Erstes Buch
Die Stämme Dschelair, Sunit, Torghod, Uirat
Der zehngetheilte mächtigste Stamm der Dschelairen, welche
in dem Stammgebiete des Hauses Tschengischan's am Onon, in
siebzig Ringen, wie die Avaren, jeder Ring tausend Familien
stark, sassen, ist einer von der ältesten bis in die neueste
Zeit durch historische Namen und Begebenheiten merkwürdigsten.
Die Nachkommen des Brüderpaars Dschudschi Tumle und Dschudschi
Dschawerkai, welche der Anlass des Kriegs Tschengischan's mit
den Taidschuten, haben unter den persischen Ilchanen
zahlreiche und wichtige Aemter des Staats und Hofs bekleidet;
Kadan, der Dschelaire vom Gefolge Tschengischan's, hatte zwei
Söhne, Iluk und Ildschikitai, wovon jener Atabeg, d. i.
Obersthofmeister, des Sohnes und zweiten Nachfolgers
Tschengischan's, Ogotai's; dieser schätzte ihn sehr hoch,
erlaubte ihm aber nicht, den Bruder Ildschikitai zu tödten,
der sich vor ihm ebenfalls zu Ogotai geflüchtet. Auf dem
Landtage der Wahl Mengkukaan's spielte Ildschikitai eine
höchst wichtige Rolle, indem er die Rechte des Uluses Ogotai's
auf den Thron wider die Ansprüche des Uluses Kubilai's
vertheidigte; im Gegentheile leistete der Dschelaire Mingkasar
Nujan, aus dem Zweige der Dschat, Grossfürst und Oberrichter
Miafarakain's, dem Kubilai bei dem nach dessen Thronbesteigung
über Majestätsverbrechen gehaltenen Gerichte die grössten
Dienste, indem er über die widerspenstigen Prinzen der Uluse,
Dschaghatai und Ogotai, das Todesurtheil aussprach. Der
Dschelaire Dauldu war Vogt der vier grossen Lager
Tschengischan's und befehligte eine Ssade, d. i. Centurie, in
jedem Hesare, d. i. Regiment von tausend Mann; endlich das
Brüderpaar Olai Kalschu und Karadschai, die Schafhirten
Jisukai's, des Vaters Tschengischan's, denen er sich immer
sehr dankbar bewies, weil sie seine in die Gefangenschaft
der Merkit gerathene Gemahlin sicher zu Owangchan, dem Fürsten
der Kerait, geleiteten; auf dem Rückzuge genas sie vom
Erstgebornen Tschengischan's, welchen dieser, weil die (von
Verläumdern sogar als zu spät verdächtigte) Geburt des Sohnes
unerwartet kam, Dschudschi, d. i. den unverhofften Gast,
nannte. Tschengischan wollte in der Folge das Brüderpaar mit
Aemtern belohnen; sie zogen aber vor, in ihrem Stande zu
bleiben und als Hirten seines Vertrauens zu geniessen; aus
ihren Nachkommen ist Sertak, der Fürst des Lagers zur Zeit
Arghunchan's, des fünften der persischen Ilchane, und von
Katschar, dem Sohne Sertak's, leiten die heutigen Schache
Persiens ihre Dynastie als eine zweite des Stammes der
Dschelaire ab; denn eine frühere hatte nach Zertrümmerung des
persischen Reichs der Ilchane der Dschelaire Hasan (beigenannt
der Grosse, zum Unterschiede von Hasan Dschoban, aus dem
Stamme Suldu's, welcher Stifter der Dynastie Dschoban der
Kleine beigenannt ward) in Persien gestiftet, welche von der
geschwächten Macht der Ilchane Nichts als den verstärkten
Titel als Ilkaane führten. Aus dem Stamme der Sunit, welcher
noch heute unter diesem Namen an der chinesischen Gränze
sitzt, war Dschurmaghun, welchen Ogotai, nachdem Dschebe und
Subetai von ihrem persischen Feldzuge über Russland nach Hause
gekehrt waren, als Befehlshaber Statthalter nach Persien
gesandt. Nicht minder mächtig, als der Stamm der Dschelairen,
war der der Uirat, deren Sitz zwischen den acht Flüssen, die
sich in die untere Ankara ergiessen, wo noch heute ihre
Nachkommen unter dem verwandten Namen der Buirat, von allen
Stämmen der mit dem Hause Tschengischan's am meisten
verschwägerte, indem acht Uiratinnen in das Haus
Tschengischan's verheirathet, und sieben Prinzen desselben an
Uiratinnen vermählet waren. Die Grossmutter Tschengischan's,
die Frau Sunigil Futschin, war aus dem Stamme der Torghut oder
Torghod, welcher noch heute ein Zweig der Kalmuken oder Oeluet
(das nur die chinesische Aussprache für Uirat) und deren
Andenken in Kleinasien (wohin sie mit Timur's Heere kamen) im
Namen des Sandschaks Torghud Ili fortlebt. |