Was sagt der Islam
zur Gleichberechtigung?
Im Islam wird den Rechten der Frau und
denen des Mannes gleiche Aufmerksamkeit und Beachtung
gewidmet, welches in einer Vielzahl von Versen des Heiligen
Qur´an sichtbar wird:
„So antwortete ihnen ihr (Gott und)
Herr: ’Wahrlich, Ich lasse das Werk des Wirkenden unter euch,
ob Mann oder Frau, nicht verloren gehen. Die einen von euch
sind von den anderen’.“
Heiliger Qur´an 3:95
Das heißt, es besteht kein Unterschied
im Wert des einen zu dem des anderen. Oder aber, wie es an
anderer Stelle zu lesen ist:
„Die Frauen sind euch ein Gewand, und
auch ihr seid ihnen ein Gewand.“
Heiliger Qur´an 2:187
Das bedeutet, dass Frauen und Männer
einander gegenseitiger Schutz in allen Lebensbereichen sind.
Sie bewahren sich gegenseitig vor Mängeln und Fehlern und
ergänzen einander in idealer Weise, wie das Gewand den Träger
des Gewandes, wobei Frau und Mann sowohl Gewand des anderen
als auch Träger des Gewandes sind. Diese Ansicht des Islam ist
ebenfalls in einer Reihe anderer Verse des Heiligen Qur´an zu
erkennen, die speziell auf die Rechte der Frau und die mit ihr
in Zusammenhang stehenden Fragen eingehen. In jenen Versen
wird der Mann zuweilen an die Wahrung der Rechte der Frau
erinnert und auf ihre menschlichen Rechte sowie ihre
gleichwertige Persönlichkeit hingewiesen.
Das, was den Islam
in den Augen seiner Anhänger vor anderen Lehren und Religionen
auszeichnet und ihm eine besondere Faszination verleiht, ist
sein präzises, konkretes und umfassendes Erörtern der
gesellschaftlichen Rechte sowie der menschlichen und ethischen
Würde der Frau. Jene Würde der Frau, die in ihrer Besonderheit
liegt, bleibt in vielen Ideologien der Geschichte entweder
unberücksichtigt oder wurde gar gegen sie missbraucht, um sie
zu erniedrigen. Der Islam aber befreite die Frau vor
Erniedrigung.
Der große Prophet des Islam, Prophet
Muhammad (s.), ist die bedeutendste Persönlichkeit, die der
Wertschätzung der Frau in so hohem Maße Bedeutung beimaß und
ihr ihre menschliche Würde und ihre sozialen Rechte in einem
Ausmaß wiedergab, dass sie sogar für das Stillen ihres Kindes
ein Entgelt von ihrem Gatten beanspruchen konnte. Eine Tochter
besaß hinsichtlich der Wahl ihres Ehegefährten soviel
Freiheit, dass sie, ohne die Einmischung anderer, ihr Geschick
allein bestimmen konnte, und das bereits zu einer Zeit, in der
Frauen fast überall in der Welt noch als Besitz des Mannes
betrachtet wurden.
In diesem Zusammenhang ist es angebracht,
auf eine Geschichte hinzuweisen, die sich zu Beginn des Islam
zutrug, als Zeugnis für die soziale Unabhängigkeit und
Entscheidungsfreiheit, die der Frau seitens des Islam
zugebilligt wurde. Schahid Ayatollah Prof. Motahhari
schrieb diese Begebenheit wie folgt nieder:
Ein verschrecktes, beunruhigtes junges
Mädchen trat vor den verehrten Propheten (s.) und sprach:
„Oh du Prophet Gottes! Durch meinen Vater.......“ Das
Mädchen stockte und konnte nicht weiter reden. „Was stellte
dein Vater mit dir an?“ fragte der Prophet (s.). „Mein
Vater hat einen Neffen, mit welchem er mich, ohne dass er mich
zuvor gefragt hätte, verlobte.“ Prophet Muhammad (s.)
sagte: „Nun, nachdem er so handelte, widersetze du dich
diesem nicht! Willige ein und sei die Frau deines Vetters!“
Aber das Mädchen entgegnete: „Oh du Prophet Gottes, ich
habe jedoch meinen Vetter nicht gern! Wie kann ich die Frau
eines jemanden werden, den ich nicht liebe?!“ – „Nun, wenn du
ihn nicht liebst, so ist dagegen nichts auszurichten. Die
Entscheidung liegt bei dir! Gehe hin und wähle jemanden - nach
deinem Wunsche - zu deinem Gatten.“ – „Zufälligerweise kenne
ich jemanden, der mir lieb ist. Niemanden, außer ihn, liebe
ich. Ich kann nicht die Frau eines anderen werden! Um mich von
dir, oh Prophet, beraten zu lassen und diese Worte von dir zu
hören, kam ich zu dir! Und allen Frauen verkünde ich, dass von
nun an die Väter nicht mehr berechtigt sind, eine
Entscheidung, lediglich nach ihrem eigenen Gutdünken und
Willen, zu treffen und ihre Töchter einem jeden, der diesen
(Vätern) beliebt, zu vermählen!“
Eine derartige Entscheidungsfreiheit,
eine derartige Unabhängigkeit der Wahl, wurde der Frau durch
den Islam bereits vor über 1400 Jahren zugesprochen, etwas,
was zu jener Zeit auch in der westlichen Welt absolut unüblich
war, wie noch zu lesen sein wird. Und bereits hier wird
deutlich, dass der Islam sich gegen jede Form der Zwangsehe
zur Wehr setzt.
Die Zwangsehe ist im Islam verboten! Die
Frau kann ihre Geschicke selber bestimmen. Allerdings hat bei
einer Jungfrau, einer Frau, die zum ersten Mal heiratet, der
Vater eine gewisse Schutzfunktion, in dem er einen Bewerber
u.U. ablehnen darf. Dieses soll die Familienbande stärken,
denn der “Bewerber“ muss diese “Hürde“ nehmen, also eine
vernünftige Beziehung zum möglichen zukünftigen Schwiegervater
aufbauen. Normalerweise “verlässt“ die Frau ihre Familie, um
mit dem Ehemann eine neue Familie aufzubauen. Durch dieses
besondere “Vetorecht“ wird sichergestellt, dass der Versorger
der Tochter zu beiden Familien, zu der Familie des Mannes und
der Frau, eine familiäre Beziehung unterhält.
Interessanterweise hat nur der Vater dieses “Vetorecht“, nicht
die Mutter oder Brüder. Denn der Vater kennt selber die
Gedankenwelt junger Männer aufgrund seiner Lebenserfahrung,
und wenn er sieht, dass der junge Mann als Heiratskandidat
seiner Tochter nicht zuträglich ist, dann steht es unter
seiner Beratungsverantwortung, die Heirat zu behindern, bzw.
den Kandidaten dazu zu bewegen, ihn zu überzeugen. Das
Vetorecht des Vaters soll eine Schutzfunktion für das Mädchen
sein, keinesfalls eine Verhinderungsfunktion, wenn er aus
islamisch nicht zu rechtfertigenden Gründen einen Bewerber
ablehnt! Eine Frau, die hingegen als Witwe oder nach Scheidung
ein zweites Mal heiratet, bedarf dieser Erlaubnis nicht. In
funktionierenden muslimischen Familien wird aber ohnehin
versucht, das Einverständnis aller Elternteile einzuholen.
Ein noch deutlicherer Beweis für die
Gleichberechtigung von Mann und Frau im Islam kann in einer
Vertretungsregel erkannt werden, die oft nicht unbedingt im
Vordergrund der Betrachtung steht, da sie mit einem Sonderfall
der Pilgerfahrt zu tun hat: Verstirbt ein Muslim, der zu
Lebzeiten die Bedingungen erfüllte, um die Pilgerfahrt
anzutreten, aber er oder sie nicht dazu kam, und der
Verstorbene hinreichend Erbe hinterlässt, so werden die Erben
eine Person engagieren, welche die Pilgerfahrt “in Vertretung“
des Verstorbenen durchführt. Und das Besondere hierbei ist,
dass der Vertreter gar nicht vom gleichen Geschlecht des
Verstorbenen sein muss. Eine Frau kann die Pilgerfahrt als
Vertretung für einen Mann durchführen! Welch eindeutigeren
Beweis für die religionsrechtliche Gleichberechtigung könnte
es geben, wenn doch diese religiöse Pflicht als
gleichberechtigt anerkannt ist, wie auch alle anderen
Handlungen?
Der Islam erlaubt keinerlei
Diskriminierung zwischen Frau und Mann! Um das optimal
realisieren zu können, ist es notwendig, die psychisch und
physisch bedingten Unterschiede zwischen Mann und Frau zu
berücksichtigen. Jeder, der derart natürliche Unterschiede
leugnet, widerspricht nicht nur der Religion, sondern auch der
uns heute bekannten Wissenschaft. Abgesehen davon ist es doch
jedem klar, dass ein Mann sich z.B. kaum vorstellen kann, ein
Baby im eigenen Leib zu tragen oder es an der eigenen Brust zu
nähren. Aber eine Frau kann das, selbst wenn sie noch kein
Kind hatte. Dass solche Unterschiede ihre Auswirkungen auf das
ganze Leben haben, kann doch nicht geleugnet werden.
Der Islam zieht keine Trennung zwischen
Mann und Frau in der Wertschätzung und erkennt beide als
Menschen gleichen Wertes an. Und genau deshalb berücksichtigt
er eben auch die natürlichen Unterschiede! Würde man z.B. von
einem Rechtshänder und einem Linkshänder die identische
Leistung mit der rechten Hand abverlangen, wäre es gegenüber
dem Linkshänder ungerecht. Erst wenn jeder seine eigene starke
Hand nutzen kann, liegt eine gleichberechtigte
Berücksichtigung vor.
„Wenngleich der Islam aufs Schärfste
eine Diskriminierung zwischen Mann und Frau bekämpft, stimmt
er doch einer ’Gleichheit’ – im Sinne von ’Gleichmacherei’ –
zwischen beiden keinesfalls zu!“
Mit anderen Worten: Der Islam befürwortet weder eine
Diskriminierung zwischen den Geschlechtern noch
“Gleichmacherei“, sondern ist bemüht, dass jeder der
Geschlechter in der Gesellschaft seinen natürlichen und ihm
angebrachten Platz innehat und in seinen Stärken gefördert
wird. Diskriminierung betrachtet der Islam als ein Verbrechen
und “Gleichheit“, im Sinne von “Gleichmacherei“, als
unnatürlich, derart, das auch die “Gleichmacherei“ eine Art
Diskriminierung zur Folge hat und damit zur Unterdrückung
wird. Die Natur der Frau ist gemäß dem Islam weder niedriger
als die des Mannes noch der des Mannes identisch. Beide
Naturen dienen der gegenseitigen Ergänzung, sowohl im privaten
Leben als auch in der Gesellschaft. Aus diesem Grund
befürwortet der Islam, im Gegensatz zur westlichen
Zivilisation, dass beide, Mann und Frau, ihrer natürlichen
Rechte, somit auch ihrer gleichen menschlichen, sozialen und
politischen Rechte teilhaftig werden, jedoch nicht absolut
identischer Rechte und Pflichten im Sinne von
“Gleichmacherei“.
Der Islam versteht eine wahre
Überlegenheit eines der Geschöpfe gegenüber dem anderen nur in
dessen Tugendhaftigkeit und Gottesehrfurcht. Das, was im Islam
zählt, ist der Mensch. Es zählt die Entwicklung und
Vervollkommnung des Menschen, sein Streben und sein
Verantwortungsbewusstsein für die ihm aufgetragene Aufgabe als
göttlicher Statthalter auf Erden im Bewusstsein der Rückkehr
eines Tages in seine Heimat, das Paradies.
Es ist ersichtlich, dass hinsichtlich
all dessen im Islam weder Diskriminierung zwischen Mann und
Frau noch Unterdrückung gebilligt werden. Das, was in der
islamischen Gesellschaft Echtheit und Wert besitzt, zur
Gottesnähe führt und als Tugend beider Geschöpfe zählt, ist
der geläuterte Zustand der Seele und die Gottesehrfurcht im
Kampf gegen das eigene Ego. Denn das Ziel ist die gemeinsame
Verwirklichung von Mann und Frau in ihrem Streben nach
Wahrheit und nicht die so genannte Selbstverwirklichung
gegeneinander. Nicht die “Selbst“-Verwirklichung steht im
Vordergrund, sondern die “Wir“-Verwirklichung als Ausdruck der
wahren Selbstverwirklichung, die sich eben nur in der
Gemeinschaft der Menschheit konstruktiv verwirklichen kann.
Die natürlichen Unterschiede von Mann
und Frau dienen gerade dazu, den gemeinsamen Weg zu suchen und
zu finden. Die Unterschiede sind nicht nur mit einer
besonderen Anziehungskraft verbunden, sondern auch Antrieb
dazu, die “Einheit“ Gottes anzustreben, indem sich
“Getrenntes“ vereinigt.
Die Zeichen hierfür sind derart
überwältigend, dass sie kaum übersehen werden können. Selbst
der Fortbestand der Menschheit hängt an der Frage, in wie weit
sich Mann und Frau “einigen“. Der Islam bietet hier den
geeigneten Rahmen, wobei sowohl die unterschiedliche Natur
beider Geschlechter berücksichtigt wird, als auch die
Gleichberechtigung darauf basiert.
Prophet
Muhammad (s.) sagte: „Die Jünger sprachen (einmal) zu Jesus
(a.): ’Oh Geist Gottes,
zu wem sollen wir uns gesellen?’ Er sprach: ’(Seid mit)
demjenigen, der euch, wenn ihr ihn seht, an Gott erinnert,
dessen Rede eure Handlungen wertvoller macht und dessen Taten
euch Sehnsucht nach dem Jenseits wecken.’ “
Aus dem Buch von
Schahid Dr. A. Schariati, Seite 15, zudem als weitere
Erklärung: 'Equal-Rights' - yes, 'Similarity-Rights' -
no