Divan der persischen Poesie
Mahmud Schebisteri
Über das Leben dieses Dichters ist uns sehr wenig bekannt.
Er stammt aus dem acht Farasangen von Tebris entfernten
Schebister und liegt auch dortselbst begraben. Er starb im
Jahre 1320. Mahmud ist einer der hervorragendsten Vertreter
der orientalischen Mystik, sein Hauptwerk das im ganzen Orient
bekannte und hochangesehene »Güldscheni ras«, »Rosenflor des
Geheimnisses«, das berühmteste Lehrgedicht der Sufis. Er
schrieb dasselbe drei Jahre vor seinem Tode als Antwort auf
fünfzehn gereimte Fragen, welche der große Scheich Sajjid
Huseini von Chorasan nach Tebris gesandt hatte. Das »Güldscheni
ras« verbreitet sich über alle wichtigen Fragen des Sufismus,
für den es gleichsam ein Schulbuch ist. Der
philosophisch-religiöse und kulturgeschichtliche Gehalt ist
bei weitem größer als der poetische. Der Ton ist trocken,
nüchtern, verstandesgemäß und erhebt sich nur einigemal zu
jenem Schwung der Begeisterung, in der sich sonst diese Mystik
am liebsten tummelt. Der Dichter charakterisiert sich selbst
am besten in der Einleitung:
Sie wissen alle wohl, daß ich in meinem Leben
Mir vorgenommen, nie mich Versen zu ergeben,
Und wenn ich von Natur zum Dichten auch bereit,
So ist gar selten doch hierzu Gelegenheit.
Wiewohl in Prose ich geschrieben manches Buch,
So galt dem Doppelreim doch nie noch mein Versuch.
Dem Silbenmaß, dem Vers ist nicht der Sinn gemäß,
Und nicht ein jeder Sinn paßt in des Reims Gefäß;
Buchstaben stimmen oft nicht überein mit Dingen,
Das Kasp'sche Meer läßt sich in ein Geschirr nicht bringen;
Wie soll ich, da mich schon die Wort' in Prosa engen,
Durch Reim und Silbenmaß den Sinn noch mehr bedrängen?
Dies sag' ich nicht aus Ruhm, ich sag's aus Dankbarkeit,
Weil mir der Mann von Herz so leichter dann verzeiht.
Ich schäme mich deshalb der eignen Verse nicht,
In tausend Jahren herrscht ein Attar im Gedicht.
Joseph von Hammer-Purgstall