Ibrahim Hadi

Friede sei mit Ibrahim

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Friede sei mit Ibrahim

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„Fakke“, der letzte Verabredungsort (Erzähler: Ali Nasrollah)

Es war Mitternacht als wir in der Moschee ankamen. Ibrahim verabschiedete sich gerade von seinen Freunden, kurz danach ging er nach Hause um sich auch von seiner Mutter und von seiner Familie zu verabschieden. Er bat seine Mutter, für ihn zu beten, dass er Märtyrer wird. Morgens in der Frühe fuhren wir dann an die Front. Ibrahim redete nur selten. Er beschäftigte sich größtenteils mit Sekr oder mit dem Koran.

Schließlich erreichten wir den Truppenstützpunkt im Norden von Fakke. Die Divisionen waren mit Einsatzsimulationen beschäftigt. Alle freuten sich über Ibrahims Rückkehr und besuchten ihn. Sein Zelt war nie leer. Auch Hadj Hossein kam. Freudig begrüßte er Ibrahim. Ibrahim sagte zu ihm: „Hadj Hossein, alle Männer sind sehr beschäftigt, steht etwas an?“ Hadji sagte: „Unser Einsatz ist morgen, wenn du mit uns kommst, würden wir uns sehr freuen.“ Hadji fuhr fort: „Für den neuen Einsatz muss ich Verantwortliche für Informationen auf die Divisionen verteilen. Jede Division muss mindestens ein oder zwei Einsatz- und Informationsverantwortliche haben.

Dann legte er Ibrahim eine Liste vor und sagte: „Was hältst du von diesen Personen?“ Ibrahim schaute sich die Liste an, sagte seine Meinung und fragte dann: „Gut Hadji und wie sieht die Aufstellung der Streitkräfte aus?“ Hadji sagte: „Die Streitkräfte sind in mehrere Armeen eingeteilt worden und mehrere Truppen bilden eine Armee und Hadj Hemmat ist für die elfte Armee „Ghadr“ verantwortlich.“

Am Nachmittag des gleichen Tages rasierte Ibrahim seinen Kopf und beschnitt seinen Bart. Sein schönes Gesicht war noch strahlender geworden. Bei Sonnenuntergang besuchten wir einen Beobachtungsposten. Ibrahim nahm ein spezielles Fernglas zur Hand und schaute sich intensiv das Einsatzgebiet an, dann schrieb er etwas auf ein Stück Papier. Einige unserer Kameraden kamen dazu und sagten ständig: „Beile dich, wir wollen auch durch das Fernglas sehen!“ Ibrahim schrie wütend: „Das ist hier doch kein Kino! Wir müssen für Morgen unbedingt eine Lösung finden.“ Dann verließ er ärgerlich den Posten. Er sagte später zu mir: „Ich mache mir ernste Sorgen!“ Ich sagte: „Sei nicht traurig, es wird schon alles gut werden.“

Schließlich gingen wir zu einem Kommandeur der Ghadr-Armee. Ibrahim sagte zu ihm: „Hadji, dieses Gebiet ist sehr speziell. Die Erde hier ist weich und wie Wüstensand! Wenn unsere Streitkräfte durch dieses Flachland marschieren, werden sie es sehr schwer haben. Dazu gibt es so viele Hürden, die die Iraker uns in den Weg gestellt haben. Glauben Sie wirklich, dass der Einsatz erfolgversprechend ist?“ Der Kommandeur erwiderte: „Lieber Ibrahim, das ist der Befehl des Kommandozentrums. Wie Imam Khomeini immer sagte: Wir haben nur unsere Pflicht zu tun, das Resultat bestimmt Gott.“

***

Am Nachmittag des nächsten Tages bereiteten sich die Divisionen vor und alle bekamen ihre Rationen zugeteilt. Danach waren sie für den Marsch nach Fakke bereit.

Ich sah Ibrahim schon von weit. Sein Gesicht ließ mich innerlich zittern, es war heller als je zuvor! Er trug ein arabisches Tuch (Chafia) um den Hals und hatte eine sehr schöne Jacke an. Er kam zu uns und schüttelte jedem die Hand. Ich nahm ihn beiseite und sagte: „Bruder Ibrahim, du strahlst ja richtig!“ Er atmete tief ein und sagte traurig: „Als Beheschti Märtyrer wurde war ich sehr traurig. Aber dann sagte ich mir, wie schön für ihn, dass er als Märtyrer das Leben verlassen hat, es wäre Schade gewesen, wenn er eines natürlichen Todes gestorben wäre.“

Asghar Wesali, Ali Ghorbani, Ghasem Taschakori und viele andere unserer Freunde haben uns verlassen, wir haben in Behescht Zahra Friedhof mehr Freunde als in Teheran.“ Er schwieg kurz und sagte weiter: „Ich möchte sehr gerne Märtyrer werden. Aber ich wünsche mir den schönsten Tod als Märtyrer!“ Ich schaute ihn erstaunt an, während ich darauf wartete, dass er weiterredet, doch stattdessen kamen ihm die Tränen. Ibrahim redete weiter: „Wenn man an einem Ort bleibt, wo niemand an dich herankommen kann und niemand dich kennt, an einem Ort, an dem nur du bist und der Herr und dann dein Moula (Imam Ali (a.) oder Imam Hossein (a.s)) kommt und dein Kopf auf seinen Schoß legt. Das ist der schönste Tod als Märtyrer.“

Ich sagte: „Bruder , ich bitte dich, um Gottes Willen, nicht so zu reden.“ Dann wechselte ich das Thema und sagte: „Komm, wir gehen mit den Kommandeuren vor, so ist es viel besser. Überall wo es nötig ist, kannst du ja helfen.“ Er sagte: „Nein, ich möchte bei den Basijis sein.“ Schließlich gingen wir zusammen in Richtung der Divisionen.

Wir waren mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt als ich zu Ibrahim sagte: „Bruder, welche Munition soll ich dir besorgen?“ Er antwortete: „Nur zwei Handgranaten. Waffen können wir ja, wenn nötig, von den Irakern bekommen! Hadj Hosseinollah Karam starrte Ibrahim von weit an! Er war völlig in sein Gesicht vertieft. Wir gingen zu ihm und sofort nahm er ihn in seine Arme. Er verharrte einige Momente so. Es schien, als wussten sie, dass es das letzte Mal sein wird, dass sie sich sehen. Danach nahm Ibrahim seine Armbanduhr ab und sagte: „Hier Hossein, das ist eine Erinnerung für euch!“ Hadj Hosseins Augen waren voller Tränen und er sagte: „Nein lieber Ibrahim, sie soll bei dir bleiben, du wirst sie brauchen.“ Ibrahim sagte ganz ruhig: „Nein, ich brauche sie nicht mehr.“

Hadji, der auch wie verwandelt war, wechselte das Thema und sagte: „Lieber Ibrahim, wir haben für den Einsatz zwei Möglichkeiten einzudringen. Die normalen Streitkräfte werden die erste, ich und eine Gruppe von Kommandeuren werden die zweite Möglichkeit in Angriff nehmen. Komm mit uns.“ Ibrahim sagte: „Ich gehe mit den Basijis. Kein Problem?“ Hadji antwortete: „Nein, wie du willst.“ Ibrahim trennte sich von den letzten materialistischen Bindungen. Dann ging er zu einer Division und setzte sich neben die Basijis.

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