Ilchane

Geschichte der Ilchane
das ist
der Mongolen in Persien

von

Hammer-Purgstall

mit neuen Beilagen und neuen Stammtafeln

Darmstadt. Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske. 1842.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Buch

Die Stämme Kungtan, Erlat, Huschin, Kelkenut, Bajaut, Suldus

Der Namen des Stammes Kungtan heisst die Grossnasichten, was sowohl physisch als moralisch für stolz und anmassend verstanden werden kann. Aus diesen und den folgenden Stämmen der Erlat, Huschin und Suldus waren die bessten persönlichen Freunde Tschengischan's, die werkthätigsten Helfer seiner Jugend und seines männlichen Alters. Menglik Itschke, der Kungtane, hatte nach Jisukai's Tode den dreizehnjährigen Temudschin gepflegt, sein Sohn aus einer früheren Ehe, But tanri, d. i. Gottes Ebenbild, trat als begeisterter Schamane auf und verwandelte im Namen des Himmels den Namen Temudschin's bei dessen Thronbesteigung in Tschengis, als gleichbedeutend mit Gewaltiger, grosser Chan; der diesem gewogenste Stamm waren die Erlat oder Arulad, d. i. die Guten, als deren Chakan Tschengischan den Thron bestieg; aus diesem Stamme war Bughurdschin Nujan, welcher mit Burghul Nujan, aus dem Stamme der Huschin, der Lebensretter Temudschin's, als er blutspeiend mitten im Schnee zu sterben Gefahr lief, wofür beide im höchsten Ansehen stehend in der Folge als die Waffengenossen, die ihm am Quell Baldschuna treu geblieben waren, zu Tarchanen, d. i. Freiherren, geadelt, dieselbe Würde ohne Diplom erhielten und über Diplome erhaben erklärt wurden; auch den ganzen freundlichen Stamm der Kelkenut adelte Tschengis als Freiherren, wie Kaiser Friedrich I. alle Einwohner einer italienischen Stadt zu Conti erhob; aus dem nicht minder freundlich gesinnten Stamme der Bajaut, welcher in zwei Abtheilungen an der Selinga sass, war Böke Gurgan, einer der Eidame Tschengischan's, dann Ongkus Keisat, d. i. der Truchsess, ob der Plünderung der Schätze des chinesischen Kaisers Altan Chan in der Folge verungnadet, und Surkan, der betraute Rath Tschengischan's, der, als die Fürsten der Tataren und Dschadscherat um die oberste Herrschaft der Mongolen stritten, dasselbe dem Temudschin vorausgesagt. Endlich der Stamm Suldus, verherrlicht durch die Familie Surghan Schire's, des Retters Temudschin's, als dieser von seinen Feinden, den Taidschuten, gefangen, mit dem Blocke am Halse sich in einen Teich versteckte, so dass nur die Nase über dem Wasser sichtbar. Die alte Frau Baidschu Ikadschi hatte sich seiner in dieser Sklaverei erbarmt; aber wichtiger war der Dienst, den ihm Surghan Schire erwies, indem er, des Verborgenen gewahr, die ihn aufsuchenden Taidschuten vom Teiche ableitete, Abends denselben hervorzog und in seinem Hause in einem Sacke von Wolle verbarg; die Verfolger durchsuchten das Haus und stiessen mit Spiessen in den Wollsack; als sie ferne, gab ihm Surghan Schire Kleider, Waffen, Mundvorrath und eine weisse Stute, auf welcher er seiner Familie zueilte, die längst alle Hoffnung, ihn wieder zu sehen, aufgegeben; sein vierter Sohn, Tuli, sagte schon mehrere Tage hindurch: Mutter! der Vater kommt auf weisser Stute; und desselben Ankunft bestätigte des Knaben zweites Gesicht. Viele der Nachkommen Surghan Schire's kamen mit Hulagu nach Persien, und von denselben stammt der berühmte Emir Tschoban, der Feldherr unter Ghasan, Oldschaitu und Ebu Said, der in des letzten Regierung so wichtige Rolle spielt, und dessen Sohn Hasan der Gründer der Dynastie Tschoban, welche, wie die der Ilkaane, sich aus den Trümmern des ilchanischen Reichs in Iran erhob. Tschengischan zählte unter den Stämmen der Durlegin mehrere Freunde als unter den achtzehn der ihm nächstverwandten, von den lichtempfangenen Söhnen von der neunten Ahnfrau abstammenden Nirunen, d. i. die Reinen. Sein eigenes Haus hiess erst von seinem Ahnherrn Kabulchan nur das der Kutat oder Kitad und von seinem Vater Jisukai das der Kutat Burdschugin, d. i. die rothbräunlichten Augen. Von diesen achtzehn Stämmen der Nirunen wollen wir hier nur die vier mächtigsten, zwei freundliche, die Taidschut und Dschadscherat, und zwei feindliche, die Barin und Jisut, zur näheren Kenntniss einführen.

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