Umbruch und Befreiung
Anlässlich der vielen Fragen und oft
grotesken Vorstellungen und Vermutungen hinsichtlich der Frau
im Islam, insbesondere der Frau in der Islamischen Republik
Iran, sollen einige Worte dem Thema der Frau im heutigen Iran
gewidmet werden. Wir hoffen, damit ein klein wenig dazu
beitragen zu können, dass wenigstens ein Teil der Vorurteile
und der unrichtig begründeten Meinungen über die muslimische
Frau, über ihr Ansehen, ihre Aufgaben und ihre Aktivitäten in
der Gesellschaft abgebaut werden können.
Im Wesentlichen sind die Frauen des Iran,
wie all die vielen Abermillionen Frauen der ganzen Welt, mit
den gleichen, verborgenen und offenen Wünschen, mit dem
gleichen Sinn für das Menschliche, Gute und Schöne, mit der
gleichen Empfindsamkeit und Zartheit ihres Wesens
ausgestattet. Die iranische Mutter ist wie die meisten der
ungezählten Mütter dieser Erde durchdrungen von der gleichen
aufopfernden Liebe zu ihren Kindern. Auch ihr Bemühen und ihre
Hingabe gelten dem Wohl der Familie, ihre Freude, ihre Trauer,
ihre Sorgen, ihr Glück und ihr Leid entsprechen – mit
geringfügigem Unterschied – der jahrtausende alten Melodie der
Frauen und Mütter der gesamten Welt.
Trotz dieser wesensmäßigen Gleichheit ist
zwischen der Frauengestalt des heutigen Iran – dem Iran nach
der Islamischen Revolution – und des Iran vor der Revolution
ein nicht zu leugnender deutlicher Unterschied
festzustellen, insbesondere im Hinblick auf ihre Denkweise
und ihr soziales und politisches Bewusstsein. Die Tatsache,
dass dieser Unterschied von westlichen Journalisten kaum
berichtet wird, hängt nicht nur damit zusammen, dass sie
manchmal böswillig vorgezeichnete Klischee-Bilder mit
Reportagen bestätigen wollen. Vielmehr haben sie oft gar
keinen Kontakt zu diesem Teil der Bevölkerung. Der
durchschnittliche westliche Reporter spricht kein Persisch und
sucht zunächst den Kontakt zu “englischsprachigen“
Kreisen. Dadurch gerät er an ein absolut nicht repräsentatives
Bild des Landes und somit auch der Frauen. Bis heute gibt es
z.B. kaum Berichte darüber, wie die extreme Ausbeutung der
Bevölkerung durch den westlich gesonnen Schah durch die
islamische Revolution überwunden wurde.
Die älteren Iranerinnen erinnern sich
noch sehr gut an das Straßenbild von damals, an all die nach
dem letzten europäischen Modeschrei gekleideten Damen der
“Highsociety“ mit ihrem auffälligen und aufdringlichen
Make-up, reinste Abbildungen der Titelfotos der damals
üblichen Sexmagazine, duftend nach teuren Parfüms. Zu jener
Zeit waren die Frauen aus dem Volk weitaus weniger auf den
Straßen, Plätzen und in den Kaufhäusern der Städte zu sehen
als heute; und wenn, dann größtenteils nur in Begleitung ihrer
Familie und nur zur Erledigung dringender Angelegenheiten.
Das gesellschaftliche Leben wurde von den
Lebedamen und Herren der “Oberen Zehntausend“ gestaltet, das
heißt, was diese unter gesellschaftlichem Leben verstanden,
nämlich rege Teilnahme an Club- und Tanzveranstaltungen, ihre
Besuche in Nachtlokalen, Kinos, Hotelbars, ihre fast
unbekleidete Anwesenheit in gemischten Swimmingpools und am
Meeresstrand. Auch in den Ämtern, Behörden, Schulen und
Krankenhäusern waren diese grell geschminkten Dämchen
anzutreffen, doch weniger aus Interesse an einer sinnvollen
Tätigkeit, sondern mehr zum Zeitvertreib und in Amüsierpose.
Einen echten Dienst am Volk konnte jene Lebenseinstellung kaum
zutage fördern.
Obwohl nicht abzustreiten ist, dass es
auch damals, zu Zeiten der finsteren Schah-Ära, Frauen gegeben
hat, die engagiert und arbeitsam im Sinne des Volkswohles
einen Beruf in der Öffentlichkeit ausübten, waren diese doch
weitaus in der Minderheit anzutreffen und gehörten fast
ausschließlich der breiten, einfachen Bevölkerungsschicht oder
den wahrhaft aufgeklärten Kreisen an. Die von der im Luxus
prassenden, privilegierten Schicht der Reichen nur von “oben
herab“ angesehene oder besser gesagt “übersehene“ breite
Schicht des Volkes, welche ihrer Einfachheit und Armut wegen
missachtet und diskriminiert wurde, die, da sie die nötigen
Geldmittel nicht besaß, um ihre Kinder auf Universitäten
schicken zu können, mehr oder weniger bezüglich Wissenschaften
unwissend blieb und deswegen seitens der Oberschicht als dumm,
ungebildet und proletarisch, als “Zweite-Klasse-Menschen“
verschrien war, verblieb in der Zurückgezogenheit. Was für
Sorgen die absolute Mehrheit des Volkes im Land hatte,
interessierte diese Oberschicht nicht im geringsten.
Still und bescheiden gingen die
Angehörigen dieser Bevölkerungsschicht ihrem täglichen Leben
nach und hielten sich von der so genannten “Gesellschaft“
fern, da sie ohnehin keinen Einfluss und kein Mitspracherecht
am öffentlichen und politischen Geschehen besaßen – Mann und
Frau. Es war eine Zeit, in der sie, die hart arbeitende
Bevölkerung, keine Rechte besaß, eine Zeit, in welcher der
Fabrikarbeiter vielfach nicht einmal die Erlaubnis erhielt,
beispielsweise ein Schräubchen einzusetzen oder gar Vorschläge
zu machen, da dieses zu den Privilegien der ausländischen
Facharbeiter gehörte.
Doch dann kam der Umbruch! Die
Oberschicht hatte das Maß ihrer Arroganz, Übermäßigkeit und
Skrupellosigkeit soweit überschritten, dass der Zorn der
entwürdigten und entrechteten Bevölkerung gegen sie ausbrach
und zu einem Sturm anwuchs, der über all diese
Ungerechtigkeit, Gier und Völlerei hinwegfegte und die schon
lange im Untergrund schwelende Glut der islamischen Revolution
im Iran anfachte zu einer lodernden Flamme.
Sie alle, die diese neue und für sie so
positive Wendung in ihrem bis dahin so demütigenden Dasein
verspürten, strömten gemeinsam auf die Straßen und Plätze der
Städte des gesamten Landes. Sie erkämpften ihre Islamische
Revolution und gründeten ihre Islamische Republik Iran, deren
Staatsform, die auf den islamischen Prinzipien beruht, von
ihnen in überwältigender Mehrheit gewählt wurde.
Diese Revolution brachte eine gewaltige
Änderung und Verbesserung für die vielen Millionen Menschen
dieses Landes mit sich. Sie, die vormals mit falschen
Vorstellungen und Wertmaßstäben gefüttert worden waren,
erwachten zu neuem Leben. Diese revolutionäre Bewegung gab
ihnen Mut und Hoffnung zum Leben zurück, machte sie mit ihrem
eigenen menschlichen Wert, der ihnen in der Schah-Epoche
sozusagen abgesprochen worden war und ihren bisher
brachliegenden und ungenutzten Fähigkeiten und Begabungen
bekannt, zeigte ihnen die eigene Stärke und Kraft und ließ sie
wieder zu sich selbst zurückfinden. Das gesellschaftliche
Leben gewann neue Dimensionen und andere, das heißt,
islamische Maßstäbe wurden angelegt. Die Situation und
Stellung der Frau nahm eine Wendung von 180 Grad.
„Siehe
die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen, die
gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die gehorsamen
Männer und die gehorsamen Frauen, die wahrhaftigen Männer und
die wahrhaftigen Frauen, die standhaften Männer und die
standhaften Frauen, die demütigen Männer und die demütigen
Frauen, die Männer, die Almosen geben und die Frauen, die
Almosen geben, die Männer, die fasten und die Frauen, die
fasten, die Männer, die ihre Keuschheit wahren und die Frauen,
die ihre Keuschheit wahren, die Männer, die Gottes häufig
gedenken und die Frauen, die Gottes häufig gedenken, ihnen hat
Gott Vergebung und herrlichen Lohn bereitet.“
Heiliger Qur´an, 33:35