Die zwei Brüder (Erzähler: Ali Sadeghi)
Um an der Beerdigung des Märtyrers Schahbazi teilnehmen zu
können machten wir uns auf den Weg zu einer der Grenzstädte.
In dieser Stadt war es Tradition, dass die Trauerfeier von
morgens bis mittags veranstaltet wurden, wobei den Besuchern
Toilettenkannen und Plastiktöpfe gebracht wurden, damit sie
sich waschen konnten.
Als ich ankam, waren Jawad und Ibrahim bereits dort. Ich
setzte mich neben Ibrahim. Er und Jawad waren sehr enge
Freunde, fast wie zwei Brüder. Ihre Witze waren immer sehr
interessant.
Am Ende der Sitzung brachten zwei Familienmitglieder des
Verstorbenen Plastiktöpfe. Die erste Person zu der sie gingen
war Jawad. Ibrahim flüsterte Jawad, der diese Tradition nicht
kannte, etwas ins Ohr! Jawad fragte mit lauter Stimme und
verwundert: „Meinst du es ernst?“ Ibrahim sagte leise „Sei
ruhig!“ Dann wandte sich Ibrahim mir zu und lachte leise in
sich hinein. Ich fragte: „Was ist passiert Ibrahim? Es ist
nicht gut, wenn du hier lachst!“
Er sagte: „Ich habe zu Jawad gesagt, wenn sie die
Toilettenkanne bringen, dann wasche bitte schön deinen Kopf
damit!“ Einige Momente später passierte es. Jawad erhielt die
Kanne und nach dem Waschen seiner Hände beugte er seinen Kopf
und schüttete soviel Wasser über sich, dass es nur so tropfte,
wobei er sich verwundert umschaute. Ich sagte: „Was hast du
gemacht Jawad! Hier ist doch keine Dusche!“ Ich gab ihm dann
meine Chafia, damit er sich den Kopf trocknen konnte.
***
Eines Tages verbreitete sich die Nachricht, dass Ibrahim,
Jawad und Reza Gudini nach einem Einsatz auf dem Rückweg sind.
Wir freuten uns sehr, dass sie heil und gesund waren. Wir
versammelten uns vor dem Stützpunkt des Andarzgu-Teams und
schon einige Minuten später sahen wir ihr Auto. Ibrahim und
Reza stiegen aus. Ihre Freunde begrüßten sie herzlich. Einer
von ihnen fragte: „Ibrahim, wo ist denn Jawad?“ Alle schwiegen
einen Augenblick. Ibrahim zögerte und sagte mit Tränen in den
Augen: „Jawad!“, dann schaute er zum Auto. Jemand lag auf dem
Rücksitz mit einer Decke bedeckt! Tödliche Stille herrschte.
Ibrahim schrie: „Jawad...Jawad! Auf einmal brach er in
Tränen aus. Manche von seinen Freunden schrieen weinend nach
Jawad! Dann stürzten sie zum Auto. Von dem Weinen der anderen
wurde Jawad plötzlich wach. Er setzte sich hin und fragte
erstaunt: „Was ist passiert?“
Unsere Freunde suchten wütend mit noch nassen Augen
Ibrahim. Er aber war schon im Gebäude verschwunden!