Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Rumi

Aus dem Divan - Einst um Liebe

Einst um Liebe, die Peri, hat der Dschinne Schmerz gefreit;
Damals trug er Lichtgewand, und noch nicht ein Feuerkleid.
Als die reizende Peri sich dem Freier abgewandt,
Ward sein Glanz verzehrende Glut, und blieb es seit der Zeit.
Sich verzehren wollt' er selbst, doch unsterblich fühlt' er sich:
Und die reizende Peri zu versehren, that ihm leid.
Ab ihr wenden wollt' er sich, über sich vermocht er's nicht;
Wo sie hin sich wendete, gab er ihr von fern Geleit.
Durch geheimen Zauber nun so verbunden sind die zwei;
Wo sich nur das eine zeigt, ist das andre auch nicht weit.
Wo in endliche Natur sich die Liebe senken will,
Schauern durch die Kreatur Schmerzen der Unsterblichkeit.
Wann die Rose öffnen will ihre Brust dem Himmelsstrahl,
Sprenget die verschlossene Knosp' ihr Trieb mit Schmerzlichkeit.
Wann des Lebens Schmetterling in der Puppe Tod erwacht,
Zeuget die geborstne Hülle, wie ihn Schmerz befreit.
Siehe, jede Zeitgeburt reißt nicht ohne Schmerz sich los;
Wäre Liebe ohne Schmerz die Geburt der Ewigkeit?

Friedrich Rückert

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