Die Konsultation
Die Konsultation [al-muradschaat]

Aussprache: al muradscha-aat
arabisch: المرجعات
persisch:
englisch: consultation [muraja'at]

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Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen

Die 38. Konsultation – Erläuterung zur Bedeutung von "Wali"

30. Dhul-Hidscha 1329 (21.12.1911)

Verehrter [maulana] Scheich al-Islam, der Friede sei mit Dir und die Gnade ALLAHs und Seine Barmherzigkeit.

Als Bedeutung des Wortes "Wali" hast Du unter anderem erwähnt, dass jeder, der die Verantwortung für jemanden übernimmt, der "Wali" (Vormund) von diesem ist. Dies genau ist es, was mit "Wali" in diesen Überlieferungen gemeint ist. Sobald man sie vernimmt, wird diese Bedeutung einleuchtend sein. Unserer Darstellung entspricht auch folgender Sachverhalt:

Für einen Minderjährigen trägt sein Vater oder sein Großvater väterlicherseits die Verantwortung, sodann der von beiden eingesetzte Bevollmächtigte und schließlich der für Ehe- und Familienahngelegenheiten zuständige Richter. Dies bedeutet, dass nur diese Personen befugt sind, Verantwortung für ihn zu tragen und Entscheidungen hinsichtlich seiner Angelegenheiten zu treffen.

Die Offenkundigkeit der Bedeutung des Wortes "Wali" in jenen Überlieferungen könnte für diejenigen, die Verstand haben, kaum deutlicher sein. Und seine Worte (s.): „Nach meinem Tode wird er euer "Wali" sein“ zeigen anschaulich, dass sich die Vormundschaft [wilaya] auf ihn bezieht und nur für ihn Geltung hat. Von daher erscheint es zwingend, die Bedeutung des Wortes "Wali" so zu definieren, wie wir es getan haben. Sie darf nicht mit anderen Worten in Zusammenhang gebracht werden, denn "Hilfe", "Liebe", "Freundschaft" und ähnliche Begriffe sind nicht nur auf einen Menschen beschränkt. Auch die gläubigen Männer und Frauen halten untereinander Freundschaft.

Welche Besonderheit oder welches Anrecht beabsichtigte der Prophet in diesen Überlieferungen denn für seinen Bruder und "Wali" hervorzuheben, wenn die Bedeutung des Wortes "Wali" nicht mit dem übereinstimmt, was wir vertreten haben? Und welchen hintergründigen Sinn hätten dann die von dem Propheten in den Überlieferungen wiedergegebenen Äußerungen, wenn dieser mit dem Worte "Wali" hätte "Helfer", "Geliebter" oder noch etwas anderes ausdrücken wollen?

Der Gesandte Allahs (s.) war weit davon entfernt, das bereits Klargestellte erneut deutlich zu machen und Selbstverständlichkeiten noch einmal zu erklären. Seine außerordentliche Weisheit, seine ihm wesenhafte Unfehlbarkeit und sein besiegelndes Prophetentum übersteigen das, was die anderen für möglich halten. Denn die Überlieferungen sind sich darin einig, dass die Vormundschaft durch Ali nach dem Ableben des Propheten (s.) erwiesen ist. So erscheint es auch aufgrund dessen zwingend, die Bedeutung des Wortes "Wali" so zu definieren, wie wir es getan haben – sie darf nicht auf die Bedeutungen der Worte "Helfer", "Geliebter" und Ähnliches reduziert werden.

Schließlich besteht keinerlei Zweifel daran, dass Ali bekannt geworden ist als jemand, der den Muslimen half, der sie liebte und der ihnen in Freundschaft zugetan war, und dies, seit er im Umfeld des Prophetentums aufgewachsen war und im Schutze der prophetischen Sendung Kraft erlangt hatte, bis er starb. Der Friede sei mit ihm. So sind, wie es bekannt sein dürfte, seine Hilfe, seine Liebe und seine Freundschaft für die Muslime nicht auf die Zeit nach dem Ableben des Propheten (s.) beschränkt.

Diese Indizien zugunsten der von uns gegebenen Definition sollten Dir genügen. Hinzu kommt nun noch die Überlieferung, die Ahmad ibn Hanbal auf Seite 347 im fünften Band seines "Musnad" veröffentlicht hat und die sich auf verlässlichem Wege über Said ibn Dschubair und Ibn Abbas von Buraida herleitet. Dieser sagte: „Ich war einst mit Ali auf einem Feldzug nach Jemen unterwegs und nahm eine gewisse Grobheit bei ihm wahr. Als ich dann wieder den Propheten (s.) traf, erwähnte ich Ali ihm gegenüber und würdigte ihn damit herab. Da veränderte sich das Gesicht des Gesandten Allahs (s.) und er sprach: ‚Oh Buraida, habe ich nicht mehr Anspruch auf die Gläubigen als sie auf sich selbst?’ – ‚Natürlich Gesandter Allahs’, antwortete ich, und er fuhr fort: ‚Wessen Schutzherr ich bin, dessen Schutzherr sei auch Ali.’“

Diese Überlieferung ist, gemäß den Bedingungen von Muslim, als authentisch anzusehen und erschien bei al-Hakim Nischaburi auf Seite 110 des dritten Bandes seines Werkes "al-Mustadrak". Ebenfalls galt diese Überlieferung, nach den Kriterien von Muslim, in der Zusammenfassung von al-Dhahabi als anerkannt.

Du weißt, dass die einleitenden Worte des Gesandten Allahs (s.): „Habe ich nicht mehr Anspruch auf die Gläubigen als sie selbst“, ein Hinweis für das sind, was wir dargelegt haben. Wer diese Überlieferungen und die dazugehörigen Zusammenhänge also aufmerksam betrachtet, wird unseren Abhandlungen kaum mit Zweifel begegnen können.

Gelobt sei Allah.

Der Friede sei mit Dir.

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