Faszination Ehe
Merkwürdigerweise wird in der westlichen
Welt über die Ehe eigentlich nur dann gesprochen, wenn es
Probleme gibt. Das ist in der Gesellschaft so, aber auch in
den Medien. Das glückliche traute Ehepaar stellt in den
zahllosen Spielfilmen die kaum beachtete Ausnahme dar. Im
Gegensatz dazu werden außereheliche Beziehungen immer mehr und
höher gepriesen, und es wird den Menschen darzulegen versucht,
wie schön und “normal“ es sei, sich in einen anderen zu
verlieben. Mit allen Mitteln wird in so vielen Filmen, Serien
und Romanen versucht, die Ehe als etwas Altertümliches und
Überflüssiges darzustellen und die “freie“ Beziehung zu
bejubeln. Eigentlich gibt es die Faszination Ehe kaum mehr in
der Öffentlichkeit, dabei sehnt sich doch jeder danach. Die so
genannte “Große Liebe“ gibt es in Film und Literatur meist nur
außerhalb der Ehe.
Im Islam ist die Ehe ein Höhepunkt der
eigenen menschlichen Entwicklung und eine der hohen Stufen der
inneren Befreiung. Nicht umsonst sagt Prophet Muhammad (s.) in
einer Überlieferung, dass die Heirat die Hälfte des Glaubens,
der religiösen Überzeugung darstellt. Denn schließlich findet
man seine andere Hälfte, mit der man sich vervollständigt. Ehe
und Sexualität sind aneinander gekoppelt, und die ehelichen
Freuden sind derart gesegnet, dass Allah sie sogar in den
Stand eines besonderen Gottesdienstes erhoben hat. Und sie
sind derart gesegnet, dass Gott, der Schöpfer, das Ehepaar an
der urschöpferischen Eigenschaft Gottes, nämlich dem Schenken
von Leben, teilhaben lässt. Wie sehr hier ehelichen Freuden
mit der Annäherung an Gott verbunden sind, lässt sich an der
Dimension erahnen, die der große muslimische Mystiker
Dschlaladdin Rumi, genannt Mewlana, dem Sterben zumisst, denn
er nannte die Nacht des Ablebens “Hochzeitsnacht“.
Es mag für westliche Ohren ungewöhnlich
klingen, aber die ideale muslimische Frau in einer idealen
muslimischen Ehe ist Ehefrau und Geliebte zugleich. Es ist ihr
Ehemann, für den Sie sich schön macht, und alle anderen Männer
bekommen sie “nur“ verhüllt zu sehen.
Am 28.11.1980 sprach Imam Chamene’i,
damals noch Präsident der Islamischen Republik Iran, das Thema
Heirat bei dem Freitagsansprache an, deren Leiter er war,
woraus wir hier Auszüge wiedergeben:
„... Der nächste Punkt ist die Heirat
und die Werte der Heirat. Nun sagt ihr vielleicht, wir sind
doch im Monat Muharram.
Die islamische Heirat jedoch, die ohne die vielen Zeremonien,
ohne den Luxus stattfindet, kennt keine bestimmte und
eingeschränkte Zeit. Sei es nun im Muharram oder im
Rabi-ul-Awwal,
eine solche schlichte Heirat ist zu jeder Zeit gesegnet. Oh
ihr Jugendlichen, heiratet früh! Oh ihr Väter und Mütter,
verheiratet eure Töchter und Söhne, die zur Heirat bereit sind
(unterstützt sie dabei)! Macht doch nicht so viele Hindernisse
und Schwierigkeiten! Oh ihr Väter von den Töchtern, hebt eure
Töchter nicht für reiche Bräutigame, oder Bräutigame mit guter
Stellung, mit Namen und Titel und dergleichen auf. Wenn ihr
einen jungen gläubigen Muslim seht, und wenn Tochter und Sohn
beide Muslime sind, dann sind sie einander ebenbürtig, und
stellt ihnen dann daher die zur Heirat notwendigen Dinge zur
Verfügung. Legt ihnen doch nicht so viele Steine in den Weg
der Heirat. Oh ihr Väter der Söhne, besonders aber: Oh ihr
Mütter der Söhne und oh ihr Söhne selber, die ihr Bräutigame
werden wollt. Haltet bei der Heirat nach den islamischen
Werten Ausschau. Seid nicht nur ständig hinter äußerlicher
Schönheit her. So manches vielleicht nicht ganz so schöne
Gesicht verbirgt doch oft ein wunderbares Herz! Jene Töchter,
die, weil vielleicht nicht ganz so schön, welche Sünde haben
sie denn begangen, dass sie dazu verurteilt sind, im Hause
(der Eltern) zu bleiben. Warum sind denn einige Menschen so
ungerecht? Warum sind sie den islamischen Werten gegenüber so
blind? Warum ist Aussehen und Alter so wichtig für euch? Warum
müssen einige der Töchter, obwohl sie gläubig sind, Bildung
und Kultur haben, religiös sind und sich manchmal sogar aktiv
für den Islam engagieren, nur weil ihr Alter eine Spur
vorangeschritten ist, oder weil sie vielleicht nicht so sehr
mit äußerer Schönheit ausgestattet sind, warum sollen sie von
der Gnade, eine Familie gründen zu dürfen und Kinder aufziehen
zu dürfen, ausgeschlossen bleiben? Glücklich das Kind, das am
Schoß einer solchen reinen Frau großgezogen wird! Glücklich
der Mann, der so eine reine und heilige Frau in seinem Hause
haben darf! Werft doch diese so ungerechten Werte ab von euch!
Väter und Mütter: Übt euch doch in der Angelegenheit der Ehe
(eurer Kinder) in Gottesehrfurcht. Das sagt uns doch alles der
Heilige Qur´an, sagt uns doch alles der Islam. Macht doch die
Brautgelder nicht schwer, und seid doch nicht hinter Namen,
Rang und Position her! Ein muslimischer Junge und ein
muslimisches Mädchen, beide mit islamischen Kenntnissen und
beide mit einem gläubigen Herzen! Das ist doch völlig
ausreichend! Lasst sie doch ein gemeinsames Leben beginnen! So
oft tritt man, eben was dieses Thema betrifft, an mich heran!
Immer wieder kommen Jugendliche, Töchter und Söhne und
beklagen sich über die Härte der Familien, insbesondere was
die Väter und Mütter mancher Töchter anbelangt.
Hier, an diesem heiligen Ort, dieser
heiligen Stelle, in Anwesenheit dieser gewaltigen Ansammlung
der Gemeinde, hier in der Freitagsrede bitte ich euch, kehrt
doch zum Urteilsspruch Gottes zurück! Dem, was Gott sagt,
sollt ihr Gewicht verleihen und euch daran halten! Und der
Friede sei mit Ihnen!
Imam Chamene’i machte in seiner Rede
deutlich, dass damals auch einige Muslime noch von falschen
Werten geprägt waren, das Glück der Familie eher verhinderten
und Eltern mit falschen unislamischen Vorstellungen hierbei
eine besondere Rolle spielten. Es dauert Generationen, bis
sich ein neues Denken in der Gesellschaft etablieren kann,
aber die Auswirkungen dieses neuen Denkens sind in der
gesamten islamischen Welt zu spüren.
Das Glück der Ehe ist die Basis für das
Glück der Familie, und das Glück der Familie bildet die Basis
für eine gesegnete Gesellschaft. Kinder, die in solch einer
Familie und somit auch Gesellschaft aufwachsen, erhalten das
Rückrat, mit dem sie sich gegen Unrecht in der Welt behaupten
und sich für die Gerechtigkeit einsetzen können.
Imam Chamene’i hat in seiner Rede darauf
hingewiesen, dass man den Menschen die Heirat erleichtern
soll. Der Islam selbst sieht eine Erleichterung hierbei vor,
falls man sich – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht,
oder nicht mehr, oder derzeit nicht in der Lage sieht, eine
zeitlich unbefristete Ehe einzugehen.