Wer beschneidet Töchter?
Die Beschneidung des männlichen
Geschlechtsteils und damit Entfernung der Vorhaut ist für die
muslimischen Männer Pflicht und wird in der Regel bei
männlichen muslimischen Kindern schon frühzeitig – oft als
Baby – von den Eltern veranlasst. Bei später konvertierten
Muslimen kann dies durch einen einfachen Eingriff mit
örtlicher Betäubung nachgeholt werden. Die Beschneidung ist
Voraussetzung für die Gültigkeit des Ritus des Umkreisens der
Kaaba bei der Pilgerfahrt und der Wallfahrt. Es entspricht dem
Vorbild der Propheten, beschnitten zu sein. Denn es gilt als
eines der Zeichen des Prophetentums, dass die Propheten
bereits beschnitten – also ohne Vorhaut – geboren wurden.
Vom medizinischen Standpunkt hat die
Beschneidung des Mannes zahlreiche Vorteile, die auch für die
eigene Ehefrau von Bedeutung sind. Nachteile der Beschneidung
des Mannes sind praktisch keine bekannt, wenn diese
sachgerecht durch einen medizinischen Fachmann durchgeführt
wurde.
Die Beschneidung der Frau hingegen ist
ein sehr kontroverses Thema unter Muslimen. Während einige
Rechtsschulen (z.B. die dschafaritische
oder hanefitische)
dieses ablehnen, wird sie in manchen anderen Rechtsschulen
geduldet bzw. sogar begrüßt und bedauerlicherweise auch
praktiziert.
In den Rechtsbüchern mancher sunnitischer
Rechtsschulen kommt an einigen Stellen die Rede über die
Beschneidung der Frauen vor. Man findet aber unterschiedliche
Meinungen zwischen "erlaubt", "empfohlen" oder sogar
"Pflicht". Entsprechend ist auch die Verbreitung der
Frauenbeschneidung geographisch auf die Regionen begrenzt, in
denen es religiös geduldet bzw. gefördert wird. So ist es z.B.
in Ägypten und Indonesien bekannt und teilweise verbreitet,
aber z.B. in der Türkei, im Iran oder Algerien weitestgehend
unbekannt. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die oben
genannten Argumente einiger Rechtsbücher zunehmend an
Bedeutung verlieren und die religiöse Rechtfertigung zunehmen
schwieriger fällt, da die Glaubhaftigkeit bzw. Authentizität
und Sachlichkeit derartiger Rechtsurteile und der dazu
gehörenden Überlieferungen von immer mehr Muslimen
angezweifelt werden. Die Herkunft der Frauenbeschneidung ist
nachweislich nicht islamischer Art, zumal sie auch
“pharaonische Frauenbeschneidung“ genannt wird und in Ägypten
auch von und an Christinnen praktiziert wird.
Die Beschneidung der Frau weist im
Gegensatz zur Beschneidung des Mannes keine medizinisch
relevanten Vorteile auf, jedoch eine Reihe von Nachteilen, so
z.B.:
·
Wundinfektionen sind bei der
weiblichen Beschneidung aufgrund der weiblichen Anatomie sehr
häufig.
·
Narbenbildungen, die bei
Geburten hinderlich und gefährlich sind.
·
Gefahr von Harnwegsinfektionen
durch Vernarbung, wonach die Blase oft nicht vollständig oder
nur mit großen Schwierigkeiten entleert werden kann.
·
Unterleibs-Infektionen und
Stauungen, da Menstruationsblut nicht oder nur ungenügend
abfließen kann.
·
Dadurch entsteht
Infektionsgefahr für das Baby bei der Geburt (Keime gelangen
in Augen und Nase usw.).
·
Die stark vernarbten weiblichen
Geschlechtsteile begünstigen Infektionen im Genitalbereich.
·
Durch Entfernung oder
Beschädigung der Klitoris wird die Frau der sexuellen
Erfüllung beraubt, obwohl die sexuelle Erfüllung ihr gutes
Recht in der islamischen Ehe ist.
·
Durch starke Vernarbung kann die
Geburt derart verzögert werden, dass das Kind unter
Sauerstoffmangel leidet. Im Extremfall kann dies zu
Totgeburten führen.
Eine muslimische Ärztin hat in Westafrika
festgestellt, dass durch solche schwierigen Geburten oft
Zysten entstehen, wodurch das Ausscheidungssystem der Frau
nicht mehr funktioniert.
Aus den oben genannten Gründen und dem
hohen Gebot des Islam, die Gesundheit des Menschen zu
schützen, ist eine Frauenbeschneidung zweifelsohne abzulehnen.
Und es gibt weltweit sehr effektive Initiativen in Kooperation
zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, die sich gegen die
Frauenbeschneidung zunehmend erfolgreich engagieren.
Wie in so vielen Fällen ist hier der
Erfolg der Kooperation mit muslimischen Organisationen zum
Schutz der Frau erfolgsversprechender als ein Gegeneinander.
Bei genauerem Hinsehen wird nämlich deutlich, dass in den
betroffenen Ländern (hauptsächlich Ägypten und Indonesien)
nicht etwa irgendwelche Geistlichen oder Männer die treibende
Kraft für die Verstümmelung der Frau sind, sondern die
eigenen Mütter, meist auf Basis eines geringen
Bildungsstandes. Da die Beschneidung der Frau in Europa
verboten ist, sind es manchmal Mütter, die ihre eigenen
Töchter in das Herkunftsland bringen, um sie dort beschneiden
zu lassen. Erfährt jemand von solch einem Fall, kann er
versuchen mit Hilfe von sachkundigen, muslimisch kompetenten
Persönlichkeiten, die Mutter von ihrem Anliegen abzubringen.
Antiislamische Argumentationen einiger “Befreier“, die zum
angeblichen “Schutz“ der betroffenen Tochter das Kind gleich
mit dem Bad ausschütten wollen und zur “Befreiung“ gleich die
Lossagung vom Islam “anbieten“, sind mitverantwortlich für so
manch trauriges Schicksal einer Muslima, das mit Vernunft und
Sachkunde hätte vermieden werden können.
Die Beschneidung von Frauen ist zumindest
in Deutschland in ihren Auswirkungen auf Muslime – Gott sei
Dank – vernachlässigbar gering. In anderen Ländern mit
größerem Anteil an Einwanderern aus den genannten Regionen ist
die Problematik aber leider immer noch aktuell. In Deutschland
gibt es dagegen ein anderes Problemfeld, über das zwar kaum
berichtet wird, das aber für die betroffenen Mütter eine große
Belastung darstellt: Die erwartete Geburt des “Stammhalters“.
Wer
aber gute Werke tut, ob Mann oder Frau, und gläubig ist, der
soll ins Paradies gelangen. Ihm wird auch nicht in dem Maße
eines Dattelkernrillchens Unrecht geschehen!“
Heiliger Qur´an 4:124
Imam
Sadiq (a.) sagte: „Und dem Mann obliegt Ähnliches wie diese
Last und Qual, wenn er sie (immer wieder) kränkt. (Das Gebet
und die guten Taten eines Mannes, der seine Frau kränkt, wird
vor Gott keine Anerkennung finden! Er wird zu den Ersten
gehören, die dem Feuer der Hölle anheim fallen.)“