Fünfunddreißigstes Kapitel - Hadschis Erlebnisse im Kriege
gegen die Moskowiter
Gerade um jene Zeit war der Schah in einen Krieg mit den
Moskowitern verwickelt, die sich in Georgien festgesetzt
hatten und die persischen Grenzprovinzen zwischen den Flüssen
Kur und Aras bedrohten. Diesen Krieg hatte der Gouverneur von
Eriwan, einer der Lieblingsoffiziere des Schahs, mit dem Titel
Serdar (General), schon lange vorher begonnen durch planlose
Angriffe auf die russischen Vorposten, sowie die Verwüstung
der Fluren und Dörfer, die auf dem Wege lagen, den die Russen
mutmaßlich einschlagen mußten, um nach Persien vorzudringen.
Bei Tabris war eine weitere Armee unter dem Kommando des
Thronerben und Gouverneurs der großen Provinz Aserbeidjan
zusammengezogen. Dieser hatte den Plan, sich sofort auf den
eigentlichen Kriegsschauplatz zu begeben und die Russen
womöglich bis Tiflis zurückzuwerfen; um mich höfisch
auszudrücken: mit siegreicher Waffengewalt selbst bis vor die
Mauern Moskaus vorzudringen.
Im königlichen Lager in Sultanijé erwartete man seit Tagen
nähere Nachrichten über das Ergebnis einer Attacke, die der
Serdar auf die russischen Vorposten bei Gawmischlüh zu machen
gedachte, einen Plan, den er längst vorher angekündigt hatte.
Es wurden bereits Erlasse herausgegeben, wie den geschlagenen,
feindlichen Heerführern ein würdiger Empfang zu bereiten sei,
eine Form der Etikette, der man sich stets bediente, ehe man
zur feierlichen Verkündigung eines Sieges schritt; daß diese
Attacke nur mit einem solchen enden konnte, wurde von niemand
bezweifelt.
Endlich tauchte ein ›Tschapar‹ (Kurier) am Horizont auf,
der eiligst dem Lager zusprengte. Um der Wahrheit die Ehre zu
geben, überbrachte er wirklich fünf Pferde, beladen mit
abgeschnittenen Feindesköpfen, die in feierlichem Aufzuge
unter großem Gepränge vor dem Haupteingange zu den königlichen
Zelten aufgeschichtet wurden. Aber es trat doch klar zutage,
daß besondere Umstände eingetreten sein mußten, die eine
Truppenverstärkung nötig machten, weil am nächsten Morgen
schon unser Vorgesetzter den Befehl erhielt, sich an der
Spitze von zehntausend Berittenen schleunigst an die Ufer des
Aras zu begeben.
Darum sah man auch am andern Tage die ›min baschis‹ die
über tausend Soldaten gesetzt waren, die ›yüs baschis‹ die
hundert Mann befehligten, und die ›on baschis‹, denen nur zehn
Mann unterstanden, nebst andern Offizieren in allen
Himmelsrichtungen das Lager durcheilen, um die Aufträge und
Befehle ihrer Khane in Empfang zu nehmen. Im Zelte Namerd
Khans drängten sich die mit der Expedition betrauten höheren
Offiziere, denen er bezüglich der Marschrouten Weisungen gab
und ihnen die Dörfer bezeichnete, wo sie Rasttage halten
sollten.
Mir lag es ob, mit einer Abteilung Nessektschis den Truppen
stets einen Tag vorauszureiten, um für die Mannschaften
Quartier zu machen – ein Dienst, der große Umsicht und
Gewandtheit erforderte. Er hätte mir auch beträchtliche
Vorteile gewähren und meinen Beutel reichlich füllen können,
wäre mir Schir Alis Beispiel nicht in zu frischer Erinnerung
geblieben. Vorerst wollte ich meine Hände rein erhalten,
unterdrückte daher jede Versuchung, zu erpressen, schon im
Keime, indem ich die Flamme der Habgier mit den Wassern der
Klugheit löschte.
Ich brach mit meinen Leuten auf und erreichte Eriwan sogar
mehrere Tage früher, als die Truppen dort ankommen konnten.
Hier trafen wir den Serdar, der sich nach seiner Attacke
zurückgezogen hatte und auf die Verstärkung der Kavallerie
unter dem Kommando meines Vorgesetzten wartete. Da der Prinz,
dessen Armee bis zu einem andern Punkte der Grenze
vorgedrungen war, um die Festung Gendsche, welche erst
kürzlich in Feindeshand gefallen war, wieder zu erobern, keine
Truppen entbehren konnte, hatte sich der Serdar direkt an den
Schah um Hilfe gewandt. Sobald der Serdar mit Namerd Khan
zusammenstieß, faßten sie nach einer Beratung zuallererst den
Entschluß, die Stellung der Russen festzustellen, woraufhin
ich, nebst zehn Mann des Serdars und zehn des Oberexekutors,
mit diesem Auftrage betraut wurde. Bei einbrechender
Dämmerung, gerade als die Muezzins das Gebet verkündeten,
ritten wir fort und erreichten das Dorf Astarek. Meine Absicht
war es, bis zu den Höhen von Abaran vorzudringen, wo wir kühle
Luft und gute Weideplätze für unsre Pferde vorgefunden hätten.
Doch als wir vernahmen, die Nomadenstämme, die wir hier zu
treffen hofften, wären aus Furcht vor dem Kriege noch tiefer
in die Berge gezogen, beschlossen wir, bis zur abendlichen
Abkühlung in Astarek zu verbleiben.
Alle Nachrichten, die der Serdar durch andre Kundschafter
bezüglich des Vormarsches der Russen erhalten, hatten sich als
falsch erwiesen, denn wir fanden diese an den Ufern des
Pembacki, wo sie das Dorf Hamamlüh besetzt hatten und
Karaklissah befestigten. Der Serdar und der Oberexekutor, die
Eriwan verlassen hatten, lagerten nun ganz in der Nähe des
armenischen Patriarchen, wohin wir ebenfalls unsre Schritte
lenkten.
Das Kloster Etschmjadsin, wie es die Armenier nennen, oder
›ütsch klisseh‹ (drei Kirchen), wie es die Türken und Perser
bezeichnen, liegt inmitten einer weiten, durch den Araxes und
andre kleinere Flüsse reichlich mit Wasser versorgten,
fruchtbaren Ebene. Es ist am Fuße des hohen Berges Ararat
erbaut, der von der ganzen Christenheit, insbesondere den
Armeniern, hochverehrt wird, da auf seinem schneebedeckten,
weithin schimmernden Gipfel einst die Arche Noahs stand. Das
Kloster und die Kirche, die in ihrem Innern Schätze bergen,
die in ganz Asien hochberühmt sind, werden von hohen Mauern
umfriedet und von starken, massiven Toren beschützt. Hier ist
der ständige Sitz des Oberhauptes der armenischen Kirche, den
er, in Gemeinschaft mit einem zahlreichen Gefolge von
Bischöfen, Diakonen und Priestern, zur Pflanzstätte machte,
aus der fast alle Geistlichen der armenischen Kirche
hervorgehen. Das geistliche Oberhaupt der armenischen Kirche
wird von den Persern und Türken als Kalif bezeichnet, die
Christen geben ihm den Titel Patriarch. Zu bestimmten Zeiten
im Jahre ist die Kirche von Etschmjadsin der
Hauptwallfahrtsort, zu dem die Armenier scharenweise aus allen
Teilen der Welt pilgern.
Wir hatten das gleiche Ziel im Auge und kamen bald darauf
in die Nähe des Wallfahrtsortes, dessen ganze Umgebung die
weißen, unregelmäßig verteilten Zelte der vereinigten Lager
des Serdars und meines Gebieters bedeckten, erfuhren auch,
noch ehe wir die Umfriedungsmauern erreichten, beide
Heerführer hätten als Gäste des Kalifen im Kloster selbst
Quartier genommen.
Ein junger Delikhan, der uns freudigst entgegenritt, sagte:
»Die Väter dieser Giaurs wollen wir verbrennen und wollen
auch recht viel von ihrem Weine trinken, um uns von unsern
Strapazen zu erholen.«
»Seid Ihr denn kein Muselmann,« fragte ich, »weil Ihr vom
Weintrinken redet? – Schließlich wollt Ihr noch selbst ein
Giaur werden?«
»Nun, was das anbetrifft,« antwortete er, »so trinkt der
Serdar sicher ebensoviel Wein wie ein Christ; ich sehe darum
gar nicht ein, warum ich das nicht auch tun sollte.«
Bald darauf durchschritten wir den hohen Torbogen, der zum
ersten Klosterhofe führt, wo kaum Platz genug war, um darin
die zahlreiche Dienerschaft, das Gepäck und die sonstige
Kriegsausrüstung des Serdars und des Oberexekutors
unterzubringen. Ganze Pferdekoppeln waren mit Stricken an
Pflöcke gebunden, ihre Wärter hatten sich zwischen Sätteln und
Zaumzeug in verschiedenen Ecken häuslich niedergelassen; einen
andern Winkel nahmen zahlreiche Maultiere mit ihren ewig
bimmelnden Glöckchen und ihren ewig scheltenden Treibern ein.
Im zweiten Hofe waren die Pferde und höheren Diener in
kleinen Räumen zu beiden Seiten des Hofes untergebracht. Wir
waren im ersten Hofe vom Pferde gestiegen, und ich verlangte
sofort, man möchte mich ins Quartier des Großexekutors führen.
Es war gegen neun Uhr, als man mir zu wissen tat, er befände
sich gerade beim Serdar, zu dem man mich, trotz meiner
schmutzigen Stiefel und dem Staube meiner Reisekleider,
alsogleich führte.
Beide Heerführer schienen das Kloster ganz wie ihr Eigentum
zu betrachten, hatten den Kalifen seiner Macht nahezu
entkleidet und sich in dessen Zimmer breitgemacht. Die armen
Priester schlichen unterdessen mit demütiger Miene und
niedergeschlagenen Augen umher, als wollten sie um Vergebung
bitten, sich überhaupt noch in ihrem angestammten Besitztume
aufzuhalten. Die Lieblingspferde der beiden Heerführer waren
dicht an der Kirchenmauer angepflöckt worden, weil den Persern
das Wohlbefinden ihrer Tiere weit mehr am Herzen lag als die
Wohlfahrt der Armenier.
Da meine Leser schon das Wesen und Aussehen des
Oberexekutors kennen lernten, kann ich nicht umhin, ihnen auch
in Kürze den Serdar zu beschreiben.
Grimmiger als er konnte ein Mensch überhaupt nicht
aussehen. Seine Augen, die unter gewöhnlichen Verhältnissen
nicht mehr Ausdruck hatten als zwei durchsichtige
Glasscherben, begannen ganz entsetzlich zu funkeln, sobald er
in Erregung geriet, und quollen dann förmlich aus ihren vom
Alter zusammengeschrumpften Höhlen. Gleichzeitig aber pflegte
ein süßes Lächeln seinen Mund zu umspielen, so daß dies dem
Hofpoeten die Worte entlockte, Hassan Khan gleiche dem Ararat,
in dessen Nähe er wohne. Zeige sich dessen Haupt von Wolken
verschleiert und schiene zu gleicher Zeit die Sonne in der
Ebene, so deute das auf sicheren Sturm. Die unerbittliche Zeit
hatte zwei tiefe Furchen in die Wangen des Serdars gegraben,
die kein üppiger Bart beschatten wollte, so große Sorgfalt er
auch auf sein Wachstum verwendete. Die gleiche feindliche
Macht hatte ihn auch aller Zähne beraubt, bis auf einen, der
wie ein Hauer aus seinem Munde hervorragte, so daß seine
völlig eingesunkenen Lippen, nur mit dünngesäten, starren
Barthaaren besetzt, wie ein gebräuntes Stoppelfeld am Rande
einer Talmulde wirkten. Man konnte wirklich nicht sagen, ob er
größere Ähnlichkeit mit einem Tiger oder mit einem Bock hatte;
das eine aber war sicher, menschliche Züge konnten dem
Tierischen nicht näher verwandt sein, als es bei ihm der Fall
war. Sein Wesen stand mit seinem Äußeren im vollsten
Einklange. Weder göttliche noch menschliche Gesetze vermochten
seiner Sinnlichkeit Einhalt zu tun. Waren seine Leidenschaften
erst rege geworden, kannten seine Heftigkeit und Grausamkeit
keinerlei Grenzen. Trotz alledem besaß er einige
Eigenschaften, denen er getreue Anhänger verdankte. Er war
freigebig und unternehmend, verfügte über einen äußerst hellen
und durchdringenden Verstand und wußte ferner den Schah und
seine Regierungsorgane mit solcher Klugheit zu behandeln, daß
er stets das größte Vertrauen genoß und sich des höchsten
Ansehens erfreute. Er lebte in fürstlicher Üppigkeit und
Pracht, seine Gastfreundschaft war weithin berühmt; ohne sich
um die öffentliche Meinung zu kümmern, überschritt er alle
muselmännischen Gebote; er zeigte sich offen, aufrichtig und
zuvorkommend im Verkehr gegen diejenigen, die ihm
unterstanden, und war ein hervorragender Gesellschafter für
alle, die seine Liederlichkeiten mitmachten. Auch galt er als
der handfesteste Weintrinker in ganz Persien, mit Ausnahme
seines ihm vielleicht darin noch überlegenen Waffengefährten,
dem Oberexekutor, der sich selbst zugeschworen hatte, seinen
Lippen niemals einen Tropfen zu versagen, dessen er habhaft
werden konnte.
Und nun wurde ich, von zwei bis drei meiner besten
Untergebenen begleitet, vor diese zwei hochzuverehrenden
Persönlichkeiten geführt und wartete ganz bescheiden am Ende
des Gemaches, bis man mich einer Ansprache würdigte.
»Du bist willkommen,« sagte der Oberexekutor; »Hadschi,
meine Seele, sage mir, wieviele Russen hast du erschlagen?
Hast du aber allenfalls einen Kopf mitgebracht, so zeige ihn
mir!«
Der Serdar unterbrach ihn und sagte: »Was hast du
ausgerichtet, wieviele Russen befinden sich an der Grenze, und
wann werden wir über sie herfallen können?«
Ehe ich seine Fragen beantwortete, unterließ ich nicht, die
herkömmlichen, beliebten Redensarten zu machen, und sagte:
»Ich habe alles getan, was in meinen Kräften stand. Die
Stunde, in der man uns ausschickte, war eine glückbringende;
denn über alles, was ihr, o Agas, zu wissen wünscht, vermögen
wir euch Auskunft zu geben. Es steht außer jedem Zweifel, das
Glück des Serdars und meines Gebieters ist sehr im Aufsteigen,
nachdem mir, einem so niedrigen Sklaven, vergönnt war, euch
von einigem Nutzen zu sein.«
»Ja, blindes Glück ist wahrlich was Schönes,« meinte der
Serdar; »aber hauptsächlich vertrauen wir unserm Schwert«, und
sah dabei den Oberexekutor mit einem Lächeln, sowie einem
gleichzeitigen entsetzlichen Augenrollen an.
»Ja, ja,« antwortete sein Waffengefährte, »Schwert und
Schießpulver, Speer und Pistolen! – Für mich ist die Stunde
glückbringend, wenn der Nacken eines Ungläubigen Bekanntschaft
mit seinem Messer macht! – Was mich anbetrifft, so bin ich
eben ein richtiger Kisilbasch (rotes Haupt) und will auch gar
nichts anderes sein. Ein gutes Pferd, ein scharfes Schwert, in
der Hand einen Speer und vor mir ein weites Feld voll von
Moskowitern, mehr verlange ich nicht!«
»Und meint Ihr nicht,« fragte der Serdar, »es könnte auch
ein gutes Glas Wein dabei sein? Meiner Ansicht nach ist das
nicht weniger wert als alles, was Ihr vorhin erwähntet?«
»Wir wollen den Kalifen hereinrufen, er soll Hadschi ein
Glas von seinem besten vorsetzen; aber vorher muß er uns
erzählen, was er alles gesehen und getan hat. Wo stehen die
Russen? Wieviele sind es? Haben sie Kanonen? Unter welchem
Kommando stehen sie? Wo stehen die Kosaken? Hast du etwas von
den Georgiern gehört? Wo befindet sich der russische
Oberbefehlshaber? Was weißt du von den Lesgiern? Wo ist der
Renegat Ismael Khan? Komm, erzähle uns alles! Und Ihr, Mirza,«
– hier wandte er sich an seinen Schreiber – »schreibt alles,
was er sagt, gleich nieder.«
Daraufhin warf ich mich in die Brust, setzte eine höchst
wichtige Miene auf und hielt folgende Rede:
»Bei der Seele des Serdars, beim Salze des Großexekutors,
die Moskowiter bedeuten gar nichts, sind mit den Persern
verglichen die reinsten Hunde. Ich, der sie mit eigenen Augen
gesehen hat, kann euch die Versicherung geben, daß ein Perser
mit dem Speer in der Hand ganz leicht imstande ist, zehn
dieser jämmerlichen bartlosen Kreaturen zu töten!«
»O du Löwe von einem Manne!« rief entzückt mein Gebieter.
»Ich wußte es immer, aus dir würde noch was Rechtes werden.
Einem Ispahaner muß man nur nichts einreden wollen,
schließlich siegt bei ihm immer der gesunde Menschenverstand.«
»An der Grenze befinden sich nur wenige Moskowiter! Fünf-,
sechs-, sieben-, achthundert, vielleicht ein- oder
zweitausend, sicherlich aber nicht mehr. Sie sind im Besitze
von zehn, zwanzig, vielleicht selbst dreißig Kanonen! Und die
Kosaken! Puh, sind gar nicht der Rede wert. Freilich ist es
höchst unbequem, daß sie so unerwartet und überall mit ihren
Speeren auftauchen; aber es läßt sich nicht leugnen, daß sie
mit diesen dicken Prügeln, die sich viel eher zum
Ochsentreiben als zur Kriegswaffe eignen, auch töten. Und dann
reiten sie ›Yabus‹ (Schindmähren), die an unsre Pferde, die
zwanzig, dreißig, ja fünfzig Toman kosten, überhaupt gar nicht
heran können, die dem Blicke schon entschwunden sind, bis die
andern erst richtig zu galoppieren anfangen.«
»Warum verschwendest du deinen Atem an die Kosaken und ihre
Pferde?« sagte der Oberexekutor. »Ebensogut könntest du uns
etwas von Affen erzählen, die auf Bären reiten. Wer
kommandierte die Ungläubigen?«
»Sie nennen ihn ›deli major‹ oder den närrischen Major und
heißen ihn so, weil er noch niemals davonlief. Über ihn gibt
es Geschichten ohne Ende. Unter anderm erzählt man sich auch,
er sei im Besitze des Taschenkorans Seiner Exzellenz des
Serdars und brüste sich nicht wenig mit dieser kostbaren
Trophäe.«
»Ja, das ist wahr,« rief der Serdar, »voriges Jahr
überraschten mich diese vermaledeiten Hunde, als wir nicht
fünf Parasangen von hier lagerten, und ließen mir gerade noch
Zeit, mich in Hemd und Unterbeinkleidern auf ein ungesatteltes
Pferd zu schwingen. Natürlich plünderten sie mein Zelt und
stahlen mir nebst vielem andern auch meinen Koran. Aber das
soll ihnen wiedervergolten werden. Ich habe ihnen schon in
Gawmischlüh gezeigt, wessen ich fähig bin; doch auf den
Gräbern ihrer Väter werden sie noch ganz andre Dinge zu sehen
bekommen. Wieviel Kanonen sagtest du, daß sie haben? Vier,
fünf oder sechs?«
»Ich habe eben zwanzig oder dreißig geschrieben!« bemerkte
der Mirza, der auf dem äußersten Rande des Teppichs kauerte
und schrieb. »Welche von den beiden Angaben möchte wohl die
richtige sein?«
»Warum lügst du?« brüllte der Serdar mit funkelnden Augen.
»Wenn wir herausbringen, daß du uns irgendeine Wahrheit
vorenthalten hast oder das, was du erzählst, nicht richtig
ist, so wirst du, beim Kopfe Alis, bald innewerden, daß man
uns nicht zum besten hält!«