben wurde.“[30]

Sie, die Feinde, nennen den Gründer und Führer des Angebotes des Monotheismus denjenigen, dessen Motive Ehrgeiz und Eigennutz sei. Damit geben sie sich als Stütze der alten und verfaulten Traditionen zu erkennen, die alle zusammen Zierrat der herrschenden Ordnung sind und mindern die Einflussnahme des Angebotes des Monotheismus unter den Menschen.

„Sie sagten: ‚Bist du zu uns gekommen, um uns von dem abzubringen, was wir bei unseren Vätern vorgefunden haben, und damit die Oberhoheit auf der Erde euch zufalle? Wir werden euch gewiss nicht glauben.’“[31]

Durch Gewalt und Betrug und durch verschiedene Methoden der Bürde und Verdummung ziehen sie die Menschen auf ihren eigenen Weg, dem Weg der Sklaverei, der Ausbeutung und des

bedingungslosen Gehorsams; darüber hinaus zwingen sie sie, gegen jedes rettende Angebot Widerstand zu leisten und es zu bekämpfen.

„Und sie sagen: Unser Herr, gewiss, wir haben unseren Herrschern und unseren Großen gehorcht, und da haben sie uns vom Weg abirren lassen.“[32]

„Dann sagen die Schwachen zu denjenigen, die sich hochmütig

verhalten haben: Wir waren doch eure Gefolgsleute; könnt ihr uns nun einen Teil des Höllenfeuers abnehmen?“[33]

„Die führende Schar aus dem Volk Pharaos sagte: Dieser (Moses) ist fürwahr ein kenntnisreicher Zauberer, der euch aus eurem Land vertreiben will. Was befehlt ihr nun?“[34]

Und schließlich griffen die Feinde des Propheten Mohammad ihn und seine Anhänger, die gegen die herrschende autoritäre Ordnung aufstanden und bestrebt waren, sie zu verändern, mit aller Kraft an und weigerten sich auch nicht, ihre hässlichsten Grausamkeiten und Gräueltaten in diesem Zusammenhang zu beweisen.

„Dem Tod geweiht seien die Leute des Grabens, des Feuers mit seinem Brennstoff, wenn sie daran sitzen, und bezeugen, was sie den Gläubigen angetan haben.“[35]

„Und Pharao sagte: Lasst mich Moses töten; soll er doch seinen Herrn anrufen! Ich fürchte, dass er sonst eure Religion abändern oder Unheil im Land hervorrufen wird.“[36]

Diese Zitate aus einigen Versen des Qur´ans zeigen nur einen kleinen Teil der Eigenschaften und der Charaktere der Hochmütigen.

Manchmal geht der Qur´an allerdings weiter, als nur die Porträts der Hochmütigen vorzustellen, und stellt die Klasse der Hochmütigen in einen Rahmen bestimmter Typen oder gibt ihnen die Gestalt einiger bekannter Personen, wobei jede einzelne von ihnen eine bestimmte Charaktereigenschaft symbolisiert.

„Hierauf schickten Wir nach ihnen Moses und Aaron mit unseren Zeichen zu Pharao und seiner führenden Schar, aber sie verhielten sich hochmütig.“[37]

„Und Qarun (Korah) und Pharao und Haman. Moses kam ja zu ihnen mit den klaren Beweisen. Aber sie verhielten sich hochmütig auf der Erde; doch konnten sie uns nicht zuvorkommen.“[38]

Wir kennen bereits Pharao. Haman ist sowohl sein oberster Wesir als auch die oberste Person innerhalb des politischen Systems des damaligen Ägyptens nach dem Pharao. Die Vorsitzenden und hochgestellten Persönlichkeiten dieses Systems waren für die Ausrichtung der pharaonischen Ordnung verantwortlich und wegweisend bzw. waren seine Gehilfen – siehe Heiliger Qur´an 7:127[39] und noch mehrere anderen Verse. Und schließlich gab es Qarun (Korah), der gold- bzw. geldgierig war und ein großes Vermögen besaß, und dessen Schlüssel zu seinen Schätzen von Gold und Silber so zahlreich waren, dass sie kräftige Männer nur mit großer Mühe tragen konnten.

Im Licht der Skizzierung zahlreicher Verse des Qur´ans können wir einen Hochmütigen so erkennen: Während der Herrschaft der vorislamischen Gesellschaft, die ohne jeden Verdienst die politische bzw. wirtschaftliche Macht innehatte und diese Ausbeutungsmöglichkeit und Tyrannei bewahren wollte, besetzte der Hochmütige die Kultur und den Glauben der Menschen und brachte die Menschen auf verschiedene Art und Weise dazu, ihm gegenüber gehorsam und mit dem existierenden Zustand zufrieden zu sein. Um diese Vorteile nun zu bewahren, bekämpfte er erbittert jedes wegweisende und erklärende Angebot, insbesondere dann, wenn es Züge der Revolution und der Veränderung aufwies, was ihn zum Kampf auf Leben und Tod führen würde.

Jetzt kehren wir wieder zum Hauptthema zurück: Wie stellten sich die Propheten den Monotheismus vor? Die Art und Weise, wie die Propheten diesen Begriff als Grundlage ihres Denkens, wahrgenommen haben, zeigt in einfacher Form, welcher Aspekt des Monotheismus aus Sicht der Hochmütigen unerträglich ist und warum diese Leute den Monotheismus, wenn sie auf ihn treffen, nicht tolerieren können.

Wir wissen, dass der Begriff des Monotheismus der Kern der Angebote aller Propheten gewesen war. Die Aussage des Propheten des Islam

„Sprich: Es gibt keinen Gott außer Allah, um erlöst zu werden“[40],

ist bekannt und unbestritten. Und der Satz:

„O mein Volk, dienet Gott. Ihr habt keinen Gott außer Ihm“[41]

seitens großer Propheten wie: Noah, Hud, Salih, Schuaib und anderer als Leitmotto der Angebote dieser Propheten wird in einigen Versen des Qur´an wiederholt.

Wie wir feststellen, wurde beim Gebrauch dieses Begriffes mehr als sonst die Ablehnung der Anbetung anderer Gottheiten betont. Und aus diesem Blickwinkel des Monotheismus ist die grundsätzliche Ablehnung der Vergötterung aller anderen Gottheiten außer Gott zu betrachten.

Jeder Prophet mahnt mit derlei Worten die unwissenden und leichtgläubigen Menschen, die im Sumpf einer Ordnung der Unbildung und Aufsässigkeit wühlen und warnt sie vor der Anbetung jeglicher Macht außer Gott. Und in der Tat beginnt die Einladung zu seinem Angebot mit der Ausrufung des Kampfes gegen diejenigen, die sich vergöttern und anbeten lassen.

Wer sind diejenigen in der Gesellschaft, die sich als Gott darstellen? Was bedeutet Kampf gegen die Gottheiten? Und was bedeutet der Vorschlag einer diesbezüglichen Mobilmachung? Und was für eine Gesellschaftsordnung wird von den Propheten verheißen?

Normalerweise stellt man sich mit dem Begriff “Vergötterung“ jemanden vor, der sich als Gott darstellt und sich als die Verifikation jener herrschenden Macht definiert, nämlich jene Macht (Gott), an die man im Laufe der Geschichte irgendwie geglaubt und von ihr irgendeine Vorstellung gehabt hat. Aber das ist eine vereinfachende Auffassung von diesem Lehrsatz.

Sicherlich ist die Existenz wahnsinniger Verbrecher, die aufgrund ihrer politischen und sozialen Macht den noch ungebildeteren Menschen weisgemacht haben, dass sie selbst Gott oder zumindest ein Teil des göttlichen Geistes seien, nicht zu leugnen. Aber, wenn man die weitergehende Begrifflichkeit der Wörter “Gottesdienst“, “Gottesherrschaft“ und “Göttlichkeit“ im Qur´an betrachtet, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Kreis derer, die Verständnis gegenüber denjenigen hatten, die Göttlichkeit für sich beanspruchen, viel größer gewesen sein muss.

Wie aus dem Gebrauch des Wortes “Ibadat“[42] (Gottesdienst) im Qur´an hervorgeht, bedeutet es “Hingabe“ und “vorbehaltloser Gehorsam“ einem anderen, z.B. einem Menschen oder irgendetwas anderem, gegenüber. Wenn wir uns jemandem bedingungslos hingeben und uns seinem Wunsch, seinem Befehl und seinem Willen gemäß bewegen und uns ihm gegenüber aufgeben, haben wir ihn angebetet und vergöttert. Und umgekehrt: Jeder Aspekt und jede Kraft – sowohl im Inneren unserer Existenz und unseres Charakters als auch aufgrund diverser äußerer Ursachen – die uns zahm und gefügig gemacht, die unsere Körper und Seelen dem Zugriff seiner Macht überantwortet und unsere Energie in die Richtung, die er will, gelenkt haben, haben uns in seinen Sklaven verwandelt.

Die folgenden Verse zeigen einige Beispiele in diesem Zusammenhang. In der zornigen Ansprache des Moses an den Pharao zu Beginn der Einladung zu seinem Angebot heißt es:

Ist es denn eine Gnade, die nun du mir erweisest, dass du die Kinder Israels zu Sklaven gemacht hast?[43]

Und der Pharao und die Oberhäupter seines Regimes sagten zueinander:

„Sie sprachen: Sollen wir den beiden menschlichen Wesen, die unseresgleichen sind, glauben, wo doch ihr Volk in unserem Dienst steht?“[44]

 Abraham sprach zu seinem Ziehvater:

„O mein Vater, diene nicht, dem Satan. Der Satan ist gegen den Erbarmer widerspenstig.“[45]

Und in der allgemeinen Ansprache Gottes an die Menschen heißt es:

„Habe Ich euch, o ihr Kinder Adams, nicht auferlegt, ihr sollt nicht dem Satan dienen - er ist euch ja ein offenkundiger Feind.“[46]

In der frohen Botschaft des barmherzigen Gottes an die nachdenkenden Menschen heißt es:

Und denen, die die Götter meiden, um ihnen nicht zu dienen, und sich Gott reumütig zuwenden, gilt die frohe Botschaft.[47]

An die Konfrontation mit denjenigen, die die Gläubigen wegen deren Glauben an Gott sowie an die göttliche Offenbarung tadeln verweist folgender Vers:

„Diejenigen, die Allah verflucht hat und denen Er zürnt und aus deren Reihen Er einige zu Affen und Schweinen gemacht hat, und die den Götzen dienen, diese befinden sich in einer schlimmeren Lage und sind vom rechten Weg weiter abgeirrt.“[48]

In diesen Versen wird Gehorsam dem Pharao und den Häuptern seines Regimes gegenüber als “Ibadat“ gedeutet. Diese und die anderen Verse aus dem Qur´an zeigen, dass das Wort “Ibadat“ gemäß seiner qur´anischen Verwendung “Befolgung“ und “Hingabe“ bzw. den “absoluten Gehorsam“ einer wirklichen oder imaginären Macht gegenüber bedeutet, sei es freiwillig oder unfreiwillig aufgrund von Zwang, sei es mit geistiger Lobpreisung oder ohne sie.

In jedem Fall ist jene Macht Gegenstand der Anbetung, und jene, die dieser Macht folgen, sind ihre Diener, Sklaven und Lobpreiser. Mit dieser Erklärung werden die Wörter “Göttlichkeit/Gottheit“ und “Allah“, deren Bedeutungen von “Vergötterung“ und “Gegenstand der Anbetung“ sich von den vorigen unterscheiden, richtig ausgelegt.

In einem ungerechten und primitiven System, in dem die Menschen in die beiden Gruppen “Hochmütige“ und “Unterdrückte“ aufgeteilt sind, d.h. in eine machtgierige, herrschende und ausbeuterische Schicht und in eine Schicht, die nur Untertan, beraubt und voller Entbehrungen ist, ist dieses ungerechte System selbst und die Art des Verhältnisses zwischen diesen beiden Schichten das deutlichste Beispiel für “Vergötterung“ und “Anbetung.“

Um die “Gegenstände der Anbetung“ und die “Gottheiten“ der historischen Gesellschaften zu kennen, braucht man nicht unbedingt einen Heiligen unter den Menschen, ein Tier oder einen Gegenstand zu suchen. Die deutlichsten Beispiele von “Gottheit“ bzw. “Götze“ in derlei Gesellschaften sind diejenigen, die in ihrer Abhängigkeit die Klasse der Hochmütigen stützen, während diese die unterdrückte Masse des Volkes versklavt und sie auf dem Weg mitnimmt, der in Gier und Welteroberung enden wird.

In solcherlei Gesellschaften ist der Polytheismus in Wirklichkeit die Religion der Gemeinschaft, weil die Anzahl aller Orientierungspunkte und Mächte, die über die Menschen herrschen, sie unterjochen und blind auf ihrem gewollten Weg vor sich her treiben, entspricht, derjenigen der Götzen, Angebeteten und Götter. Und Vielgötterei bedeutet nichts anderes, als dass man neben Gott einen anderen setzt oder statt Gott einen anderen zum Gott macht, ihn anbetet und lobpreist. Das heißt, man gibt den Leitfaden und die Last seines Lebens in die Hand von jemandem, der nicht Gott ist, überlässt sich jeder nichtgöttlichen Macht und stillt seine Bedürfnisse bei ihnen, wobei man deren von ihnen gewollten Weg mit einschlägt.

Und der Monotheismus ist genau gegen diesen Polytheismus gerichtet. Er lehnt alle diese Götzen und Vergötterten ab, überlässt sich ihnen nicht, leistet gegen ihren Eroberungsdrang Widerstand, benötigt nichts von ihnen, ist ausschließlich um ihre Ablehnung und Ächtung bedacht und gibt sich vollkommen und von ganzem Herzen Gott hin.

Und das erste Leitmotiv aller Gesandten Gottes war die Verneinung jener und die Bestätigung dieser:

„Und Wir haben aus der Mitte jeder Gemeinschaft einen Gesandten erstehen lassen: ‚Dienet Allah und meidet die Götzen.’“[49]

„Und wir haben vor dir keinen Gesandten gesandt, dem Wir nicht die Weisung eingegeben hätten: ‚Es gibt keinen Gott außer Mir, so dient Mir.’“[50]

Und so lehnten die Gottesgesandten mit diesen Worten das dekadente und korrupte System der unwissenden Barbaren ab und

riefen die Menschen auf, gegen diese Götzen Widerstand zu leisten – also gegen die Garanten solcher Ordnungen sowie gegen diejenigen, die sich edlen menschlichen Werten widersetzten, um den Zustand der Tyrannei zu wahren, und zwar mit den damit verbundenen häufig vorkommenden wertlosen Privilegien, die eine Last für die Menschen darstellten.

Die Verneinung der Vielgötterei bedeutet in der Tat die Ablehnung aller gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Grundsätze, die zu den Hauptgrundsätzen der Gesellschaft während der “Zeit der Unwissenheit“ zu zählen waren und mit Hilfe der Vielgötterei die ungleichgewichtige Situation der Gesellschaft gedeckt und gerechtfertigt haben. Und die Ablehnung der Götzen und Götzenbilder heißt in der Tat die Verbannung all derjenigen, die rigoros die Menschen zu unterdrücken versuchen, ihnen Belastungen auferlegen und sie betrügen oder ausbeuten, um ihren enormen diesbezüglichen Trieb zu befriedigen.

Moses focht mit dem Leitmotiv und den Worten über den “Herrn der Welten“ einen klaren Kampf gegen den Pharao aus und wies ihn ab. Es ist auch richtig, dass die Anhänger des Pharaos in der Liste der Sünde des Moses seine Ablehnung der traditionellen Götter aufzählten und ihn “Gegner der Götzen“ hießen:

„Die Vornehmen aus dem Volk Pharaos sagten: ‚Willst du zulassen, dass Moses und sein Volk auf der Erde Unheil stiften und dass er dich und deine Götter verlässt?’“[51]

Aber sowohl Pharao als auch seine verbrecherischen Mitarbeiter wussten sehr genau, dass jene Götter, d.h. die leblosen Götzen, zu nichts Weiterem nutze sind, als die angebliche Göttlichkeit des Pharaos und seiner Anhänger zu decken und zu rechtfertigen. Die leblosen Götzen waren in Wirklichkeit ein Vorwand für die Göttlichkeit der menschlichen Götzen. Deswegen war es vollkommen folgerichtig, dass die Einladung zum alleinigen Gott, dem Gestalter des Himmels und der Erde, dem Herrn von allem und dem Herrscher des Ostens und des Westens seine Antwort war. Und so wurde Moses Gefängnis und Tod angedroht und seinen Anhängern strengste Folter:

„Er (Pharao) sagte: ‚Wenn du dir einen anderen Gott als mich nimmst, werde ich dich sicher zu einem der Gefangenen machen.’“[52]

„Er (Pharao) sagte (zu seinen Beratern, die ihn zur Härte und Grausamkeit gegen Moses und die Söhne Israels ermutigten): Wir werden ihre Söhne allesamt töten und ihre Frauen am Leben lassen. Wir sind ja Bezwinger über sie.“[53]

„Ich (Pharao) werde eure Hände und eure Füße wechselseitig abhacken, und dann werde ich euch allesamt kreuzigen lassen.“[54]

Solche Grausamkeit und solche Härte Gott gegenüber und gegenüber der Botschaft des Monotheismus existieren nur deswegen, weil diese Botschaft bedeutet, Fesseln zu sprengen: Gott anzunehmen, bedeutet, die Anerkennung Seiner Herrschaft über das Leben, d.h. die Ablehnung aller, die behaupten göttlich zu sein. Es bedeutet aber auch den Aufruf, Ihn zu lobpreisen und jede weitere Fessel zu zerreißen. Dies ist der Geist des Monotheismus und damit seine durchschlagendste Dimension.

[1] Heiliger Qur´an 4:65

[2] Heiliger Qur´an 33:36

[3] Heiliger Qur´an 34:3

[4] Heiliger Qur´an 69:44-46

[5] Heiliger Qur´an 6:14

[6] Heiliger Qur´an 5:55, ein Vers, der mit Bezug auf Imam Ali (a.) offenbart wurde (Anm. d. Übers.)

[7] Heiliger Qur´an 114:1-3

[8] Heiliger Qur´an 23:84-85

[9] Heiliger Qur´an 2:29

[10] Heiliger Qur´an 11:61

[11] Heiliger Qur´an 13:25

[12] Heiliger Qur´an 2:29

[13] Heiliger Qur´an 16:5

[14] Heiliger Qur´an 16:6

[15] Heiliger Qur´an 16:7

[16] Heiliger Qur´an 16:10

[17] Heiliger Qur´an 16:11

[18] Heiliger Qur´an 16:13

[19] Heiliger Qur´an 16:8

[20] Heiliger Qur´an 16:14

[21] Heiliger Qur´an 16:9

[22] Heiliger Qur´an 16:22

[23] Die drei großen Religionen Judentum, Christentum und Islam, die sich auf Abraham (a.) als Propheten berufen. (Anm. d. Übers.)

[24] Hanif () ist der Name der Religion des Propheten Abraham, der “rein“ bzw. “pur“ bedeutet. (Anm. d. Übers.)

[25] Die vorislamische Zeit in Mekka gilt als “Zeit der Unwissenheit“ (arab. dschahiliya). (Anm. d. Übers.)

[26] Heiliger Qur´an 37:35

[27] Heiliger Qur´an 37:35

[28] Heiliger Qur´an 31:7

[29] Heiliger Qur´an 46:11

[30] Heiliger Qur´an 6:124

[31] Heiliger Qur´an 10:78

[32] Heiliger Qur´an 33:67

[33] Heiliger Qur´an 40:47

[34] Heiliger Qur´an 7:109-110

[35] Heiliger Qur´an 85:4-7

[36] Heiliger Qur´an 40:26

[37] Heiliger Qur´an 10:75

[38] Heiliger Qur´an 29:39

[39] „Die Vornehmen aus dem Volk Pharaos sagten: ‚Willst du zulassen, dass Moses und sein Volk auf der Erde Unheil stiften und dass er dich und deine Götter verlässt?’ Er sagte: ‚Wir werden ihre Söhne ermorden und nur ihre Frauen am Leben lassen. Wir sind ja Zwingherrscher über sie.’“ Heiliger Qur´an 7:127

[40] Es handelt sich um eine allgemein anerkannte Überlieferung des Propheten Muhammad (s.). (Anm. d. Übers.)

[41] Diese Aussage kommt gleich mehrfach vor im Heiligen Qur´an. Siehe 7:59, 7:65, 7:73, 7:85, 11:50, 11:61, 11:84, 23:23. (Anm. d. Übers.)

[42]  im Allgemeinen mit Gottesdienst übersetzt, wobei jegliche Form des Dienstes um Gottes Willen gemeint ist.

[43] Heiliger Qur´an 26:22

[44] Heiliger Qur´an 23:47

[45] Heiliger Qur´an 19:44

[46] Heiliger Qur´an 36:60

[47] Heiliger Qur´an 39:17

[48] Heiliger Qur´an 5:60

[49] Heiliger Qur´an 16:36

[50] Heiliger Qur´an 21:25

[51] Heiliger Qur´an 7:127

[52] Heiliger Qur´an 26:29

[53] Heiliger Qur´an 7:127

[54] Heiliger Qur´an 7:124

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