Muslim ibn Akil wird vorgeschickt
Er ließ dann Muslim ben 'Akîl rufen] und schickte ihn ab
mit Keis ben Mushir el-Çeidâni und 'Omara ben Abdallah
el-Arhabi [B el-Sukuni]; er empfahl ihm Gottesfurcht,
Geheimhaltung seines Auftrages und Milde gegen die Untertanen;
und wenn du siehst, dass die Leute einig und zuverlässig sind,
so gib mir bald darüber Nachricht. Muslim ben 'Akîl begab
sich nach Medina, betete in der Moschee des Gottgesandten und
nahm von seinen lieben Angehörigen Abschied ; er mietete zwei
Wegweiser vom Stamme Keis und sie traten mit ihm die Reise an.
Aber sie kannten den Weg doch nicht genau und verirrten sich;
es überfiel sie ein heftiger Durst, sie waren nicht im Stande
weiter zu gehen, standen endlich, dass sie nicht auf dem
richtigen Wege seien, und nachdem sie noch angedeutet hatten,
in welcher Richtung sich Wasser finden müsse, starben sie vor
Durst. Muslim wurde mit seinen Begleitern und den Tieren
gerettet und sie erreichten das Wasser, nachdem sie nahe daran
waren umzukommen. Muslim schickte den Keis ben Mushir zurück
an Husein mit einem Briefe, worin er schrieb; »Ich melde dir,
о Sohn des Gottgesandten, dass ich an einen Ort im Gebirge
gekommen bin, welcher der Engpass heißt; die beiden
Wegweiser, welche ich gedungen hatte, haben den Weg verfehlt
und sind vor Durst gestorben. Ich halte dies für eine
ungünstige Vorbedeutung für meinen Auftrag, und wenn du mir
ihn abnehmen und einen anderen schicken willst, so thue es.
Lebe wohl!« — Als Husein diesen Brief erhielt und ihn
erbrochen und gelesen hatte, schrieb er als Antwort : »[B Ich
fürchte, dass zu dem Briefe, worin du um die Zurücknahme des
dir erteilten Auftrages bittest, dich nur der Mangel an Muth
veranlasst hat;] was die Vorbedeutung betrifft, von der du
redest, so habe ich meinen Vater den Gottgesandten sagen
hören: »keiner von uns bekommt eine schlechte Vorbedeutung,
keiner legt etwas als solche aus;« wenn du diesen meinen Brief
liest, so setze die Reise fort und führe den trag aus. Lebe
wohl!« — Sobald der Brief Huseins in Muslims Hände kam und er
ihn gelesen hatte, zog er sogleich weiter und kam an ein
Wasser des Stammes Teij; hier gewahrte er einen Mann, der
nach einem Reh schoss und es niederstreckte; da sprach er :
so werden wir, wenn Gott will, unsere Feinde niederstrecken.
Er reiste dann, bis er Nachts nach Kufa kam, und stieg in
der Wohnung des Muchtar ben Abu Obeid el-Thakefi ab; die Leute
sammelten sich nach und nach um ihn, er las ihnen Huseins
Brief vor und sie fingen an zu weinen und zu klagen. Da erhob
sich 'Abis ben Abu Hubeijib el-Jaschkuri, lobte Gott und pries
ihn, gedachte des Propheten und wandte sich darauf an Muslim
mit den Worten: Ich weiß nicht, was für eine Herzensmeinung
die Leute haben, aber von mir selber will ich dir versichern,
wenn du mich rufst, so folge ich, wenn du mir befiehlst, so
gehorche ich, und ich werde die Feinde mit meinem Schwert
treffen, bis ich dafür zu Gott komme. Dann setzte er sich und
Hubeijib ben Mudhâhir trat nach ihm auf und sprach: Gott
erbarme sich deiner! du hast das Richtige getroffen, was Not
tut; bei Gott! ich bin ganz deiner Meinung. Die Einwohner von
Kufa kamen nun zu Muslim zu zehn, zwanzig, weniger oder mehr,
und huldigten ihm, bis an jenem Tage von früh bis spät 80000
(B 18000) Männer gehuldigt hatten; er meldete dies an Husein
und forderte ihn auf, eiligst zu kommen. — Als dies el-Nu'mân
ben Baschir el-Ançâri zu Ohren kam, (er war von Mu'âwîja ben
Abu Sufjan zum Statthalter von Kufa ernannt und von Jazid
bestätigt,) bestieg er die Kanzel, lobte Gott und pries ihn,
dachte des Propheten und sprach: Versammelte Männer! ich
kämpfe gegen niemand, der mich nicht bekämpft, ich bin gegen
niemand feindlich, der es nicht gegen mich ist, und ich greife
niemand an, der mich nicht angreift, darum hütet euch vor
Aufruhr, vor Abfall von dem Herrscher, vor Widerstand gegen
euer Oberhaupt, denn wenn ich bei einem von euch so etwas
bemerke, so werde ich ihm den Kopf schlagen, selbst wenn ich
bei keinem Hilfe und Beistand fände; ich hoffe aber, dass
deren, die das Recht anerkennen, mehr unter euch sein werden,
als deren, die ihre Hände für das Unrecht erheben. — Da stand
Abdallah ben Schu'ba el-Hadhrami auf und sprach: о Emir, diese
Sache kann nur durch Zwang, Gewalt und Blutvergießen
beigelegt werden, was du da sagst, ist die Rede der
Schwächlinge. Dem entgegnete el-Nu'mân: ich will vor Gott lieber
zu den Schwächlingen hören als zu den Ungerechten. Damit stieg
er von der Kanzel herab und Abdallah el-Hadhrami verließ die
Moschee und schrieb an Jazid einen Brief, worin er sagte: Von
Abdallah ben Schu'ba an den Fürsten der Gläubigen Jazid ben
Mu'âwîja. Muslim ben 'Akil ist nach Kufa gekommen und die
Anhänger Huseins haben ihm gehuldigt; wenn Kufa noch einigen
Werth für dich hat, so schicke einen starken Mann dahin, denn
el-Nu'mân ist ein schwacher Mann und der Sache Huseins nicht
gewachsen. Omar ben Sa'd ben Abu Wakkâç schrieb in gleichem
Sinne, und als die Briefe bei Jazid ankamen, ließ er einen
seiner gelassenen Namens Sar'gûn rufen und redete ihn an: Hast
du schon erfahren, dass Husein seinen Vetter Muslim ben 'Akil
nach 'Irak geschickt hat und die Einwohner von Kufa ihm
gehuldigt haben? Über el-Nu'man ben Baschir ist mir gemeldet,
dass er gegen sie zu schwach sei. Dann las er ihm die Briefe
vor, welche er aus Kufa erhalten hatte, und fragte ihn um
seinen Rath, wen er zum Statthalter von Kufa machen sollte;
gegen Obeidallah ben Zijâd war er sehr eingenommen. Sargûn
erwiderte: Wenn Mu'âwîja dir einen Rath gäbe, was würdest du
thun? — Danach handeln, war die Antwort. — Da zog Sar'gûn ein
Dekret hervor, wodurch Obeidallah ben Zijâd zum Statthalter
von Kufa ernannt wurde, und sagte : dies war die Ansicht
Mu'âwîja's an seinem Todestage, er hat mir die Ausfertigung
aufgetragen. Jazid nahm diesen Rath an, gab el-Nu'mân seine
Entlassung und vereinigte die beiden Städte Baçra und Kufa
unter Ihn Zijâd, da er die erstere bereits unter sich hatte.
Er schrieb ihm also : Meine Anhänger in Kufa berichten mir,
dass Muslim ben 'Akil dahin gekommen sei, die Leute versammelt
und ihnen den Huldigungseid für Husein abgenommen habe. Ich
habe nun meinen Köcher geschüttelt, finde aber darin keinen
Pfeil, mit welchem ich meinen Feind schneller erschießen
könnte, als dich. Sobald du also diesen meinen Brief gelesen
hast, so reise augenblicklich nach Kufa, lass von 'Ali ben Abu
Tâlib keinen einzigen Spross am Leben, suche auf alle Weise
Muslim in deine Gewalt zu bekommen, töte ihn und schicke mir
seinen Kopf zu. Lebe wohl! •—
Dieser Befehl datierte vom 10. Dsul-Hi'g'ga des Jahres 60
der Hi'gra, in welchem Husein getötet wurde
(Fußnote: Diese letzten Worte in В und ö sind unrichtig, da
Husein erst im folgenden Jahre seinen Tod fand. ). — Er
übergab diesen Brief an Muslim ben Omar el-Bahili und trug ihm
auf, sich nach Bасга zu begeben und ihn dem Ibn Zijâd zu
überbringen; dies geschah und als Ibn Zijâd das Schreiben
gelesen hatte, traf er Anstalten, um nach Kufa abzureisen.
Während er damit beschäftigt war, kam ein Bote von Husein
an mit einem Briefe an die Häuptlinge und Angesehenen von
Baçra, worin er sie aufforderte ihm Hilfe zu leisten, dazu
gehörten el-Ahnaf ben Keis el-Tamimi, Abdallah ben Ma'mar,
el-Mundsir ben el-Gârûd, Mas'iid ben Amr el-Azdi, Omar ben
Abdallah el-Kureschi, Keis ben el-Câsim ben Habâb und andere.
Der in einer einzigen Zuschrift an alle richtete Brief
lautete: Im Namen Gottes des barmherzigen, des erbarmenden!
Von Husein ben 'Ali an seine Anhänger und Verbündeten unter
den Einwohnern von Baçra. Gott hat Muhammed aus allen seinen
Geschöpfen ausgewählt, ihn durch sein Prophetentum geehrt und
mit seiner Sendung begnadigt, dann hat er ihn zu sich
genommen, sein Segen und sein Friede sei mit ihm! Er hat die
Verehrer Gottes mahnt und die Religion, womit er gesandt
wurde, ist in allen Ländern verbreitet; sein Volk sind seine
Heiligen und Frommen und seine kommen sind unter allen
Menschen die würdigsten, um nach seinem Tode an seine Stelle
zu treten. Nun hat uns eine Partei die Herrschaft übertragen
und wir unterwerfen uns, wir haben unser Wohlgefallen an der
Verabscheuung des Schlechten und der Beförderung des Wohls,
und wir sind dieser Regierung würdiger als einer, welcher mit
Unrecht zum Herrscher über uns gesetzt wird. Ich habe euch
diesen meinen Brief geschickt und rufe euch zu dem Buche
Gottes und zu der Lehre seines Propheten Muhammed und wenn ihr
auf meine Stimme hört und meinem Befehle folgt, so werde ich
euch den Weg des Rechtes führen. Friede sei mit euch und
Gottes Erbarmen und sein Segen!
Unter den Angesehenen, denen der Brief vorgelesen war,
befand sich nicht einer, welcher darüber nicht Stillschweigen
beobachtete, außer el-Mundsir ben el-Gârûd, dessen Tochter
mit Obeidallah ben Zijad ver- heiratet war, die Hochzeit
hatte erst vor einiger Zeit stattgefunden und el-Mundsir
gehörte zu den Anhängern des Jazid. Als er den Brief gelesen
hatte, nahm er den Abgesandten Huseins fest und führte ihn in
die Wohnung des Ihn Zijad, er hieß Dsarrâ' und war ein Bruder
des Husein. Sobald Ihn Zijad den Brief gelesen hatte, befahl
er dem Abgesandten den Kopf abzuschlagen und er wurde an dem
Schatzhause in dem Quartier der Banu Sadûs aufgehängt. Dsarrâ'
war der erste Abgeordnete, welcher im Islam umgebracht wurde.