Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Ibn Jemin

Die Welt hat keine Dauer

Die Welt hat keine Dauer, Herz,
Darum sei auf der Lauer Herz,
Und fliehe diese Schlummerstatt,
Wo schlummern soll kein Schlauer, Herz!

Denn manches Veilchen, das im Thal
Dem Schoß der Flur entblühte, Herz,
War einst ein Mal, das einst einmal
Auf holden Wangen glühte, Herz!

Und manche Nelke, die der Gruft
Des Bodens frisch enttauchte, Herz,
War einst ein Löckchen, dessen Duft
Um weiße Stirnen hauchte, Herz!

Und manch ein schlichter ird'ner Topf
Den Töpferhände malten, Herz,
War einst vielleicht ein edler Kopf,
Auf welchem Kronen strahlten, Herz.

Wie er auch heißen mag und sein,
Sei gütig gegen jeden, Herz,
Denn diese Straße führt allein
Geradeaus nach Eden, Herz!

Und wenn die Erde dir nicht schenkt,
Was du begehrtest gerne, Herz,
Nicht sie ist's, die dein Schicksal lenkt,
Dein Schicksal lenken Sterne, Herz!

Und ob dein Wort, nach Moses Art,
Verdient, daß man's bewundert, Herz:
Was helfen Jesusreden, starrt
Voll Esel dein Jahrhundert, Herz!

Schlechta Wssehrd. (Franz Xaver Schlechta von Wschehrd)

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