Die Hand Gottes (Erzähler: Seyyed Abulfazl Kazemi)
Ibrahim arbeitete in einem Geschäft im Bazar von Teheran.
Eines Tages sah ich wie Ibrahim zwei große Kartons mit Waren
auf der Schulter trug und sie dann vor einem Geschäft auf den
Boden stellte. Nachdem er seine Lieferung abgegeben hatte
begrüßte ich ihn und sagte: „Ibrahim, so eine Arbeit
unterliegt deiner Würde, das machen nur Gepäckträger!“
Er schaute mich an und sagte: „Arbeiten an sich ist nichts
schlechtes, arbeitslos zu sein ist es. Diese Arbeit, die ich
hier mache, ist sehr gut für mich, so weiß ich, dass ich
nichts bin. Das verhindert eingebildet zu werden.“ Ich sagte:
„Es ist nicht gut, wenn jemand dich so sieht. Du bist ein
bekannter Sportler. Ibrahim lachte und sagte: "Mach immer das,
was dein Gott zufrieden macht, nicht die Menschen.“
***
Wieder einmal saßen wir mit Freunden zusammen und redeten
über Ibrahim. Einer von denen, die Ibrahim noch nicht kannten,
bekam ein Foto von ihm und mir in die Hand, er schaute es sich
an und sagte dann: „Seid ihr sicher das er Ibrahim heißt?“
Erstaunt fragte ich: „Natürlich ist er das, warum?”
Er sagte: „Ich hatte früher ein Geschäft im Soltani-Bazar.
Euer Herr Ibrahim stand immer zwei Tage in der Woche am
Eingang des Bazars. Er trug etwas auf der Schulter, mit dem er
Gepäck transportieren konnte. Einmal fragte ich nach seinem
Namen. Er sagte: „Nennt mich die Hand Gottes (Yadollah)“.
Kurze Zeit später kam ein Freund von mir zum Bazar, sobald
er Ibrahim sah, fragte er mich: „Kennst du diesen Herren da?“
Nein, warum?
Er antwortete: „Er ist Meister in Volleyball und Ringen und
ein sehr frommer Mensch. Er macht das alles, um sein Ego in
die Knie zu zwingen. Er ist ein großartiger Mensch!“ Danach sah
ich Ibrahim nie wieder. Seitdem mache ich mir Gedanken
darüber, wie konnte er in dieser Form gegen sein Ich kämpfen,
es war mir unverständlich!
***
Später sah ich einen meiner alten Freunde wieder. Wir
redeten über Ibrahims Taten. Mein Freund sagte: „Vor der
Revolution brachte Ibrahim mich und meinen Bruder einmal zu
einem Kebab-Restaurant und er bestellte für uns das beste
Essen, Getränke und Salat. Es schmeckte fantastisch. Noch nie
hatte ich ein so schmackhaftes Essen gegessen. Ibrahim fragte:
„Und? Wie war es?“ Wir sagten: „Sehr gut, vielen Dank.” Er
hatte von morgens bis zum Mittag im Bazar gearbeitet. Das
Essen schmeckte so gut, weil er für dieses Geld so hart
gearbeitet hatte!