Erstes Buch
Die Stämme Tatar und Merkit
Von den ursprünglichen tatarischen Stämmen nennen wir
zuerst den sechsgetheilten Stamm der Tataren selbst, von denen
einer Tschaghlan Tatar, d. i. die weissen Tataren, hiess, im
Gegensatze der übrigen, welche die schwarzen genennet werden;
in der Folge wurde der Namen der weissen Tataren auch den
Uiguren, welche Türken, und anderen türkischen Stämmen
beigelegt, sowie den Mandschu's der Namen der Sui Tatar, d. i.
der Wasser- oder schlechten Tataren; die mächtigsten und
gefährlichsten der Feinde des Hauses Tschengischan's, welcher
bei seiner Geburt den Namen Temudschin erhielt, weil am selben
Tage sein Vater Jesukai Behadir einen tatarischen Fürsten,
Temudschin, geschlagen und gefangen gemacht. Der Namen, den er
trug, von dem am Tage seiner Geburt besiegten Tatarfürsten
hergenommen, und die in seiner Jugend von den Erbfeinden
seines Stammes erlittenen Unbilden spornten den Sohn Jesukai's
zur Rache und zum Vertilgungskriege wider diese
unversöhnlichen Feinde seines Hauses an; sie wurden
vernichtet, und nur ihre Weiber gingen als Trophäen in das
Frauengemach Tschengischan's und seiner Söhne über. Zwei der
fünf Gemahlinnen Tschengischan's, Jisulun und Jisulut, und
eine seiner Beischläferinnen, Mutter seines als Kind
verstorbenen Sohnes Uradschagan, waren Tatarinnen, so auch
eine Frau seines Bruders Dschudschi Kasar, seines Sohnes Batu
und Tudai Mengku's, des Herrschers von Kipdschak. Die beiden
Gemahlinnen Tschengischan's erflehten von ihm das Leben zweier
Kinder ihres Stammgenossen Kuli und seines Bruders Karamengku,
welche beide gross gewachsen, den Dienst von Bawerdschi, d. i.
Tafeldecker, bekleideten. Kuli genoss des grössten Ansehens
und schloss sich nach Tschengischan's Tod an die grosse Frau
Sijurkukteni, die Gemahlin Tuli's, welche ihn zum grossen Emir
des Lagers und Obersthofmeister Sijuktu's, des Sohnes Tuli's,
ernannte. Sali, der Sohn Karamengku's, erscheint unter der
Regierung Mengkukaan's, gleich beim ersten Feldzuge Hulagu's,
als Sicherer des Rückens des Heers an der indischen Gränze;
bei Tschengischan selbst aber galt mehr, als die beiden von
seinen beiden Gemahlinnen zum Leben erbetenen obgenannten
Kinder, und mehr als die beiden Frauen Akutuku's, der Tatare
Kutku Nujan; von Tschengischan als Findelkind angenommen und
seiner ersten Gemahlin, noch ehe sie ihm einen Sohn geboren,
zur Pflege empfohlen, hatte sich Kutku schon als zwölfjähriger
Knabe Tschengischan's besondere Zuneigung durch seine
Tapferkeit erworben, indem er taidschutischen Dieben ihre
Beute abjagte, und als fünfzehnjähriger Jüngling mitten im
tiefen Schnee allein dreissig Hirsche erlegt hatte. Er durfte
den Tschengischan Itsche, d. i. Vater, und dessen Gemahlin
Ike, d. i. Mutter, nennen. Ogotai, der Sohn und Nachfolger
Tschengischan's, gab ihm den Ehrentitel eines Prinzen, Aka,
mit dem Vorsitze vor seinen eigenen Söhnen, und noch
achtzigjährig versah er das Amt des Oberrichters nach seinem
Wahlspruche: Fürchte Nichts und sprich recht. Die Tataren
sassen an der Gränze China's, dessen Kaisern sie meistens
steuerpflichtig waren. 2. Der zweite feindliche Stamm, welchen
Tschengischan wie die Tataren als unversöhnliche Feinde mit
Vernichtungskrieg zu Boden trat, war der in vier Zweige
getheilte der Merkit oder Mekrit, auch Udujut genannt, denen
die Solongos beigezählt wurden. Ihr Fürst Tuktaibeg fiel mit
sechs seiner Söhne als Opfer der unversöhnlichen Feindschaft.
Selbst der jüngste, welchem als einem trefflichen
Bogenschützen Dschudschi, der älteste Sohn Tschengischan's,
das Leben retten wollte, musste hingerichtet werden auf
ausdrücklichen Befehl des Vaters, welcher dem Sohne diese
Milde nie vergab. Tairosim, einer der Ersten des Stammes, gab
dem Tschengischan die Tochter Kulan zur Frau, welche ihm den
Sohn Kulkan gebar. Vom Schwiegervater bekriegt, verlor
Tairosim die Schlacht, und seine Frau Turakina, welche dem
Sohne Tschengischan's beigelegt wurde, eine der grössten
mongolischen Frauen, verschaffte als Regentin nach Ogotai's
Tode ihrem Sohne Gujuk (dessen Gemahlin ebenfalls eine
Merkitin) die Herrschaft. Die Sitze der Merkit waren im Osten
des mongolischen Stammgebietes am linken Ufer der Selinga. |