Die Orientkämpfe im März 1916
Im Orient ging es im 20. Kriegsmonat verhältnismäßig ruhig
zu.
Von einer stärkeren englischen Schlappe berichtete das
Hauptquartier am 2. März: »Einige feindliche Kreuzer und
Torpedoboote haben zu verschiedenen Zeiten und in
Zwischenräumen unwirksam den Strand von Sedd-ul-Bahr und von
Tekke Burun beschossen und ebenso in den Gewässern von Smyrna
offene Städte ohne Verteidigungsanlagen, nämlich Kouchadassi
und einige südlich davon gelegene Ortschaften. Darauf zogen
sie sich zurück. Am 29. Februar drang ein englischer Kreuzer
in den Golf von Akaba ein (an der Ostküste der Halbinsel
Sinai), beschoß unser Lager am Ufer und landete unter dem
Schutze eines Kriegsschiffes ungefähr 300 Soldaten. Unsere
Soldaten und freiwilligen Krieger setzten sich zur Wehr und
vertrieben in der darauf folgenden Schlacht, die sechs Stunden
dauerte, den Feind völlig vom Strande. Von der Jemen-Front
wird in Ergänzung des letzten Berichtes gemeldet, daß beim
letzten Kampf bei Dafiuch zwischen Scheich Osman und Lahdj der
Feind hundert Tote hatte, darunter einen englischen General
und den Führer des Landungskorps. Außerdem verlor der Feind
zahlreiche Transporttiere. Der Feind machte während der
Schlacht Gebrauch von giftigen Gasen. Der Emir der Stämme der
Küstengegend von Aden bis Hadramant kam nach der Schlacht von
Dafiuch und bot der osmanischen Regierung seine Unterwerfung
an. Die östliche und westliche Küstengegend von Aden kam so
unter osmanische Herrschaft. In Wirklichkeit haben die
Engländer nur einen schwachen Einfluß auf Aden und Scheich
Osman.«
Am 7. März meldete das Hauptquartier: »An der Irakfront
brachten wir alle Versuche des Feindes, sich unseren
Stellungen im Abschnitt von Felahie zu nähern, zum Scheitern.
Bei Kut-el-Amara keine Veränderung.«
Einer Athener Meldung zufolge trafen dort aus Kairo
Berichte ein, daß die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem
gegenwärtigen Regime zu offenen Revolten führte. Zwischen den
Eingeborenen und dem englischen Militär kam es wiederholt zu
blutigen Zusammenstößen, bei denen es viele Tote und
Verwundete gab. Am 27. Februar wurden in Kairo 35 Tote und 45
Verwundete auf den Straßen aufgelesen. Die eingeborenen
Truppen wurden in den Kasernen wie Gefangene bewacht und
konnten zu nichts verwendet werden.
Ueber einen schönen Türkensieg in Arabien wurde am 12. März
berichtet: »An der Irakfront erlitt der Feind in der Schlacht,
die im Abschnitt von Felahie stattfand und mit seiner
Niederlage endete, Verluste, die auf mindestens 5000 Mann
geschätzt werden. 60 Gefangene, darunter zwei Offiziere,
fielen in unsere Hand. Zwei Monitore eröffneten aus sehr
weiter Entfernung ein wirkungsloses Feuer gegen unsere
Batterien von Sedd-ul-Bahr. An der Jemen-Front besetzte eine
englische Abteilung von 6000 Mann Infanterie und 600 Mann
Kavallerie mit 12-Zentimeter-Geschützen, die am 12. Januar
früh aus der Richtung von Scheich Osman nördlich von Aden
aufgebrochen war, den Ort Asioch und die vier Kilometer
südwestlich davon gelegenen Höhen. Trotzdem diese Abteilung
mit überlegenen Kräften einen Angriff gegen unsere Vorposten
unternahm, wurde die Unternehmung des Feindes durch einen
Gegenangriff zum Stehen gebracht, den wir von Elvahita aus
unternahmen. Der Kampf, der drei Stunden dauerte, endete mit
dem Rückzug des Feindes. Der Feind versuchte von neuem, in den
von ihm im voraus in El Meihale, vier Kilometer südlich von
Asioch, vorbereiteten Stellungen standzuhalten, konnte sich
aber vor den heldenhaften Angriffen unserer aus Mudjahids
bestehenden Truppen nicht halten und wurde gezwungen, sich in
sein befestigtes Lager von Scheich Osman unter dem Schutz der
Geschütze seiner im Golf von Aden verankerten Flotte zu
flüchten. Unsere Truppen zerstörten die feindlichen
Befestigungsanlagen bei El Meihale sowie den Flecken gleichen
Namens und nahmen alles Pioniermaterial in Besitz, das sie
dort fanden. Eine Menge englischer Leichname, die der Feind
nicht hatte beerdigen können, lag auf dem Schlachtfelde. Eine
drei Tage danach gegen Elssaile ausgesandte
Erkundungsabteilung traf auf eine starke feindliche
Kavalleriekolonne, die Maschinengewehre mit sich führte. Nach
einem halbstündigen Gefecht floh der Feind in der Richtung auf
Scheich Osman, wobei er 20 Tote und Verwundete zurückließ.«
Nach glaubwürdigen Informationen kam die russische
Offensive im Kaukasus nach dem Fall Erzerums zum Stillstand;
diese Eroberung hatte daher strategisch keine Bedeutung.
Großfürst Nikolaus unternahm seine große Opfer fordernde
Aktion nur, um die Lage der englischen Truppen zu erleichtern,
die in Mesopotamien und im Irak von einer Katastrophe bedroht
waren; dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht.
Die englische Verlustliste vom 13. März enthielt die Namen
von 146 Offizieren. Die Verluste bezogen sich auf
Mesopotamien. Hier wurden weitere 24 englische und 13 indische
Offiziere getötet und 34 englische und 12 indische Offiziere
verwundet, sechs englische und ein indischer Offizier wurden
als vermißt angegeben. Die nächste Liste enthielt für
Mesopotamien 16 getötete, 24 verwundete und acht vermißte
Offiziere. Auf der Liste vom 19. März standen zwei getötete,
zwei verwundete und zwei vermißte, so daß nach den drei Listen
144 Offiziere als verloren gemeldet wurden. Daraus ging
hervor, daß seit Beginn des Monats in Mesopotamien schwer
gekämpft wurde. Die Anzahl der verlorenen Mannschaften wurde
überhaupt nicht mehr angegeben.
Aus Konstantinopel kam am 24. März folgender Bericht des
Hauptquartiers: »An der Irakfront bei Felahie versuchte eine
feindliche Abteilung von ungefähr zwei Bataillonen, unsere
Vorposten auf dem rechten Ufer des Tigris anzugreifen, wurde
aber nach einstündigem Kampfe zurückgeschlagen. Ein
feindliches Torpedoboot füllte vier Segelschiffe mit über 200
als Räuber verkleideten Soldaten und landete sie unter seinem
Schutze in der Ortschaft Keumir Dili auf dem Südostufer des
Golfs von Clar Zomene, aber auf einen Angriff unserer an Zahl
nur schwachen Küstenabteilungen konnten sich die Räuber trotz
des Schutzes des Torpedobootes am Ufer nicht halten und
flüchteten sich eiligst auf ihre Barken, wobei sie jedoch zehn
der Bevölkerung gehörende Hammel mitnahmen, darauf zogen sie
sich zurück.«
Am 29. März teilte das Hauptquartier mit: »Keine wichtige
Operation an den verschiedenen Fronten. Am 27. März überflog
eines unserer Flugzeuge die Insel Lemnos und warf vier Bomben
auf einen Flugzeugschuppen des Feindes im Hafen von Mudros,
welche sämtlich in dem Schuppen platzten.
Flugzeugabwehrkanonen und ein im Hafen liegendes feindliches
Kriegsschiff eröffneten ein Feuer auf unseren Flieger, aber
wirkungslos.«