Faszination Frau

Faszination
Frau im Islam

 Fatima Özoguz und Mihriban Özoguz

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Stellung der Frau im Heiligen Qur´an

Der Heilige Qur´an ist nicht nur eine Gesetzessammlung. Er umfasst nicht ausschließlich nüchterne und klare Vorschriften und Gesetze, sondern enthält außerdem noch historische Begebenheiten, Predigten, Interpretationen der Schöpfung und viele andere Themen. Werden stellenweise Gesetzesvorschriften verkündet, so begegnen wir andernorts Interpretationen der Existenz. Der Heilige Qur´an erzählt von der Erschaffung des Himmels, der Erde, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen, von dem Geheimnis des Lebens und des Todes, von Ehre und Schmach, von Fortschritt und Niedergang, von Wohlstand und Armut.

Der Heilige Qur´an ist kein philosophisches Werk, äußert sich aber dennoch über die drei grundlegenden Themen der Philosophie: Welt, Mensch und Gesellschaft. Er beschränkt sich nicht auf die Verkündung von Geboten und Belehrungen, sondern vermittelt den Gläubigen durch die Interpretation der Schöpfung eine besondere Weltanschauung. Dieser Interpretation der Schöpfung liegen die islamischen Vorschriften über gesellschaftliche Fragen wie Eigentumsrecht, Regierung, Familienrecht usw. zugrunde.

Eines der im Heiligen Qur´an erörterten Themen beschäftigt sich mit der Erschaffung von Frau und Mann. Der Heilige Qur´an schweigt sich darüber nicht aus und bietet so den “Alleswissern“ keine Gelegen­heit, von sich aus Vorschriften über Mann und Frau zu ersinnen und sie als Folge angeblich Frauen verachtender Ansichten des Islam auszugeben. Wenn wir uns mit der Erschaffung der Frau und des Mannes aus der Sicht des Heiligen Qur´an befassen, haben wir nicht darauf zu achten, welche Ansichten andere religiöse Schriften zu diesem Thema vertreten. Eine Gegenüberstellung kann aber teilweise hilfreich sein, um den Gleichberechtigungscharakter des Islam besser zu verstehen. Daher stellen sich folgende Fragen: Sind Mann und Frau aus der Sicht des Heiligen Qur´an gleich erschaffen, mit anderen Worten, entsprechen sie einander entsprechend ihrer Veranlagung und Natur? In zahlreichen Versen des Heiligen Qur´an wird eindeutig die Ansicht vertreten, dass Frauen und Männer aus einem gemeinsamen Wesen erschaffen worden sind. Über den ersten Menschen heißt es:

... Der euch aus einem einzigen Wesen geschaffen hat, aus diesem erschuf Er ihm die Gefährtin, und aus beiden ließ Er viele Männer und Frauen sich vermehren ...“

Heiliger Qur´an 4:1

Über die Menschen im allgemeinen wird gesagt:

„Gott erschuf aus euch Gefährtinnen für euch ..“

Heiliger Qur´an 3:4 und 30

Im Gegensatz zu anderen Heiligen Schriften fällt im Heiligen Qur´an kein Wort darüber, dass die Frau aus niederer Materie geschaffen bzw. aus der linken Rippe des Mannes entstanden sei und als Anhängsel des Mannes betrachtet werde. Der Heilige Qur´an äußert sich also nicht in herabwürdigender Weise über Erschaffung oder Schöpfung der Frau.

In der Vergangenheit wurde vielfach eine frauenfeindliche Ansicht vertreten, die auch in der Weltliteratur unliebsame Spuren hinterlassen hat, dass die Frau der Ursprung der Sünde sei. Sie führe die Männer in Versuchung, sie sei der kleine Teufel, und bei allen von Männern begangenen Verbrechen habe eine Frau ihre Finger im Spiel gehabt. Noch heute gilt im Französischen bei einem Kriminalfall der Spruch “Cherchez la femme“ (sucht die Frau). Die Männer seien von Natur aus frei von Sünde und würden nur von den Frauen dazu veranlasst. Der Teufel würde nicht unmittelbar dem Mann böse Gedanken einflüstern, sondern versuchen, ihn durch die Frau zu verführen. Adam sei erst aufgrund der Beeinflussung Evas den Versuchungen des Teufels erlegen und deshalb aus dem Paradies vertrieben worden.

Auch im Heiligen Qur´an wird die Geschichte Adams im Paradies erzählt. Es ist aber keine Rede davon, dass der Teufel bzw. die Schlange zuerst Eva und Eva dann ihrerseits Adam verführt habe. Im Heiligen Qur´an wird Eva weder als Hauptschuldige bezeichnet noch von der Schuld freigesprochen.

Wir lesen: „Und Gott sagte: Adam, verweile du und deine Gattin im Paradies und esst Früchte, von wo ihr wollt !“

Sobald jedoch die Geschichte der Versuchung durch den Satan erzählt wird, werden die Pronomen in dem im Arabischen möglichen Dual verwendet:

„Da flüsterte ihnen der Satan böse Gedanken ein ...“ „... und so verführte er sie beide, indem er sie beide betörte, und er beschwor sie beide: ’Ich rate euch gut!’ “

Heiliger Qur´an 7:19-21

Der Heilige Qur´an richtet sich also gegen diese damals vertretene und noch heute in einigen Gegenden der Welt anzutreffende Ansicht und spricht die Frau von der Anschuldigung frei, ein Mittel der Versuchung und der Ursprung der Sünde zu sein. Bedauerlicherweise gibt es aber einige dem Propheten (s.) zugeschriebene so genannte Überlieferungen, die in der umayyadischen Periode erfunden wurden, um ein frauenverachtendes Verhalten späterer Kalifen zu rechtfertigen. Sie werten die Frau ab, sind aber eben nicht authentisch. So genannte “Islamexperten“ beziehen sich jedoch gerne darauf.

Es gibt noch ein weiteres abfälliges Urteil über die geistigen Fähigkeiten der Frau. Es wurde behauptet, sie käme nicht in den Himmel, weil sie nicht die notwendige Vollkommenheit erreichen könne. Die Frau könne Gott niemals so nahe stehen wie der Mann. In vielen Versen des Heiligen Qur´an wird jedoch betont, dass Gottes Lohn und Aufmerksamkeit dem gebühren, der glaubt und danach handelt. Der Heilige Qur´an nennt neben jedem großen und heiligen Mann eine große und heilige Frau.

Eine weitere abwertende Ansicht über die Frau betrifft die sexuelle Entsagung und die hohe religiöse Wertschätzung der Ehelosigkeit, wie sie in manchen Religionen praktiziert wird. Wie wir wissen, ist der Geschlechtsverkehr nach Auffassung einiger Religionen verpönt bzw. nur im Zusammenhang der möglichen Kinderzeugung akzeptabel. Nach dieser Auffassung können nur diejenigen eine hohe Stufe der geistigen Entwicklung erreichen, die ein Leben in Ehelosigkeit leben. Die Ehe sei letztendlich nur deshalb erlaubt, da sie zur Erhaltung der Menschheit notwendig sei, also ein notwendiges Übel. Da die meisten Männer nicht imstande seien, sich zu beherrschen und sich deshalb der Unzucht hingaben, kämen sie zwangsläufig mit vielen Frauen in Berührung. Um dies auszuschließen, sei es daher ratsam für sie, zu heiraten. Die Idee der sexuellen Entsagung und der Befürwortung der Ehelosigkeit entspricht einer frauenfeindlichen Gesinnung, welche die Liebe zur Frau als ein großes moralisches Verderbnis betrachtet.

Der Islam stellt sich gegen diesen Aberglauben und sieht die Ehe als heilig, die Ehelosigkeit jedoch als Missstand an. Er bezeichnet die Liebe zur Frau als edlen Brauch der Propheten: Bertrand Russel sagt: „Mit Ausnahme des Islam ist in allen Religionen ein gewisses Misstrauen gegenüber der sexuellen Neigung zu beobachten.“ Im Interesse der Gesellschaft hat zwar auch der Islam die Grenzen dieser Neigung aufgezeigt und Vorschriften erlassen, die Sexualität an sich aber niemals als schlecht bezeichnet. Ganz im Gegenteil soll die Sexualität zwischen Mann und Frau in der Ehe die Ehepartner einander näher bringen und ihre Liebe erweitern. Im Islam sind der Sexualität zwischen Ehepartnern bis auf geringe Ausnahmen kaum Grenzen gesetzt. Die Sexualität soll in der Ehe in vollen Zügen ausgelebt werden, damit weder Mann noch Frau auf abwegige Gedanken kommen, etwas außerhalb der Ehe zu suchen. Darum sollte im Islam z.B. eine Frau ihren Mann auch nicht abweisen außer in begründeten Fällen wie z.B. Krankheit, in denen vom Mann ohnehin entsprechende Rücksicht durch den Islam gefordert wird. Ein ständig abgewiesener Mann läuft irgendwann Gefahr – selbst wenn er seine Frau liebt – die Sexualität, die er benötigt, anderenorts zu suchen, was wiederum zum Nachteil für die Frau, aber auch die gesamte Familie wäre.

Der Islam umreißt das Ziel der Schöpfung mit klaren Worten: Himmel und Erde, Wind und Wolken, Pflanzen und Tiere seien für den Menschen geschaffen worden. So sind auch Mann und Frau nach islamischer Auffassung gleichberechtigt füreinander geschaffen worden. Dazu heißt es im Heiligen Qur´an:

„Sie sind euch ein Gewand, und ihr seid ihnen ein Gewand“.

Heiliger Qur´an 2:187

Schließlich wurde verächtlich über die Frau geäußert, sie sei ein notwendiges Übel. Trotz der großen Vorteile, deren die Männer sich durch die Frau erfreuten, verachteten die meisten ihre Frau und betrachteten sie als Ursache ihres Unglücks und ihrer Schwierigkeiten. Dieser Aspekt findet im Heiligen Qur´an besondere Erwähnung durch Richtigstellung. In ihm heißt es, die Frau bedeutet für den Mann Glück und innere Ruhe.

Eine letzte unter den vorislamischen Arabern sowie einigen anderen Völkern vorherrschende Meinung maß der Rolle der Frau bei der Fortpflanzung eine geringe Bedeutung bei. Sie betrachteten den Körper der Mutter als eine Art Behälter, der den Samen des Mannes, welcher die eigentliche Saat sei, zum Heranwachsen des Kindes aufnehme. Durch die Feststellung des Heiligen Qur´an: „Ihr seid von Mann und Frau gezeugt worden“[1] sowie andere Verse, wurde dieser Denkweise durch den Islam ein Ende bereitet.

Wir haben also feststellen können, dass der Islam weder eine philosophisch noch eine schöpfungsgeschichtlich begründete abfällige Meinung über die Frau vertritt; im Gegenteil, er hat solche Ansichten zurückgewiesen.

[1] Heiliger Qur´an 49:13

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