Erstes Buch
Die Stämme der Taidschut, Dschadscherat, Barin und Jisut
Die Taidschut, deren Namen an die Deutschen erinnert, wie
der der Dschete an die Geten, und der der Dschurmanen an die
Germanen, stammten mit den ihnen nächstverwandten drei
Stämmen, der Erikian, Sidschiut und Dschinis, von Baiduchan,
dem sechsten Ahnherrn Temudschin's, dessen Urenkel Ainbaghi
von den Tataren gefangen, dem chinesischen Kaiser
ausgeliefert, auf einem Esel paradirt und dann geschunden
worden; gleiches Schicksal hatte ein anderer Urenkel
desselben, Ökin Berkan, und die Blutrache dieser beiden
Urgrossoheime Temudschin's diente in der Folge, den wider die
Dynastie der Kin unternommenen Krieg zu rechtfertigen; aber
früher hatte Temudschin eigene Unbild an diesem seinem Hause
so nahe verwandten, aber feindlichen Stamme zu rächen; nach
der Niederlage derselben zu Baldschusch wurden die Gefangenen
in siebzig Kesseln gesotten, welche in der mongolischen
Geschichte eben so berühmt, als die siebzig Blasbälge, welche
die Felsenwand von Ergenekun sprengten, als die siebzig Ringe
der Dschelairen, deren jeder aus tausend Familien bestand. An
der Spitze des zweiten feindlichen Stammes der Dschadscherat
oder Dschuirat, deren Stammvater Odurbejan, der Bruder
Kabulchan's, des Urgrossvaters Temudschin's, stand Dschamuka,
beigenannt Satschan, d. i. der Listige, der gefährlichste und
unversöhnlichste aller Feinde Tschengischan's, dessen Ränke
ihn mit Owangchan, dem Herrn der Kerait, entzweiten und der
von Tschengischan endlich besiegt, dem Neffen Iltschidai zur
Hinrichtung übergeben ward; doch theilten nicht alle
Dschadscherat den unversöhnlichen Hass ihres Fürsten, indem
Tschengischan Mehreren derselben wesentliche Dienste dankte,
so den Brüdern Kuschaul und Dschusuk, welche während
Tschengischan's chinesischen Feldzugs seinen Jurt hüteten; und
Kalender, welchen Tschengis in der Begleitung eines
Uriangkuten mit erdichteter Botschaft im Namen seines Bruders
Dschudschi Kasar an Owangchan sandte, um diesen in die Falle
zu locken. Aus dem Stamme der Barin, dem nächsten Verwandten
der Durban, d. i. das Meer, die in den heutigen Törbed
fortleben, war Sutukusu nach dem berühmten Feldherrn Mokli
Kajanik der zweite im Befehle, der noch als hundertjähriger
Greis zur Zeit Ogotai's lebte und sich rühmte, den ersten
Hochzeitsschmaus mit Tschengischan gefeiert zu haben; dann
Bigi, der Barine, welchen Tschengis als Ungkun, d. i. freien
Mann, erklärte, der bei ihm im höchsten Ansehen wie die
Prinzen vom Geblüte zu seiner Rechten sass, und dessen Pferde
in einer Hürde mit denen Tschengischan's; da er sehr alt,
befahl Tschengischan, dass ihm der Rücken eines Sukanut beim
Aufstehen zum Schemel diene, woher diesem Stamme der Name
Aktadschi Bigi, d. i. die Stallmeister Bigi's, blieb, wider
welchen sie protestirten. Die Jisut endlich leiten ihren
Ursprung von Tschintai Utdschigin, dem jüngsten Sohne
Kabulchans, des Urgrossvaters Temudschin's, ab. Utdschigin, d.
i. der Feuerhüter, hiess bei den Mongolen der jüngste Sohn,
welcher während der Abwesenheit des Vaters und der Brüder im
Felde das Haus als Ofensitzer hüten musste, und welcher nach
des Vaters Tode dasselbe erbte, weil er besser als die Brüder
im Felde sich mit der Wirthschaft bekannt zu machen
Gelegenheit gehabt. Diesen Beinamen führen also mehrere in der
mongolischen Geschichte berühmte jüngste Söhne als
Ofensitzer-Haushüter, nebst Tschintai noch Budan Utdschigin,
der jüngste Sohn Burtan Behadir's, des Grossvaters
Tschengischan's; Taratai Utdschigin, der jüngste Sohn
Jisukai's, des Vaters Tschengischan's, und endlich Tuli, des
letzten jüngster obengenannter Sohn. Diesen Stamm der Jisut
verherrlicht die grosse zahlreiche Familie Dschebe Nujan's,
des Waffengefährten Subatai Behadir's, welcher mit demselben
den dreijährigen Feldzug wider Persien und Russland
vollbracht.
Erst nach dieser vorläufigen Kenntniss der berühmtesten
Stämme des mongolischen Reichs ist es gerathen, die Geschichte
seines Gründers kurz zu überblicken.