Durchführung eines Dialoges und dessen Voraussetzungen
Die Erfüllung dieser Dialogbedingungen setzen in erster
Linie die gleichberechtigte Partnerschaft unter den
Dialogparteien voraus. Ansonsten liegt die Gefahr einer
hochmütigen Einseitigkeit nahe, woraus sich - wie oft in
christlich-islamischen Gesprächen erlebt wird - die
Bevormundung eines Gesprächspartners durch den anderen
entwickelt.
Damit ist eine weitere Voraussetzung eng verbunden, nämlich
der gegenseitige Respekt. Jeder hat den anderen in seiner
Religiosität und seinem Festhalten an seiner
Glaubensüberzeugung zu respektieren bzw. tolerieren.
Tolerieren, aber nicht im Sinne, ihn zu dulden.
Tolerieren gleich dulden impliziert nämlich schon die
Überzeugung, dass der Partner sich sowieso auf einer unteren
Stufe befindet, man lässt ihn nur großzügigerweise weiter
existieren. Gemeint ist also nicht Toleranz im Sinne der
Aufklärung, sondern im koranischen Sinne, nämlich im Sinne der
Anerkennung des Partners in seiner vollen Identität; darauf
komme ich zurück.
Diese tolerante Haltung zieht folgerichtig eine dritte
Voraussetzung nach sich, nämlich die Bereitschaft und sogar
die Neugierde, von dem Gesprächspartner zu lernen, nicht nur
die positiven Lebenswerte des anderen, sondern auch seinen
Umgang mit den Alltagsproblemen und seiner Lösungsversuche.
Trotzdem und gerade deshalb gilt die Bewahrung der eigenen
Identität als eine wichtige Voraussetzung für fruchtbare
Dialoge im oben genannten Sinne. Die Unsicherheit in der
eigenen Sache zeugt von einer strukturellen Verunsicherung auf
beiden Seiten. Genauso sind Kompromissversuche mit der
Absicht, dem Partner einen Gefallen zu tun, dahingehend
irreführend, als sie bestenfalls rein individuellen Charakter
haben und in keiner Weise die Ansicht der Anhänger der
jeweiligen Religionen repräsentieren.