Grundlagen der Familie aus der Sicht des Islam
„Und unter Seinen Zeichen ist dieses,
dass Er Gattinnen schuf für euch aus euch selber, auf dass ihr
Seelenruhe an ihrer Seite findet. Und Er hat Liebe und
Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt! Hierin sind wahrlich
Zeichen für ein Volk, das nachdenkt!“
Heiliger Qur´an 30:21
Aus der Sicht des Heiligen Qur´an stellt
die Familie ein gesellschaftliches, psychisches,
organisatorisches, wirtschaftliches sowie im Sinne der
Erziehung und Ethik stehendes Erfordernis dar. Sie entspricht
dem Bedürfnis nach Barmherzigkeit, Hingabe und Güte und ruht
gemäß dem oben beschriebenen Vers des Heiligen Qur´an auf
einem Fundament, welches gebildet wird durch folgende
Grundlagen:
- Gleiche Erschaffung: „Und unter
Seinen Zeichen ist dieses, dass Er Gattinnen für euch schuf
aus euch selber...“
- Seelenruhe: „...auf dass ihr
Seelenruhe findet an ihrer Seite.“
- Liebe: „...und Er hat Liebe zwischen
euch gesetzt...“
-
Barmherzigkeit: „...und Barmherzigkeit...“
Weitere Grundlagen folgen aus anderen
Versen.
- gutes Benehmen: „...und geht gütig
mit ihnen um...“
Heiliger Qur´an 4:59
-
Gerechtigkeit: „...doch haltet sie nicht zu ihrem Schaden
zurück, um ungerecht zu handeln. Wer das tut, wahrlich, der
sündigt gegen seine eigene Seele.“
Heiliger Qur´an 2:231
- das
göttliche Versprechen: „... und sie (die Frauen) ein festes
Versprechen von Euch abgenommen haben...“
Heiliger Qur´an 4:20
- gottesehrfürchtige Tugendhaftigkeit:
„Wir haben euch von Mann und Weib erschaffen ... und der
Würdigste unter euch ist der Gottesehrfürchtigste!“
Heiliger Qur´an 49:13
Allamah Tabatabai
schreibt in seiner Interpretation der Sure “Die Frauen“ [nisa]:
„Gott, der Erhabene, schuf die Frau und versah sie mit all
dem, was dem Manne Ruhe schenkt und errichtete zwischen ihnen
Zuneigung und Liebe, so dass sie die Männer durch ihre
Schönheit, Liebe, Freundlichkeit, Güte und Zärtlichkeit an
sich ziehen“.
Solch eine Darstellung ärgert moderne Feministinnen, da
sie glauben, die Frau sei “nur“ für den Mann geschaffen. Aber
sie verkennen dabei auch, dass Gott der Erhabene den Mann
schuf und auch ihn mit all dem versah, was der Frau Ruhe
schenkt. Und muslimische Männer und Frauen empfinden es nicht
als Degradierung, wenn festgestellt wird, dass die
unterschiedlichen Geschlechter als primäre Grundlage und
Hauptfaktor der menschlichen Gemeinschaft zu verstehen sind.
Daher hat der Islam die Familiengemeinschaft, die Ehe, zur
Grundlage und Basis der Gesellschaft bestimmt, und der
Heiligen Qur´an sagt:
„Oh, ihr Menschen! Wir schufen euch
aus Mann und Frau und fügten euch zu Völkern und Stämmen, auf
dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, der
Würdigste von euch bei Allah ist der Gottesehrfürchtigste“.
Heiliger Qur´an 2:102
Der Vers ist u.a. eine Absage daran, dass
sich die einen besser als die anderen dünken und sich Einzelne
gegenüber einer Gruppe oder einem Volk überheblich verhalten.
Er weist vor allem aber zunächst auf die kleine
Grundgemeinschaft hin, auf Mann und Frau, den Ausgangspunkt
der Menschheit, danach auf die Gründung größerer
Gemeinschaften, die Sippen, Stämme und Völker. Zudem wird aus
diesem Vers des Heiligen Qur´an ersichtlich, dass der Islam
einer physischen, materiellen Überlegenheit, die lediglich dem
materiellen Leben nützt, keinerlei besonderen Wert beimisst.
Vielmehr schenkt er ausschließlich einer Überlegenheit
hinsichtlich vorzüglicher Eigenschaften, der Würde und inneren
Größe eines Menschen im Sinne gottesfürchtiger
Tugendhaftigkeit Bedeutung, sei es bei Mann oder Frau, Stamm
oder Volk.
Dieses steht im Gegensatz zu dem, was in
den auf Materialismus basierenden Staaten sichtbar wird, in
welchen zunehmend der Sexualtrieb, das instinktive, sexuelle
Verlangen des Menschen, als wesentlicher Grund der
Eheschließung und Familiengründung verstanden wird, und in
denen mit zunehmender Tendenz das Auseinanderfallen familiärer
Bindungen, das Ansteigen der Sittenlosigkeit und Verderbtheit
sowie die immer stärker werdende Neigung zu “freier Ehe“ und
“triebhafter Freiheit“ zu beobachten sind. Letztere aber
widerspricht sowohl der Natur der Frau als auch des Mannes,
selbst wenn durch Rückgriffe auf Tiere und Evolution immer
wieder versucht wird, ein sittenloses Verhalten zu
rechtfertigen. Die Sitte und der Anstand, oder anders
ausgedrückt, die Fähigkeit zur freiwilligen Einhaltung der
Gebote Gottes ist aber das, was den Menschen ausmacht.
Die Heiligkeit der Familie steht im
Gegensatz zu der in manchen Köpfen immer noch vorherrschenden
sozialistischen Ideologie. Darin wird die Familie lediglich
als “historisch gewachsene wirtschaftliche Notwendigkeit“
verstanden. Daher heißt es, dass die Frau sich einstmals
lediglich im Interesse ihrer wirtschaftlichen Sicherheit dem
Manne und der Gründung einer Familie zugewandt habe, da sie
aufgrund ihrer Schwäche nicht allein in der Lage war, zu
fischen, zu jagen, sich gegen die Natur zu behaupten und ihren
Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch heute, da sie die
Möglichkeit dazu habe, selbst für ihre Bedürfnisse aufkommen
zu können, sei die Notwendigkeit zur Eheschließung und
Familiengründung nicht mehr im gleichen Maß gegeben. Daher
könnten nun Mann und Frau, ohne Verantwortung in einer
Beziehungen bzw. Verpflichtungen übernehmen zu müssen, ihren
Sexualtrieb befriedigen.
Unter dem Aspekt der Schöpfung bewegt
sich der Mensch, ebenso wie der Planet Erde, in mehreren
Bahnen, in der eigenen, individuellen und der allgemeinen,
gesellschaftlichen. Die Umwandlung der “privaten“ Familie in
eine “öffentliche“ der Gesellschaft wäre im gleichen Maße
irrational und würde im Widerspruch zur Schöpfung stehen, wie
es die Veränderung der Eigenumlaufbahn der Erde um ihre eigene
Achse in eine große Laufbahn, im Kollektiv aller Sterne des
Sonnensystems um die Sonne sein würde. Beide Bahnen sind
notwendig, und beide Bahnen hängen auch miteinander zusammen.
Aber jede Bahn hat für sich ihre eigene Bedeutung, sowohl die
“innere“ als auch die “äußere“ Bahn.
Naturbedingt bedeutet die Zerstörung der
Familie sowohl ein Vergehen gegen die Schöpfungsordnung als
auch gegen die geistigen, psychischen und physischen
Bedürfnisse des Menschen. Strukturell gesehen steht die Basis
der Kultur und Zivilisation eines jeden Landes, einer jeden
Gesellschaft in engem Bezug zur Stabilität des Familiengefüges
innerhalb der betreffenden Bevölkerung. Aus sozialer Sicht
kann die Frau durch ihre Tätigkeit im Haushalt, als Gattin und
als charakterformende Erzieherin ihrer Kinder der Gesellschaft
einen größeren Dienst erweisen – so sie es freiwillig tut –
als durch diverse Beschäftigungen außer Haus.
Impuls ihres Einsatzes in der eigenen
Familie sind Liebe und Zuneigung zu ihrem Gatten und ihren
Kindern, wohingegen die treibende Kraft für ihre Tätigkeiten
außer Haus in der Regel das Gehalt oder die fehlende
Anerkennung ist, welches angesichts der sich einstellenden
Erschöpfung und Überbeanspruchung hinterfragt werden kann.
Indem dem Mann gleichzeitig seine Frau und Familie
vorenthalten werden, geht ihm ein wesentlicher Teil seiner
Arbeits- und Produktionsfreudigkeit verloren, da diese es
sind, die ihm die Müdigkeit des Tages nehmen, ihm Heiterkeit
schenken und sein Arbeits- und Produktionsinteresse
intensivieren; will er doch die Familie versorgen entsprechend
seiner Natur als “Versorger“. Folglich ist die Frau auch auf
diese Weise sowohl an Aufgaben der Produktion als auch der
Gesellschaft beteiligt. Seiner Natur entsprechend hat der
Islam dem Mann auch die Versorgung der Familie als Pflicht
auferlegt. Es ist zu berücksichtigen, dass der Mann
naturbedingt gerne die Versorgung seiner Familie übernehmen
möchte. Ihm dieses Gefühl zu nehmen wäre genau so falsch, wie
der Frau das Gefühl zu nehmen, gerne Kinder zu bekommen und
diese gerne zu erziehen.
Angesichts dessen, dass die Auflösung der
Familie wie des Eigentums weder Rettung und Glück der Familie
noch der Gesellschaft mit sich bringt, ist der sichere Weg,
der zu ihrem Wohlergehen führt, jener, den der Islam anbietet.
Denn er schenkt dem Wesen, der Natur, der Psyche und Neigung
der Frau sowie auch dem Mann absolute Beachtung. Obgleich er
der Familie Priorität und dem häuslich-familiären
Aufgabenbereich der Frau als Gattin und Mutter hohe Bedeutung
beimisst, stellt er ihr eine die Gesellschaft oder die
Produktion betreffende Beschäftigung außer Haus frei und
unterstützt zudem soziales Engagement.
Der Islam versteht die Frau nicht nur als
Eigentümerin ihres eigenen Besitzes, sondern plädiert zudem
für ihre ökonomische Selbständigkeit bereits seit 1400 Jahren.
Keine andere heute bestehende Ideologie kann auf eine so lange
Befreiungstradition der Frau zurückblicken wie der Islam; auch
ökonomisch. Das Wirtschaftssystem des Islam beruht auf der
Ablehnung jeglicher Art von Ausbeutung und Entrechtung und
verwehrt Mittel und Wege, welche zur übertriebenen Anhäufung
von Reichtum führen. Ebenso, wie diesem Buche zu entnehmen
ist, widersetzt sich der Islam jeglicher den Frauen durch die
Männer zugefügten Unterdrückung, Ungerechtigkeit und
ungleichen Bewertung, ohne jedoch die Basis der Familie zu
zerstören und Komplikationen, Verzicht und Verderbnis zu
verursachen.
Abgesehen von der “Morgengabe“ bzw.
“Brautgabe“, zu deren Leistung der Islam den Mann als
Erkenntlichkeitsbeweis gegenüber der Frau verpflichtet,
obliegen ihm sämtliche Ausgaben und Kosten für Nahrung,
Kleidung und Haushaltsgegenstände, welche die Frau benötigt.
Zudem berechtigt der Islam die Frau sogar, von ihrem Gatten
ein Entgelt für das Stillen ihrer Kinder zu verlangen. Sie
wird nicht nur rundum versorgt, sondern zudem geehrt – auch
ökonomisch im Rahmen der Möglichkeiten des
Haushaltseinkommens, und das für jede Handlung, die sie für
die Familie leistet. Wichtiger jedoch ist die Realität, dass
der Islam Wurzel und Ursprung der Ungerechtigkeit und
Ausbeutung beseitigt, die in der Selbstsucht und Eigenliebe
beruhen. Durch Selbstdisziplin, Hilfsbereitschaft und
Nächstenliebe im Sinne der Gottesehrfurcht und Demut sowie der
Ehe und Familie legt der Islam ein Fundament der Liebe,
Zuneigung, Ruhe und Herzlichkeit.
Nicht durch das Versperren des
Scheidungsweges, sondern durch Stärkung von Liebe, tiefer
Zuneigung sowie durch das göttliche Versprechen, kräftigt und
festigt der Islam die “Grundmauern“ der Ehe und Familie, auf
dass diese gegen Erschütterung gefeit seien. Das ist u.a. ein
Grund dafür, dass die Scheidungsquote in islamischen Ländern,
trotz all der Orientierung an den Westen, weitaus niedriger
liegt als in den rein materialistisch orientierten Staaten.
Mann und Frau geben ihr jeweiliges “Ich“
auf für ein gemeinsames “Wir“. Wenn jemand nach der Ehe
behauptet, er habe sich nicht verändert, so hat er die Ehe im
Islam nicht verstanden, in der die Menschen eine neue geistige
wie auch körperliche Einheit bilden. Deshalb kann es z.B. auch
keine “Vergewaltigung in der Ehe“ im Islam geben. Beide
Partner haben ja schließlich geheiratet, um die Bedürfnisse
des andern in allen Lebensbereichen nach bester Möglichkeit zu
befriedigen und dadurch Glück zu empfinden. Glück zu
empfinden, indem man andere glücklich macht, ist für den
Menschen befriedigender, als wenn man selbstsüchtig nach Glück
sucht.
„Nur
ein Edler ehrt die Frauen, und nur ein Niedriger, Gemeiner
verachtet sie!“
Prophet Muhammad (s.)