Ibrahim Hadi

Friede sei mit Ibrahim

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Friede sei mit Ibrahim

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Die letzten Tage (Erzähler: Ali Sadeghi, Ali Moghaddam)

Es war Ende Azar. Wir fuhren mit Ibrahim zurück. Trotz seiner Erschöpfung freute er sich sehr. Er sagte: „Kein Verletzter und Märtyrer ist im Feindesgebiet geblieben, wir haben alle mitgebracht. Dann sagte er auch: „Wie vielen wartenden Augen haben wir Freude geschenkt. Heute Abend werden die Mütter der Märtyrer die Gräber ihrer Söhne besuchen können und an ihrem Segen werden auch wir teilhaben.“

Ich nutzte die Gelegenheit und sagte: „Herr Ibrahim, warum machst du dann für dich selber Doa ein unbekannter Märtyrer zu werden!?“ Er war auf diese Frage vorbereitet. Augenblicklich sagte er: „Ich habe meiner Mutter gesagt, dass sie nicht auf mich warten soll. Ich habe ihr auch gesagt, sie soll für mich Doa machen, dass ich ein unbekannter Märtyrer werde!“ Das war eigentlich nicht die Antwort, die ich hören wollte.

Wir blieben mit Ibrahim einige Wochen in Teheran. Unsere Freunde besuchten ihn jede Nacht. Überall wo sich Ibrahim aufhielt gab es viele Heyatis und Basijis.

***

Es war der Monat Dey. Ibrahims Stimmung hatte sich im Verhältnis zu früher sehr verändert. Von seinen Witzen und seinen volkstümlichen Worten war nicht mehr viel zu hören! Die meisten seiner Freunde nannten ihn „Scheykh Ibrahim“. Ibrahim hatte seinen Bart gekürzt. Aber sein Gesicht leuchtete wie vorher. Der Wunsch Märtyrer zu werden, den sie alle hatten, bedeutete für Ibrahim etwas anderes.

Wir gingen im Dunkeln spazieren. Dabei fragte ich ihn: „Dein Wunsch ist Märtyrer zu werden, richtig?“ Er lachte. Nach kurzem Schweigen sagte er: „Das Märtyrertum ist ein kleiner Teil meines Wunsches. Ich möchte, dass nichts von mir übrig bleibt. Wie mein, ohne Totentuch gebliebener Herr Imam Hossein (a.), möchte ich zerstückelt werden. Ich möchte auf keinen Fall, dass mein Leichnam zurückgebracht wird. Ich möchte unbekannt bleiben.“ Einen weiteren Grund seiner Aussage hatte ich schon einmal gehört. Er sagte: „Weil die Mutter der Sadat kein Grab hat, möchte ich auch keines haben.“ Danach gingen wir zur Zurkhane und er lud alle unsere Freunde für den nächsten Tag zum Mittagessen ein.

Am nächsten Tag gingen wir zu ihm. Vor dem Mittagessen wurde das Gemeinschaftsgebet verrichtet. Wir schickten Ibrahim nach vorne, er sollte unser Imam sein. Beim Gebet befand er sich in einer außergewöhnlichen Stimmung. Als wäre er nicht mehr in dieser Welt! Nach dem Gebet trug er leise und mit schöner Stimme das Doa „Faraj“ vor. Ein Freund von mir wandte sich mir zu und sagte: „Ibrahim hat sich verändert. Ich habe noch nie gesehen, daß er so heftig beim Gebet weint!“

Danach in der religiösen Sitzung, las Ibrahim das Tawassol Doa an Fatima Zahra (a.). Er sagte dann: „In Erinnerung an alle unbekannten Märtyrer, die wie die Mutter der Sadat kein Grab und Zeichen haben.“ Auch erwähnte er in den religiösen Sitzungen immer den Krieg und die Märtyrer.

***

Es war Mitte des Monats Bahman. Eines abends, es war so neun Uhr, rief eine Person draußen vor unserem Haus: „Hadj Ali, bist du zu Hause?“ Ich ging zum Fenster und sah Ibrahim und Ali Nasrollah. Ich freute mich sehr, schnell öffnete ich die Tür und umarmte erst Ibrahim dann Ali und küsste sie. Wir gingen ins Haus. Es war sehr kalt und ich war alleine zu Hause. Ich fragte sie: „Habt ihr schon gegessen?“ Ibrahim sagte: „Nein, mache dir keine Mühe.“ Ich wiederum sagte: „Kein Problem, ich brate Eier.“ Schnell bereitete ich ein kleines Abendessen vor und sagte: „Heute abend bin ich allein, wenn ihr nichts zu tun habt, dann bleibt hier und eine Heizung gibt es auch.“ Ibrahim nahm meinen Vorschlag an. Lachend sagte ich dann: „Bruder Ibrahim, läufst du immer bei dieser Kälte mit einer kurdischen Hose herum? Ist dir das nicht zu kalt?“ Er lachte ebenfalls und sagte: „Die Sache ist, dass ich vier Hosen trage! Dann zog er drei von seinen Hosen aus, ging zur Heizung und wärmte sich auf währenddessen unterhielt ich mich mit Ali.

Ich hatte nicht darauf geachtet ob Ibrahim eingeschlafen war oder nicht, als er plötzlich aufsprang, mich anschaute und ganz spontan fragte: „Hadj Ali, ich bitte dich ehrlich zu sein! Siehst du in meinem Gesicht das Märtyrertum?“ Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich sah Ibrahim an und sagte ruhig: „Manche befinden sich bevor sie Märtyrer werden in einer gewissen Stimmung. Aber lieber Ibrahim, bei dir ist das immer so!“ Stille erfüllte den Raum. Ibrahim ging auf Ali zu und sagte: „Steh auf, wir müssen uns schnell auf den Weg machen.“ Ich fragte erstaunt: „Wo gehen wir denn hin Ibrahim?“ Er sagte, zur Moschee, zog seine Hosen an und ging los. Ali folgte ihm.

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