Ilchane

Geschichte der Ilchane
das ist
der Mongolen in Persien

von

Hammer-Purgstall

mit neuen Beilagen und neuen Stammtafeln

Darmstadt. Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske. 1842.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Buch

Die Stämme der Uirangkut und Konghirat

Die Mongolen, welche von den Altvordern stammen, die aus dem Erzgebirge Ergenekun zogen, heissen Dürlegin, bis auf Alankowa, die neunte Ahnfrau Tschengischan's, deren Nachkommen aus ihren drei Söhnen, die sie vom himmlischen Lichte empfangen, die Nirunen, d. i. die Reinen, heissen; von allen mongolischen Stämmen für den Mythologen und den Geschichtschreiber des Aberglaubens der Völker merkwürdigster Stamm ist der der Uirangkut, die einzigen Mongolen, welche nicht vor dem Donner zitterten, sondern den Blitz mit Fluchen beschworen; alle anderen fürchteten den Wetterstrahl als einen feurigen Drachen, der, aus dem Meere steigend, die Luft durchzieht und die Erde mit feurigem Schweife schlägt; sie glaubten, dass ausgegossener Wein, süsse und sauere Milch und Trocknung von Schuhen den Blitz herbeiziehe, wesshalb dieselben in freier Luft zu trocknen verboten war; diese Meinung und dieses Verbot zeugt für die Fürchterlichkeit der Ungewitter in jenen Gebirgen und Seen, und für die frühe Erfahrung, dass Feuchtigkeit der besste elektrische Leiter; aus diesem Stamme waren die meisten Kamen, d. i. Schamanen, Beschwörer von Ungewittern und Geistern; aus demselben waren Jisun Taischi und Jisun Köke, Befehlshaber des linken und rechten Flügels im Heere Tschengischan's, Subutai Behadir, der berühmte Feldherr, welcher mit Dschebe Nujan die siegreichen Waffen der Mongolen durch Persien nach Kipdschak trug, endlich Udadschi, der Zeitgenosse Tschengischan's, dessen Nachkommen im Gebirge Burhan Kaldun die Grabwächter des tschengisischen Familienbegräbnisses, die Wächter der acht weissen Häuser (Ordu), welche dort in der Gegend Jeke Utek, zwischen der Schattenseite des westlichen Altai und der Sonnenseite des östlichen Kentei, aufgerichtet worden, nach aller Wahrscheinlichkeit die Ahnen des in der späteren mongolischen Geschichte erscheinenden und noch heute an der chinesischen Gränze sitzenden mächtigen Stammes der Ordu's. Wenn der Stamm der Urianghut so merkwürdig für den Mythologen und Ethnographen, so ist der siebenzweigige der Konghirat noch weit bedeutender in der Geschichte Tschengischan's und seiner Nachfolger durch die vielfältige Verschwägerung desselben mit dem Herrscherhause, indem ein Dutzend der Frauen des tschengischanischen Hauses aus diesem Stamme in alle vier Uluse vermählt waren. Die Mutter Tschengischan's war aus einem der Zweige dieses Stammes, eine Olkonutin, und Tschengischan vermählte seine Töchter an Konghiraten; so gab er dem Schingku Gurgan seine Tochter Tumalin mit dem Befehle über viertausend Konghiraten, eine andere wollte er dem Konghiraten Tuli Amul zur Frau geben, liess ihn aber hinrichten, da dieser den Antrag mit dem kühnen Worte erwiederte: Wie soll ich deine Tochter nehmen, die Frosch und Schildkröte (quackend und duckmäuserisch sicher). Von Bestui, dem Stammvater der Konghirat und der sechs mit demselben verwandten Stämme, schreibt sich Alles, was in der mongolischen Hofsprache golden heisst, her, wesshalb er auch Bestui serin, d. i. der goldene, beigenannt wird; daher das goldene Lager, das goldene Archiv, das goldene Gesicht und das goldene Zimmer des Herrschers. Aus den Kinkliut, einem Zweige der Konghirat, war Miser Uluk, von dessen Stärke und Gefühllosigkeit Reschideddin seltsame Anecdoten erzählt; drei Tage und Nächte schlief er statt der Decke mit Muscheln zugedeckt, so dass Vögel auf seinen Rücken nisteten und Eier legten; sein Sohn war der Stammvater der Kurulas, aus welchen Merchitai dem Tschengischan den wesentlichen Dienst leistete, ihm von der Verschwörung der feindlichen Stämme, welche den erbitterten Feind Dschamuka zum Gurchan, d. i. zum grossen Herrscher ausgerufen hatten, die früheste Kunde zu geben. Die Gemahlin Miser Uluk's war eine Chinesin, deren Namen die auf dem Esel reitende Rose bedeutete, wesshalb der Sohn Ildschigin, d. i. Langohr, genannt ward, der Stammvater des siebenten Zweiges der Konghirat; sie hatten ihre Sitze an der chinesischen Gränze an den finsteren Wäldern des Gebirges Hingan, woher die unter dem Namen der Karawinas berühmten Naphtafeuerwerker.

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