Erziehungsmethode (Erzähler: Jawad Majlesi Rad, Mehdi
Hassan Ghomi)
Unsere Wohnung befand sich in der Nähe Ibrahims. In jener
Zeit war ich sechzehn. Jeden Tag spielten wir mit den anderen
Jungens der Gegend in unserer Gasse Volleyball. Danach
beschäftigte ich mich meistens auf dem Dach des Hauses mit
meinen Tauben! In dieser Zeit hatte ich ungefähr 170 Tauben.
Mein Bruder jedoch ging immer zum Gebet in die Moschee, ich
aber war mit solchen Dingen nicht so verbunden.
Eines nachmittags, wir spielten gerade Volleyball, stand
Ibrahim mit seinem Gehstock vor seiner Haustür und schaute
sich das Spiel an. Plötzlich landete der Ball neben ihm. Ich
ging zu ihm um den Ball zu holen. Doch Ibrahim hatte ihn schon
in die Hand genommen, drehte den Ball gekonnt auf seinen
Fingerspitzen und sagte: „Bitte schön, Herr Jawad!” Das er
meinen Namen kannte, überraschte mich sehr. Bis zum Ende des
Spiels schaute ich gelegentlich zu Ibrahim hinüber und dachte
die ganze Zeit darüber nach, woher er meinen Namen kennt!
Tage später spielten wir wieder. Ibrahim kam zu mir und
sagte: „Hey Freunde, darf ich mitspielen?“ Wir sagten: „Sie
sind willkommen, spielen Sie Volleyball?“ Er sagte: „Wenn ich
es nicht kann, dann kann ich es ja von euch lernen.“ Er legte
seinen Stock beiseite und begann humpelnd zu spielen. Bis
dahin hatte ich noch nie jemanden so schön spielen gesehen!
Seine Verletzung war noch nicht ganz geheilt, daher musste er
an einem Platz stehen bleiben. Aber er schlug den Ball sehr
gut. Außerdem konnte er die Bälle sehr gut abfangen.
Am gleichen Abend sagte ich zu meinem Bruder: „Kennst du
Herrn Ibrahim? Er spielt sehr gut Volleyball! Mein Bruder
lachte und sagte: „Hast du ihn immer noch nicht erkannt!
Ibrahim war Volleyballmeister der Gymnasien. Dazu war er auch
im Ringen Meister! Überrascht sagte ich: „Im Ernst? Warum hat
er dann nichts gesagt?“ Mein Bruder antwortete: „Das weiß ich
nicht, aber eines musst du wissen, er ist ein großartiger
Mensch!“
Kurze Zeit später spielten wir wieder zusammen. Wie schön
er spielte. Das Spiel war fast zu Ende als der Gebetsruf zu
hören war. Ibrahim behielt den Ball bei sich und fragte:
„Kommt Ihr mit zur Moschee?” Wir waren einverstanden und
gingen dann zusammen zum Gemeinschaftsgebet.
Einige Tage waren vergangen und wir mochten Herrn Ibrahim
immer mehr. Wegen ihm gingen wir auch zur Moschee. Einmal lud
er uns zum Mittagessen ein und wir redeten sehr lange
miteinander. Danach folgten wir ihm jeden Tag. Wenn ich
Ibrahim einen Tag lang nicht sah, vermisste ich ihn und wurde
richtig traurig. Zusammen gingen wir auch einmal zu einem
traditionellen Sportverein. Kurz gefasst, wir waren völlig von
seiner Tugendhaftigkeit und seinem Verhalten begeistert. Er
hatte uns mit Liebe und Freundlichkeit zur Moschee gezogen.
Ibrahims Verletzungen waren so gut wie geheilt. Er wollte
zurück an die Front. Eines abends saßen wir zusammen in
unserer Gasse und er erzählte mir von einem Vierzehnjährigen
beim Fathol Almobin-Einsatz.
Er redete und kam plötzlich mit einem Satz zum Punkt:
„Obwohl sie jünger und körperlich kleiner waren als du,
konnten sie mit Vertrauen auf Gott solch einen Mut und solch
eine Tapferkeit erreichen, dass man kaum glauben kann.“ „Und
du sitzt hier und schaust in den Himmel, um zu sehen was deine
Tauben machen!!“ Am nächsten Tag verkaufte ich sie alle und
ging an die Front.
Seit diesem Ereignis sind etliche Jahre vergangen. Jetzt wo
ich Bildungsexperte bin, verstehe ich, wie genau, korrekt und
weise Ibrahim seine Erziehung durchführte. Auf welch schöne
Weise er Gutes gebot und Schlechtes verwehrte. Er tat es so
wohlgestaltet, dass er ein Vorbild wurde für alle
Erziehungsexperten. Und das in einer Zeit, in der über
Erziehungsmethoden so gut wie nie geredet wurde.
***
Es war Nime-Schaaban (Geburtstag Imam Mahdis (a.)). Als wir
mit Ibrahim an einer sehr gut beleuchteten Gasse vorbei kamen,
sahen wir, dass die Jungens der Gegend sich am Ende dieser
versammelt hatten. Als wir uns näherten, sahen wir, dass alle
Karten spielten und wetteten!
Ibrahim war über die Situation äußerst empört. Aber er
sagte nichts. Wir gingen zu ihnen, grüßten und ich stellte
Ibrahim vor, wobei ich sagte: „Er ist einer meiner Freunde und
Meister im Volleyball und im Ringen“. Sie grüßten zurück.
Ibrahim gab mir unbemerkt Geld und sagte: „Geh, kaufe zehn Eis
und komm schnell zurück.”
Noch an diesem Abend freundete sich Ibrahim mit ihnen durch
ein paar Eis und einer humorvollen Unterhaltung an. Am Ende
sprach er auch darüber, dass Wetten haram sei. Als wir die
Gasse verließen, waren die ganzen Karten zerrissen und in den
Abwasserkanal geworfen worden!