Die Muslima im deutschsprachigen Raum
Abschließend stellen wir uns der Frage
nach der heutigen Situation der praktizierenden Muslima in
Deutschland und den Zukunftsaussichten. Eines sei dazu
vorweggenommen: Keine halbwegs vernünftige muslimische Frau
will Deutschland “islamisieren“, unabhängig davon, wie
überzeugt sie vom Islam ist, unabhängig davon, ob sie
Konvertitin ist oder als Muslima geboren wurde, unabhängig
davon, ob sie ein Kopftuch trägt oder nicht, zumal der Islam
keine Religion mit offensiver Missionsarbeit ist.
Eigentlich haben praktizierende Muslimas
in vielen Teilen ihres Lebens die gleichen Wünsche, Hoffnungen
und Sehnsüchte wie viele andere Frauen der Welt. Die in
Deutschland aufgewachsene Muslima wünscht sich auch eine
fundierte Ausbildung, macht sich Sorgen um einen Arbeitsplatz,
fragt sich, wie Beruf und Familie miteinander vereinbar sein
können, möchte gerne heiraten und eine Familie gründen, gerne
Kinder haben, in einem geborgenen Heim leben, eines Tages
nicht ins Altersheim abgeschoben werden usw..
Aber da sie praktizierende Muslima ist,
stellen sich ihr Hindernisse in den Weg, mit denen
Nichtmuslimas kaum zu rechnen haben. Zunächst einmal wird sie
an vielen Orten des Landes als suspekte Person betrachtet.
Allein die Tatsache, dass sie ein Kopftuch trägt, macht sie zu
einer Art “Aussätzigen“. Sie hat sich zwar schon längst an die
bösen Blicke im Hochsommer gewöhnt, wenn alle anderen sich in
öffentlichen Entblößungswettbewerben überbieten. Aber so
manchmal schmerzt es sie doch, wenn sie in gebrochenem Deutsch
angesprochen wird, obwohl sie möglicherweise in Germanistik
promoviert ist. Einen bewussten ausgebildeten Kopf vermuten
die wenigsten unter ihrem Hidschab. Dabei ist die Abneigung
gegen das Kopftuch in der Gesellschaft erst hochgekocht, als
praktizierende Muslimas auch an den Universitäten gesichtet
wurden und einen Beruf mit einer über die Raumpflegerin
hinausgehenden Qualifikation anstrebten.
Heute gibt es faktisch Berufsverbote für
praktizierende Muslimas in Deutschland. So kann sie z.B. in
den meisten Bundesländern keine Lehrerin werden, und ein
Dienst bei der Polizei oder anderen uniformierten staatlichen
Berufen ist ebenso nicht denkbar. Gibt sie im Internet ein
Stellengesuch mit e-Mail-Adresse auf, in der sie auf ihr
Kopftuch hinweist, damit alle potentiellen Stellenanbieter
“gewarnt“ werden, läuft ihr Mailer voll mit Hassmails von
Leuten, die sie auf sehr unterschiedliche Weise aus dem Land
beordern wollen.
So zieht sie sich immer weiter zurück in
ihre muslimische Gemeinde, findet meist nur einen Arbeitsplatz
unter Muslimen – wenn überhaupt – und wird dann auch noch der
Bildung von Ghettos und so genannten “Parallelgesellschaften“
beschuldigt. Wird sie aber eines Tages schwanger, wird sie
beschuldigt, nichts anderes zu tun, als Kinder in die Welt zu
setzen. Landet sie in der Geburtsklinik, wundert sie sich
darüber, dass offenbar nur sehr wenige Nichtmuslimas die Last
des Gebärens auf sich nehmen. Wer soll dann die Zukunft des
Landes sicher stellen?
Dass ein ungestörtes Miteinander durchaus
möglich ist, zeigt nicht nur die für Muslimas konzipierte
Kopftuchuniform für englische muslimische Polizistinnen. Auch
im deutschsprachigen Raum gibt es tausende von Beispielen
guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen praktizierenden
Muslimas und nichtmuslimischen Straßennachbarn, Bekannten,
Freunden. Und in Österreich hat sich auch eine durchaus
ansehnliche österreichisch-muslimische Gemeinde etabliert mit
gebildeten Frauen und Männern, die sich ihren Platz in der
Gesellschaft durch Engagement erarbeitet haben.
Die bewusst praktizierende Muslima im
deutschsprachigen Raum ist fasziniert von ihrer Religion und
versucht sich immer weiter darin zu bilden und immer tiefer in
die religiösen und spirituellen Aspekte des Glaubens
einzutauchen. Sie engagiert sich gleichfalls “irdisch“ für den
Frieden in der Welt wie auch für Gerechtigkeit in der Schule.
Die erste Generation von eingewanderten Muslimas wird
zunehmend von Muslimas ersetzt, die der deutschen Sprache
durchaus mächtig und auch oft deutsche Staatsbürger sind. Sie
sehen ihre Zukunft – wenn auch teils mit Hindernissen – im
deutschsprachigen Raum und engagieren sich in allen Bereichen,
angefangen von der Schwangerschaftsvorbereitung bis hin zu
Friedhöfen für Muslime.
Nichts und niemand kann sie von diesem
gewachsenen Glauben abbringen – so Gott will. Und niemand ist
in der Lage, ihr das Kopftuch zu entreißen. Wenn die
Mehrheitsgesellschaft das einmal verstanden hat, dann wird es
auch ein hoffnungsvolleres Miteinander geben können.
Muslimas verstehen sich als Teil der
Gesellschaft, in der sie leben und die sie mitgestalten
wollen, nicht nur durch die Erziehung der nächsten Generation.
Und bei aller Verworrenheit der Weltpolitik und der
Feindschaft in der Welt, die durch die Fernsehschirme in
unsere Wohnzimmer hineinstrahlt, sollte es doch zumindest in
unserem bescheidenen Rahmen möglich sein, einen Baustein für
Frieden in der Welt zu gründen.
Muslimas in Deutschland sind inzwischen
auch ein echter “Marketing“-Vorteil in bestimmten
wirtschaftlichen Bereichen. Immer mehr Kliniken stellen ganz
bewusst mehrsprachige Kopftuch-tragende Muslimas ein, weil sie
dadurch eine zunehmende Klientel von muslimischen Patienten
besser zufrieden stellen können und sich dadurch einen
wirtschaftlichen Vorteil versprechen. Auch so manche Apotheke
hat das verstanden, und so ist die Privatwirtschaft im Land
auch in anderen Bereichen, selbst bei dieser
gesellschaftlichen Entwicklung, viel schneller als
Gesellschaft und Politik.
Die Muslimas im deutschsprachigen Raum
sind zu dem konstruktiven Miteinander bereit. Es wird Zeit,
dass auch die Verantwortungsträger im Land das verstehen. Die
allermeisten Muslimas sind schon längst bereit, sich als
konstruktives Mitglied in die Gesellschaft einzubringen. Aber
so lange die Gesellschaft sie mit ihrem religiösen Habit der
Würde nicht akzeptiert, wird sie nicht vom Segen der
Beteiligung von Muslimas an der Gesellschaft profitieren
können. Und in einer Gesellschaft, die vorgibt auf dem Weg
Jesu und Marias und der Nächstenliebe zu sein, sollte man doch
zumindest allen Anhängerinnen der Maria, zu denen auch
Muslimas gehören, ihren Schleier lassen, damit sie sich
engagiert einbringen.
So sehr die Muslima in Deutschland von
manchen als “Gefahr“ verstanden wird, so sehr ist sie auch
eine Chance für das Land sich selbst einzubringen und auch um
zukünftige Renteneinzahler zu erziehen. Wer die Chance
erkennt, wird Wege zum konstruktiven Miteinander finden –
inschaallah – so Gott will.
Der Gesandte Allahs (s.) sprach: „Sagt
ein Mann zu seiner Frau: „Ich liebe Dich“ so werden diese
Worte niemals aus ihrem Herzen verschwinden!“