Ilchane

Geschichte der Ilchane
das ist
der Mongolen in Persien

von

Hammer-Purgstall

mit neuen Beilagen und neuen Stammtafeln

Darmstadt. Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske. 1842.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Buch

Die Stämme Tatar und Merkit

Von den ursprünglichen tatarischen Stämmen nennen wir zuerst den sechsgetheilten Stamm der Tataren selbst, von denen einer Tschaghlan Tatar, d. i. die weissen Tataren, hiess, im Gegensatze der übrigen, welche die schwarzen genennet werden; in der Folge wurde der Namen der weissen Tataren auch den Uiguren, welche Türken, und anderen türkischen Stämmen beigelegt, sowie den Mandschu's der Namen der Sui Tatar, d. i. der Wasser- oder schlechten Tataren; die mächtigsten und gefährlichsten der Feinde des Hauses Tschengischan's, welcher bei seiner Geburt den Namen Temudschin erhielt, weil am selben Tage sein Vater Jesukai Behadir einen tatarischen Fürsten, Temudschin, geschlagen und gefangen gemacht. Der Namen, den er trug, von dem am Tage seiner Geburt besiegten Tatarfürsten hergenommen, und die in seiner Jugend von den Erbfeinden seines Stammes erlittenen Unbilden spornten den Sohn Jesukai's zur Rache und zum Vertilgungskriege wider diese unversöhnlichen Feinde seines Hauses an; sie wurden vernichtet, und nur ihre Weiber gingen als Trophäen in das Frauengemach Tschengischan's und seiner Söhne über. Zwei der fünf Gemahlinnen Tschengischan's, Jisulun und Jisulut, und eine seiner Beischläferinnen, Mutter seines als Kind verstorbenen Sohnes Uradschagan, waren Tatarinnen, so auch eine Frau seines Bruders Dschudschi Kasar, seines Sohnes Batu und Tudai Mengku's, des Herrschers von Kipdschak. Die beiden Gemahlinnen Tschengischan's erflehten von ihm das Leben zweier Kinder ihres Stammgenossen Kuli und seines Bruders Karamengku, welche beide gross gewachsen, den Dienst von Bawerdschi, d. i. Tafeldecker, bekleideten. Kuli genoss des grössten Ansehens und schloss sich nach Tschengischan's Tod an die grosse Frau Sijurkukteni, die Gemahlin Tuli's, welche ihn zum grossen Emir des Lagers und Obersthofmeister Sijuktu's, des Sohnes Tuli's, ernannte. Sali, der Sohn Karamengku's, erscheint unter der Regierung Mengkukaan's, gleich beim ersten Feldzuge Hulagu's, als Sicherer des Rückens des Heers an der indischen Gränze; bei Tschengischan selbst aber galt mehr, als die beiden von seinen beiden Gemahlinnen zum Leben erbetenen obgenannten Kinder, und mehr als die beiden Frauen Akutuku's, der Tatare Kutku Nujan; von Tschengischan als Findelkind angenommen und seiner ersten Gemahlin, noch ehe sie ihm einen Sohn geboren, zur Pflege empfohlen, hatte sich Kutku schon als zwölfjähriger Knabe Tschengischan's besondere Zuneigung durch seine Tapferkeit erworben, indem er taidschutischen Dieben ihre Beute abjagte, und als fünfzehnjähriger Jüngling mitten im tiefen Schnee allein dreissig Hirsche erlegt hatte. Er durfte den Tschengischan Itsche, d. i. Vater, und dessen Gemahlin Ike, d. i. Mutter, nennen. Ogotai, der Sohn und Nachfolger Tschengischan's, gab ihm den Ehrentitel eines Prinzen, Aka, mit dem Vorsitze vor seinen eigenen Söhnen, und noch achtzigjährig versah er das Amt des Oberrichters nach seinem Wahlspruche: Fürchte Nichts und sprich recht. Die Tataren sassen an der Gränze China's, dessen Kaisern sie meistens steuerpflichtig waren. 2. Der zweite feindliche Stamm, welchen Tschengischan wie die Tataren als unversöhnliche Feinde mit Vernichtungskrieg zu Boden trat, war der in vier Zweige getheilte der Merkit oder Mekrit, auch Udujut genannt, denen die Solongos beigezählt wurden. Ihr Fürst Tuktaibeg fiel mit sechs seiner Söhne als Opfer der unversöhnlichen Feindschaft. Selbst der jüngste, welchem als einem trefflichen Bogenschützen Dschudschi, der älteste Sohn Tschengischan's, das Leben retten wollte, musste hingerichtet werden auf ausdrücklichen Befehl des Vaters, welcher dem Sohne diese Milde nie vergab. Tairosim, einer der Ersten des Stammes, gab dem Tschengischan die Tochter Kulan zur Frau, welche ihm den Sohn Kulkan gebar. Vom Schwiegervater bekriegt, verlor Tairosim die Schlacht, und seine Frau Turakina, welche dem Sohne Tschengischan's beigelegt wurde, eine der grössten mongolischen Frauen, verschaffte als Regentin nach Ogotai's Tode ihrem Sohne Gujuk (dessen Gemahlin ebenfalls eine Merkitin) die Herrschaft. Die Sitze der Merkit waren im Osten des mongolischen Stammgebietes am linken Ufer der Selinga.

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