Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Mahmud Schebisteri

Über das Leben dieses Dichters ist uns sehr wenig bekannt. Er stammt aus dem acht Farasangen von Tebris entfernten Schebister und liegt auch dortselbst begraben. Er starb im Jahre 1320. Mahmud ist einer der hervorragendsten Vertreter der orientalischen Mystik, sein Hauptwerk das im ganzen Orient bekannte und hochangesehene »Güldscheni ras«, »Rosenflor des Geheimnisses«, das berühmteste Lehrgedicht der Sufis. Er schrieb dasselbe drei Jahre vor seinem Tode als Antwort auf fünfzehn gereimte Fragen, welche der große Scheich Sajjid Huseini von Chorasan nach Tebris gesandt hatte. Das »Güldscheni ras« verbreitet sich über alle wichtigen Fragen des Sufismus, für den es gleichsam ein Schulbuch ist. Der philosophisch-religiöse und kulturgeschichtliche Gehalt ist bei weitem größer als der poetische. Der Ton ist trocken, nüchtern, verstandesgemäß und erhebt sich nur einigemal zu jenem Schwung der Begeisterung, in der sich sonst diese Mystik am liebsten tummelt. Der Dichter charakterisiert sich selbst am besten in der Einleitung:

Sie wissen alle wohl, daß ich in meinem Leben
Mir vorgenommen, nie mich Versen zu ergeben,
Und wenn ich von Natur zum Dichten auch bereit,
So ist gar selten doch hierzu Gelegenheit.
Wiewohl in Prose ich geschrieben manches Buch,
So galt dem Doppelreim doch nie noch mein Versuch.
Dem Silbenmaß, dem Vers ist nicht der Sinn gemäß,
Und nicht ein jeder Sinn paßt in des Reims Gefäß;
Buchstaben stimmen oft nicht überein mit Dingen,
Das Kasp'sche Meer läßt sich in ein Geschirr nicht bringen;
Wie soll ich, da mich schon die Wort' in Prosa engen,
Durch Reim und Silbenmaß den Sinn noch mehr bedrängen?
Dies sag' ich nicht aus Ruhm, ich sag's aus Dankbarkeit,
Weil mir der Mann von Herz so leichter dann verzeiht.
Ich schäme mich deshalb der eignen Verse nicht,
In tausend Jahren herrscht ein Attar im Gedicht.

Joseph von Hammer-Purgstall

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de