Husein reist ab
Abu Michnaf sagt: Husein reiste von Medina ab und lagerte
bei Dsat 'Irk, da schrieb ihm Abdallah ben 'Ga'far ben Abu
Talib durch seine beiden Söhne 'Auf und Muhammed einen Brief
des Inhalts: Im Namen Gottes des barmherzigen, des
erbarmenden! Ich bitte dich, bei Gott! dass du von dem
eingeschlagenen Wege umkehrst, denn ich fürchte, dass er dich
ins Verderben führen wird, und wenn du umkommst, erlischt das
Feuer Gottes, du bist der Kenner der rechten Führung und die
Hoffnung der Gläubigen. Übereile dich nicht, denn ich werde zu
dir kommen sogleich nach diesem Briefe. Lebe wohl! — Er gab
ihm eine Rückantwort , worin er sich entschuldigte und sagte:
»Die Reise steht unabänderlich fest, ich habe sie angetreten
und sehe zur Umkehr keinen Weg und keinen Grund.« Er setzte
also seinen Weg fort.
Ibn Zijad erfuhr, dass Husein von Medina aufgebrochen sei,
um nach Kufa zu kommen und schickte den Anführer seiner
Leibwacheel-Hucein ben Numeir mit 4000 Reitern ihm entgegen,
welcher sich bei Cadesia nahe bei Kutkutana lagerte. Husein
ging weiter, bis er bei den tiefen Brunnen (el-'gibab) mitten
in den Sandhügeln ankam; von hier sandte er Keis ben Mushir
nach Kufa ab mit einem Briefe, worin er sagte: Im Namen Gottes
des barmherzigen, des erbarmenden ! Von Husein ben 'Ali an
seine Brüder unter den Gläubigen. Den Brief des Muslim ben 'Akil
habe ich erhalten, worin er mir Nachricht giebt über eure
guten Gesinnungen und eure Übereinstimmung uns zu unterstützen
und uns zu unserem Recht zu verhelfen. Ich bitte Gott, dass er
uns das Werk gelingen lasse und euch mit dem besten Lohne
vergelte. Ich bin am Dienstag den 8. Dsul-Hi'g'ga , dem Tage
el-Tarwia, aufgebrochen und wenn dieser mein Abgeordneter zu
euch kommt, so thut, was ihr zu besorgen nötig habt, denn ich
werde, so Gott will, in den nächsten Tagen kommen. Lebet wohl!
[B Muslim hatte ihm 27 Tage vor seiner Ermordung geschrieben
und die Kufaner hatten ihn benachrichtigt: wir haben 10000
Schwerter bei uns, zögre nicht.]
Keis ben Mushir reiste mit dem Briefe ab, um Kufa zu
erreichen, jedoch, als er nach Cadesia kam, nahm ihn el-Hucein
ben Numeir gefangen, er ließ ihn mit Stricken binden und
schickte ihn zu Ibn Zijad; dieser hiess ihn bei seiner Ankunft
auf die Zinne des Schlosses hinaufsteigen und schimpfte auf
den Lügner Sohn des Lügners (er meinte Husein ben 'Ali). Keis
ben Mushir stieg hinauf [und hielt oben eine Anrede an die
untenstehenden;] er lobte Gott und pries ihn, gedachte des
Propheten und fuhr dann fort: lieben Leute ! ich habe Husein
den Sohn der hehren Fatima und des Ali ben Abu Tälib bei Gibab
mitten im Sande verlassen, ich bin sein Abgesandter an euch,
nun stimmt ihm bei. Er schimpfte dann über Ibn Zijad und
betete für Husein, da wurde er auf Befehl des Ibn Zijad von
der Höhe des Schlosses hinabwarfen, so dass er in Stücke
zerbrach.
'Adi ben Harmala sagt: Abdallah ben Abd rabbihi hat mir
folgendes erzählt: Wir waren in Mekka zur Wallfahrt und
nachdem die Gebräuche beendigt waren, hatten wir keinen
anderen Gedanken als den, uns zu Husein zu begeben; wir zogen
also fort, bis wir ihn erreichten. Als wir nahe bei ihm Avaren,
kam uns ein Mann aus Kufa entgegen, wir gingen auf ihn zu,
grüssten ihn, er erwiderte den Gruß und wir fragten ihn, wer
er sei ; er antwortete: vom Stamme Asad. Wir sind auch
Asaditen, sagten wir, erzähle uns, was die Leute in Kufa
machen und wie ihre Sache steht. Er antwortete: Ich habe Kufa
nicht eher verlassen, bis Muslim ben 'Akil und Hani ben 'Orwa
ermordet waren, ich habe ihre Köpfe auf den Strassen gesehen,
die Buben spielten damit. — Wir begaben uns zu Husein, gingen
mit ihm zusammen und sagten zu ihm : Gott erbarme sich deiner,
o Abu Abdallah! wir haben eine Nachricht bekommen, wenn du
willst, teilen wir sie dir heimlich mit, oder, wenn du
willst, öffentlich. Er sah seine Begleiter an und sprach:
warum vor diesen etwas verheimlichen? Nun sagten wir ihm: Hast
du den Reiter gesehen, dem wir begegnet sind ? — Ich habe ihn
gesehen und wollte schon eine Frage an ihn richten. — Wir
können dich zufrieden stellen und dir genügende Auskunft
geben; er hat uns erzählt, dass er Kufa nicht eher verlassen
habe, bis Muslim ben 'Akil und Hanl ben 'Orwa ermordet seien.
— Da sagte Husein: Wir sind Gottes und werden zu ihm
zurückkehren, Gott erbarme sich ihrer! Wir erwiderten ihm:
Wir beschwören dich bei Gott, töte dich nicht selbst und
deine Familie, kehre auf der Stelle um, in Kufa findest du
keinen Beistand, keinen Anhang, ja wir fürchten, dass man dort
gegen dich Partei nehmen wird. — Jetzt sprangen die Söhne des
Muslim ben 'Akil hervor und riefen: bei Gott! wir werden nicht
nachlassen, bis wir für unseren Vater Bache genommen oder
gekostet haben, was er gekostet hat. Husein blickte sie an und
sprach: kein Heil ist mehr in diesem Leben nach ihnen. Aus
diesen Worten merkten wir, dass er entschlossen war , weiter
zu ziehen, und sagten: Gott schenke dir hierin einen guten
Erfolg. —
Er brachte die Nacht hin, und als die erste Morgendämmerung
sich zeigte, trug er seinen jungen Leuten und Burschen auf,
viel Wasser zu nehmen und die Pferde zu tränken; dies geschah
und er zog weiter. Er ging an keiner Nomaden-Familie vorüber,
ohne dass mehrere von ihr ihm folgten, bis er nach Zubala kam,
wo er das Lager aufschlagen ließ. Als dies geschehen war,
hielt er eine Anrede, lobte Gott und pries ihn und gedachte
des Propheten, dann fuhr er fort: lieben Leute, ich habe euch
nur versammelt unter der Voraussetzung, dass Irak bereits mir
gehörte, nun kommt aber eine erschreckliche Nachricht zu mir
über das Schicksal meines Vetters Muslim ben 'Akil und des
Hani ben 'Orwa; unsere Anhänger haben uns treulos im Stich
gelassen, wer von euch also gegen die Spitze der Lanzen und
die Schärfe der Schwerter Stand halten will, der mag bleiben,
wer nicht, der kann umkehren, er hat für meine Sache keine
Verpflichtung. —
Da zogen sie sich von ihm zurück und zerstreuten sich nach
rechts und links in verschiedene Täler, bis er mit einigen
über 70 Mann seiner Angehörigen und Verbündeten übrig blieb,
und dies waren diejenigen, welche mit ihm aus Mekka ausgezogen
waren. Dies tat er, weil er wusste, dass die Nomaden-Araber
ihm nur deshalb gefolgt seien, weil sie glaubten, dass er in
ein Land käme, dessen Bewohner ihm gehorsam wären, und er
wollte nicht, dass sie mit ihm zögen ohne zu wissen, was ihnen
bevorstände.